Erfahrungsbericht „China Objektive“

Dritthersteller von Objektiven in Asien - Überlegungen zur aktuellen Marktsituation

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Überlegungen zur aktuellen Marktsituation​

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Da immer wieder gerne und ausführlich im Forum über „China-Objektive“ diskutiert wird, habe ich mal versucht, den aktuellen Stand, was diesen Markt angeht, zusammenzufassen. Im Gegensatz zu den System-Kameras sind Objektive als wesentliches Zubehör für das Kamerasegment ein weiter expandierender Markt. Objektive machen umsatzmäßig momentan etwa ein Drittel des Kameramarktes aus. Bekannte Drittanbieter sind u.a. Tamron, Sigma und Tokina, die allesamt hochwertige AF-Objektive anbieten. Vor dem Hintergrund des wachsenden Marktes haben vor allem die Drittanbieter ihren Marktanteil, hauptsächlich im Niedrigpreissegment, erhöhen können. In diesem Bereich tummeln sich fast ausschließlich chinesische Hersteller, mit einer Ausnahme, nämlich Samyang (Süd-Korea).

Die Tatsache, dass Systemkameras und Objektive, auch die hochwertigen, längst nicht mehr nur in Japan, sondern im ganzen asiatischen Raum gefertigt werden, ist ausreichend belegt. Da verwundert es nicht, dass ähnlich wie in der Autoindustrie auch fast die gesamte Zulieferindustrie in dieser Region angesiedelt ist. Wie nicht anders zu erwarten war, ist auch China als Billiglohnland zu einem der großen Player in diesem Bereich und zur „Werkbank“ der Kameraindustrie geworden. Längst kommen viele Teile oder Baugruppen für die Kameras und Objektive der Marktführer aus China. Wie abhängig der Kameramarkt inzwischen von China ist, haben die unzähligen Lieferkettenprobleme im Zusammenhang mit der Corona-Epidemie gezeigt.

Objektive von Drittanbietern sind nichts Neues​

Dritthersteller, speziell für Objektive, sind kein neues Phänomen. Sie sind schon seit den Anfängen der Fotografie im Fotomarkt aktiv. Tatsächlich begannen viele der wichtigsten Kamerahersteller von heute mit der Produktion von Objektiven, bevor sie zu Kameras und ganzen Systemen übergingen. Bevor wir zu den Objektiven an sich kommen, sollten wir eine kurze Bestandsaufnahme machen, wer diese neuen Anbieter/Hersteller sind und welche Marktentwicklungen dafür verantwortlich sind.

Damit sich die Herstellung von Objektiven für einen Drittanbieter wirtschaftlich lohnt, muss er natürlich auf ein Kamerasystem mit Wechselobjektiven und möglichst hoher Verbreitung abzielen. Die Basis für dieses Massengeschäft wurde mit dem Aufkommen von preisgünstigen Spiegelreflex-Kameras (DSLRs) Ende der 1960ger Jahre geschaffen. In den Folgejahren explodierte die Markenvielfalt in diesem Bereich förmlich und es entwickelte sich ein spezieller Markt für Zulieferer, die den Kameraherstellern zulieferten und als Folge auch immer mehr Eigenmarken mit unterschiedlichen Objektivanschlüssen auf den Markt brachten. Namen wie Soligor und Vivitar sind älteren Fotografen:innen noch gut in Erinnerung. Mit der Einführung der digitalen DSLR in den frühen 2000er Jahren und einem neu entstehenden riesigen Markt für Kompaktkameras begann der Niedergang der Systemkameras. Der Siegeszug der Smartphones rund ein Jahrzehnt später beschleunigte diesen Niedergang noch erheblich.

DSLRs waren zwar immer noch wichtig, aber der Verkauf von Objektiven machte Anfangs nur einen relativ kleinen Teil des Gesamtmarktes aus. Mit dem Niedergang der Kompaktkameras und der Präsenz des Smartphones änderte sich der Fotomarkt noch einmal erheblich: Für die alltägliche „Knipserei“ reichte ein Smartphone allemal, zudem konnte man damit sofort Bilder verschicken. Der schon vor der Jahrtausendwende beginnende Verlust an Kamera-Marken beschleunigte sich weiter. Traditionsreiche Namen wie Rollei, Praktica, Yashica, Minolta, Petri und viele andere verschwanden vom Markt. Dadurch schrumpfte natürlich auch der Objektivmarkt erheblich. Die Einführung der spiegellosen Systemkamera (DSLM) auf breiter Basis im Jahr 2018 brachte neue Probleme für die Drittanbieter, denn einige der großen übriggebliebenen Kamerahersteller wie Nikon und Canon führten neue und größere Objektiv-Bajonette für ihre Systeme ein, deren Schnittstellen-Protokolle sie erst einmal nicht für Drittanbieter freigaben. Die marktführenden Drittanbieter für AF-Objektive Sigma, Tokina und Tamron waren damit auf einen Schlag bei diesen beiden Marken ausgeschlossen. Das war die Sternstunde der der chinesischen Objektiv-Hersteller, die manuelle Objektive für fast jeden Objektivanschluss im Angebot hatten oder schnell entwickelten.

Der Ausgangspunkt für alle Drittanbieter ist ein kostengünstiger, risikoarmer Einstieg in den Markt. Der einfachste Weg, dies zu erreichen, ist die Herstellung von Objektiven mit manueller Fokussierung und einfachen optischen Formeln. Derartige Designs sind leicht verfügbar und erfordern meist nur eine relativ einfache Produktion und Montage. Durch den Verkauf zu niedrigen Preisen und in großen Mengen besteht dann die die Möglichkeit, einen größeren Marktanteil zu gewinnen. Stimmt auch die Qualität, kann das Ganze sogar nachhaltig für den jeweiligen Hersteller werden. Für Samyang begann diese Reise 2008 mit der Einführung des manuellen 1.4/85mm für DSLRs. Das Unternehmen hat sich im Folgenden einen Ruf für gute optische Qualität auch bei kurzen Brennweiten erworben. Die Samyang-Objektive sind auch schon damals unter verschiedenen Markennamen erschienen, darunter Rokinon und Vivitar.

Zu den Herstellern im Einzelnen​

Samyang war der asiatische Vorreiter

Der vielleicht bekannteste asiatische Hersteller, der allerdings in Süd-Korea beheimatet ist, ist Samyang. Das Unternehmen hat wohl den Weg für andere asiatische 3rd-Party-Objektivmarken geebnet, und quasi den neuen Objektivmarkt begründet. Samyang wurde 1972 gegründet und kann auf eine lange Geschichte in der Herstellung optischer Komponenten zurückblicken. Die Produktion von preisgünstigen Objektiven ist im Portfolio der jüngste Spross. Inzwischen bietet Samyang auch AF-Objektive an.

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Nikon D750; Samyang AF 2.8/14mm

Chinesische Hersteller auf dem Vormarsch

Viltrox


Die Marke Viltrox gehört zur Shenzhen Jueying Technology Co., Ltd in China. Dort fertigen rund 200 Mitarbeiter Foto-Produkte. Sie werden von einem Team von 30 Ingenieure, die die Produkte entwickeln, unterstützt. Neben Objektiven gehören Objektivadapter, LED-Leuchten und Monitore zum Portfolio des Unternehmens. Die Marke Viltrox wurde 2019 gegründet und stellt inzwischen AF-Objektive für folgende Objektivanschlüsse her: Canon EF-M, Sony E, Leica L, Micro Four Thirds, Fujifilm X, Nikon Z.

Das Unternehmen mit Sitz in Shenzhen, Volksrepublik China (VRC) begann mit der Entwicklung von Fassungsadaptern und Telekonvertern, wobei die Objektive eine natürliche Weiterentwicklung darstellten. Dieses frühe technische Know-how hat sich als Vorteil erwiesen, denn es hat die Entwicklung von AF-Objektiven erleichtert. Mit den ersten AF-Vollformat-Objektiven, einem 35 und 85mm-Objektiv mit sehr guter Abbildungsleistung zu einem günstigen Preis, machte man sich einen guten Namen.

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Das neue Viltrox AF 1.8/16mm (Sony E-Mount)

Link:

Bildbeispiele zu Viltrox

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Sony a7R V; Viltrox AF 1.8/16mm

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Nikon Z9, Viltrox AF 1.8/35

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Nikon Z8; Viltrox AF 1.8/85

Laowa

Laowa wurde 2013 gegründet und stellt inzwischen Objektive für folgende Objektivanschlüsse her: Canon EF, Canon RF, Canon M, Nikon F, Nikon Z, Sony A, Sony E, Leica M, Leica L, Pentax K, Fujifilm X, Fujifilm GFX, Micro Four Thirds.

LAOWA ist der Markenname des chinesischen Herstellers Venus Optics. Venus Optics ist ein chinesischer Hersteller fotografischer Spezial-Wechselobjektive, der in den Bereichen Makroobjektive und Weitwinkelobjektive neuartige Konzepte entwickelt. Sitz der Unternehmensleitung und Produktionsstandort ist Hefei in der Provinz Anhui. Das Designteam von Laowa soll angeblich für japanische und deutsche Top-Hersteller gearbeitet und dabei gute Kenntnisse über modernes Objektivdesign gesammelt haben. Venus Optics ist einen ähnlichen Weg wie Samyang gegangen, indem sie sich auf MF-Objektive - in der Regel Weitwinkelobjektive - mit einfachen, aber qualitativ hochwertigen optischen Designs konzentriert haben. Im Gegensatz zu Viltrox bietet Laowa keine AF-Objektive an, allerdings sind die neusten Versionen teilweise gechipt. Das Unternehmen hat sich auf Cine-Objektive, Makro- und Tilt-Shift-Objektive sowie auf verzeichnungsarme Designs und ultralichtstarke Objektive spezialisiert.

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50 mm f/2,8 2X Ultra Macro APO MFT. Das Objektiv ist gechipt, überträgt also Daten an die Kamera, wird aber manuell fokussiert.

Bildbeispiele zu LAOWA

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OM-1; Laowa 50 mm f/2,8 2X Ultra Macro APO MFT

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Nikon D750; Laowa 2.8/100mm Makro

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Nikon D750; Laowa 4.0/20mm Shift

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Nikon D750; Laowa 4.0/20mm Shift

Link:

7artisans

7artisans wurde 2015 gegründet und stellt manuelle Objektive für folgende Objektivanschlüsse her: Canon M, Canon R, Canon EF, Nikon Z, Sony E, Leica M, Leica L, Micro Four Thirds

7artisans setzt auf ein breiteres Spektrum an Objektivanschlüssen sowohl als Weitwinkel- als auch als Cine-Objektive zu bemerkenswert niedrigen Preisen. Insbesondere fallen die Objektive mit f/0,95 Lichtstärke und die Objektive mit Leica-M-Anschluss auf.

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7artisans WEN 35 mm F2.0 Leica M Mark II, mit quadratischer Gegenlichtblende

Link:

TTartisan

TTartisan wurde 2019 gegründet und stellt momentan manuelle Objektive für folgende Objektivanschlüsse her: Canon M, Canon RF, Nikon Z, Sony E, Leica M, Leica L-Mount, Fujifilm X, Fujifilm GFX, Hasselblad XCD, MFT.

TTartisan produziert eine Reihe von Leica-M-Vollformat-Objektiven samt Anschlussadaptern sowie eine Reihe von APS-C-Mount- und zwei AF-Objektive. Dabei handelt es sich in der Regel um eine Mischung aus Weitwinkel, lichtstarken oder speziellen Designs. Obwohl die Namen TTartisan und 7artisans eine Beziehung zwischen den beiden Unternehmen vermuten lassen, besteht die Verbindung nur in ihrer Geschichte. So soll TTartisan von einem der Mitbegründer von 7artisans durch eine Abspaltung gegründet worden sein. Nach der Gründung von TTartisan veröffentlichte 7artisans sogar einen Hinweis auf seiner Website, um sicherzustellen, dass die Kund:innen nicht durch das neue Unternehmen irritiert werden.

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Von links: TTartisan 11mm f/2,8 Fisheye für L-Mount; TTartisan 50mm f/1,2 für Fuji X; TTartisan 90mm f/1,25 für Fuji GFX

Link:

AstrHori

AstrHori wurde 2018 gegründet und stellt ebenfalls manuelle Objektive für folgende Objektivanschlüsse her: Canon M, Canon RF, Nikon Z, Sony E, Leica L, Fujifilm X, Fujifilm G.

AstrHori bietet ein Objektiv-Portfolio für alle gängigen DSLM-Kameras an. Ein Herausstellungsmerkmal sind spezielle Makro-Objektive u.a. mit Tilt/Shift-Funktion.

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Von links: AstrHori 18mm f/8 2X Macro für MFT; AstrHori 85mm f/2,8 Macro Tilt Nikon Z Vollformat

Link:

Zhongyi Optik

Mitakon (Handelsmarke) stellt seit langem Objektiv für folgende Objektivanschlüsse her: Canon EF, Canon M, Canon RF, Nikon F, Nikon Z, Sony E, Fujifilm G, MFT.

Zhongyi Optics, auch bekannt als ZY Optics (und offiziell Shenyang Zhongyi Optical & Electronic Co., Ltd), wurde 1984 als Joint Venture mit einem japanischen Investor als Startkapital gegründet. Seitdem hat sich das Unternehmen zu einem führenden Hersteller von Drittanbieter-Objektiven mit Sitz in Shenyang entwickelt. Das Unternehmen vertreibt Produkte sowohl unter der Marke Zhongyi als auch unter der bekannteren Marke Mitakon. Die Marke Mitakon umfasst die 2014 eingeführte Speedmaster-Linie, die aus relativ erschwinglichen lichtstarken Festbrennweiten mit großer maximaler Blendenöffnung für eine breite Palette von Kameraanschlüssen besteht. Die Speedmaster-Linie ermöglicht es ultralichtstarke Objektive zu einem moderaten Preis auszuprobieren. Darüber hinaus werden die Speedmaster-Objektive auch als Cine-Versionen angeboten.

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Mitakon Speedmaster 50 und 35mm mit f/0,95

Bildbeispiele Mitakon

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Nikon Z6; Mitakon Speedmaster 0,95/50mm; f/5.6

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Nikon Z6; Mitakon Speedmaster 0,95/50mm Z; f/0,95

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Nikon Z6; Mitakon Speedmaster 1.2/85 Z; f/1.2

Link:

Pergear

Das Handelsunternehmen Pergear ist in China, mit Sitz in Hongkong, der Hauptvertriebspartner vieler namhafter Marken wie Viltrox, InfiRay, TTartisan, 7artisans, Zeapon und Zhiyun. Neben Objektiven vertreibt das Unternehmen u.a. auch Speichermedien und 3D-Drucker. Seit kurzem werden auch Objektive unter neben Name PERGEAR mit Anschlüssen für Canon EF + RF, Nikon Z, Sony E, Fujifilm X, Leica L-Mount, Micro Four Thirds angeboten.

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PERGEAR 60 mm F2,8 MK2 Vollformat-Makroobjektiv mit 2-facher Vergrößerung

Bildbeispiele Pergear

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Sony a7 ll; PERGEAR 60 mm F2,8 MK2

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Sony a7 ll; PERGEAR 60 mm F2,8 MK2

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Sony a7R V; PERGEAR 60 mm F2,8 MK2; Sogar bei einem 60 MP-Sensor ist das Ergebnis noch passabel!

Link:

Meike

Gegründet 1997, bietet Objektive mit Anschlüssen für Canon M, Canon RF, Canon EF, Nikon F, Nikon Z, Sony E, Fujifilm X, Leica L, Micro Four Thirds an.

Das Unternehmen begann 2007 mit der Produktion von Kameraprodukten unter eigener Marke, obwohl die Wurzeln des Unternehmens bis 1997 zurückreichen. Seit 2018 bietet man auch Objektive an. Inzwischen gibt es eine breite Palette von MF-Objektiven, die meist auf kurze Brennweiten abzielen. Darüber hinaus gibt ein inzwischen auch ein erstes AF-Objektiv (85 mm) mit E-, EF- und Z-Mount.

Yongnuo

Das 2006 gegründete Unternehmen bietet Objektive mit Canon EF und Nikon-F Anschlüssen an.

Yongnuo ist in erster Linie für seine Kompakt-Systemblitze bekannt, mit denen man zu einem Bruchteil der Kosten von Markenprodukten sehr gute Ergebnisse erzielen kann. Ab 2014 machte das Unternehmen auf sich aufmerksam, indem es eine Reihe von sehr, sehr preisgünstigen Objektiven anbot. In der Fachwelt wurde bekannt, dass es sich wohl um Klone bekannter Objektive wie des Canon 50mm f/1.4 handeln würde.

Fazit​

Eine Reihe von Objektiven verschiedener Hersteller konnte ich inzwischen in der Praxis testen und darüber berichten. Von den Anbietern Meike und Yongnuo ist es mir bisher nicht gelungen, Testmuster zu bekommen; folglich kann ich auch keine Aussagen zu diesen Objektiven machen.

Vor- und Nachteile von Drittanbieter-Objektiven​

Asiatische Kameraobjektive von Drittanbietern sind vor dem Hintergrund der meist günstigen Preise zu einer inzwischen akzeptablen Alternative für Fotograf:innen geworden, den persönlichen Objektivbestand kostengünstig zu erweitern. Das lohnt sich insbesondere dann, wenn es sich um etwas außergewöhnliche Brennweiten im WW-Bereich oder extra lichtstarke Linsen handelt; Brennweiten oberhalb 90mm sind dagegen eher rar gesät. Auch Makro- oder Tilt-/Shift-Objektive sind gut geeignet, um ein spezielles Fotogenre erst einmal mit preisgünstigen Objektiven auszuprobieren – bleibt man dabei, kann man später noch aufrüsten, wenn erforderlich oder gewünscht.

Apropos Tilt-/Shift-Objektive: sie werden für die aktuellen DSLMs kaum oder meist sogar gar nicht mehr von den Kamera-Herstellern angeboten. Auch die beliebten Objektivadapter, die fast alle chinesischen Anbieter im Programm haben, gibt es bei den Markenherstellern nicht oder kaum.

Objektivhersteller von Drittanbietern sind oft auch innovativ und probieren gerne mal neue Dinge aus, z. B. die Herstellung von Nischenobjektiven, die im Angebot der der großen Marken nicht zu finden sind. Ein gutes Beispiel ist z.B. das AstrHori 18mm f/8 2X Macro Probe für MFT. Das ist ein ungewöhnliches Objektiv, das von keiner großen Kameramarke angeboten wird, und das Möglichkeiten für kreative und ungewöhnliche Makro-Aufnahmen eröffnet.

Beim Studium des Angebotes chinesischer Objektive insgesamt fällt auf, dass sowohl die Brennweiten als auch die Objektivtypen im Prinzip bei (fast) allen Anbietern identisch sind. Das lässt vermuten, dass eine Auswahl von „Basistypen“ aus einer Quelle stammen und neu gelabelt bei den meisten Anbietern den Grundstock des eigenen Portfolios bilden.

Qualität l​

Inzwischen ist die optische und mechanische Qualität im Allgemeinen bei den chinesischen Anbietern auf ein akzeptables Niveau gestiegen. Einige Dritthersteller sind sogar dafür bekannt, hochwertige Objektive zu produzieren, die mit denen der großen Kamerahersteller mithalten können. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist Viltrox, die sogar AF-Objektive anbieten, die auch an 47,5 oder gar 60 MP Kameras konkurrenzfähig sind! Sowohl was die Abbildungsleistung als auch die AF-Performances angeht:

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Inzwischen ist die Glas- und Linsenfertigung auf einem hohen Niveau angekommen…

Da die Objektive oft komplett aus Metall gefertigt sind und meist auch über keinerlei Elektronik verfügen, kann man davon ausgehen, dass auch die Lebensdauer inzwischen als nachhaltig gelten kann - eine sachgemäße Behandlung vorausgesetzt.

Wo viel Sonne ist, gibt es zwangsläufig auch Schatten​

Ein immerwährendes Thema in den Foto-Foren sind Berichte, die einerseits ein bestimmtes Objektiv in den Himmel loben, während andere das gleiche Objektiv als unbrauchbar beschreiben. Dabei gehe ich erstmal von einem positiven Ansatz aus und denke das die betroffenen Fotografen:innen nicht blind sind. Bis vor kurzem war die Qualitätskontrolle bei den Drittherstellern, vor allen bei den kleinen Anbietern, häufig unzureichend, oder die Standards waren dort möglicherweise niedriger angesetzt als bei größeren Herstellern. Es kam immer wieder zu größeren Qualitätsunterschieden zwischen den einzelnen Exemplaren, z.B. bei der Zentrierung, unsauberen Montagen oder gar minderwertigem optischem Glas. Das Problem hat sich aber seit den Möglichkeiten der Rückgabe beim Internetkauf vor allen Dingen auch durch die vermehrte Einrichtung herstellereigener Web-Shops deutlich verringert.

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…und auch die Qualitätskontrolle hält hohen Ansprüchen durchaus stand.

Natürlich können aus Kostengründen die Kundenbetreuung und der Service im Niedrigpreissektor nicht so umfangreich und wahrscheinlich auch nicht so perfekt sein wie bei den Markenherstellern. Daher wird hier oft erst gar nicht versucht nachzubessern oder zu reparieren, weil sich das einfach nicht rechnet – es wird einfach umgetauscht!

Qualität ll​

Beim Handling und dem Workflow mit den chinesischen Objektiven empfehlen sich einige Strategien, die sich zumindest bei meinen Tests bewährt haben. Für die Drittanbieter-Objektive, die keine Daten an das Kameragehäuse liefern, sollte man bei anspruchsvollen Arbeiten immer RAWs verwenden. Da die Objektive nicht von den jeweiligen Kameras erkannt werden, können die JPGs direkt aus der Kamera schnell unscharf oder gar matschig wirken, aber auch Vignettierungen werden natürlich nicht kameraseitig wegkorrigiert. Bei der RAW-Entwicklung kann man hier selbst eingreifen, oder gar eine automatische Korrektur vornehmen, wenn der Objektiv-Hersteller seine Korrekturdaten in der RAW-Software hinterlegt hat. Bei Lightroom ist das für einige chinesische Anbieter längst der Fall (Viltrox, Venus Optics, Mitakon).

Im Zeitalter der DLSM-Kameras ist das manuelle Scharfstellen mit ungechipten Objektiven manchmal etwas mühsam. Auch funktionieren die kameraeigenen Scharfstellhilfen, außer das Scharfstellen mit der Konturenanhebung, meist nicht. Darüber hinaus ist die Sonneneinstrahlung auf dem Kameramonitor gerne hinderlich. Das Problem wächst nach den Gesetzen der Physik proportional zur Blendenöffnung. Meine Versuche mit einem Mitakon 0,95/50mm an einer Nikon Z7 dauerten teilweise pro Aufnahme bei offener Blende bis zu 20 Minuten. Für die normale People-Fotografie ist das bei entsprechenden Objektabständen natürlich kein Problem und man kann den Freistellungseffekt lichtstarker Objektive gut nutzen. Im Übrigen sind die entsprechenden Objektive mit 0,95er Blendenöffnung bei den Markenherstellern auch grundsätzlich manuelle Versionen, allerdings zu einem sieben bis achtfachen Preis!

Die Bedienung der Fokusringe ist nicht nur bei Makro-Objektiven oft etwas schwergängig, was bei etwas größeren Objektiven schnell zu einem wackeligen Aufbau führt. Hier sollte man auf entsprechend stabile Stative und Einstellschlitten achten. Auch Stativschellen gibt es für die angebotenen Makro-Objektive leider nicht serienmäßig!

Bei sorgfältiger Arbeit sind auch mit den preiswerten Objektiven aus China gute bis sehr gute Ergebnisse zu erzielen. Dazu kommt, dass man sich mit solch einem Objektiv eine zusätzliche Brennweite durchaus leisten kann - auch eine, die man nicht so oft nutzt.

Wie geht’s weiter?​

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Die Marke Viltrox scheint neuer Marktführer für chinesische Drittanbieter-Objektive werden zu wollen und sogar den koreanischen Anbieter Samyang nicht nur technologisch zu verdrängen. Dabei unterstreicht Viltrox seinen Anspruch, indem es ausschließlich AF-Objektive neu auf den Markt bringt. Die jüngsten Infos deuten darauf hin, dass Viltrox sein Objektiv-Portfolio nun auch um Telebrennweiten und sogar Zoom-Objektiven ergänzen will. Kurz vor der Markteinführung steht scheinbar ein AF 1.8/135mm Objektiv für Sony E-Mount!

Viltrox ist eine Produktmarke der 2007 gegründeten Shenzhen Jueying Technology Co. Ltd., die sich auf Herstellung, Design und Vertrieb von Kameraequipment spezialisiert hat. Bis zur Einführung der Marke Viltrox hatte sich der Hersteller allerdings nicht wirklich mit Top-Objektiven am Markt profiliert. Auffällig ist auch, dass scheinbar die inzwischen mit einem guten Ruf besetzten Viltrox-AF-Objektive umgelabelt auch unter anderen Markenamen und von anderen Anbietern angeboten werden. Durch den Service, erfolgreich OEM-Produkte anzubieten, sichert man sich hohe Stückzahlen, die wiederum attraktive Preise und neue innovative Entwicklungen sicherstellen können!

Auch TTartisan, ebenfalls ansässig in Shenzhen, erweitert sein Objektivangebot in Richtung Telebereich. Ganz aktuell hat man ein manuelles 6.3/500mm vorgestellt, das bereits bestellt werden kann. Gleiches gilt für das TTartisan 2.8/11mm, ein manuelles Vollformat-Fisheye-Objektiv mit einem Bildwinkel von 180°, das sogar auch mit Anschlüssen für Spiegelreflex-Kameras wie der Nikon-F und Canon EF angeboten wird.

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TTartisan 6.3/500mm; TTartisan 11mm F2.8 Fisheye

Bei der Betrachtung der Brands fällt auf, dass sie alle erst seit Kurzem auf dem Markt sind und häufig aus der Technologiehochburg Shenzhen in China stammen. Dort scheint sich ein attraktiver Produktionsstandort für Objektive entwickelt zu haben, bei dem es nicht ganz einfach festzustellen ist, wer denn für wen und was produziert oder zuliefert. Allerdings kann man wohl davon ausgehen, dass die eigentliche Linsenfertigung auf ein Unternehmen, das den anderen zuliefert, konzentriert ist.

Die vielen kleinen Zulieferfirmen haben scheinbar aus ihrer Funktion der „Werkbank“ für die japanische Kameraindustrie gelernt und genügend Know-how gesammelt, um eigene Produkte auf dem Weltmarkt anbieten zu können. Diese Entwicklung war lange Zeit auf fotografisches Zubehör wie Stative, Blitzgeräte, Foto- und Videoleuchten oder andere weniger komplexer Produkte beschränkt. Inzwischen gehören Objektive und demnächst auch komplette Kameras dazu. Nimmt man also all diese jungen Firmen, die neuen DSLM-Kameras, und die sich langsam öffnenden Möglichkeiten, auch modernste Objektivtechnik für die neusten Kameragenerationen anbieten zu können, könnte eine neuerliche Verschiebung für Objektive kommen, diesmal auf chinesische Produktionsstandorte. Das muss, zumindest was die Preise für den Verbraucher angeht, nicht unbedingt schlecht sein...

© Netzwerk Fotografie und Dieter Doeblin. Jedwede Art der Veröffentlichung, auch auszugsweise, bedarf der Genehmigung. Text: Dieter Doeblin, Fotos: D. Doeblin, Hersteller, www.freepik.com.

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