Eines für sechs – Das 35-150mm Zoom-Objektiv
Schon im Herbst 2022 hat Tamron das Zoom-Objektiv mit der Brennweite 35 – 150mm F2-2.8 auf den Markt gebracht, allerdings damals nur für den Sony E-Mount-Anschluss. Inzwischen bietet Tamron das Objektiv auch mit Nikon Z-Anschluss an. Und damit nicht genug, auch Samyang hat inzwischen ein Objektiv mit diesem sehr universellen Brennweitenbereich mit Sony E-Mount auf den Markt gebracht.
Schon damals konnte ich dieses überaus interessante Objektiv mit Sony E-Mount-Anschluss testen. Interessant deshalb, weil das Objektiv wohl den wichtigsten Brennweitenbereich von 35 bis 150mm abdeckt und das sogar mit einer Lichtstärke von 2 – 2.8! Es könnte also gut und gerne sechs Festbrennweiten (35, 50, 85, 105, 135 und 150mm) ersetzen, wenn denn auch die Abbildungsleistung stimmt. Das galt es herauszufinden - und tatsächlich, das Ergebnis war durchweg positiv.
Mein damaliges Fazit lautete daher:
Normalerweise halte ich nicht so viel von den so genannten „Immerdrauf“-Zooms mit Zoomfaktoren jenseits von 3-fach. Sie sind meist, da sie natürlich preisgünstig angeboten werden, auch mit eher bescheidenen Anfangsblenden und eher durchschnittlichen Abbildungsleistungen ausgestattet. Andererseits sind die bei diesen Objektiven angebotenen Brennweitenbereiche schon attraktiv, wenn man mit leichtem Gepäck unterwegs sein will (muss). Mit dem 35-150mm F/2-2.8 Di III VXD schlägt Tamron allerdings ein neues Kapitel auf, was Qualität und Abbildungsleistung für diese Objektivklasse angeht! Die optische Qualität dieses Immerdrauf kann in ganzer Linie überzeugen. Einzig bei Gegenlicht muss man kleine Abstriche machen; da ist das Objektiv mit seinen 21 Linsen etwas empfindlich und neigt zu Flares und Kontrasteinbußen. Ob die fehlende, objektiveigene Bildstabilisierung tatsächlich ein Manko darstellt, lasse ich mal dahingestellt, haben doch alle aktuellen Sony-Vollformatkameras dieses Feature bereits an Bord.
Nun hatte ich über den Jahreswechsel die Gelegenheit, sowohl ein Tamron, diesmal mit Nikon Z-Anschluss und ein Samyang mit Sony E-Mount direkt zu vergleichen. Entgegen allen Vermutungen, dass es sich vom Innenleben her um die gleichen Objektive handelt, stellte sich heraus, dass das Samyang optisch etwas einfacher aufgebaut ist. Da stellte sich gleich die Frage wie groß die Unterschiede in der Praxis ausfallen würden, vor allem weil das Samyang deutlich preisgünstiger zu haben ist!
Der neue Vergleich:
Samyang AF 35-150mm f/2-2.8 FE Sony E versus Tamron 35-150mm F/2-2.8 Di III VXD Nikon Z
Die Kandidaten beim Live-Einsatz an einer Sony a7R lll und einer Nikon Z 6ll.
Auch an der Nikon Z f macht sich diese extraordinäre Brennweite sehr gut.
Schon beim Auspacken der Objektive wird einem klar, dass man es bei diesen knapp 4 ½-fach Zoom-Objektiven nicht unbedingt mit leichtgewichtigen Zwergen zu tun hat, sondern mit fast 1,2 kg und einem Format von 10 x 18,5 cm (plus 5cm mit aufgesetzter Sonnenblende). Beide Objektive sind im Prinzip gleich groß und schwer.
Die Objektive
Beide Objektive sind sehr gut verarbeitet und die Haptik fühlt sich ausgesprochen gut an, was noch wichtig werden sollte! Die mitgelieferten Sonnenblenden sitzen nach dem Einrasten fest. Die Tamron-Sonnenblende kann zur Sicherheit nur per Druck-Taste gelöst werden.
Will man die Objektive auf dem Stativ nutzen, sollte man schon einen kräftigen Stativkopf verwenden, da das Objektiv durch sein Gewicht alles sehr kopflastig macht, zumindest wenn man eine normale Stativplatte zentral am Kameraboden verwendet. Was bei beiden Objektiven fehlt, ist eine Stativschelle! Hier haben beide Hersteller an der falschen Stelle gespart, auch deshalb, weil die rund 1,2 kg auch bei umgehängter Kamera permanent am Objektivbajonett zerren.
Natürlich gibt es für beide Objektive auch die Möglichkeit, sie individuell anzupassen bzw. zu optimieren. Auch können die User die Firmware, wenn nötig, updaten. Bei Tamron nennt sich das „TAMRON Lens Utility“ und bei Samyang he4ißt es „Lens-Station“. Bei beiden Varianten ermöglicht eine spezielle Software die individuelle Konfiguration der Objektive.
Wie das funktioniert, möchte ich am Beispiel Tamron kurz erläutern:
Nach der Installation des Programms auf einem Computer lassen sich kompatible Objektive über ein USB-Anschlusskabel mit dem Rechner verbinden, um verschiedene Funktionen des Objektivs individuell anpassen oder die Objektiv-Firmware aktualisieren zu können.
Mithilfe der persönlichen Konfiguration lässt sich das Objektiv auch optimal an die jeweilige Aufnahmesituation, zum Beispiel Foto oder Video, anpassen. Dazu befinden sich am Objektiv entsprechende Schalter und Tasten (A, B und C). Darüber hinaus gibt es auch noch eine Feststelltaste für den Zoomring. Wenn man die Möglichkeiten der individuellen Konfigurierung nutzt, lässt sich sehr schnell und effektiv mit dem Objektiv arbeiten!
Die Fokussierung erfolgt bei beiden Objektiven schnell und dazu noch sehr leise. Samyang nutzt zur Fokuseinstellung ebenso Linear Stepper Motoren (LSTM) wie Tamron. Tamron ergänzt sein Fokussystem zusätzlich mit zwei VXD-Modulen.
Da Tamron beim optischen Aufbau nicht gespart hat (u.a. drei Glass Molded Aspherical-Elemente und vier Low Dispersion-Linsen), fallen die Ergebnisse entsprechend gut aus. Die Abbildungsleistungen sind bei allen Brennweiten sehr gut. Vergleicht man die Objektiv-Schemata, erkennt man, dass das Samyang etwas einfacher ausfällt. Die optische Qualität in der Praxis zeigt aber keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Objektiven, zumal das Samyang an einem 40 MP Sensor (Sony a7R lll) zum Einsatz kam.
Beide Objektive zeigen bei 35mm und offener Blende, typisch selbst für WW-Festbrennweiten, in den Bildecken schwache Vignettierungen, die sich mit leichtem Abblenden aber einfach vermeiden lassen. Chromatische Aberrationen waren nicht erkennbar. Die Objektive werden in Adobe Lightroom erkannt und die Objektivkorrekturen entsprechend durchgeführt. Irgendwelche Abbildungsfehler traten während des Tests nicht auf.
Die Fotos
Alle Fotos sind unbearbeitet und „out-of-Camera-JPGs“. Den Anfang machen die älteren Fotos, die schon 2022 mit einer Sony a7 IV entstanden sind. Das neue Tamron kam an einer Nikon Z 6 ll und einer Z f zum Einsatz, das ebenfalls neue Samyang an einer Sony a7R lll.116mm, f/3.2; 1/125s; ISO 160
48mm, f/8.0; 1/250s; ISO 200
35mm, f/2; 1/500s; ISO 100
Die aktuellen Fotos:
35mm, f/2; 1/2500s; ISO 400; Samyang
35mm, f/7.1; 1/640s; ISO 400; Nikon Z 6ll
150mm, f/7.1; 1/100s; ISO 400; Sony
150mm, f/7.1; 1/320s; ISO 400; Nikon
Die Farbunterschiede sind den verschiedenen Standard-Kamera-Profilen geschuldet und könnten bei in den RAWs angepasst werden, falls nötig.
Das Samyang (Sony a7R lll):
35mm, f/4.0; 1/800s; ISO 100
150mm, f/4.5; 1/320s; ISO 100
150mm, f/7.1; 1/160s; ISO 250
35mm, f/8.0; 1/40s; ISO 160
136mm, f/9.0; 1/160s; ISO 200
102mm, f/2.8; 1/500s; ISO 400
Das Tamron Z (Nikon Z f):
38mm, f/8.0; 1/400s; ISO 200
150mm, f/8.0; 1/250s; ISO 200
150mm, f/8.0; 1/500s; ISO 200
150mm, f/8.0; 1/500s; ISO 200
44mm, f/8.0; 1/1250s; ISO, auch Gegenlicht ist kein Problem…
55mm, f/5.6; 1/1000s; ISO 20
44mm, f/5.6; 1/500s; ISO 200
150mm, f/5.0; 1/1600s; ISO 200
150mm, f/2.8; 1/6400s; ISO 200
Fazit
Schon beim ersten Shooting mit dem Tamron 35-150mm vor zwei Jahren war ich von diesem Brennweitenbereich begeistert. Die große Anfangsblende und die durchgängig sehr gute Abbildungsleistung über den gesamten Brennweitenbereich waren überzeugend! Daher kam es nicht überraschend, dass ein zweiter Anbieter für so ein praktisches Objektiv den Markt betrat. Das Samyang Top-Objektive bauen kann, hat das Unternehmen hinlänglich mit seinen hochwertigen MF-Varianten bei vielen Brennweiten bewiesen.Auch diesmal konnten beide Objektive, das Tamron 35-150mm/F 2-2.8 Di lll VXD und das Pendant von Samyang qualitativ überzeugen. Zwar hat man keine Leichtgewichte in der Hand, aber wenn man sich daran gewöhnt hat, die Objektive direkt zu halten, kommt man ausgezeichnet mit der Größe und dem Gewicht klar. Auch ist der bei diesen Objektiven angebotenen Brennweitenbereich, er ersetzt immerhin 6 Festbrennweiten, sehr attraktiv, wenn man mit insgesamt leichterem Gepäck unterwegs sein will (muss).
Der Kontrast ist bei beiden Objektiven über den ganzen Brennweitenbereich sehr gut. Auch die Bildanmutung der beiden „Immerdrauf“-Objektive hat mir sehr gut gefallen. Gegenlicht war diesmal kein Problem. Wie schon oben erwähnt, musste das Samyang an einer 40 MP Sony antreten, was hinsichtlich der Bildqualität kein Problem war. Allerdings war das Tamron durch das VXD-Modul an den Nikon-Kameras spürbar schneller beim Fokussieren! Beide Objektive haben keine Bildstabilisierung an Bord, was aber bei aktuellen DSLM-Kameras kein Problem mehr darstellt.
Ein kleines Manko ist die jeweils fehlende Stativschelle. Ich kann aber beide Objektive ohne Einschränkung empfehlen. Bei einem Straßenpreis von momentan 1.899 € für das Tamron und 1.499 € für das Samyang kann das Samyang, das nicht mit Nikon-Z-Mount angeboten wird, beim Preis/Leistungs-Verhältnis etwas besser punkten.
Meine Bewertung:
© Netzwerk Fotografie und Dieter Doeblin. Jedwede Art der Veröffentlichung, auch auszugsweise, bedarf der Genehmigung. Text: Dieter Doeblin, Fotos: D. Doeblin, W. Bronsart, Hersteller