Moin Calgary617 & Folks,
das Thema "Rückkehr der Wölfe" zieht sich mittlerweile durch einige Threads dieses Forums ebenso wie der Streit darüber, ob diese nun eher positiv oder negativ zu beurteilen ist. Die Argumente - oder was man dafür hält - wurden - teilweise hitzig und polemisch von beiden Seiten gepostet, ohne, dass es eine Annäherung in der Sache gab.
In diesem Thread gab es einige besonders interessanten Beiträge, das waren die von JochenO zitierte Arbeit zum Thema Naturschutz, aber auch das von Roland L. zitierte NABU-Papier.
Die Gegner oder Kritiker einer Wiederbesiedelung geben zu bedenken, dass sich seit Ausrottung der Wölfe auf deutschem Boden die Landschaft radikal zu einer nahezu flächendeckenden Kulturlandschaft aus Bauwerken (Siedlungen, Straßen, Bahntrassen, Industrieanlagen) sowie agrar- und forstindustriell genutzten Flächen entwickelt hat, die keinen wirklichen Lebensraum zur Besiedlung mit Wölfen bietet. Auch die wenigen natürlich belassenen Flächen sind in sich zu klein, um Wölfen einen ausreichenden Lebensraum zu geben.
Kritisiert wird von den Gegnern hier außerdem, dass die Befürworter die im obigen Absatz näher beschriebenen Probleme durch ein – wie auch immer geartetes Wiederbesiedlungsmanagement (ehrenamtliche Wolfsberater, Herausnehmen von Mischlingen, die entstehen <können> u.v.m den Wölfen bei der Wiederansiedlung helfen müssen. Besonders die von den grün angehauchten Naturschützern Selektionen zwischen Arten, die es wert sind, wieder angesiedelt zu werden und zwischen Arten die als Schädlinge bekämpft werden müssen (beispielsweise unser heimisches Rehwild, aber auch die seit Jahrhunderten hier lebenden Mufflons, die immer wieder als ausrottenswerte Faunenfremdlinge klassifiziert werden (vom sog. ökologischen Jagdverband), ist nicht nachvollziehbar. Die Wölfe wandern hier nicht ein, weil sie hier das gelobte Land finden, sondern weil sie auf Grund der wirtschaftlichen Veränderungen in ihren angestammten Heimatgebieten gehörig unter Druck geraten sind.
Dass die Wiederansiedlung von Arten, wenn sie wirklich naturkompatibel ist, auch ohne Management funktioniert, beweist die Rückkehr der Wildgänse in vielen Teilen unseres Landes, auch wenn es zum Teil Kanadagänse sind. Die großen Vögel wurden hier auch vor geraumer Zeit ausgerottet, von Menschen, die hungerten und für die sie oft die einzige Möglichkeit eines saftigen Bratens boten. Diese Tiere kommen auch in der aufgeräumten oder besser gesagt zerstörten Kulturlandschaft zu Recht. Sie brauchen Grünpflanzen, geeignete Brutplätze und Wasser, um ihr Gefieder pflegen zu können, mehr nicht.
Darüber, dass die Wölfe sich ernähren müssen, besteht kein Zweifel, wieviel Fleisch ein Wolf täglich braucht, kann man überall nachlesen, und dass Wölfe eine Reproduktiosrate von mindestens 2-3 pro Jahr haben ist auch unstrittig. Dass die des Schwarzwildes deutlich höher ist, ist bekannt, aber der Wunsch, dass die Wölfe die Populationsexplosion bei den Schwarzkitteln kurzfristig stoppen werden, ist nicht mehr als ein frommer Wunsch, dazu müsste man die Wölfe erst einmal umpolen, dass sie das Schweinefleisch gegenüber dem Fleisch der typischen Beutetiere bevorzugen. Sicher, irgendwann, wenn der Wiederkäuerbestand so stark dezimiert ist, dass die Wölfe nicht mehr satt werden, werden sie sich auch der Schwarzkittel erbarmen.
Haustiere kann man sicherlich gegen Wolfsangriffe schützen. Wer aber bezahlt den Landwirten, die ohnehin diejenigen sind, die mit dem Vieh die meiste Arbeit haben, aber daran am wenigsten verdienen, die aufwändigen Maßnahmen? Ich frage mich, ob diejenigen, die hier großkotzig darüber empfinden, dass es ja egal sei, wenn Wölfe hin und wieder mal ein paar Schafe reißen, nicht, wenn Wölfe Spaß daran hätten, Autos anzuspringen und den Lack zu verkratzen, die ersten wären, die rigurosen Abschuss forderten.
Thema Verkreuzung mit Hunden: Erwiesen ist, dass die heute lebenden Wolfspopulationen nicht die Vorfahren unserer Haushunde sind. Die Wolfspopulationen, deren Vertreter sich zu Hunden entwickelten sind also ausgestorben. Es gibt aber heute noch Hunderassen, die sehr wölfisch sind und andere, die sich in wesentlichen Eigenschaften deutlich von Wölfen unterscheiden. Von einem Freund aus Schweden der einige Erfahrung mit Wölfen hat, habe ich die Info, dass dort die Wölfe Hunde (auch große) sofort angreifen und töten. Aus der Lausitz hingegen ist ein Fall bekannt, dass eine junge Wölfin, die als Einzelgängerin die Oder überquert hat, sich vermutlich mit einem Hund verpaart hat, jedenfalls sahen einige der Welpen etwas anders aus als „richtige“ Wölfe. Was soll man in einem solchen Fall liquidieren? Die Welpen, die eindeutig Mischlinge sind, oder die Wölfin, die sich so unwölfisch verhielt und sich mit einem Hund verpaarte. Was sind das für Wölfe, die hier einwandern. Sind sie reinrassig, oder tragen sie Hundegene in sich, weil sich ihre Vorfahren schon mit Hunden verkreuzt haben. Auch gibt es Hunderassen, in die aus den unterschiedlichsten Gründen immer wieder Wölfe eingekreuzt wurden, gerade in Gegenden, in denen der Wolf als Wildtier heimisch ist. Was ist mit den Wolfsmischlingen, die in diesen Gegenden verwildert sind? Welchen Einfluss nahmen sie dort auf die Wolfspopulatione? Und: bringen die Einwanderer solche Mischlingsgene mit sich?
Was ist mit dem Wolf , der in Wingst ausgebüchst ist? Ist das ein Wildfang, der dort im Gehege gehalten wurde, oder ist er die X-te Generation eines Gehegewolfes. Kann man Gehegewölfe mit wilden Wölfen gleichsetzen. Populationsgenetisch würde ich dazu tendieren, das zu verneinen. Während in der Natur nur Wölfe mit den „richtigen Genen“ in der Lage sind, sich zu vermehren, weil die anderen gar nicht das reproduktionsfähige Alter erreichen, dürfte im Gehege bei anständiger Fütterung jeder Wolfswelpe groß werden. Die Haltung im Gehege über Generationen hinweg führt also auch zur Genverfälschung. Gehegewölfe, die in Freiheit entkommen gegenüber Menschen den erforderlichen Abstand oder verringern sie die Distanz und werden gefährlich?
Es stellen sich also jede Menge Fragen, die nach wissenschaftlich kompetenter Beantwortung schreien.
Bekenntnisse zum Wolf, nur aus dem Bauch heraus, sind mir zu wenig, aber viel mehr kommt aus der Fraktion der Wiederansiedlungsfreunde leider nicht. Und so wurde die interessanteste Frage für mich, nicht - auch nur ansatzweise- in der ganzen Wolfsdiskussion hier im Forum beantwortet: Warum sollten wir uns über die Rückkehr (das Wort ist schon blöd, weil die die kommen, ja vorher noch nie hier waren) jetzt freuen?
-aus Gehässigkeit, weil sie den Jägern, die man nicht mag – das Wild wegfressen,
-aus Gehässigkeit, weil sie den Bauern, die man auch nicht mag, die Tiere umbringen,
-weil man mit ihrer Ansiedlung den falschen Eindruck erwecken will, die grüne Naturschutzpolitik hätte die Natur wieder soweit ins Lot gebracht, dass selbst Wölfe hier wieder leben können,
-weil in einer Zeit der totalen Überwachung der Bürger und fast ohne echte Abenteuer den Menschen suggeriert werden soll, dass es spannend und wertig ist, hier zu leben (Freilandzoo),
-weil viele Nikonisten davon träumen, einfach mal in den Wald zu gehen und tolle Wolfsfotos zu schießen, die ihnen viele „THANKS“ bringen,
oder ??????