Total unscharfe Makros... Bokeh Art

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dmachaon

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Die diesjährige Makrosaison verlief etwas anders als geplant - aufgrund des feuchtwarmen Winters und anhaltend trockenen Frühjahrs fanden sich im Leipziger Raum nur äußerst wenige Schmetterlinge. Hübsche Schachbrettfalter auf vollen Blüten konnte ich mir abschminken, es gab schlicht keine!
Auch "technische" Makros mit großem Abbildungsmaßstab waren kaum möglich, bedingt durch hohe Nachttemperaturen und viel zu trockenen Wiesen.

Nun lassen sich schwerlich Ausreden finden, denn Motive und Stile gibt es viele - das Naturfotografenforum, ich erwähnte es an anderer Stelle, ist hier eine wahre Schatzgrube. Ob Gegenlichtaufnahmen, Doppelbelichtungen, Wischer oder Bokehspielereien, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, bei jeder Witterung.

Makrofans unter euch kennen sich jene Objektive, die ein sogenanntes "Bubble Bokeh", also kringelige Flares erzeugen. Nach heutigen Maßstäben erzeugen diese zumeist alten Rechnungen ein gruselig-harsches Bokeh, sind unscharf, extrem gegenlichtanfällig und eigentlich nicht zu gebrauchen. Durch ihre besonderen Eigenschaften jedoch werden sie nach und nach gefragter - der "Prototyp", das Meyer Görlitz Trioplan 90mm 2.8, geht in gutem Zustand für mind. 400€ über den Ebaytisch, nun kommt es sogar als Neuauflage, für > 1000€ UVP. :rolleyes:

Das war mir zuviel, und nach einiger Recherche war klar: es geht deutlich billiger! Eine ganze Reihe ähnlicher Objektive erzeugt ein sehr ähnliches Bokeh, über dessen Qualität scheiden sich die Geister - in Anbetracht des Preisunterschieds weiß ich aber, wo zumindest meiner steht. ;)
Ich ersteigerte ein Meyer Görlitz Domiplan 50mm 2.8 für 20€ und Meyer Görlitz Primotar 135mm 3.5 für 80€, auch hier steigen die Preise. Andere Varianten (Meyer Görlitz Diaplan 80mm 2.8 oder Zeiss Tessar 50mm 2.8, um einige zu nennen), gibt es teils als Euroware.



#1 Von Tau bedeckter Schachtelhalm im Gegenlicht.

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Die Objektive lassen sich mittels einfachem M42-F-Bajonett-Adapter anbringen. Um den Abbildungsmaßstab allerdings freier wählen zu können, habe ich die Objektive zunächst einfach vor die offene Kamera gehalten (sog. "Free lensing"), was Gegenlichtprobleme und viel Schmutz auf dem Sensor mit sich brachte. Schließlich habe ich mir aus einem zweiten Adapterring und einem Stück Fahrradschlauch ein "Tilt/Shift-Objektiv" gebastelt.



#2 Das Domiplan.

2015-09-15-1037%20-%20553%20copy.jpg




#3 Wird das Objektiv nach oben geschwenkt, werden die Hintergrundflares entsprechend deformiert (unten).

2015-07-22-2003%20-%20548%20copy.jpg




#4 Genauso gut lassen sich Zwischenringe verwenden, das garantiert gleichmäßige Flares und einen größeren Abbildungsmaßstab - hier das Primotar.

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Allgemein gilt:
- je härter die Gegenlichtcharakteristik (z. B. sehr tief stehende Sonne), desto ausgeprägter die Flares
- je kleiner die Flare erzeugenden Quellen (am besten Tau), desto ausgepräger der Kringeleffekt
- je größer der ABM bzw. länger die Brennweite, desto größere Flares



#5 Und wenns keine Sonne gibt, tut es auch ein Blitz:

2015-06-08-2023%20-%20547%20copy.jpg




#6 Für größeren Abbildungsmaßstäbe verwende ich lieber die kurzbrennweitige Variante, 50mm erbringen an einem Satz Zwischenringe schon ca. 2,5:1.

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#7 Kleinere Abbildungsmaßstäbe und eine gute Reduktion des Hintergrundes durch eine größere Brennweite sind die Domäne des Primotar - also klassiche "Blümchenbilder".

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#8 Mit einem modernen Makroobjektiv lassen sich natürlich schärfere, kontrastreichere Bilder erzeugen, aber die Flares bleiben voll, wie eine Scheibe:

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#9 Die alten Schätzchen liefern zunächst unansehnliche RAWs (out of cam), die kräftige Korrekturen erfordern. Und natürlich dürfen diese Bilder nicht durch ihre Kringelcharakteristik leben, sonst wird es langweilig - zum Spielen reichts aber allemal?

2015-09-15-0946%20-%20549%20copy.jpg


Das Fotografieren erfordert etwas Übung... ich habe noch lange nicht den Dreh raus, welche Flarequellen Doppelkonturen oder Spektralfarben erzeugen, wie ihre Anordnung sein muss und welche Brennweite sich wann am besten eignet. Auch das Fokussieren ist, auf der nassen Wiese liegend, sehr schwierig (da sowieso alles unscharf ist) - aber das neue Spielzeug macht Spaß, viel sogar. ;)
 
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Abgefahren.

So ein Ding wollte ich immer mal besorgen, war aber nie sicher, welche Version denn tatsächlich ans Nikon-Bajonett passt. Außerdem sind die Dinger bei Dir biso besser aufgehoben.

Das RAW ist doch eine wunderbare Bearbeitungsgrundlage.
 
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Wunderschöne Bokeh-Blasen hast Du da erzeugt! Fahrradschlauch als Tilt/Shift! Du bist ja sowas von kreativ - Hut ab.
 
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Daniel, ich finde die Ergebnisse alle richtig super!

Und deine Kreativität und deinen Spieltrieb sowieso!

Viele Grüße, weiter so!
Sylvia
 
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Hallo Daniel,
ganz großes Kino :up:
Das Bild mit der Spinne ist genial!
Ich schleich auch schon die ganze Zeit um ein Trioplan rum, aber wie du schon so schön sagst: 1. schweineteuer und 2. ist der Effekt auch irgendwann mal abgenutzt...nichtsdestotrotz tolle Aufnahmen!
 
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Herzlichen Dank für die Thanks & Thumbs. ;)



Woici, von dir hab ich aber auch lange nichts mehr gelesen!


Ich schleich auch schon die ganze Zeit um ein Trioplan rum, aber wie du schon so schön sagst: 1. schweineteuer und 2. ist der Effekt auch irgendwann mal abgenutzt...nichtsdestotrotz tolle Aufnahmen!

Aber es sind knuffige Spielzeuge, Kirsten!
Wie gesagt, die oben erwähnten Objektive bekommst du mit etwas Warten für unter 10€, zumindest die Zeiss - dazu einen M42-Adapter vom Chinesen und ggf. Zwischenringe für ein paar Euro. Ich kann es dir nur empfehlen. ;)
 
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Traumhaft!
Absolut traumhafte Bilder.

Und ich finde es so selbstlos von Dir dass Du hier alle an Deinem Know-How teilhaben lässt. Das ist nicht selbverständlich, ein anderer hätte vielleicht die Bilder gezeigt aber nicht die Tricks verraten.

Ich beantrage Daniel zum User des Monats oder so was zu befördern!
 
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Klasse Bilder!


Adapter ist schon bestellt, jetzt fehlt nur noch das Objektiv.
Hoffe dass die Interessenten aus dem NFF sich nicht gegenseitig in der Bucht überbieten...

Grüße
Michael
 
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Hallo Daniel, eine Frage zum Verständnis. Sind die Flares von einer kreisrunden Blendenöffnung (d.h. möglichst viel Blendenlamellen) oder einfach nur vom Linsenaufbau der Objektive bei Offenblende abhängig?

Gruß
Michael
 
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Hi Daniel,

phantastische Aufnahmen. Alle Welt knipst Makros die - warum auch immer - irgendwie immer einen uniformen, dokumentarischen Charakter haben. Und dann kommst Du, pfeifst drauf und heraus kommen unbeschreiblich schöne Fotos.

Großes Kino :up:
HaPe
 
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Dankeschön. ;)

Und ich finde es so selbstlos von Dir dass Du hier alle an Deinem Know-How teilhaben lässt. Das ist nicht selbverständlich, ein anderer hätte vielleicht die Bilder gezeigt aber nicht die Tricks verraten.

Ich finde es schon irgendwie, naja, selbstverständlich - ohne das Know How anderer in diesem oder anderen Foren hätte ich mir kein Bild über die einzelnen Gläser machen können. Wie man die Flares am besten erzeugt, habe ich zwar überwiegend selbst herausfinden müssen, aber "Firmengeheimnisse" sind mir fremd.


Sind die Flares von einer kreisrunden Blendenöffnung (d.h. möglichst viel Blendenlamellen) oder einfach nur vom Linsenaufbau der Objektive bei Offenblende abhängig?

Hi Michael,

die Blendenlamellen (ich weiß gar nicht genau, wieviele es sind, ich glaube 7) sind nicht abgerundet, daher ist das Bokeh eigentlich grausig. Man darf die Dinger bloß nicht abblenden! Die Objektive werden also klassischerweise offenblendig eingesetzt.
Die oben verwendeten Gläser sind beide Dreilinser und dem Trioplan (ebenfalls ein dreilinsiges Objektiv, daher der Name) im Aufbau sehr ähnlich. Wie das Kringelbokeh physikalisch erzeugt wird, weiß ich aber leider nicht.
Es gibt noch Diaplane (80mm, 100mm, jeweils 2.8), die sind ebenfalls sehr ähnlich aufgebaut, aber nicht abblendbar, da aus Diaprojektoren (Name). Das ist aber überhaupt kein Problem. Schau mal bei Ebay, sie kosten einen Bruchteil des Trioplan bei fast gleichen Eigenschaften. :)
 
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Was ich aber wirklich noch nicht verstanden habe ist das Prinzip wodurch diese Wirkung entsteht.

Was ist also an meinem Nikkon 105/2,8 offenblendig anders als bei einem Diaplan 100/2,8 mm offenblendig?

Sind bei letzterem die Kringel größer und stärker? Oder ist nur die Randzone "kringeliger"?
 
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Ich habe nicht den Eindruck, dass sie größer oder stärker wären, sondern lediglich anders konfiguriert. Bei einem modernen Makro werden die Flares voll wie eine Scheibe, bei den älteren ist das Zentrum leer und der Rand voll - so als ob das Licht von den Linsen überwiegend nach außen geleitet würde?
Ich weiß es leider auch nicht, vielleicht gibt es hier den passenden Experten (wo ist eigentlich Jürgen? :D ).
Die Objektive sind ganz einfach aufgebaut (das Primotar musste ich zerlegen und reinigen): 3 Linsen, keine Asphären oder sonstiger Schnickschnack, vielleicht liegts daran?
 
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Daniel, du bist der Beste! Vielen Dank für den Thread, ich krame schon in Ebay nach den entsprechenden Linsen.
Die Ergebnisse sind wirklich grandios. Klar, nutzt sich irgendwann ab, wie alles andere auch - aber gerade Dein Tip mit der low budget Spielerei ist wirklich toll.
 
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Genial - ich nehm die Nummer 6 :up:! (aber die anderen sind auch klasse ;))

Ich glaub, ich hab sogar ein paar so alte Sachen da, mal schauen, ob sich da was basteln lässt :eek: ...


 
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