Kann als Immerdrauf (fast) komplett überzeugen
Im Sommer hatte Tamron das in diesem Review beschriebene Zoom-Objektiv mit der Brennweite 20-40mm F2.8 angekündigt und Ende September auf den Markt gebracht, allerdings vorerst nur für den Sony E-Mount-Anschluss. Das Objektiv wird von Tamron als „Standard-Zoom“ beworben und deckt die Festbrennweiten 20, 24, 28, 35 und 40mm ab. Es bietet also fünf Objektive in einem. Wie sich das brennweitentechnisch sehr interessante Objektiv in der Praxis schlägt, galt es herauszufinden.
Tamron ist es gelungen, mit dem F2.8/20–40mm Di lll VXD ein sehr kompaktes Weitwinkel-Zoom mit einer durchaus attraktiven Lichtstärke zu konstruieren. Mit einer Länge von 86,5 mm und einem Gewicht von nur 365 g bietet das Objektiv Kompaktheit pur. Von der Papierform her ein geradezu ideales Objektiv für Streetfotografie. Das Objektiv ist tamronlike sehr gut verarbeitet und die Haptik fühlt sich trotz der Kunststoffausführung (nur das Anschlussbajonett ist aus Metall) ausgesprochen gut an. Die Bajonett-Sonnenblende sitzt stabil an der Optik und wird über einen kleinen Klick arretiert. Der erhabene vordere Objektivdeckel sieht zwar sehr gut aus, neigt aber dazu, sich schnell zu verabschieden, wenn man beim händeln die Feststeller trifft (bei den beiden Exkursionen ist das dreimal passiert).
Das Tamron verfügt “nur“ über 11 Gruppen und 12 Linsen (u.a. vier aus LD-Glass und zwei gepresste asphärische Linsen), was für ein WW-Zoom eine relativ einfache Konstruktion ergibt. Für die normale fotografische Arbeit zeigt sich dadurch keine Schwäche in der Abbildungsqualität. Steht man allerdings auf Bokeh, findet man hier, obwohl das Objektiv über neun Blendenlamellen verfügt, nur durchschnittliche Ergebnisse, da die gepressten Linsen zirkuläre Helligkeitsunterschiede erzeugen, so genannte Zwiebelringe. Das lässt das Bokeh unruhig erscheinen.
Wie zu erwarten kann bei diesem Brennweitenumfang die mitgelieferte Streulichtblende nicht bei allen Brennweiten perfekt funktionieren, so dass je nach Situation (minimale) Steulichteffekte auftreten können. Die Abbildungsleistung war mit den verwendeten Kameras (Sony a7, a7ll) bei einer Auflösung von knapp unter 25 MP gut, wobei die Schärfe in den Ecken bei 40mm besser ausfällt als bei 20mm. Insgesamt waren die Abbildungsleistungen bei realen Fotos bei allen Brennweiten gut. Ab 35mm und offener Blende zeigen sich, typisch selbst für WW-Festbrennweiten, in den Bildecken deutliche Vignettierungen, die allerdings mit der automatischen Objektiv-Korrektur im RAW-Konverter komplett beseitigt werden. Chromtische Aberrationen waren nicht erkennbar. Das Objektiv wird in allen aktuellen RAW-Entwicklern erkannt und die Objektivkorrektur entsprechend durchgeführt. Zu beachten ist, dass die integrierte automatische Verzeichniskorrektur bei Kamera-JPGs nur mit den neuesten Kameras oberhalb der a7lll funktioniert!
Der deckellose USB-C-Anschluss für die TAMRON Lens Utility liegt etwas schräg unten am Objektiv.
Natürlich gibt es für dieses Objektiv auch die bekannte TAMRON Lens Utility. Damit lässt sich das Objektiv individuell konfigurieren. Man kann z.B. die Standardeinstellung für den Fokusring auf linear ändern, so dass der Drehwinkel für die Fokussierung entscheidend ist. Das ist für den Videoeinsatz von Vorteil.
Die Fokussierung erfolgt schnell und dazu noch sehr leise – hier zeigen sich die Vorteile des VXD-Antriebes deutlich.
Ich habe das Objektiv jeweils an der a7 und der a7ll eingesetzt. An allen Modellen funktionierte das Tamron 20-40mm problemlos, der Autofokus ist immer präzise und schnell! Sehr interessant sind auch die geringen Naheistellgrenzen (rund 16,5cm bei allen Brennweiten) was einen Abbildungsmaßstab von bis zu 1:3,4 ermöglicht.
Der Test
Zu meinem PraxistestAlle meine persönlichen Aussagen und Anmerkungen in diesem Bericht beziehen sich ausschließlich auf die mir zum Test überlassenen Kameras und Objektive. Da ich über Fotografie schreibe, lasse ich Video-Funktionen weitgehend außen vor. Die technischen Daten drucke ich nicht komplett ab, sondern verweise mit einem Link auf die entsprechende Herstellerseite. In meinem Review erwähne ich die reinen technischen Daten nur punktuell, hauptsächlich da, wo Neuerungen bzw. Herausstellungsmerkmale zur Sprache kommen. In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch einmal darauf hinweisen, dass die spezifischen Leistungsdaten in der Regel immer an optimale (Labor-)Bedingungen geknüpft sind. In der Praxis wird man daher meistens nur Ergebnisse erzielen, die knapp unter 100% der Papierform liegen.
Die Fotos
Die Fotos sind in der Regel unbearbeitet und „out-of-Camera-JPGs“.Die drei Brenweitenbereiche 20, 30 und 40mm:
20mm, f/8.0; 1/200s; ISO 200
32mm, f/8.0; 1/160s; ISO 200
40mm, f/8.0; 1/200s; ISO 200
20mm, f/7.1; 1/100s; ISO 200
28mm, f/7.1; 1/1600s; ISO 200
20mm, f/7.1; 1/100s; ISO 200
40mm, f/7.1; 1/200s; ISO 200
40mm, f/8.0; 1/80s; ISO 100. Direktes Gegenlicht verursacht keine Probleme.
20mm, f/2.8; 1/100s; ISO 320. Das erreichbare Bokeh ist nur durchschnittlich.
20mm, f/2.8; 1/3200s; ISO 200
Hier die gleiche Aufnahme als HDR, da kann man die Vignettierung deutlich erkennen.
20mm, f/2.8; 1/8000s; ISO 100. Je nach Lichteinfall können Flares auftreten.
Ein Ausflug ins Münsterland zur Burg Vischering
40mm, f/8.0; 1/125s; ISO 800
20mm, f/8.0; 1/200s; ISO 800
20mm, f/8.0; 1/250s; ISO 640
40mm, f/8.0; 1/200s; ISO 640
40mm, f/8.0; 1/160s; ISO 640
40mm, f/8.0; 1/40s; ISO 640
20mm, f/8.0; 1/200s; ISO 640
20mm, f/8.0; 1/160s; ISO 640
40mm, f/7.1; 1/80s; ISO 200
40mm, f/8.0; 1/100s; ISO 640
30mm, f/8.0; 1/80s; ISO 640, aus einer Serienbildreihe, der Fokus sitzt bei jedem Bild!
Fazit
Zoom-Objektive sind immer ein Kompromiss, und normalerweise bevorzuge ich Festbrennweiten. Gerade für die Streetfotografie ist ein lichtstarkes 35mm Objektiv die angesagte Lösung. Andererseits fehlt natürlich bei beengten Verhältnissen oft die Möglichkeit, durch eine Standortverlagerung den gewünschten Bildausschnitt zu finden. Genau das sind die Situationen, die den WW-Zooms ihre Existenzberechtigung verleihen. Darüber hinaus sind diese Objektive dann attraktiv, wenn man mit leichtem Gepäck unterwegs sein will (muss). Mit dem 20-40mm F/2-2.8 Di III VXD bringt Tamron wieder einen eher ungewohnten Brennweitenbereich ins Spiel der hinsichtlich Qualität und Abbildungsleistung zwar nicht die absolute Top-Klasse darstellt, aber für einen adäquaten Preis als „Immerdrauf“, sowohl bei Realbildern als auch hinsichtlich seiner Kompaktheit fast in ganzer Linie überzeugen kann. Einzig beim Thema Bokeh muss man Abstriche machen. Ob die fehlende, objektiveigene Bildstabilisierung ein Manko darstellt, lasse ich mal dahingestellt, haben doch alle aktuellen Sony-Vollformatkameras dieses Feature bereits an Bord.Mit einem Straßenpreis von momentan rund 995 € bietet sich das Objektiv als ein brauchbares „Immerdrauf“ mit einem ungewöhnlichen Brennweitenbereich an als Alternative an.
Meine Bewertung
Mehr Informationen
Auf der Webseite von Tamron:20-40mm F/2.8 Di III VXD - TAMRON Europe GmbH
www.tamron.eu
Anleitungsvideos und Infos zu TAMRON Lens Utility:
Tamron Lens Utility Anleitungsvideos
Luke Stackpoole erklärt in 3 kurzen Videos die Verwendung des TAMRON Lens Utility.
www.nikon-fotografie.de
© Dieter Doeblin und Netzwerk Fotografie. Jedwede Art der Veröffentlichung, auch auszugsweise, bedarf der Genehmigung. Text: Dieter Doeblin, Fotos: D. Doeblin, M. Walter, Hersteller