@Carsten
Das nun wieder halte ich für Klauberei.
Zum einen liegt hier die Betonung auf möglichst. Zum anderen ist die Fotografie das einzige momanten verfügbare Mittel, die Gegebenheiten an einem Ort festzuhalten.
Mit einem Foto sage ich dann höchsten so sah es da aus und nicht so habe ich mich da gefühlt. Ich weiß nicht was ihr immer mit euren Gefühlen habt. Ich selbst weiss beim betrachten meiner Bilder wie es da vor Ort war, dafür habe ich etwas das sich Erinnerung nennt.
Von anderen Betrachtern erwarte ich erst garnicht, dass sie meine Gefühle in irgendeiner Weise aus dem Bild erkennen können.
Um es mal anders zu formulieren. natürlich gibt ein Foto die Realität in einem gewissen Maße wieder, um genau zu sein einen Teil der Realität begrenzt auf das Sichtbare. Den Teil den ich abgelichtet habe. Das was auf dem Foto zu sehen ist existiert real, man kann es auch mit seinen Augen sehen. Nun gibt es Abweichungen im Detail auf Grund der technischen Unzulänglichkeiten der Fotografie. Um dem Dynamikumpfang des Auges nahe zu kommen, kann ich mich nun Techniken wie HDR bedienen.
Hmmm, ein schwerer Fall
Du stehst auf der Stelle.
Meine Äußerungen sind bestimmt nicht religiös motiviert und haben auch sonst nichts dogmatisches. Das Schöne der konstruktivistischen Theorie ist, dass sie alles hinterfragt, auch sich
selbst. Also wenn jemand behauptet, dass die Wahrnehmung selektiv abläuft (evtl als Ergebniss eines wiss. Experiments) und in Folge dessen Konsequenzen zieht, so muss er auch seinen gesamten Ansatz einem konstruktivistischen Generalverdacht unterstellen. Auch der gesamte Prozess der wissenschaftlichen Erkenntnis muss notwendigerweise hinterfragt werden. Das ist keine Kritik an der Sache, sondern eine echte Chance für die Weiterentwicklung. Was sagte noch Karl Popper, eine Theorie ist solange gültig, bis man sie durch eine Beobachtung/ Experiment/ Untersuchung falsifizieren kann. Und nur eine belegbare widersprüchliche Beobachtung reicht, um ein millionfach dokumentiertes Phänomen zu widerlegen. Auch wenn dieses Phänomen bislang als wahr galt und sich in der Praxis als wahr offenbarte.
Im Grunde geht es hier nur um den sorglosen Umgang mit dem Wörtchen "wahr". Was wahr ist, kannst Du nicht wissen. Und ein Foto kannst Du auch nicht auf dessen Wahrheitsgehalt überprüfen, da Du es mit nichts Wahrem vergleichen kannst. Alles was Dir zur Verfügung steht sind ein paar reduzierte, zufällig oder stukturdeterministisch erlangte Reize, die sich zu einem Bild der Wirklichkeit in Deinem Kopf vermengen. Was ist daran so schwer zu verstehen, oder ist das so abwegig und furchtbar nachzuvollziehen? Ich kann Dich beruhigen, das ist menschlich!
Und nun lies Dir mal die folgenden Zeilen genau durch:
Zeigt man mir ein Foto von indischen Kindern auf dem Schulweg, und sagt man mir, dass es sich dabei um indische Kinder auf dem Weg zur Schule handle, sehe ich genau das. Sagt man mir jetzt aber (Amaryta Sen, der Nobelpreisträger für Ökonomie, hat letzthin im Fernsehkanal der BBC darauf hingewiesen), dass in Indien Millionen Kinder jeden Tag hungrig zur Schule gehen, "sehe" ich plötzlich etwas auf dem Foto, was ohne diese Information gar nicht zu "sehen" ist. Denn: wie kann man Hunger zeigen, wenn die Hunger Leidenden nicht unserem Bild von Hungrigen (ausgemergelt, hohle Wangen, leere Blicke) entsprechen? Indem man die das Foto erst verständlich machenden Worte mitliefert.
Quelle: http://www.aurora-magazin.at/medien_kultur/durrer_foto_frm.htm
Was also ist noch "objektiv" an einem Foto außer sein eindeutig identifizierbarer bitgenauer Datencode. Zeigt das Foto nun hungrige Kinder, oder gesättigte Kinder oder Kinder auf dem Weg zur Schule oder Heimweg von der Schule. Und vor allem, was wollte der Fotogaf zeigen, hat er evtl. gar eine Fotoserie über einen Kindergeburtstag in Indien angefertigt? Und dieser Fotgraf wird in diesem Foto eben die eingeladenen Kinder sehen, ähnlich wie ich in dem schwarzen Bild eindeutig den Untergang des SV Oberursel sehe. Du würdest sagen, es zeigt das, was man dort sieht, das Sichtbare. Kinder, die laufen. Andere Fragen stellen sich nicht. Nur ist die Aussage "Kinder, die laufen" gnauso bedeutungslos wie "das Bild zeigt schwarz". Damit wird sich kein Betrachter eines Fotos zufrieden geben. Das Sichtbare ist also nicht genug um die "Realität" zu beschreiben.
Das Schwarze Bild beschreibt doch gerade nicht die sichtbaren Ereignisse des 20.Mai2005!!!!
Das ist nämlich diese arschlahme, phantasielose Realistenutopie, die ich meine. Man glaubt, alles zeigen zu können, man maßt sich sogar arroganterweise an, dabei nicht die Spur einer Wertung vorzunehmen um sich später noch für eine Bedeutung entscheiden zu können: Da sind es dann je nach Bedarf Schulkinder oder hungernde Kinder, wie es dem Redakteur gerade passt, verschlagwortet mit allen denkbaren Stichwörtern.
Wir haben doch eine Verantwortung der Bedeutung von Biidern gegenüber, nämlich weil klar ist, dass Menschen Bedeutung konstruieren
wollen, jedem äußeren Reiz
muss eine Bedeutung zugewiesen werden. Ein Bild wird interpretiert, das kann man gar nicht verhindern. Daher sehe ich die große Gefahr darin, den Menschen objektive Bilder verkaufen zu wollen. Eine Objektivität, die soviel wert ist, wie die Unterzeile eines Fotos in der Zeitung?!
Nee... daher: freimachen von diesem naiven Anspruch die Wahrheit zeigen zu können und sich zu dem bekennen, was man ohnehin tut: etwas ganz Eigenes schaffen.
ollonois schrieb:
Mit einem Foto sage ich dann höchsten so sah es da aus und nicht so habe ich mich da gefühlt. Ich weiß nicht was ihr immer mit euren Gefühlen habt. Ich selbst weiss beim betrachten meiner Bilder wie es da vor Ort war, dafür habe ich etwas das sich Erinnerung nennt.
OK noch ein Bild von mir in dem Kontext:
Hierbei handelt es sich übrigens nicht um ein HDR, sondern die LKWs sind mit 4 Studioblitzen und einigen SB-800 bearbeitet worden, die Szene ist unterbelichtet. Prinzipiell passiert hier aber etwas anderes als bei einem HDR. So habe ich entschieden, welche Bildteile Licht bekommen sollen und welche nicht. Der Unterboden interessiert mich nicht, auch nicht die Radkästen. Dafür sollten andere Bereiche stärker leuchten. Um was es mir aber eigentlich geht ist die Spiegelung. Da konnte ich bisher jeden damit verblüffen, weil der Betrachter glaubte, die LKWs stünden vor einem passabeln kleinen See. Dabei war die Püftze gerade mal 2x2m groß. Ein netter Effekt von Weitwinkelobjektiven, die den Vordergrund stärker betonen als den Hintergrund. Auch dieses Foto sagt also nichts über den Ort der Aufnahme aus, und ja, es kollidiert bewusst mit meiner Erinnerung. Aber das stört mich gar nicht. Und Kunst ist das bestimmt nicht! In dem Fall hat es nur funktioniert eine gewollte Bedeutung zum Betrachter zu transportieren.
Viele Grüße
Christoph