Danke für das Interesse; genügend Material wäre vorhanden…
Der westlichste Teil, dort wo wir unterwegs waren, ist noch total unberührt, da die Verkehrswege noch sehr wenig ausgebaut sind. Allerdings wird im Bereich Khovd – Ölgii schon deutlich am Straßennetz gebaut. In die wenigen kleinen Provinzdörfer geht aber ohne Allrad absolut nichts. Und gerade diese beiden Aimags (Bezirke) sind sehr dünn besiedelt. Nomanden gibt es gerade hier im Sommer noch genügend; im Herbst werden die Jurten auf LKWs geladen und entweder an den Stadträndern von Khovd und Ölgii oder in der Nähe der festen Behausungen von Verwandten aufgebaut.
Fahren wir weiter:
Dann 150 km grausige Piste ab Khovd hinauf in die Berge zu einer Alm, wo Jostes Verwandte auf ca. 2800 m ihre Sommerjurte haben. „Urlaub am Bauernhof“ würden wir die nächsten Tage wohl bezeichnen. Wir schlagen unsere Zelte nahe der Jurte auf, werden sofort freundlichst zu einem Begrüßungsbuttertee mit Käse in die gemütliche Behausung eingeladen und dank der ausgezeichneten Dolmetscherin ist sogleich eine Unterhaltung möglich.
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Wir freunden uns nicht nur mit Jostes Leuten, sondern auch mit dem kleinen Fohlen, das wir „Frechdachs“ nennen und einem verwaisten Jungkamel, das ständig seine Streicheleinheiten haben möchte, an. Dieser „Frechdachs“, wie beim Kamel starb die Mutter auch bei der Geburt, wird ähnlich einem Haushund, aufgezogen und bekommt, sobald wir in der Jurte sind, einen immer längeren Hals um ein paar Leckerli zu erbetteln. Oder er zwängt sich, wenn die Kinder dank Solarpanel das Sat-TV aktivieren, „bewusst“ trotz Absperrung vor die Satellitenantenne, um den Empfang zu stören. Einen Versuch meinerseits, den Gauner wegzuscheuchen, quittiert er prompt mit einem gezielten Tritt – ich war aber schneller und er hat mich nur gestreift! Und das heimliche Schlürfen in den Stutenmilchbehältern wird schon fast toleriert…
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Da ja etliche Reitkilometer im Hoch-Altai auf uns warten, machen wir uns hier erstmals mit den etwas kleineren mongolischen Pferden vertraut. Ich und Barbara als absolute Nichtreiter sind somit gefordert, denn alle anderen sind zumindest schon ein paarmal geritten bzw. einige sind richtige Experten und besitzen selbst ein Pferd. Beim ersten kleinen Ausritt zu einem nahe gelegenen See lasse ich mich noch von einem Guide führen, merke jedoch, wie leicht sich mein Pferd lenken lässt und am zweiten Tag wage ich den ersten Alleinritt – fühle mich wie ein Reserve-Chinggis Khaan – das brave Pferd tut tatsächlich genau das, was ich von ihm will… „Chu, chu!“ (vorwärts…)
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Heute reiten wir über ein Tal soweit hinauf, wie es die kräftigen Tiere schaffen. Dann geht es zu Fuß weiter; gesucht wird eine für die Nomaden heilige Blume, die Vansemberuu oder „Schneelotos“ (im Internet vielfach auch als Schneelotus auftauchend), die um diese Zeit hier blühen sollte.
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Und tatsächlich, ein wunderbares Exemplar finden wir in ca. 3500 m Höhe. Unser Führer mit seinem kleineren Bruder ist als erster dort, dann bereits ich und er gibt mir zu erkennen, schnell mit der Kamera zu folgen. Die beiden hetzen im sehr steilen Gelände um die Felsen herum, ich folge im Glauben, dass es nur ein paar Meter zu einem weiteren Exemplar sein wird, aber es waren gut 50 Höhenmeter. Völlig außer Atem stehe ich vor einem doppelten Prachtexemplar. Laut der shamanistischen Religion der Nomaden sollte derjenige bei Berührung bald heiraten. Und da sein kleiner Bruder offensichtlich erstmals diese Schneelotos zu Gesicht bekommen hat, wird ihm ein kleines Ritual gelehrt, das ich fotografieren sollte. Eine ganz liebe Geste und alle wollen mit dieser Pflanze abgelichtet werden.
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Abends das gemeinsame Essen in der Jurte und unser Gernot, ein Tierarzt aus der Oststeiermark, lüftet das Geheimnis um den Inhalt seines Koffers – ich hätte zunächst eher an eine lichtstarke 500 mm Telekanone getippt – großer Irrtum: darin befindet sich eine steirische Harmonika! „Seht’s Leitl des is halt der steirische Brauch…“ – Musik kennt keine Grenzen; wir müssen Polka und Walzer vorführen, die Nomadenfamilie kontert mit perfekten mongolischen Gesangsdarbietungen und die herzliche Stimmung erfasst alle, nicht nur wegen der ständig im Kreis gereichten Wodkaflaschen.
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„Gernot, wir suchen eine Frau für dich, damit du hier bei uns bleibst…“, übersetzt Oyuna. Nicht nur wegen seiner freundlichen Art und der Harmonika: Als Tierarzt, Chiropraktiker, Ausbildung in Akupunktur mit Schwerpunkt auf Pferden, dürfte ein solcher Experte eigentlich nicht in die Mongolei einreisen… Bereits auf den ersten Blick werden bei etlichen Pferden Probleme erkannt, die durch chiropraktische Griffe sofort und dauerhaft gelöst werden. Das spricht sich trotz der dünnen Besiedelung schnell herum. Schon bald kommen Nomaden mit ihren kranken Tieren vorbei und die Ordination ist eröffnet. Fast allen konnte mit einfachsten Mitteln geholfen werden.
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Vorweg: Wir schafften es, ihn wieder nach Österreich zu seiner netten Gattin und den Kindern zurückzubringen; aber es war nicht leicht…
Hatte ich in anderen Reiseberichten meist immer vom guten Essen geschwärmt, so möchte ich hier als Zusammenfassung stehen lassen: „Die Mongolei ist kein Land für Vegetarier!“ Hier im Hochland zwischen 2500 und 3000 m, auf demselben Breitengrad wie Mitteleuropa liegend, gedeihen im kontinentalen Klima (heiße Sommer, bitterkalte Winter) nur wenige Nutzpflanzen: Kartoffel, Karotten, Kraut, Rüben und das war’s schon fast. Fleisch von Schaf, Ziege, Pferd und Yak gibt es im Überfluss und dabei wird absolut alles verwendet. Wir beobachten die Schlachtung eines Schafes und sehen, dass nicht ein Tropfen Blut verschwendet wird. Fachgerecht, unter den anerkennenden Augen unseres Tierarztes, wird das Vieh sauber zerlegt. Alle Familienangehörigen haben dabei ihren Job; ich halte mich mit dem Teleobjektiv eher im Hintergrund auf…
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Am Abend gibt es dann
die Delikatesse der Nomaden: gekochte Eingeweide. Natürlich kostet man von Herz, Leber, Lunge oder der in den Magen gefüllten Blutwurst – es schmeckt auch gar nicht so schlecht, wie es auf den ersten Blick aussieht.
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Ansonsten sieht der Speiseplan immer sehr ähnlich aus: gekochtes Fleisch samt Fett von Schaf und Yak, leider wenig gewürzt oder gesalzen. Die Standardsuppe mit Nudeln, kleinen Fleischstückchen und oben genanntem Gemüse, „verfeinert“ mit einer mitgebrachten Chilisauce ist mir da schon viel lieber. Bei „Ziege in der Kanne“, in einer Milchkanne lange geschmortes Fleisch, ist man zunächst auch etwas skeptisch, das Gericht ist aber auch für unsere Geschmäcker durchaus genießbar.
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Viel besser schmecken mir die verschiedenen Milchprodukte, wie Joghurt von Yak und Ziege, diverse Käsesorten, von weich bis extrem hart, Yakbutter, Buttertee oder das aus vergorener Stutenmilch hergestellte, leicht alkoholische Airag, das mongolische Nationalgetränk, ähnlich dem bei uns besser bekanntem Kefir. Airag schmeckt wie „Joghurt mit Bier“, säuerlich, erfrischend und dient den Nomaden teilweise als Ersatz für frisches Obst und Gemüse. Der daraus destillierte Milchschnaps aber „stutelt“ schon ganz enorm und daher ziehe ich jedes andere hochprozentige Gesöff vor.
#41 - extrem harter Käse (entweder in Tee eintauchen oder lutschen) wird am Jurtendach gereift - Detail vom Bild #26
Fortsetzung folgt!
LG, Gerhard
(irgendwie habe ich mit der Schärfe der Bilder ein Problem; alle nach den Spezifikationen hochgeladen; sind bei mir, zumindest dort wo sie scharf sein sollen, scharf... - werde beim nächsten Upload mehr nachschärfen versuchen, sri)