Kapitel I: Das Fischauge.
Nun, eins vorweg: Das Fischauge gibt es in zwei Versionen, einmal als circulares, das ein kreisrundes Bild auf den Film/Sensor (im folgenden Sensor genannt) wirft, zum andern als sogenanntes Vollformat- oder diagonales Fischauge, das das Sensorformat voll ausfüllt. Während das Circulare einen Bildwinkel von 180°[1] in alle Richtungen bietet, dafür aber halt nur einen Teil des Sensorformats ausfüllt, bringt das Diagonale die 180° eben nur in der, hossahe, Diagonalen.
Um die Verwirrung komplett zu machen, haben namhafte Kamerahersteller noch ein neues Format eingeführt, an das aber alte Kleinbildobjektive weiterhin passen. Nikon nennt dies DX. Vollformat im Zusammenhang mit Fischaugen hat nichts mit 35mm-Film zu tun, sondern schlicht mit der vollen Ausfüllung des Bildkreises. Für FX/Film ist dies ein 15/16mm-Fischauge, für DX/APS-C ein 10mm. Circulare Fischaugen für FX/Film haben üblicherweise eine Brennweite von 8mm, für DX gibt es eins von
Sigma, das 4,5mm Brennweite hat.
Eine weitere Besonderheit der Fischis ist, daß Linien, die nicht durch die Bildmitte gehen, nach außen gekrümmt werden. Dies kann als Effekt eingesetzt werden, bei geschickter Positionierung von Kamera und Linse unauffällig oder aber bei ungeschickter Positionierung aber auch sehr störend werden.
So, genuch Technotalk, Bilder.
Zunächst der Klassiker: Alles drauf mit extra scharf.
Circulares Fischauge, wie man sieht. Die krummen Linien fallen kaum auf, weil alles zur Bildmitte strebt.
Gehen wir ein wenig, nein, gehen wir viel, viel näher, näher ran, kann man Elemente im Vordergrund betonen:
Auch hier fallen die krummen Linien kaum auf, wäre da nicht das kreisförmige Format. Machen wir einen Ausschnitt (aus einem anderen, aber ähnlichen Bild):
Keine krummen Linien mehr zu erkennen. Der Bildausschnitt entsprich übrigens in etwa dem eines diagonalen Fischauges. Vor allem bei Landschaftsaufnahmen lassen sich durch Placierung des Horizonts in der Mitte und nachträglichen Beschnitt phänomenale Panoramaeffekte erzielen.
Fischaugen eignen sich auch gut (wenn man nahe genug rankommt), um Personen und die für sie typische Umgebung einzufangen:
Das hier ist ein Mischmasch aus einem circularen und einem Vollformatfischauge. Um genau zu sein, ist das ein circulares Fischauge an einer Halbformatkamera, dem die schwarzen Ecken (der Rest vom Kreis wird ja abgeschnitten) via Photoshop ausgetrieben wurden.
Kreisrunde Motive eignen sich natürlich hervorragend für Fischis:
Noch ein Beispiel, wie allein durch die Perspektivwahl krumme Linien vermieden werden:
Das Holocaustmahnmal in Berlin wirkt hier eher wie eine postapokalyptische Hochhaussiedlung, aber der Punkt wird trotzdem klar, denke ich.
Freilich kann man die krummen Linien aber auch kreativ einsetzen:
Wie man's nicht machen sollte:
Tja, viel drauf und doch nix drauf, ne?
So, im nächsten Beitrag widmen wir uns dann Superweitwinkeln, die aber auskorrigiert sind.
Gruß Erik
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[1] Exoten wie das 6/2,8 lassen wir mal außen vor.