Entrauschen mit Lightroom

Was kann die neue AI-gestützte Entrauschungsfunktion von Adobe Lightoom?

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Was kann Lightrooms neue Entrauschungsfunktion?​

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Seit kurzem nutzt auch Adobe Lightroom die neuesten Technologien künstlicher Intelligenz (AI) unter anderem für die Verminderung von Bildrauschen. Zum einen soll dabei das digitale Rauschen reduziert werden, während gleichzeitig auch ein effizienteres Demosaicing das Ziel ist. Die Qualität der Fotos wird durch die verbesserte Technologie deutlich verbessert, insbesondere bei Aufnahmen bei geringem Licht (hohe ISO-Einstellungen), hoher Sensorauflösung oder aber bei Aufnahmen mit älteren Kameras. Um das Demosaicing und die Rauschminderung bei RAW-Bildern durchzuführen, sind mehrere Milliarden Lernproben in die neuen Algorithmen eingeflossen. Mit der neuen AI-basierten Entrauschung will Adobe beim Thema „Entrauschen“ endlich zu den bisherigen Markführern DxO und Topas aufschließen. Ob das gelungen ist, soll dieser kleine Test zeigen.

Wie arbeiten Entrauschungsprogramme?​

Grafik der Arbeitsweise des neuen Entrauschungsmoduls in Adobe Lightroom


Grundsätzlich werden Bilder bei der RAW-Konvertierung (Entwicklung) schon im Bildprozessor der Kamera entrauscht. In den jeweiligen RAW-Konvertern gibt es dafür entsprechende Korrekturfilter, die regelbar in der Wirkung sind. Beim abschließenden Rendern (Erzeugung einer pixelbasierte Datei JPG, TIF) entsteht so ein mehr oder wenig rauscharmes Bild. In das eigentliche Demosaicing, eine Basisfunktion der proprietären RAW-Datei des jeweiligen Kameraherstellers, kann ein RAW-Konverter normalerweise nicht eingreifen, so dass die dort erzeugten Artefakte auch nicht beseitigt werden können. Die neuen AI-basierten Programme dagegen wenden ein einen Trick an, um diese Bearbeitungsbarriere zu umgehen: sie schreiben eine neue RAW-Datei als Linear-DNG, die dann wieder ganz normal als RAW-Datei entwickelt werden kann.

Rauschen und Bildrauschen​

Grundsätzlich tritt Rauschen in der Elektronik bei jedem analog und digital erzeugten Signal, ob Bild oder Ton, auf. Entscheidend für die Qualität (realistische Wiedergabe) des jeweiligen Signals ist der Signal-Rausch-Abstand, also das Verhältnis von Rausch- zu Nutzsignal.

Bildrauschen​

Als Bildrauschen bezeichnet man im Allgemeinen die Verschlechterung eines digitalen bzw. elektronisch aufgenommenen Bildes durch Störungen, die keinen Bezug zum eigentlichen Bildinhalt, dem eigentlichen Bildsignal, haben. Bildrauschen beinhaltet auch andere unerwünschte Effekte wie Artefakte, unrealistische Kanten, unsichtbare Linien, Ecken und kornähnliche, unregelmäßige Störungen. Bei Bildsignalen muss man daher unterscheiden zwischen dem analogen Rauschen, das durch die Fotodiode bei der Umwandlung von Licht in ein elektronisches Signal (A/D-Wandlung) entsteht, und einem so genannten digitalen Rauschen, welches in den nachfolgenden Prozessen entsteht. So erzeugt z.B. dass Demosaicing zusätzliche Bildstörungen, die durch die Umwandlung in ein farbiges Bild entstehen.

Bei elektronischen Bildsensoren Sensoren (CCD, CMOS) besteht das Bildrauschen zu einem großen Teil aus Dunkelrauschen. Dieses tritt schon auf, ohne dass überhaupt Licht auf den Sensor fällt. Grund für dieses Rauschen ist einerseits der Dunkelstrom der einzelnen lichtempfindlichen Elemente (Pixel), andererseits auch Rauschen des Ausleseverstärkers. Zusätzlich zum Dunkelrauschen gibt es auch Anteile des Bildrauschens, die von der aufgenommenen Lichtmenge abhängen. Dazu zählt das Schrotrauschen, das durch die Zufallsverteilung der Anzahl von Photonen entsteht, die in einem Pixel auftreffen, sowie zufällige Schwankungen der Lichtempfindlichkeit der Pixel. Bei Digitalkameras werden die Helligkeitswerte in digitale Werte (ganze Zahlen) umgewandelt. Bei diesem Prozess entsteht das sogenannte Quantisierungsrauschen, weil die kontinuierlichen Signale des Bildsensors in diskrete Werte umgewandelt werden. Weitere Rauschanteile können durch Nichtlinearitäten bei der Wandlung des Sensorsignals in digitale Bilddaten entstehen. Das Rauschen in einem Bildsensor steigt normalerweise auch bei höheren ISO-Werten an. Das Bildrauschen wird auch durch die Pixelgröße sowie den Pixelabstand auf dem Bildsensor beeinflusst. Das heißt, je geringer der Abstand zwischen den einzelnen Pixeln eines Bildsensors und je kleiner die Pixelgröße ist, desto weniger Photonen (Licht) können die einzelnen Pixel aufnehmen, was wiederum zu mehr Rauschen bzw. mehr Störsignalen führen kann. Mehr Informationen zum Thema findet man hier:

Zum Test​

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Normal entwickeltes RAW ohne AI (Nikon D800; 12.800 ISO)

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Der Ausschnitt zeigt deutliches Bildrauschen.

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Der gleiche Ausschnitt, diesmal mit der neuen AI-basierten Entrauschung. Die Verbesserung der Bildqualität ist deutlich!

Die Arbeit mit Lightroom bleibt prinzipiell gleich. Das neue Entrauschungswerkzeug findet sich auf der rechten Seite bei den Entwicklungswerkzeugen. Die besten Ergebnisse lassen sich erzielen, wenn man das Foto komplett, bis auf die Ausgabeschärfung, entwickelt hat und als letzten Schritt vor dem Export (mit der gewünschten Schärfung) die Entrauschung anwendet. Die Bearbeitungszeit beim Entrauschen richtet sich nach der Größe der Datei (Auflösung des Bildsensors: je höher die Auflösung, je größer die Datei). Die Kameramarke bzw. die proprietäre RAW-Datei spielt bei der Bearbeitungszeit keine spürbare Rolle.

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Rechts im roten Rahmen das neue Entrauschungsmodul. Nach dem Anklicken geht ein Fenster auf, in dem man den Filter regulieren kann. Bei meinen Versuchen haben sich Werte zwischen 58 und 62 als optimal erwiesen. Allerdings sollte man die Einstellung für jedes Foto ausprobieren, insbesondere bei RAWs unterschiedlicher Kamera-Marken!

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Aufnahme mit Olympus OM-1 bei 6.400 ISO in Lightroom entrauscht.

Unten ein Ausschnitt des Bildes (unten rechts, Mann mit Kappe), jeweils mit einem anderen AI-unterstützten Entrauschungsprogramm bearbeitet:

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Wie das Beispiel zeigt, kann das Lightroom-Ergebnis im Vergleich mit anderen Programmen, die teilweise schon länger im Markt sind, sehr gut mithalten!

Unten noch einmal ein Beispiel einer Entrauschung eines Fuji-X-RAWs. Da Fuji nicht den klassischen Bayer-Filter für das Demosaicing bei seinen X-Kameras verwendet, sondern ein eigenes Verfahren benutzt, sind diese RAWs immer schon eine besondere Herausforderung für Drittanbieter-RAW-Konverter gewesen.

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Fuji X-H2s; 12.800 ISO ohne Entrauschung…

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…und hier in Lightroom entrauscht.

Fazit​

Wie die Beispiele zeigen, reiht sich die neue AI-basierte Entrauschung in Lightroom qualitativ sofort in die Spitzengruppe ein. Ich habe auch RAWs (jeweils mit 6.400 und 12.800 ISO), die mit der Sony A1, Nikon Z9, Nikon D500 und der D750 gemacht worden sind, durchgetestet. Die Ergebnisse sind bei allen gut – lediglich bei den Artefakten gibt es z.B. bei DxO PureRaw kleine Vorteile. Einen Wermutstropfen gibt es allerdings (noch): die Entrauschung dauert in Lightroom 5-7mal länger als bei den Mitbewerbern, die mit dem gleichen Rechner im Schnitt nur 40s benötigen! Für eine Stapelverarbeitung mit einer größeren Anzahl Fotos muss man mit Lightroom also noch etwas Geduld aufbringen…

Wer mit Lightroom arbeitet, kann nun auch verrauschte RAWs ohne Extra-Programme deutlich verbessern. Ein Vorteil vor allem bei hohen ISO-Werten oder RAW-Altbeständen. Mit dem neuen Feature nimmt Lightroom nun wieder den Platz als Referenz-RAW-Konverter für mich ein!

© Netzwerk Fotografie und Dieter Doeblin. Jedwede Art der Veröffentlichung, auch auszugsweise, bedarf der Genehmigung. Text: Dieter Doeblin Fotos: D. Doeblin, F. Iavacone

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