Ich komme immer wieder zum "Parallelmedium" Musik, mit der ich mich u.a. stark in Zusammenhang mit Fotografie oder Malerei beschäftige. Es gibt eine interessante Sendung auf SRF Kultur die heisst "Diskothek".
Darin wird, zusammen mit zwei "Expertinnen", ein Stück in max. 5 Versionen diskutiert. Also nehmen wir Bachs H-Moll Messe: eingespielt von verschiedenen Dirigenten, Musikern, Solisten und Chören. Die Expertinnen, selbst Musiker oder Dirigenten oder Wissenschaftler, hören sich Ausschnitte daraus, ohne zu wissen, wer spielt/singt.
Ich höre mir, wenn ich Zeit habe, hie da eine Sendung an. Das ist ja spannend und ist bei der Fotografie vom Ansatz her nichts anderes. Schwierig wird es, wenn die Komponisten, in diesem Beispiel Bach, in der Partitur nur die Noten angegeben hat und weder etwas über Tempi noch Lautstärke angegeben hat. Je weniger Angaben - ganz im Gegensatz zu Beethoven's 9.er - desto mehr kann interpretiert werden. Das heisst, ein grosser Teil der Offenbarung bleibt einem verborgen und man muss den Kreis erweitern ....
Die Kernfrage ist ja, was mich treibt, genau dieses Motiv zu fotografieren: das wäre dann die Offenbarung. Die Offenbarung ist gleich zweimal gefragt. Einmal sich selbst als Fotograf gegenüber und andererseits, wenn man das Resultat andern zugänglich macht. Bei Bachs H-Moll Messe ist ja dasselbe. Warum steigen Musiker in dieses Projekt ein, welche Intuitionen haben sie, warum wählen sie dieses Tempo usw. Und dann beginnt wiederum derselbe Prozess bei den Zuhörenden. Wer das Werk als blossen Meilenstein in der Musikgeschichte betrachtet, wird dem Werk wohl nicht gerecht. Wer nur den langsam gespielten Bach mag, wird mit schnellen Interpretationen Mühe haben usw.
Ich tue mich zum Beispiel sehr schwer mit der Portrait- und Aktfotografie. Warum weiss ich nicht, obwohl ich schon das eine oder andere gute Konzertfoto gemacht habe. Aber ich könnte mir keine Studioarbeit vorstellen, ich könnte mit keiner Frau (auch keinem Mann) irgendwo ans Meer und dann Aktbilder machen. Ich habe dort ungeheure Widerstände, welche ich nicht ergründen kann. In Folge davon, dass ich fast zu keinem Bild nur im geringsten einen Bezug herstellen kann und ich mir sagen lassen muss, ob es perfekt ist oder nicht so gut ....
Das meine ich mit Kommunikation: Kommunikation beginnt mit der Wahrnehmung, weit vorher, bevor ich überhaupt vor dem Motiv stehe und endet erst beim Betrachtenden und kann genau dort wieder von Neuem beginnen ....
PS: Fantastische Diskussion hier, muss ich schon sagen ....