Zur Zukunft professioneller Pressefotografie

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Zeitungsfotografie steht eben genau so unter Druck wie Zeitungen insgesamt.

Es kommt heute ein riesen Volumen an kostenlosen Inhalten aus der Community. Und die Leser bleiben auch gleich in der Community.

Das gilt für Text und das gilt für Bild.

Das ist seit Jahren schon beklagt worden, wird aber weiterhin immer schlimmer. Mich würde mal eine Altersverteilung von Zeitungslesern interessieren. Da ist vermutlich die Leserzahl über 50 größer als der unter 50.
(Oder sogar 60?)
 
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Das ist keine Frage der Kamera. Sondern der fundamentalen Veränderungen, die seit 25, 20, 15, 5 Jahren nicht nur Pressefotografen erfassen. Die Digitalisierung der Medien und der Kommunikation.

Bis in die 1990er brauchte es nicht nur einer Profikamera, um den richtigen Moment zu erwischen, sondern auch eines Fotolabors, in dem die Bilder unverzüglich entwickelt, gesichtet und abgezogen wurden. Bilder eines Ereignisses fand ich nur (selbstverständlich in SW) in der Zeitung, nicht auf Facebook oder auf "Leser-Reporter-Bilderstrecken".

2000 sah ich in Berlin erstmals die D1. Zusammen mit Laptop und GSM-Handy konnten die Fotos noch vor Ort in die Redaktionen geschickt werden. Bunt natürlich. Seitdem geht es dahin. Entweder ist man Spezialist, mit der entsprechenden Ausrüstung. Oder Situationsknipser, ohne großen Unterschied zu all den Millionen Smartphones usw.

"Der" Fotograf als rasender Reporter, der zwischen 14 und 20 Uhr ein Dutzend Events besucht und bis 21 Uhr seine Bilder der Redaktion vorlegen kann, der stirbt aus. Dieses Handwerk ist wohl genauso wenig nicht mehr notwendig, wie 36 MP-Kameras für 6000 Euros.

Stattdessen werden wir mit Bildern überschwemmt. Als engagierter Amateurknipser merke ich, wie meine "Künste" als Fotograf immer weniger nachgefragt werden. Die Leute sind mit ihren Handys anscheinend relativ glücklich (und ich kann es sogar verstehen, weil es so einfach ist)...

d.
 
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Hi!
Als engagierter Amateurknipser merke ich, wie meine "Künste" als Fotograf immer weniger nachgefragt werden.
Wenn du Glasflaschen (Wein-/Sekt-/Schnapsflaschen, Parfümflaschen etc) so abfotografieren kannst, dass man keine Spiegelungen der Umgebung, der Lichtquellen oder des Fotoapparates sieht, und du die Bilder auch noch freigestellt liefern kannst, könnte ich dir einige potentielle Auftraggeber nennen... wenn du den Zeitaufwand, den du für das Fotografieren und das Freistellen am PC haben wirst, dann "erlebt" hast und die absolut lächerliche "Bezahlung" pro Bild erfährst, wirst du das wahrscheinlich nie mehr machen wollen!
 
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Die Nachfrage nach einer Dienstleistung und anständige Bezahlung derselben sind (nicht nur) in Deutschland zwei Paar Stiefel...

Deswegen gibt es immer mehr Fotos - nicht aber unbedingt immer mehr gute davon. Das gleiche Problem haben wir - Stichwort Digitalisierung - bei Texten.

Der Wert der Arbeit wird einfach ökonomisch gering geschätzt, Kapitaleinsatz dagegen hoch.

d.
 
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Die Leute sind mit ihren Handys anscheinend relativ glücklich (und ich kann es sogar verstehen, weil es so einfach ist)...
Dann bin ich in den 30 Jahren, in denen ich mit wechselnden Nikons (FG20, F301, F3, D70s, D7100) fotografiert habe, wohl für die Smartphone-Fotografie verdorben worden. Ich krieg mit den Dingern ums Verrecken einfach keine vernünftigen Fotos hin. ;)
 
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Hi!
Der Wert der Arbeit wird einfach ökonomisch gering geschätzt, Kapitaleinsatz dagegen hoch.
Zu Punkt 1: Volle Zustimmung. :up:
Zu Punkt 2: Nur bei Aktiengesellschaften! :motz:
Der hohe Kapitaleinsatz eines selbstständigen Fotografen für professionelle Ausrüstung zum Beispiel wird meistens mit dem Gegenargument "dafür kostet ein einzelnes digitales Bild ja gar nichts" gekontert. Und bei den derzeitig extrem niedrigen Kreditzinsen schlägt das Argument des Selbstständigen "so teure Ausrüstung kann ich nur finanzieren lassen, leasen oder mieten" auch nicht...:heul:
Ach - da fällt mir ein Argument eines ehemaligen Auftraggebers für Parfümflaschen-Fotos ein: "Ich habe einen Studenten gefunden, der mit einem Super-Bildbearbeitungs-Programm innerhalb von Sekunden ein Bild frei stellt, und deshalb mit 2 Euro pro Bild zufrieden ist" :eek: :dizzy: :motz:
 
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"Ich habe einen Studenten gefunden, der mit einem Super-Bildbearbeitungs-Programm innerhalb von Sekunden ein Bild frei stellt, und deshalb mit 2 Euro pro Bild zufrieden ist" :eek: :dizzy: :motz:
Der Student verstand wohl auch nicht viel vom Geldverdienen... :rolleyes:

Mir ging es aber darum: wofür braucht man diese superteuren Kombis? Und wer braucht sie heute noch wirklich?
Du brauchst ein 2,8/irgendwas dann, wenn Du nicht nur ein von vorne bis hinten scharfes Knipsbildchen für den Zeitungsdruck abliefern willst, sondern Dein Ziel ein wirklich gestaltetes Bild ist, das hochwertig ausgegeben werden soll. Da ist der Unterschied zu billigem Kram dann eben doch sichtbar. Eine Begründung zu liefern, warum man unbedingt eine D4s braucht und die D810 nicht ausreicht ist allerdings nicht so ganz einfach...

CB
 
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Was die profesionelle Ausrüstung anbelangt, so muß man,
denke ich differenzieren:

Der "normale" Pressefotograf kommt mit drei Objektiven
aus: 12-24, 24-70 und 70-200 / 2,8 plus Blitz an D3 / D4.

Mein freier DPA-Kollege hat alles bis 600 mm … 2 x D4,
immer vom neuesten.

Ich hab 28-70, 80-200 und 300 / 2,8 an D300 + D700.
Für die Zeitung tut's auch meine P330, manchmal besser.


Das Problem ist aber nicht die Qualität der Ausrüstung,
sondern die der Auftraggeber. :heul:

Die festangestellten Bildredakteure meiner Redaktion, die
man alle an ihrer Bildsprache (!) unterscheiden konnte,
sind entweder in den Vorruhestand entsorgt oder in eine
Sub-Gesellschaft (vulgo: Foto-Pool) ausgelagert worden.
Die schickt jetzt die Fotografen munter kreuz und quer
durch die Lande, weshalb so etwas wie Vertrautheit mit
dem Sujet kaum mehr möglich ist – heute hier, morgen da.
Hauptsache billig, was der Nachwuchs nicht kapiert, der
sich für einen Tagesatz von 125 Euro plus km-Geld durch
die Gegend hetzen läßt – natürlich mit eigenem Geraffel.

Selbst die großen Magazine wie Spiegel etc. zahlen heute
nur noch einen Tagessatz von max. 400 Euro, verlangen
aber eine Spitzen-Ausrüstung und exzellente Bilder.
Wie soll das gehen bei 6000 Euro nur für eine D4S?


 
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Ach, Sven,
Das Problem ist aber nicht die Qualität der Ausrüstung, sondern die der Auftraggeber. :heul:
ein wahres Wort...:heul:
Ich habe zwar noch nie mit der Pressefotografie zu tun gehabt, nur mit Auftragsfotografie, erinnere mich aber auch an einen Fall vor über 30 Jahren:
Bekam den Auftrag, Kirchen im bayerischen Oberland mit Gockel (anstatt Kreuz) auf dem Kirchturm zu fotografieren, für eine Bildagentur, die einen entsprechenden Auftrag für ein Buch-Cover vorliegen hatte.
Diese Gockel gibt es nur in bestimmten Gebieten, vor allem am Samerberg.
Ich also einen ganzen Tag über 300 km durch die Gegend gefahren, viele Fotos (Dias auf 200 ASA) gemacht und zugeschickt.
Das Buch erschien dann mit einem gezeichneten / gemalten / grafisch gestalteten Cover, für das meine Bilder als Vorlage gedient hatten, und ich ging leer aus... :mad:
 
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Was will man auch über Qualität diskutieren, wenn Du beim Auftraggeber auf Angestellte triffst, die CMYK für den größten Hit der Village People halten...

Keine Frage: Im Lokalteil von immer mehr Landstrichen ist die hochwertige Pressefotografie tot, die Fahne wird nur von Liebhabern hochgehalten, die aus Prinzip auch für nur 12 Euro keinen Schrott abliefern.

Hinsichtlich der Ausstattung muss ich aber doch widersprechen. Auch vor 20 Jahren wurde im Zeitungssektor mit Amateur-Spiegelreflexen fotografiert. Wieviele Canon AE-1 und Minolta X700 machten in der Hand eines Lokalredakteurs einen guten Job - sofern der Redakteuer fotografieren konnte. Nikon F3 oder F4 waren meist in der Hand von ambitionierten Berufseinsteigern oder Angebern, wobei es da durchaus eine ernstzunehmende Schnittmenge gab.

Die Digitalisierung hat vor 15 Jahren zunächst mal dafür gesorgt, dass freie Mitarbeiter das Nachsehen hatten, wenn sie keine tausende Euros für neues Equipment übrigen hatten. Das hat sich bei mir erst mit der D80 wieder eingependelt, erst damit konnte ich digital genauso gut wie analog arbeiten. Nun sind wir wieder an dem Punkt, wo man mit der billigsten DSLR hervorragend Pressefotos machen kann, so wie vor 20 Jahren eben. Heute sind Einsteigerzooms drastisch besser als früher, Blitze dafür pervers teuer im Vergleich. Unterm Strich hat sich nicht viel verändert.

Wer früher mit einer motorisierten FE2 unterwegs war, nimmt heute die D300 bzw wartet auf deren Nachfolger. Also aus diesem Blickwinkel hat sich auch nicht viel verändert. Technisch sicher, finanziell wenig.

Und teure High-End-Kameras gibt´s im Pressesektor zuhauf, nämlich bei den Agenturen, der Boulervard-Presse, den Sportfotografen und den Bunten Blättern.
 
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Die festangestellten Bildredakteure meiner Redaktion, die
man alle an ihrer Bildsprache (!) unterscheiden konnte,
sind entweder in den Vorruhestand entsorgt oder in eine
Sub-Gesellschaft (vulgo: Foto-Pool) ausgelagert worden.
Die schickt jetzt die Fotografen munter kreuz und quer
durch die Lande, weshalb so etwas wie Vertrautheit mit
dem Sujet kaum mehr möglich ist – heute hier, morgen da.
Hauptsache billig, was der Nachwuchs nicht kapiert, der
sich für einen Tagesatz von 125 Euro plus km-Geld durch
die Gegend hetzen läßt – natürlich mit eigenem Geraffel.

Selbst die großen Magazine wie Spiegel etc. zahlen heute
nur noch einen Tagessatz von max. 400 Euro, verlangen
aber eine Spitzen-Ausrüstung und exzellente Bilder.
Wie soll das gehen bei 6000 Euro nur für eine D4S?



...genau diese Aussage von jazzmasterphoto ist identisch mit der meines Freundes, tätig bei einer großen und angesehenen Berliner Tageszeitung. Und genau diese Aussage machte mich ratlos, veranlasste mich unter anderem zu meinem ersten post.....
Ich selbst arbeite schon viele Jahre nicht mehr als Zeitungsreporter, seit Ende der 90ziger, bin gar nicht mehr auf Digital umgestiegen damals. Auch ich sah meine erste D1 in Berlin, der "Startpreis" machte mich damals auch ratlos.... die Bildergebnisse auch. Meine erste ernsthafte Digitalkamera war tatsächlich eine abgenudelte D1x um 2005 herum gekauft, und als die D800 kam, habe ich ernsthaft damit begonnen, gleich 2012, gleich mit einer der ersten, habe es nicht bereut. Wie auch immer...
Ich bedanke mich schon mal an dieser Stelle für die vielen sehr interessanten und alle durchaus bedenkenswerten Posts, verabschiede mich mal ein paar Tage auf eine Radtour, nehme meine F3 mit nem 28mm 2.8 mit (brauch kaum Strom) und überlasse diesen Thread bis zu meiner Rückkehr sich selbst und natürlich - vielen Dank noch mal - Hanner.
Natürlich ist dieses Thema auch sehr emotional, weil es um Existenzen ging und immer noch geht. Und: die guten Gläser und die guten Apparate von Nikon sind nur in gewisser Hinsicht ein Auslöser gewesen - an dem Bedarf an hochqualitativen Photogerät bestand bei mir kein Zweifel. Es war lediglich die Frage oder nun auch plötzliche Erkenntnis, dass zumindest der angestellte Bildjournalist, wie auch der Freie, wie ich so durchhöre, zumindest mit Zeitungsphotos die Kosten für das Equipment nur mühsam wieder reinbekommt.
Beste Grüße zum Tage
t
 
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...
Wer früher mit einer motorisierten FE2 unterwegs war, nimmt heute die D300 bzw wartet auf deren Nachfolger. Also aus diesem Blickwinkel hat sich auch nicht viel verändert. Technisch sicher, finanziell wenig.
...

Auch finanziell.
Als ich mir `91 die F3HP gekauft habe, war das das Topmodell und hat mich neu im Laden unter 1700 Mark gekostet. FM/E2 lagen ca. bei 500-600 Mark.
Die D200/300 waren neu bei ca. 1600-1700 Euro (!) und beide weit vom Topmodell entfernt - D3 war bei rund 4000 Euro, die D3x bei 7000...
Ich finde schon, dass die Digitalisierung die Gerätschaften stark verteuert hat - und das bei rasant fallendem Zeitwert und tlw. sinkenden Honoraren trotz steigender Lebenshaltungskosten.
 
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Eine D3 müßte man dann wohl eher mit einer F4 mit Motor vergleichen und die kostete dann auch schon "ein wenig" mehr als die F3.
 
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Nun, Bernd, da müssen wir fairerweise aber sagen,
daß dafür aber die Kosten für Filme und Entwicklung
komplett weggefallen sind...

Naja, Sven, wie viel Geld muss man statt dessen in Computertechnik investieren?
Inkl. Datensicherung, Software(-Updates), Zeit für Schulung, Systempflege und RAW-Daten-Entwicklung etc.
Zudem stand in meinem Fall immer der Posten "Fotomaterial und Laborkosten" mit auf der Rechnung, d.h. die hat der Kunde bezahlt.

Ich halte es für eine Milchmädchenrechnung, wenn man das komplett außer Acht lässt...
 
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