Review Laowa 105 mm f/2.0 STF

Review zum Objektiv Laowa 105 mm f/2.0 STF
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Der Smooth-Operator​

Titelbild zum Review Laowa 105 mm f/2.0 STF


Dieses Mal geht es um einen Spezialisten, den „Smooth Operator“, das manuelle Objektiv f2/105 mm STF von Laowa, dass mir von der Firma B.I.G (Brenner) für einen Praxistest zur Verfügung gestellt wurde. Spezialist deshalb, weil das Objektiv nicht nur über zwei Blendenmechanismen, sondern auch über eine Speziallinse (ein so genanntes Apodisations-Element) verfügt, die ein sehr schönes Bokeh erzeugen soll. Neu ist das optische Prinzip nicht; schon vor ca. 25 Jahren brachten die Firma Minolta ein derartiges Objektiv auf den Markt. Es folgten Nikon und Fujifilm, deren Versionen sogar einen Autofokus besaßen.

Laowa ist eine Marke des chinesischen Herstellers Venus-Optics, der seit ca. 2017 auch auf dem deutschen Markt aktiv ist. Importeur ist die Firma Brenner (B.I.G.). Das 2/105 STF war eines der ersten Objektive des Herstellers, das auf dem deutschen Markt erhältlich war. Es ist also nicht brandneu, aber interessant genug, um es einmal unter die Lupe zu nehmen.

Der Hersteller beschreibt das Objektiv und die Funktionsweise so: „Das neue Laowa 105mm f/2 Smooth Trans Focus Objektiv bietet zwei separate Blenden für Stand- und Bewegungsaufnahmen. Die stufenlose 14-blättrige, perfekt kreisförmige Blende verleiht diesem Objektiv in Verbindung mit dem Apodisations-Element die Fähigkeit, ein weiches und ansprechendes Bokeh zu erzeugen. Sie ist auch für Videofilmer nützlich, um die Lichtmenge zu kontrollieren, die durch das Objektiv gelangt. Die zweite, eine 8-stufige Blende mit Rasterung bestimmt die effektive Blendenöffnung (Blendenzahl) und die entstehende Schärfentiefe.“

Die optische Anordnung des Apodisationselements beim Laowa STF-Objektiv:

Grafik: Die optische Anordnung des Apodisationselements beim Laowa STF-Objektiv


Ein Apodisationselement erzeugt einen verschwommene Unschärfekreis, indem man einen Verlaufsfilter in die Blendenebene des Objektivs einfügt. Dieses Filterglied ist in der Mitte durchsichtig und wird zum Rand hin immer dunkler, ähnlich einem radialen Verlaufsfilter.

Zum Objektiv​

Das Objektiv verfügt über 11 Elemente in 8 Gruppen mit einem hochbrechenden Element, 3 Elemente mit geringer Dispersion und einem Apodisations-Element. Dieses optische Design soll Fotos mit extremer Schärfe liefern und die chromatischen Aberrationen auf ein Minimum reduzieren. Das Gehäuse des Objektivs ist aus Metall gefertigt, sehr gut verarbeitet, und vermittelt ein gutes haptisches Gefühl. Das Objektiv ist für Canon EF-, Nikon F-, Sony FE-, Sony Alpha- und Pentax K-Anschlüsse erhältlich.

Produktbild Laowa 105 mm f/2.0 STF


Tabelle der technischen Daten des Laowa 105 mm f/2.0 STF


Eine weitere Besonderheit stellen die zwei Blendenringe dar. Es gibt einmal einen für die Fotografie üblichen Blendenring, mit den eingravierten Werten von f 2 bis 22 und einen zweiten mit so genannten T-Stop-Werten von 3.2 bis 8. Die T-Stop-Werte sind bei Film- und Video üblich. Dass die beiden Anfangswerte unterschiedlich ausfallen, kommt daher, dass beim F-Stop der errechnete Wert und beim T-Stop der tatsächliche Wert, d.h. der durch Messversuche ermittelte Wert, eingraviert sind. Wir kennen das auch bei modernen Kameras, dass manchmal bei offener Blende der Messwert des Belichtungsmessers abweicht vom Nominalwert (F-Stop). Die beiden Blenden sind auch unterschiedlich ausgeführt: die hintere, die f-Stop-Blende besteht aus acht Lamellen und hat Raststufen, die davorliegende T-Stop-Blende hat 14 Lamellen und funktioniert stufenlos. Durch die 14 Lamellen wird die Öffnung fast kreisrund und erzeugt so sehr schöne, weiche Ränder an Blendenflecken und ruhiges Bokeh.

F-Stop-Blende (links) und T-Stop-Blende (rechts) des Laowa 105 mm f/2.0 STF


Der Drehweg für die Fokussierung beträgt ca. 270° und läuft sehr sämig. Der Bildwinkel beträgt 23° und die Naheinstellgrenze liegt bei 0,9 Meter. Entsprechend der massiven Bauweise beträgt das Gewicht rund 745 g. Die mitgelieferte Sonnenblende ist aus Kunststoff gefertigt.

Laowa 105 mm f/2.0 STF an Nikon D750


Getestet wurde das Objektiv mit einer Nikon D750.

Der Praxistest​

Bevor es losgeht, noch etwas in eigener Sache. Meine Test-Hardware hat Zuwachs bekommen. Neu ist ein 27“ Monitor von ViewSonic. Es handelt sich um den VP2768a 4k. Der Pantone-zertifizierter Monitor deckt 100 % sRGB ab, und ist hardware-kalibriert. Die Bildbearbeitung für diesen Bericht erfolgte schon auf dem neuen Monitor. Natürlich gibt es zu dem auch preislich attraktiven Monitor demnächst einen ausführlichen Bericht.

27“ Monitor von ViewSonic


Meine Soft-/Hardware für diesen Test:

Als Programme nutze ich LR CC und DxO PhotoLab 4 für die RAW-Konvertierung und Affinity Photo zur Bildbearbeitung. Dazu gesellen sich XnView als Bildbetrachter und einige andere kleine Helfer für Sonderfälle. Das Ganze läuft unter Windows 10 Pro (aktuelle Version) auf einem Rechner mit AMD Ryzen 5, 32 GB Arbeitsspeicher und einer Nvidia GTX 1050 Ti. Als Bildschirm steht ein 27 Zoll-4k-Monitor zur Verfügung. Die Programme liegen auf einer SSD, darüber hinaus fungiert eine weitere SSD als Speicherort für die LR-Kataloge und als schneller Cache für die Bildbearbeitung. Ich benutze den (die) RAW-Konverter in der Regel „stand alone“, ein Bildbearbeitungsprogramm kommt normalerweise nur noch zur Konfektionierung (Beschnitt, Ausgabeformat usw.) und für spezielle Ausarbeitungen (Montagen usw.) zum Einsatz.

Da das Objektiv leider keine Daten an die Kamera überträgt, habe ich diesmal einige Erhebungen (z.B. die förderliche Blende usw.) weggelassen. Für den Einstieg gibt es wie immer die Testtafel.

Mit Laowa 105 mm f/2.0 STF abfotografierte Testtafel


Das Objektiv ist optisch sehr gut. Schon bei offener Blende wirkt es knackscharf. Minimal abgeblendet ist die Schärfe dann durchweg hervorragend, ohne dass die Fotos „spitz“ wirken. Chroma-Aberration und Vignettierung ist nicht festzustellen.

Mit Laowa 105 mm f/2.0 STF abfotografierte Testtafel


In Lightroom können die Fotos des manuellen Objektivs automatisch mit der (optischen) Objektiv-Korrektur entzerrt werden. Unter Venus-Optics ist das Profil hinterlegt. Bei dem Testexemplar habe ich die automatische Korrektur anschließend noch minimal optimiert, da noch ein winziger, kissenförmiger Fehler zu sehen war.

Beispiel Smooth-Effekt beim Laowa 105 mm f/2.0 STF


An den Kissen im Hintergrund kann man den „Smooth-Effekt“ sehr gut erkennen. Beim Schließen der T-Blende wird der Hintergrund unscharf; beim Hauptmotiv, dem Tisch bleibt dagegen alles superscharf (sogar der Staub auf dem Tisch bleibt über die gesamte Fläche scharf). Es wird ein kontrollierter Unschärfeeffekt sowohl am vorderen als auch am hinteren Rand des Schärfenbereichs erzeugt. Die Stärke des Effekts kann stufenlos gesteuert werden. Bei der Anwendung sollte die f-Stop-Blende voll geöffnet bleiben.

Freistellungseffekt des Laowa 105 mm f/2.0 STF mittels Maskierungsfunktion in Lightroom dargestellt


Den sehr guten Freistellungseffekt des Objektivs kann man z.B. bei der RAW-Entwicklung in LR mit der Maskierungsfunktion aufzeigen: die Kanten des Hauptmotivs lassen sich sehr schön scharf vom Rest des Bildes abgrenzen, ohne den Effekt übertreiben zu müssen (das musste ich abfotografieren, da kein Snapshot mit Effekt möglich war).

Natürlich kann man derartige Bilder auch mit normalen Objektiven machen. Mit dem Laowa ist das aber etwas einfacher zu bewerkstelligen. Die Kontrastleistungen des Laowa sind hervorragend und entsprechen den Ansprüchen die man an ein modernes Objektiv stellt.

Eine kleine Schwäche zeigt das Objektiv bei Gegenlicht: Es treten je nach Lichteinfallswinkel leichte Lensflares auf. Auch Blendenflecken gibt es, die zwar je nach Blende schön rund sind, aber die Bewertung der optischen Leistung etwas mindern. Diese beiden Punkte haben bei den Fans des „großen Bokehs“ allerdings einen anderen Stellenwert, bzw. werden u.U. sogar begrüßt.

Das Handling des Objektivs ist grundsätzlich in Ordnung, allerdings für alle, die die Arbeit nur mit Autofokus-Objektiven kennen, etwas gewöhnungsbedürftig. Zum einen, weil alles etwas langsamer geht. Zum anderen, weil das Scharfstellen auf Grund des großen Drehwinkels sehr präzise erfolgen muss. Dazu muss man vorausdenken. Besonders bei Portrait-Shootings sollte man die Richtung, in der sich das Model bewegen kann (sollte), vorher absprechen, denn größere Bewegungen, z.B. mit dem Kopf, erfordern schnell größere Drehwinkel am Fokusring. Dazu ist es auch erforderlich, die Fokussierhilfe in der Kamera hinsichtlich der Richtungspfeile gut zu beherrschen. Wenn man dann noch den „Smooth-Effekt“ einsetzen will, wird es bei bewegten Objekten schwierig. Kurzum, für Actionfotografie würde ich das Objektiv nicht einsetzen wollen.

Es empfiehlt sich, durchweg mit Auto-ISO zu arbeiten, da das korrekte Fokussieren mit den üblichen Sucherscheiben schon alle Aufmerksamkeit erfordert. Probeweise habe ich das Objektiv mal an einer analogen Nikon angeflanscht, da funktioniert das Scharfstellen, z.B. mit einem Schnittbildindikator in der Sucherscheibe. natürlich kinderleicht und deutlich fixer…

Aber davon abgesehen ist das Laowa 2/105mm SFT ein hervorragendes kurzes Tele und kann abbildungstechnisch durchaus überzeugen, wie die folgenden Fotos zeigen:

Testbild, aufgenommen mit Laowa 105 mm f/2.0 STF


Testbild, aufgenommen mit Laowa 105 mm f/2.0 STF


Testbild, aufgenommen mit Laowa 105 mm f/2.0 STF


Testbild, aufgenommen mit Laowa 105 mm f/2.0 STF


Testbild, aufgenommen mit Laowa 105 mm f/2.0 STF


Alle Outdoor-Fotos wurden mit Belichtungseinstellung A und Auto-ISO gemacht.

Fazit​

Die optische Leistung und auch die Verarbeitungsqualität des Laowa f2/105mm STF konnten mich rundum überzeugen. Da ich kein ausgewiesener „Bokeh“-Fan bin, muss ich mich in der Beurteilung dieses Aspektes etwas zurückhalten. Das Bokeh wirkt auf mich angenehm und erfüllt (für mich) seinen Zweck. Für meine Art zu fotografieren reichen mir allerdings die normalen 1.8/85er oder 2/105er, so dass diese Spezialfunktion etwas für Spezialisten bleibt. Eigentlich liebe ich die 105er Brennweite für Portrait-Shootings und verwende sie gerne, das Laowa begrenzt mir die Action aber doch sehr. Darüber hinaus sollte in der heutigen Zeit auch ein Objektiv ohne Autofokus die wichtigsten Parameter an die Kamera übertragen, zumal das Objektiv preislich kein Schnäppchen ist.

So fällt die Beurteilung zwiespältig aus: Optische und Verarbeitungsqualität sind sehr gut, das Handling jedoch für mich nicht mehr wirklich zeitgemäß. Daher vergebe für das Laowa 2/105mm STF vier Sterne.

Weitere Informationen

Preis: 899,00 Euro (UVP)
Details gibt es hier bei Foto Brenner (B.I.G.)

Bewertung​

Grafik: Bewertung 4 Sterne


© Dieter Doeblin. Jedwede Art der Veröffentlichung, auch auszugsweise, bedarf der Genehmigung. Text: Dieter Doeblin, Fotos: D. Doeblin, M. Schmid, Laowa

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