[MENTION=2090]Bettina[/MENTION]: vielen Dank!
@Kay: es gibt nicht zu wenige Pauschalanbieter, die ebenso wunderschöne und bezahlbare Reisen in die Mongolei anbieten
[MENTION=11269]Sabrina[/MENTION]: wie gesagt, er wurde perfekt getaped, Arm ruhig gestellt und mit ganz starken Schmerzmitteln, die nur Ärzte mitnehmen dürfen, vollgestopft!
Bis zum nächsten Morgen wurde der Dieselfilter gereinigt und unser Bus ist wieder flott. 233 unspektakuläre Kilometer nach Khovd stehen heute am Programm; einen Großteil kennen wir schon von der Hinfahrt.
108 – Hauptstraße zwischen Ölgii und Khovd; was Weiße links an den Bergen ist kein Schnee, sondern Hagel
Wir machen ausgiebig Rast bei einem kasachischen Adlerjäger, der uns das wunderschöne Tier bereitwillig vorstellt und das wir auch selbst „in die Hand“ nehmen können.
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111 – Ich denke, dass er „über den Wolken“ vermutlich lieber unterwegs wäre…
An der inzwischen „deutlich verbesserten“ Infrastruktur zu sehen, nähern wir uns endlich wieder der gleichnamigen Aimag-Hauptstadt Khovd.
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Wir beziehen wieder dasselbe Hotel und wünschen uns nur, dass warmes Wasser verfügbar sein wird. Und tatsächlich, es klappt!
Nicht mehr wieder zu erkennen, fahren wir am Abend gemeinsam mit der deutschen Gruppe zu einem sehr schönen Restaurant. Jene fliegt morgen nach Hause und daher ist Gernot auf seiner Harmonika wieder schwer im Stress.
114 – Auszug aus der Speisekarte: 1000 mongolische Tugriks sind ungefähr 0,50 €; also um 3-4 Euro bekommt man im wirklich guten Restaurant eine Hauptspeise; entsprechend billiger in den „Beiseln“ z.B.: am Markt, aber genauso gut schmeckend.
Mit dem Heimflug der deutschen Gruppe übernehmen wir deren drei Landcruiser samt Fahrer und die Schamanin Orgi, die ebenfalls sehr gut deutschsprechende Chefin der Agentur begleitet uns die letzte Woche in den Süden zum Munkh Khairkhan.
Nach dem ausgezeichneten Mittagessen in unserem Hotel fahren wir ca. 100 km zu einem schönen, aber wieder sehr mückenreichen Lagerplatz am Fuße der Gurvan Tsenkher agui. In und um diese Höhle gibt es eine Menge Wandmalereien aus prähistorischer Zeit.
115 – Zeltsack als Mückennetz (aber nur kurz…)
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Nun geht es durch ein bizarres, enges Gebirgstal in Richtung Sumzentrum.
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Ein Sum würden wir als Bezirkszentrum – sicher nicht Bezirksstadt – bezeichnen. Ein paar Häuser, wenige Geschäfte, Tankstelle, Schule – in solchen Sums werden die Nomadenkinder für den Unterricht zusammengezogen, Behörde – hier erhalten wir wieder unsere Permits - Telefonmöglichkeit und das war’s dann auch schon. Wir können die meisten Vorräte auffüllen u.a. werden auch wieder die gesamten Biervorräte des Dorfes zusammengekauft, leider reichen diese nur für knapp zwei Tage…
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Etwa 40 km kämpfen sich die starken „Toyoten“ von 2000 m auf 2600 m zur letzten Nomadenfamilie hinauf. Wiederum die überaus herzliche Aufnahme; direkt am Bach werden die Zelte aufgestellt. Auch bis hierher haben sich die Geschicke unseres „Pferdeflüsterers“ durchgesprochen, diesmal gilt es aber zweibeinigen Kreaturen mittels Akupunktur zu helfen.
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124 – Vorgipfel des Munkh Khairkhans
Für die 9 km hinauf zum Basislager verzichten Karl, Gabi, Barbara und ich wieder auf ein Pferd, denn zum Fotografieren hat man so deutlich mehr Freiraum. Der Rest reitet und das Gepäck kommt mit den Autos nach.
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Kurz vor Erreichen des Ziels hätte es fast einen schlimmen Unfall gegeben: Aufgrund einer Unachtsamkeit scheut ein Pferd und geht durch. Der Notabsprung gelingt nur zum Teil, eine Wunde am Bein und vor allem die heftige Wirbelprellung hätten böser enden können. Die beiden „Docs“ sind gefordert - Bergsteigen und Reiten sind für die Pferdebesitzerin zunächst einmal tabu. Nach ein paar Tagen sieht es schon wieder deutlich optimistischer aus.
Am Nachmittag machen wir uns zu einer Erkundungstour in Richtung Talschluss auf und überlegen bereits Aufstiegs- und Abstiegsvarianten auf den zweithöchsten Berg des Landes
(der niedrig aussehende links hinten in 127). Geplant für alle ist vorerst die Besteigung des Vorgipfels
(höchster Gipfel rechts)
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128 – Munkh Khairkhan Vorgipfel – „man sollte nicht näher als unbedingt nötig an die Gipfelwechten herangehen..“
Wir kommen in der Früh leider sehr spät weg; es geht gleich zu Beginn recht steil, zunächst noch über angenehme Almböden, die aber unvermittelt in absolut unwegsames Blockgeröll übergehen, hinauf. Jeder versucht seinen Weg zu finden, daher sind wir schon bald in zwei Gruppen zersprengt: Karl mit Reinhard und Walter, sowie Gernot, der seine guten pfadfinderischen Fähigkeiten bereits am Malchin unter Beweis gestellt hat und auch hier immer brauchbare Stiege findet, mit Gabi, Brigitte, Barbara und mir. Stunde um Stunde Plackerei in der nicht enden wollenden Blocksteinwüste.
129 – Gewaltiger Gletscherbruch unterhalb des Hauptgipfels
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Abwechslung bieten etliche schöne Schneelotos-Exemplare und die Sichtung von frischen Spuren eines Schneeleoparden samt Jungen. Das wäre ein Ding, das scheueste Tier überhaupt vor die Linse zu bekommen! Andererseits ist uns gar nicht so wohl bei der Sache, sodass wir sicherheitshalber einen Umweg nehmen – vielleicht beobachten uns die bis zu 70 kg schweren Miezen ohnedies schon.
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Erst nach 14.00 Uhr hat diese Schinderei ein Ende – wir stehen am vergletscherten, flachen Gipfelhang des Vorgipfels. Brigitte und Barbara beschließen nicht weiter zu gehen und versuchen über eine etwas andere Route abzusteigen. Gernot, Gabi und ich aber legen die Steigeisen an und dabei sehen wir Karl, Reinhard und Walter nicht weit von uns entfernt, den Gletscher hinauf ziehen.
Ich starte als erster los, finde bald deren Spuren und nach nur ca. 15 Minuten führen diese auf der anderen Seite wieder abwärts. Der flache Vorgipfel ist somit einfach übergangen worden – eine geringere Annäherung an den Gipfelgrat wäre aufgrund der weit überhängenden Wechte lebensgefährlich. Ich nehme erstmals einen kleinen Imbiss in Form von Süßigkeiten zu mir und trinke ein paar Schluck – viel zu wenig…
Inzwischen kommt Gabi nach, streckt mir zur Begrüßung die Hand entgegen und meint: „Bis hier her und keinen Schritt weiter“. Etwas verwundert frage ich zurück, aber ihre Meinung stand schon früher fest. Nun warte ich auf Gernot, denn auf ihn hätte ich für einen allfälligen Gipfelangriff am meisten gesetzt, doch Gabi meint, dass es ihm heute nicht so gut ginge und er nicht über den Vorgipfel hinaus gehen würde. Beim letzten Blickkontakt war er höchstens 5 Minuten zurück – müsste also schon längst aufgetaucht sein. In Wirklichkeit aber wollte unser dankbarer Pferdedoktor unsere drei Damen nicht alleine durch diese Geröllwüste absteigen lassen.
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Wir verabschieden uns und ich steige zügig in den Sattel zwischen Vor- und Hauptgipfel zu den dort fotografierenden „drei Pünktchen“ ab. Eines davon löst sich und kommt mir in der Abstiegsspur entgegen. Beim Näherkommen entpuppt es sich als Reinhard. Auch er hat aufgrund der fortgeschrittenen Stunde keinen Geist mit mir weiter auf den Hauptgipfel aufzusteigen. Schließlich treffe ich auf Walter, der das schon von vorne ausgeschlossen hat. Letzte Chance für mich ist Karl: „Gehst du nicht hinauf? Laut GPS sind’s nur noch 2,79 km.“ „Gehst du mit?“ „Na kloar!“ – Das war ungefähr der kurze Dialog.
Nachdem ich Walter die letzten Absichten der anderen und natürlich auch unsere mitgeteilt hatte, wonach mit einem Eintreffen unsererseits sicher nicht vor 20.00 Uhr zu rechnen sein wird – Stirnlampen und fast Vollmond sollten auch bei einem notwendigen Nachtmarsch für genügend Licht sorgen – steuern wir in der Direttissima den Munkh Khairkhan Hauptgipfel an.
Solange es noch leicht abwärts geht, zählt auch der „Entfernungscountdown“ am GPS so, wie wir uns das wünschen. Die paar Felsen, die wir schon von weitem gesichtet haben, entpuppen sich als ein 50 HM steiler Abgrund, den wir hinunter müssen – auch mit den angeschnallten Steigeisen geht es einigermaßen und „von nun an ging’s bergauf“.
Angenehm hart und immer gleichbleibend mäßig steil; noch 1,7 km bis zum Gipfel. Ich stapfe vor, halte mich genau in der Mitte zwischen linkem und rechtem Horizont, damit es keine böse Überraschung bei einer Gratwechte gibt. Knapp 4200 m zeigt das GPS an, die beiden Horizonte zusammeninterpoliert, sollte in längstens 5 Minuten der „Summit“ erreicht sein, die Entfernung laut dem „blöden Kastl“ aber noch immer mehr als 700 m und noch 38 Minuten Gehzeit – die Koordinaten aus dem Reiseführer dürften doch nicht stimmen…
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Reicht es ohnedies schon, dass man in dieser Höhe jedes Luftmolekül "per Handschlag begrüßt", wird nun mein Hals immer länger, wie der vom „Frechdachs“, wenn er am Jurteneingang nach Leckerli bettelt. Endlich bin ich „am Horizont“ – au weia! – die GPS-Daten stimmen; noch ein guter halber Kilometer auf einem flachen Rücken zum Gipfel. Ich ermuntere Karl etwas weiter hinten, dass es „nicht mehr weit“ sei. Jetzt wird’s aber zäh. Um 16.36 Uhr stehe ich auf 4231 m am zweithöchsten Gipfel der Mongolei.
Bis jetzt bin ich kurzärmelig und nur mit der dünnen Goretexjacke unterwegs gewesen. Nun ohne Bewegung wird es doch ziemlich kalt, ziehe daher etwas mehr an, würge durch den trockenen Hals ein halbes Jausenbrot hinunter, trinke ein paar eisige Schlucke, krame aus dem Rucksack meine D700 samt Linsen hervor und mache die ersten Fotos.
137 – Blick nach NW zurück zum Vorgipfel
Jetzt taucht Karl auf – ich laufe ihm entgegen – glücklich umarmen wir uns und so genießt jeder für sich den Gipfel.
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Der eigentliche Gipfel, knapp unvergletschert liegt einige Meter tiefer und Karl befestigt am einsamen, kleinen Gipfelovo seinen Khatak. Viele kommen vermutlich hier nicht vorbei! Beim Vorbereiten für eine Selbstauslöseraufnahme piepst plötzlich mein Garmin: „Ziel erreicht!“ – die DuMont-Koordinaten haben somit perfekt gestimmt, danke!
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141 – Blick Richtung SO; rechts der kleine „echte“ Gipfel mit den wenigen Khataks
17.00 Uhr, jetzt ist guter Rat teuer – zurück und über den „Steinbruch“ absteigen sind auch für uns mindestens 4 Stunden. Die Alternative, die wir nicht nur im Hinterkopf hatten, ist die Gesamtüberschreitung des Massivs entlang des abfallenden Grates bis zum Pass am Talschluss.
Nur geht es vom Gipfel zunächst „sausteil“ auf der windabgewandten Seite hinunter. Karl als erfahrenerer Bergsteiger quert alleine das steile Dreieck und meint, dass keine Schneebrettgefahr drohe; im weichen angewehten Neuschnee sinken wir zwar manchmal bis zum Bauch ein, aber aufgrund der Steilheit gelangen wir recht flott hinunter auf den oberen Rand des flachen, homogenen Gletschers.
142 – Der Pfeil markiert das Lagers hinter dem Bergrücken
Von dort schweift der Blick über unsere Spuren nach oben und jetzt schlucken wir einmal kräftig, denn Karl hat intuitiv an der richtigen Stelle seine Wende gemacht – wenige Meter weiter hätte es einen gewaltigen Gletscherbruch (Pfeil!) gegeben. Ob wir diesen rechtzeitig bemerkt hätten?
143 – Mein erstes „Selfie“ (mit D700...)
Vor dem Weitergehen toben wir uns beide nochmals fotografisch aus.
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146 – letzter Blick nach oben zum Gipfel
Ohne miteinander zu sprechen ist die Entscheidung längst gefallen: Wir werden nicht entlang des Grates weitergehen – 150 Höhenmeter Aufstieg wären dazu notwendig gewesen – sondern wir queren den Gletscher „direct Basecamp“. Pickelhart, mit nur wenig angewehtem Schnee präsentiert er sich ohne Spalten und es geht locker aber konzentriert abwärts.
Das einzige Fragezeichen ist der Gletscherfuß: trotz 300 mm Tele und 100% Zoom am Kameradisplay ist keine Kante oder ein anderes mögliches Hindernis auszumachen. Und genau diese imaginäre Kante der Gletschermoräne will zunächst nicht näher kommen…
Das Eis wird weicher, geht in Firn über und fast unvermittelt sind wir am „Kettenanlegeplatz“ – Steigeisen versorgen, die zweite Hälfte des Brotes entsprechend verwerten, wieder ein paar Schlucke trinken und nun beginnt unser Teil durch die Geröllhalde. Am vorderen Rand angelangt bestätigt der Blick nach unten unsere Befürchtungen: da geht nix – zu steil! Daher einen Kilometer entlang der Abbruchkante zu einem kleinen Gletschersee hinab kämpfend und dort parallel zum Wasserfall vorsichtig in der untergehenden Sonne weiter absteigend.
Tiefes Durchatmen als wir erstmals wieder Almboden unter unseren Füßen haben. Noch rasch den Bach überquert und auf der richtigen Talseite laut GPS knapp 7 km in der fortschreitenden Dämmerung gemütlich zum Lager. Beim faden „Grabenhatsch“ wo man seinen Gedanken nun wieder freien Lauf lassen kann, denke ich an Barbara und Co, die alle über den furchtbaren Steinbruch vom Vormittag wieder zurück müssen.
Etwa 4 km vor dem Lager, können wir gerade noch die drei Toyotas als dunkle Flecken ausnehmen als plötzlich einer davon Lichtsignale gibt – offensichtlich hat man uns bereits mit dem Fernglas gesucht und auch gefunden.
Um 20.30 Uhr, nach mehr als 13 Stunden nehmen wir dankend den heißen Tee entgegen. Gott sei Dank, auch alle anderen sind wohlauf im Camp – nur etwa 1,5 Stunden vor uns – eingetroffen.
Vermutlich letzte Fortsetzung am Samstag.
Liebe Grüße,
Gerhard