Moin!
Ich habe mir nun eine Z9 zwecks eingehender Begutachtung zwei Tage lang ausleihen können. Um eines gleich voraus zu schicken: Der Sucher ist in seiner mangelhaften Tonwertdarstellung, die nur sehr eingeschränkt korrigierbar ist, nicht nur ausgesprochener Murks, sondern er hält auch keinem Vergleich mit dem Sucher der Leica SL2 stand. Letztere habe ich mir nämlich gestern ausführlich und im Vergleich zu einer Panasonic S1R vorführen lassen. Zunächst das übliche relative Unverständnis „da sind Sie aber der Einzige …. zeigt ja das Ergebnis … blablah“ usw., aber schließlich - weil ich nicht locker ließ und andererseits zu diesem Zeitpunkt sonst kein Kunde störte - bekam der demonstrierende Verkäufer es mit Hilfe eines Kollegen dann doch hin, ein durchaus annehmbares, um nicht zu sagen gutes Sucherbild mit weitgehend normalen Kontrasten, einer angenehmen Farbgebung und ganz ohne überschärfte Kanten einzustellen. Es geht also zumindest bei anderen Kameras als bei der NIKON Z9 durchaus. Mit einem solchen umfänglich einstellbaren und im Resultat angenehmen Sucherbild kann die Z9 nicht aufwarten. Die Panasonic S1R stand hier der LEICA SL2 übrigens nicht viel nach und es hat sich durch diese Bemühungen für mich herausgestellt dass das von unterschiedlichen Leuten vielfach wiederholte „das kann nicht funktionieren, technisch nicht machbar!“ ausgesprochener Quatsch ist.
Der „Rest“ von dem was die Z9 so zu bieten hat, ist allerdings beeindruckend. Der AF erschien mir mit meinen beiden E-Objektiven 70-200 und 500 PF genauso perfekt zu sein wie er hier umfänglich beschrieben wurde. Letzteres funktioniert mit 1,4x Converter (III) sogar besser als mit meiner D5, die das 3D Tracking beim Objektiv mit Konverter verweigert (nichtsdestoweniger aber trotzdem ausgezeichnet funktioniert) Ich habe es nicht an Piepmätzen ausprobiert sondern auf dem Flugplatz, der an dem ersten sonnigen Wochenende seit längerem recht betriebsam war. Wenn es an der Startbahn nur nicht so saukalt gewesen wäre. Die größere Bewegungsfreiheit des Entfernungsmesspunktes im Bildfeld ist ebenfalls nur von Vorteil.
Meine „G“ Linsen funktionierten mit dem FTZII nicht schlechter als an der D5 und insbesondere mein 14-24 mm freute sich über den eingebauten Wackeldackel. Längere Belichtungszeiten aus der Hand in Innenräumen sind damit nun möglich. Lediglich die alten Objektive mit dem Schraubenzieher-AF haben die bekannte Beschränkung auf die manuelle Scharfeinstellung. Damit werde ich leben können, zumal sie an der F6 und D5 ja nach wie vor ihren Dienst perfekt tun. Bei vor zeiten aus dem Lieferprogramm genommenen und durch neuere technologie ersetzten Objektive kann ich das auch verstehen. Schade ist es nur um die ja bis in jüngste Zeit im Lieferprogramm befindlichen Objektive 4/200 Micro und 2,8/180 ED, die ich aber ohnehin nicht besitze.
Was mich aber sehr beeindruckt hat, ist der eingebaute IBIS in Verbindung mit Fremdobjektiven. So ermöglichte mir mein Apo-Summicron 2,0/180 mm aus Leica „R“ Zeiten, umgebaut mit LEITAX-Bajonett auf NIKON F im abendlichen Zimmer erfolgreich Testbilder mit 1/15 Sekunde aus freier Hand und bei Blende 2,0, die auch bei 45 MP, anschließend beurteilt auf einem 5k i-Mac überhaupt keinen Wunsch an die Schärfe übrig ließen. Ähnlich ansprechend waren die Ergebnisse von „M“ Objektiven, die ich über einen TT-Artisan Adapter an die Kamera gesetzt hatte. Selbst das konstruktiv über 60 Jahre alte 3,4/21 mm Super Angulon zeigte sich akzeptabel. Zwar ist die Randschärfe bei offener Blende nicht gut, man sollte schon auf 5,6 oder gar 8 abblenden. Aber die violetten Ränder, die dieses Objektiv an den Leicas M9, M240 u. vergl. nahezu unbrauchbar machen, bleiben aus. Die entstehende Vignettierung durch die am Rand doch sehr schräg einfallenden Strahlen bleiben bei diesem doch stark symmetrischen Objektiv in von der Z9 beherrschbaren Grenzen. Dabei bleibt die Kamera-Objektiv-Kombination dank der kleinen „M“ Linsen ein kompakte, gut zu handhabende Einheit.
Allen Anpreisungen zu Trotz habe ich aber keinen Reiz in der Verwendung des Fokuspeaking gefunden. Zu ungenau, insbesondere bei schlechtem Licht, wenn man es eigentlich am ehesten benötigen würde und egal bei welcher Einstellung. Ich habe nach einigem Herumprobieren mit unterschiedlichen Modi schließlich darauf verzichtet und das Fokuspeaking abgeschaltet. Hingegen gelang mir die Scharfeinstellung mit Hilfe der auf Knopfdruck zu- und abschaltbaren Lupe sehr präzise, vor allem durch das gleichzeitig ruhig gestellte Sucherbild mit Hilfe des IBIS.
Bewährt hat sich die Kamera auch bei meinen Probeeinsätzen als bildgebendes System am Mikroskop und Makroeinrichtung. Einmal durch das völlige Ausbleiben von Erschütterungen, was aber auch zu erwarten war. Was ich im Weiteren zwar erhofft nicht aber als sicher angenommen hatte, war der Umstand, dass bei den Altgeräten, die ich für die Mikrophotographie benutze, die meistens benutzte M-Leica als Kamera-Gehäuse durch die Z9 ersetzbar ist.
Das geringe Auflagemaß einerseits macht dies möglich, andererseits erlaubt aber vor allem die äußere Gestaltung des Z9 Körpers diesen Austausch. Um das Problem zu verstehen, muss man wissen dass die meisten dieser alten Geräte von den optischen Gegebenheiten her auf die Benutzung von Kleinbild ausgelegt sind. Man kann also nicht so ohne weiteres auf ein x-beliebiges kleines Gehäuse mit anderen Sensormaßen ausweichen ohne sich Nachteile einzuhandeln. Diese sind grundsätzlich meist zu beheben, schön und angenehm ist aber anders.
Leitz hat zu Zeiten als Leitz noch nicht Leica war sondern nur eine Leica herstellte, diese auch als Mikrokamera ins Mikrokopsystem integriert und mit einem sehr großen Zubehörprogramm ausgestattet. Hier ermöglichten die digitalen M-Leicas einen reibungslosen Übergang. Inzwischen hat sich jedoch die Firma Leica vom Werkzeug- zum Schmuckhersteller gewandelt. Dadurch hat sich manches geändert. Das fängt mit der Preisliste an und hört irgendwo zwischen fehlender Blitzbuchse und anderen, vergleichsweise mangelhaften technischen Möglichkeiten der Verwendung am Mikroskop auf. Moderne DSLR-Kameras benutze ich zwar gerne, aber die haben heute eigentlich ausnahmslos einen nicht abnehmbaren seitlichen Griff, der dem Ersatz eines Leica-Gehäuses durch eine solche Kamera genauso entgegensteht wie ein weit nach vorn auskragendes Suchergehäuse. Diese Nachteile existieren bei der Z9 so nicht. Setzt man den FTZ-Adapter vor die Kamera, so erhält man vom F-Bajonett über den seitlichen Griff und den Hochformatgriff eine imaginäre glatte Fläche. Das Suchergehäuse springt sogar weit zurück.
Was ich hier beschrieben habe, ist natürlich keine professionelle Verwendung einer Sport- oder Wildlive-Kamera, sondern die ein bisschen abwechselungsreichen Anwendungsversuche eines vielfach interessierten und vielleicht etwas beknackten Amateurs, der immer schon gerne so ein eierlegendes Wollmilchferkel - möglichst noch mit Puschelöhrchen und zum Schmusen geeignet - hätte. Mit dem Schmusen tue ich mich noch etwas schwer. Das Menue der Kamera zwar nicht schlecht gemacht, aber dermaßen vielfältig in seinen Möglichkeiten ist, dass ich in den zwei Tagen vor lauter Suchen und Lesen kaum zu streicheln kam. Die mitgelieferte Betriebsanleitung ist eine Lachnummer und die Anleitung vom NIKON Server irgendwie nicht ausdruckbar.
Ich habe aber die Hoffnung auf ein gutes mitführbares Handbuch zur Kamera noch nicht aufgegeben. So einfach kaufen kann man die Kamera ja sowieso nicht, also heißt es jetzt warten ....
Dieses Objektiv gehört immer noch zu den besten 85er. Ich werde auch meines nicht durch das Z1,8 ersetzen.
Gruss
Wolfgang