NF-Rezension Rezension: Andreas Böttger / Nancy Jesse, Berlin fotografieren

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Virgil Kane

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Die Autoren:
Andreas Böttger und Nancy Jesse leben beide in Berlin. Böttger studierte Digitale Medien und arbeitete als 3D-Grafiker und Creative Director in verschiedenen Agenturen. Derzeit betreibt er die Firma go2know, die Zugang zu Orten ermöglichet, welche normalerweise nicht betreten werden können. Er gilt als fundierter Kenner der Geschichte historischer Bauwerke. Nancy Jesse kam durch eine Reise nach Indien zur Fotografie und liebt es, die Veränderungen der Stadt zu dokumentieren. Auf ihren Streifzügen durch Berlin hat sie sich ein profundes Wissen über interessante Stadtbezirke angeeignet.

Was auffällt: der Vorstellungstext über Andreas Böttger erzählt von ihm in der dritten Person. Nancy Jesse schreibt über sich in Ich-Form und ist dadurch sofort näher beim Leser als ihr Projekt-Partner.


Das Buch:
„Berlin fotografieren“ ist ein Reiseführer für die Jackentasche. Im kompakten Format, das an einen Band aus Disneys Lustigen Taschenbüchern erinnert, kann es Fotografen problemlos auf Expeditionen durch die Stadt begleiten. Farblich abgesetzte Kapitelseiten erleichtern das Auffinden der Touren, ein Lesebändchen fehlt leider. Die Bindung macht einen robusten Eindruck, ist sogar etwas zu fest, so dass von doppelseitig angelegten Fotos doch einiges im Mittelfalz verschwindet.

Was für ein Buch noch akzeptabel sein mag, wird dem Anspruch an einen Reiseführer, der unterwegs und Outdoor verwendet werden soll, jedoch nicht gerecht. Hier gibt es weitaus bessere Konzepte, die beispielsweise laminierte Umschlagseiten vorsehen, um gegen Schmutz und Feuchtigkeit resistent zu sein. Auch abgerundete Ecken wären hilfreich, um Jacken- oder Hosentaschen zu schonen. Nicht zuletzt käme eine robuste Spiralbindung gelegen, die das Blättern erleichtert und die Möglichkeit bietet, das Buch an der gerade wichtigen Stelle aufgeschlagen zu halten.


Der Inhalt:
Sieben Touren durch Berlin werden im Buch vorgestellt. Das Inhaltsverzeichnis listet sie alle auf:

1. Tour 1: Von Arbeiterpalästen zur Ostmoderne
2. Tour 2: Das Hansaviertel - Die Stadt von Morgen
3. Tour 3: Unterwegs im Berliner Untergrund
4. Tour 4: Die Friedrichstadt - Brutal normal
5. Tour 5. Sport und Beton
6. Tour 6: Elektropolis und Industrieruinen
7. Tour 7: Verfallene Schönheiten entlang der RE 7


Die Auswahl der Routen ist vorbildlich. Hier ist für jeden etwas dabei: Architekturfreunde finden ihre Tour genauso wie Street-Fotografen oder Lost-Places-Fans. Die Aufbereitung der Touren ist vom Feinsten. Neben dem jeweiligen Ausschnitt des Stadtplans, auf dem Route und Highlights markiert sind, gibt es jede Menge begleitender Informationen:

1. Art der Fortbewegung (zu Fuß, U-Bahn...)
2. Länge der Strecke
3. Dauer der Tour (unter Einberechnung der Zeit fürs Fotografieren)
4. Das zu erwartende Genre (Architektur, Street, Kunst am Bau, Retro, People...)
5. Die richtige Tageszeit
6. Das empfohlene Equipment (Brennweiten, Stativ, Filter, Verpflegung...)

Im Anschluss daran wird jede Tour virtuell abgelaufen. Im lockeren „Wir“-Stil spaziert der Leser mit den Autoren die Route ab. Jedes Highlight ist in Bild und Text beschrieben. Für die Smartphone-Navi-Junkies überträgt ein QR-Code die Koordinaten jeder Sehenswürdigkeit direkt in Google Maps. Selbst Hashtags sind aufgelistet, um die gemachten Fotos anschließend sicher in der jeweiligen Community zu verlinken. Unnötig zu erwähnen, dass bei entsprechenden Sehenswürdigkeiten die Preise und Öffnungszeiten angeführt werden. Die beiden Autoren haben wirklich an alles gedacht. In den Texten kommt darüber hinaus ihre profunde Kenntnis historischer und technischer Details zur Geltung. Man hat das Gefühl, mit wirklichen Experten unterwegs zu sein und würde am liebsten sofort seine Koffer packen und in die Hauptstadt reisen.


Für wen ist dieses Buch geeignet?

Für Berlin-Reisende, die sich abseits der klassischen Touristenziele bewegen möchten.
Für Berlin-Liebhaber, die etwas Neues über die Stadt erfahren möchten.
Für historisch Interessierte Berlin-Besucher.
Für Freunde der Architekturfotografie.
Für Lost-Places-Fans


Fazit
Dem dpunkt.verlag ist ein inhaltlich rundum geglückter fotografischer Reiseführer zu Berlin gelungen. Die beiden Autoren überzeugen mit Wissen, Engagement und ihrer Liebe zur Hauptstadt. Tourenauswahl und Informationsgehalt sind vielseitig und vollständig. Für den Inhalt daher volle 5 Punkte.

Die technische Ausstattung des Buches ist für einen Reisebegleiter eher dürftig. In der Praxis wird der Tourguide schnell zerfleddert und verbogen sein. Das ist schade, denn vom Inhalt möchte man gerne länger etwas haben, zumal der Preis für das Taschenbuch doch eher im gehobenen Segment liegt. Hier kann der Verlag noch nachbessern und sich an Konzepten orientieren, die Outdoor-tauglicher sind. Für die Ausführung ziehe ich daher einen Stern ab. 4 Sterne

Die Daten
Andreas Böttger / Nancy Jesse. Berlin fotografieren — Architekturschätze und geheime Orte erschien am 18. September 2017 im dpunkt.verlag. 280 Seiten, komplett in Farbe, Broschur, 14,1 x 1,7 x 21,1 cm.
ISBN: 978-3-86490-463-9
Preis: 22,90 Euro

Leseproben
Inhaltsverzeichnis (PDF)
Einleitung (PDF)
Von Arbeiterpalästen zur Ostmoderne (PDF)

Bewertung:
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ISBN: 3864904633

 
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