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Semper fi​

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Diesmal habe ich eine Leica M11 mit einem APO Summicron-M 2/35mm, also eine klassische „Streetfoto-Combo“, und zusätzlich ein Carl Zeiss Distagon 2.8/15mm ZM für einen Test zu Gast. Erst nach dem Auspacken wird einem klar, dass dieses schlichte Teil die momentan teuerste digitale Vollformat-Kamera am Markt ist! Bleibt also abzuwarten, was man für rund 8.700 € (nur Gehäuse) geboten bekommt…

Leica führte das M-System (das „M“ steht dabei für „Messsucher“) 1954 als Nachfolger für die Leica IIIf ein. Die Ahnenreihe der Leica M reicht damit bis zur ersten Kleinbildkamera der Welt (Ur-Leica) zurück. Ihre Bedeutung und ihren Nimbus erhält die Leica M dadurch, dass sie wie schon ihre Vorgänger (die „Schraubleicas“) von vielen bedeutenden Fotografen besonders in der Reportage-Fotografie eingesetzt wurde, und somit viele Fotos, auch berühmte, zur Zeitgeschichte mit einer Kamera dieses Typs oder einem Vorgängermodell aufgenommen wurden.

Im September 2006, zwei Jahre nach der Epson R-D1, stellte Leica seine erste M-Serien Kamera mit CCD-Sensor vor. Die als M8 eingeführte Kamera hatte weiter das klassische Design der analogen M-Serie und war mit einem 10,3 Megapixel CCD-Sensor ausgestattet, der für Digitalkameras damals eine relativ große Fläche von 18 mm × 27 mm (Formatfaktor 1,33) aufwies und damit deutlich größer als das später übliche APS-C-Format war.

Links die erste digitale Leica M, die M8, rechts die aktuelle M11.

Links die erste digitale Leica M, die M8, rechts die aktuelle M11.

Die Kamera​

Produktbild Leica M11


Tabelle Technische Daten Leica M11


Hier geht es zu den kompletten technischen Daten:

Der neue Sensor
Der neue 60 MP-CMOS- (Pixelpitch: 3,76 μm) Vollformat-Sensor bietet nicht nur eine sehr hohe Auflösung, sondern auch noch eine für Systemkameras bisher relativ wenig verbreitete spezielle Technologie, das so genannte „Pixel-Binning“. Pixel-Binning wurde ursprünglich für die immer höher auflösenden Bildsensoren in Smartphones entwickelt, um bei schlechten Lichtverhältnissen das Rauschen zu vermindern. Vereinfacht erklärt werden bei schlechter werdenden Lichtverhältnissen nebeneinander liegende Pixel zusammengefasst. Dabei können Dual-, Quad- oder sogar größere Pixel-Areals gebildet werden.

Grafische Darstellung Leica M11 und Pixel Binning


Die M11 bietet drei verschiedene „Auflösungen“, die sogar für RAW und JPGs unterschiedlich abgespeichert werden können. Dabei decken die unterschiedlichen Auflösungen immer den gesamten Sensor ab.

Grafiken zu den unterschiedlichen Auflösungen


Realisiert wird das Ganze im neuen Maestro III Bildprozessor durch entsprechende Modifikationen beim Demosaicing. Anders ausgedrückt wird der Bayer-Filter entsprechend der gewählten Auflösung in seinem jeweiligen RGB-Raster unterschiedlich genutzt.

Verzichtet hat Leica trotz der hohen Auflösung (leider) weiterhin auf eine Stabilisierung des Bildsensors. Das unterstützt einerseits das Konzept der M-Kameras, Technik auf pure Fotografie zu beschränken, beschränkt jedoch gleichzeitig Spitzentechnik fast auf bloße „Schönwetter-Fotografie“. Denn selbstverständlich bedingen mehr Pixel auch immer ein höheres Risiko für Verwacklungsunschärfe bei längeren Belichtungszeiten, und natürlich auch ein deutliches mehr an Rauschen bei höheren ISO-Werten. Was die Praxis dann auch klar zeigt!

Bis ISO 3.200 bleibt die Bildqualität, was das Rauschen angeht, sehr gut. Dabei zeigt sich die im Bildprozessor integrierte Rauschunterdrückung auch bei den Kamera-JPGs als sehr gut wirksam. Darüber hinaus muss man schon sehr gut überlegen, zumindest bei Aufnahmen aus der Hand, ob man nicht besser die Auflösung eine Stufe verringert. Mein üblicher Test bei 6.400 und 12.800 ISO war auch bei offener Blende ohne Stativ nicht mehr machbar.

Beispielbild: Häuserfront mit Straßenlaterne, deutliches Rauschen sichtbar

Hier ein Ausschnitt mit 6.400 ISO vom Stativ. Das Rauschen zeigt sich schon deutlich!

Die interne Rauschunterdrückung kann für JPGs im Bereich von -1 bis +1 in ihrer Wirkung verstellt werden. Da die RAWs linear in Adobe Lightroom genauso aussehen, muss man davon ausgehen, dass auch schon beim RAW (hier das Leica-DNG) die kameraeigene Rauschunterdrückung eingreift. Dieses Verhalten ist aber auch bei anderen Herstellern, und da auch schon bei 50 oder 47,5 MP, festzustellen!

Verschluss
Der neue elektronisch gesteuerter Hybrid-Schlitzverschluss bietet mechanisch Zeiten von 60 min bis 1⁄4000s und elektronisch 60 s bis 1⁄16000s. Die Blitz-Synchronisation reicht bis 1⁄180 s

Kameragehäuse
Das schwarz verchromte Ganzmetall-Gehäuse der M11 besteht bei der schwarzen (Test-) Version aus Messing und Aluminium. Die Deckkappe bzw. der obere Teil ist nun aus Aluminium gefertigt, die Bodenplatte besteht weiter aus Messing. Durch den teilweisen Einsatz von Alu verringert sich glücklicherweise das Gewicht (-20%) spürbar. Das Gehäuse ist abgedichtet gegen Staub und Spritzwasser, wirkt äußerst robust und das Finish ist makellos.

Vergleich der Bodenplatten. Oben links: Leica M6, oben rechts Leica M8, unten Leica M11

Entwicklung der Bodenplatte

Der bis zur M10 beibehaltene Bodendeckel, unter dem die Speicherkarte und der Akku verborgen waren, entfällt und wird durch eine in den Akku integrierte Abdeckung ersetzt, was das Handling der Kamera deutlich verbessert! Der Steckplatz für die SD-Karte sitzt nun im Akkufach, und der Wechsel ist nur bei herausgenommenem Akku möglich. Allerdings verfügt die M11 über einen internen 64GB großen Speicher, der wie ein normaler Steckplatz funktioniert.

Die Kamera liegt satt in der Hand. Sie ist allerdings etwas glatt, das gilt auch für die Daumenstütze an der Rückseite. Etwas mehr Griffigkeit täte der Kamera gut. Insgesamt ist es den Leica Designern wieder gelungen, in der Formensprache der Tradition gerecht zu werden, denn die M11 vermittelt in dem Moment, in dem man sie in der Hand hält, sofort dass oft beschriebene Leica-Gefühl!

Die Tasten auf der Rückseite sind nicht mehr in Plastik eingebettet, sondern das sie umschließende Kunstleder schließt nun bündig mit dem Display ab. Auch Akku und Akkuladegerät wurden neu designt. Durch den Wegfall der Bodenplatte hat die Kamera jetzt einen USB-C-Anschluss bekommen, mit dem sie geladen werden kann und der auch für eine schnelle Datenverbindung zu Apple Geräten geeignet ist. Darüber hinaus ist damit auch Tethering möglich. Das neue Ladegerät ist auch als Dockingstation nutzbar, in die man einen Akku hineinstellen kann. Praktisch ist auch der USB-2.0 Anschluss, mit dem man das Gerät dann mit Strom versorgen kann.

Die programmierbare Funktionstaste von der Frontseite der Leica M10 ist jetzt neben den Auslöser auf der Kameraschulter gerückt und das Drehrad an der Rückseite hat eine Funktionserweiterung bekommen: Es ist jetzt auch programmierbar und man kann es wie eine Taste drücken. Eine sinnvolle Weiterentwicklung, die die Bedienbarkeit noch einmal verbessert!

Das Menü

2 Bilder nebeneinander, jeweils Kamerarückseite Leica M11, im Display Menüeinstellungen sichtbar


Das Menü der M11 ist übersichtlich und gut strukturiert. Besonders praktisch ist das „Schnellmenü“, das alle wichtigen Parameter zusammenfasst.

Die Kamera ist auch was die Bedienung betrifft schlicht gehalten, und die Bedienung erklärt sich so gut wie von selbst. Nach der persönlichen Grundeinstellung über das Kameramenü, das einen angenehm aufgeräumten Eindruck vermittelt, kann es sofort losgehen. Neben dem Ein-/Ausschalter gibt es noch ein Wahlrad oben, mit dem man zwischen manuell und Zeitautomatik und den Verschlusszeiten (von 1/4.000 bis 8 s) auswählen kann, sowie ein Einstellrad für die ISO-Wahl, die hier von 64 bis 6.400, immer in ganzen Stufen, reicht. Für Zwischenstufen und Werte bis ISO 50.000 dreht man das Rad auf die M-Position, um den gewünschten Wert im ISO-Einstellungen-Menü zu wählen. Die Auswahl der Belichtungsmessung, es stehen Spot-, mittenbetonte oder Mehrfeld-Messung zur Verfügung, muss man im Menü vornehmen. Die Belichtungsmessmethode unterscheidet sich im Messsucher- und im Live-View-Betrieb. Bei Verwendung des Messsuchers wird das von den Verschlusslamellen reflektierte Licht von einer Fotodiode gemessen – dabei ist die Messung stark mittenbetont. Scharfgestellt wird manuell am Objektiv, an dem man im manuellen Betrieb auch die Blende einstellt.

Grafik zum Prinzip des Messsuchers


Eine weitere Besonderheit ist der Messsucher. Die digitalen Leica-M-Modelle waren im Prinzip auch die ersten hochwertigen spiegellosen, digitalen KB-Systemkameras. Im Messsucher wird ein Leuchtrahmen eingeblendet, der das Bildfeld der jeweiligen Brennweite (28, 35, 50, 75 90, oder 135 mm) anzeigt. Am Objektiv-Bajonett befindet sich ein Sensor, der die 6-Bit-Codierung zur Objektiverkennung an den entsprechenden Leica-M-Objektive ausliest und u.a. auch die Anpassung der Leuchtrahmen an die Brennweite steuert. Der Parallaxen-Ausgleich, der durch die seitlich versetzte Anordnung des Suchers erforderlich ist, wird für die jeweilige Brennweite automatisch bei der Anordnung des Leuchtrahmens berücksichtigt. Die Schärfekontrolle erfolgt durch einen kombinierten Schnitt- und Mischbild-Entfernungsmesser, der in einem helleren Viereck mittig im Sucher hervorgehoben wird. Im Sucher zeigt eine vierstellige Digitalanzeige z.B. die eingestellte Belichtungskorrektur direkt an.

Grafik Schnitt- und Mischbildentfernungsmesser, oben unscharf, unten scharf


Für ein exaktes Scharfstellen muss man möglichst senkrechte Linien im Motiv suchen!

Im Low-Light-Bereich muss man beim Scharfstellen höllisch aufpassen, da sich dann schnell die Grenzen des Messsuchers zeigen. Bei kontrastarmen Flächen, vor allem wenn senkrechte Strukturen fehlen, empfiehlt sich unbedingt der Live-View-Betrieb – ohne lernt man schnell wieder, was Ausschuss ist! Zumindest gilt das, wenn man nicht permanent mit einer Leica-M unterwegs ist.

Neben dem Messsucher ist ebenfalls Live-View-Betrieb möglich, der auch über ein Focus-Peaking zur Scharfstellung verfügt.

Live-View-Betrieb der Leica M11, Blick auf das Display


Wie gewohnt wird jede Aufnahme nach der Belichtung auf dem 3“ Farb-TFT-LCD-Monitor (2,3 Mio. Bildpunkte) angezeigt. Ebenso kann man sich die gemachten Aufnahmen ansehen. Praktisch dabei: über ein Drehrad kann man die Aufnahmen vergrößern, um die Schärfe direkt zu kontrollieren. Soweit die wichtigsten Details zur Ausstattung und Bedienung.

Das mitgelieferte Objektiv, das APO Summicron-M 2/35mm, ein gemäßigtes Weitwinkel-Objektiv, muss ich hier nicht extra beschreiben, da die Qualität sowohl optisch als auch mechanisch bekannt ist und das Objektiv in seiner Klasse wohl zum Besten gehört, was man kaufen kann. Etwas näher gehe ich dann weiter unten noch auf das Zeiss Distagon 2.8/15mm ZM ein, welches mir ebenfalls zur Verfügung stand.

Der Praxistest​

Alle meine persönlichen Aussagen und Anmerkungen in diesem Bericht beziehen sich ausschließlich auf die mir zum Test überlassene Kamera und Objektive. Die technischen Daten der Kameras drucke ich hier nicht komplett ab, sondern verweise mit einem Link auf die entsprechende Herstellerseite. In meinem Review erwähne ich die reinen technischen Daten nur punktuell, hauptsächlich da, wo Neuerungen bzw. Herausstellungsmerkmale zur Sprache kommen. Für den Artikel wurden hauptsächlich JPGs „out of camera“ benutzt. Vorrauschicken möchte ich auch, dass die Bilder, die ich hier im Web zeigen kann, die eigentliche Qualität der original 60 MP-Dateien auf Grund der eingeschränkten Darstellungsgröße leider nicht wirklich zeigen können.

Das Handling der Kamera ist, zumindest wenn man griffig zu haltende DSLRs oder DSLMs gewohnt ist, eher bescheiden. Man muss sich schon Mühe geben, um eine Halteposition zu finden, bei der auch das manuelle Scharfstellen bequem zu erledigen ist. Aber nach einer gewissen Eingewöhnungszeit funktioniert es mit der entsprechenden Selbstdisziplin ganz gut. Darüber hinaus kommt man schnell darauf, dass zumindest für die Domäne Streetfotografie eine Allroundeinstellung für Blende und Entfernung am Objektiv in Verbindung mit einer geeigneten ISO-Einstellung und Zeitautomatik auch heute noch sehr gut funktionieren.

Da der Bildeindruck durch den Messsucher ein gänzlich anderer ist als sonst gewohnt, habe ich bei den ersten Aufnahmen jeweils eine automatische Belichtungsreihe (3 Aufnahmen, jeweils ein LV Unterschied) gemacht, um einen Eindruck von der internen Belichtungsmessung zu bekommen. Eine zweite Runde der Aufnahmen wurde komplett im manuellen Modus gemacht und die Belichtung mit einem Handbelichtungsmesser durchgeführt (Lichtmessung). Diese ersten Versuche zeigten aber schnell, dass man sich auf die interne Messung der Leica M11 unter normalen Bedingungen verlassen kann! Auch der automatische Weißabgleich funktioniert sehr gut, wie eine Testaufnahme mit einer Farbtafel zeigte.

Im garten. Farbtafel lehnt an Holzpfahl neben Blumentopf

35mm; f/11; 1/13s; ISO 200; mit Stativ

Insgesamt waren die äußeren Bedingungen für mein „Leica-Abenteuer“, was das Wetter anging, sehr bescheiden, denn es gab insgesamt nur zwei halbe Tage ohne Sturm und Regen. Der erste Fotospaziergang führte mich diesmal nach Lüdinghausen in die Altstadt:

Häuserfront in Lüdinghausen

35mm; f/8; 1/400s; ISO 400

Straßenbaustelle mit Bauzaun

35mm; f/5,6; 1/400s; ISO 400

Häuserfront mit Schild Salon Angelika

35mm; f/7.1; 1/400s; ISO 400

Backsteinhaus in der Altstadt

35mm; f/8; 1/400s; ISO 400

Wehr und Wassermühle in Lüdinghaus

35mm; f/7.1; 1/800s; ISO 400

Waldstück mit Ästen und Zeigen, vorne rechts ein Baumstamm

35mm; f/2.8; 1/125s; ISO 800

Detailaufnahme Holzäste

35mm; f/2.0; 1/640s; ISO 800

Mann in gelb-grauer Winterjacke blickt durch den Sucher einer Lumix-Kamera auf Stativ

35mm; f/8; 1/1000s; ISO 800

Ausschnittvergrößerung des vorherigen Bildes: Gesicht, Kamera, Hände des Fotografen

Gleiches Bild, Ausschnittvergrößerung (200%)

L-23.jpg


Beim Vergleich der unterschiedlichen Einstellungen zur Auflösung zeigte sich bis 3.200 ISO auch bei 100% Vergrößerung kein signifikanter Unterschied beim Rauschen (alle drei Aufnahmen sind bei 3.200 ISO, gleiche Zeit und Blende, und mit Stativ quasi zeitgleich entstanden).

Exkurs Zeiss 2.8/15mm​

Wie schon am Anfang des Berichts erwähnt, hatte ich auch noch ein zusätzlich ein Carl Zeiss Distagon 2.8/15mm ZM für diesen Test zur Verfügung. Im Folgenden einige Details und Fotos auch dazu.

Carl Zeiss Distagon 2.8/15mm ZM


Das Distagon T* 2,8/15 ZM ist ein für seine Brennweitenklasse besonders lichtstarkes Objektiv und ermöglicht Low-Light-Fotografie auch bei schwierigen Lichtverhältnissen. Zeiss fertigt die M-Objektive nach eigenen Angaben in Deutschland. Das 2.8/15mm verfügt über ein komplexes Optik-Design und nutzt exotische Glassorten wie Barium-Schwerflint mit hoher Brechzahl und Fluor-Kron mit anomaler Teildispersion. Es werden asphärische Linsen und „Floating Elements“ zur Innenfokussierung eingesetzt. Das sorgt für verzeichnungsfreie Bilder und gleichbleibend hohe Abbildungsleistung bis in die Bildecken und über den gesamten Fokusbereich.

Zeiss wirbt für das Objektiv mit folgender Botschaft:
„Machen Sie jede Aufnahme zum Star mit diesem Superweitwinkelobjektiv. Das Distagon T* 2,8/15 ZM ist die Krönung modernen Objektivdesigns für Kleinbild-Messsucherkameras mit rektilinearer Abbildung, eröffnet ganz neue und dynamische Perspektiven und ist hervorragend zum Fotografieren anspruchsvoller Architektur und Innenarchitektur geeignet“.

Gnomonic.png


Rektilineare oder gnomonische Abbildung
Eine gnomonische Projektion ist eine Zentralprojektion, bei der das Projektionszentrum im Mittelpunkt des abzubildenden Körpers liegt.
Bild: (Marozols, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons) Mehr dazu unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Gnomonische_Projektion

Laut Zeiss bieten die ZEISS T*® Objektive ein höchstmögliches Niveau hinsichtlich Leistung, Zuverlässigkeit und natürlich Bildqualität. So steht beispielsweise eine äußerst fortschrittliche Streulichtreduzierung bereit, für gestochen scharfe und brillante Bilder. Die praktisch nicht vorhandene geometrische Verzeichnung stellt eine präzise Formenwiedergabe sicher, was vornehmlich bei der Produkt- und Architekturfotografie von Nutzen ist. Darüber hinaus zeichnen sich die Zeiss-Objektive durch eine präzise und leichtgängige Fokussierung aus. Für ideale Freistellung sorgen die Blenden mit zehn Lamellen, die eine nahezu kreisrunde Blendenöffnung bilden. Damit schaffen sie eine besonders harmonische Wirkung der Unschärfebereiche des Bildes („Bokeh“). Alle Linsenoberflächen der Objektive von ZEISS sind mit der T*®-Anti-Reflex-Beschichtung und einem optischen Design ausgestattet, das auch bei ungünstigen Lichtverhältnissen brillante Bilder erzeugt. Die ersten Vergütungen wurden von ZEISS bereits in den 1930er Jahren angewandt. Die Fassungs- und Steuerelemente der ZM-Objektive sind aus Metall gefertigt und für jahrzehntelangen, intensiven Gebrauch ausgelegt.

Tabelle. Technische Daten des Carl Zeiss Distagon 2.8/15mm ZM


Weitere Infos gibt es hier:

Leica M11 links im Bild, rechts zwei Objektive


Dem Zeiss 2.8/15mm ZM fehlt leider die Leica-eigene 6-Bit-Codierung, so dass die Kamera das Objektiv nicht erkennt. Darüber hinaus werden auch keine Objektivdaten an die Kamera übertragen. In der Praxis bedeutet das, dass bei JPGs „out of Cam“ keinerlei Objektivkorrekturen erfolgen! Nutzt man dagegen RAWs, erkennt i.d.R. der RAW-Konverter das verwendete Objektiv und kann so doch mit den hinterlegten Korrekturdaten eine automatische Korrektur durchführen.

L-28.jpg

15mm; f/8.0; 1/5000s; ISO 400; hier mit Stativ und ausgerichtet. Das Kamera-JPG weist keine Korrektur auf – die Vignettierung ist deutlich zu sehen!

L-29.jpg

Hier das gleiche Foto, in Lightroom entwickelt mit automatischer Objektivkorrektur.

Hier noch ein Beispiel aus der Hand fotografiert:

L-30.jpg

15mm; f/8.0; 1/400s; ISO 400

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RAW mit DxO PhotoLab 6 entwickelt. Hier kann man sehen, dass es mit dem 15mm-Objektiv schwierig ist, Aufnahmen aus der Hand exakt auszurichten, wenn man die gewohnten Hilfseinblendungen nicht im Sucher zur Verfügung hat.

L-32.jpg

Das gleiche Foto; hier stürzende Linien korrigiert und mit Luminar NEO etwas „aufgehübscht“.

L-33.jpg

15mm; f/8.0; 1/125s; ISO 64, Hochformat vom Stativ

L-34.jpg

Das gleiche Foto (RAW) beschnitten; hier zeigen sich die Reserven des 60 MP Sensor natürlich…

L-35.jpg

15mm; f/8.0; 1/750s; ISO 400 (RAW, Querformat beschnitten)

L-36.jpg

15mm; f/5.6; 1/1250s; ISO 400, RAW aus der Hand

L-37.jpg

35mm; f/2.8; 1/400s; ISO 400

L-38.jpg

Die SW-Umwandlung einer 60 MP Aufnahme kommt dann sehr nahe an den typischen „Leica-Look“ heran.

L39.jpg

35mm; f/2.8; 1/400s; ISO 400

Fazit​

Nun ja, mein Fazit fällt zweischneidig aus. Einerseits bietet Leica mit der M11 einen für sich genommen fantastischen Bildsensor mit 60 MP und umschaltbarer Auflösung an. Andererseits verzichtet man auf eine Sensorstabilisierung und beschneidet die fotografischen Möglichkeiten gerade in einem der ureigensten Genres der M-Serie, der Streetfotografie, massiv, da eine vernünftige Low-Light-Fotografie aus der Hand mit 60 MP nicht mehr möglich ist. Abgesehen davon macht ein 60 MP-Bildsensor ohne IBIS technisch gesehen eigentlich wenig Sinn. Die erreichbare Bildqualität des 60 MP-Sensors in Verbindung mit dem Maestro lll Bildprozessor ist, wenn die äußeren Bedingen stimmen und entsprechend leistungsfähige Objektive Verwendung finden, absolute Spitzenklasse. Ob man diese Auflösung in einem eher nostalgischen Kameragehäuse braucht, ist eine andere Frage.

Die hohe Material- und Fertigungsqualität, die seit vielen Jahren für Leica steht, zeichnet auch diese Kamera aus. Das Konzept, eine ausschließlich manuell fokussierbare Kamera anzubieten, schließt das Genre Action-Fotografie natürlich aus. Mit der Leica wird der Begriff „Entschleunigung“ zum Wesensmerkmal für den Umgang und das Arbeiten mit dieser Kamera. Darüber hinaus muss ich einräumen, dass die Schnappschusseigenschaften dieser Kamera abseits der normalerweise üblichen Automatisierung durchaus Spaß machen!

Besonders loben muss man noch einmal ausdrücklich die gut durchdachten und einfach strukturierten Menüs, die Leica verwendet. Auch der Wegfall der abnehmbaren Bodenplatte macht das Handling noch einfacher. Leider hat der technische Fortschritt den Weg in den Messsucher der Kamera noch nicht gefunden, so dass man in bestimmten Situationen, z.B. beim Einsatz von Live-View, wie ein profaner Smartphone-Knipser wirkt. Schade.

Sowohl das 35mm Leica- als auch das 15mm Zeiss-Objektiv lieferten ohne Einschränkung die optische Qualität, die der 60 MP-Sensor für eine Top Bildqualität erfordert. Will man allerdings JPGs „out of camera“ verwenden, muss man wissen, dass Fremdobjektive keine Objektivkorrekturen erfahren, da die M11 diese Objektive i.d.R. nicht erkennt.

Die Leica M11 kann man eher nicht mit normalen Maßstäben messen. Sie ist sicher ein einzigartiges Fotogerät in der digitalen Kamerawelt, zumindest im KB-Bereich, bei dem man eigentlich nicht für Topleistung bei der angebotenen Technik zahlt, sondern für ein Gefühl. Dass man für besondere Gefühle mitunter sehr viel Geld auf den Tisch legen muss, ist auch eine Tatsache, die durchaus häufiger vorkommt. Ob es einem wert ist, rund 8.700 Euro für eine, wenn auch einzigartige, Kamera auszugeben, muss jeder mit sich selbst und seinem Konto ausmachen.

Da die sonst übliche Bewertung dieser sehr speziellen, sich dem Zeitgeist entziehenden Kamera nicht gerecht würde, lasse ich sie hier mal weg.

Mehr Informationen:
Erhältlich ist die Leica M11 z.B. bei unserem Partner AC-Foto:

© Dieter Doeblin und Netzwerk Fotografie. Jedwede Art der Veröffentlichung, auch auszugsweise, bedarf der Genehmigung. Text: Dieter Doeblin, Fotos: D. Doeblin, Leica
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