Kirgistan - über den Gletscher zum blutigen Berg

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assiliisoq

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Liebe Foto-Kollegen,

der Sommer geht zu Ende. Zeit der Reiseberichte.
Dieses Jahr hat es mich nach Kirgistan gezogen, ins Tien Shan Gebirge.
Ich hab´s ja nicht so gerne so heiß. Deshalb sollte es ein Gletscher-Trekking werden.
Am Ende waren meine Ohren doch recht knusprig gebraten ...

Nach einem langen Flug mit einem Billig-Flieger mit freier Sitzplatz-Wahl und bester Klima-Anlage (man achte auf die geöffneten Fenster) ...


... landen wir mitten in Zentral-Asien.
Hier war ich noch nicht, ich bin also gespannt.

Die Flagge des Landes sagt schon viel über den Staat aus:

In der Mitte die Krone der Jurte, die Dachluke, der Ring mit den gekreuzten Streben - wir sind in Nomaden-Land, in dem mit Kind und Vieh und Haus zwischen Sommer- und Winterweiden gewechselt wird.
Die 40 Strahlen der Sonne zeigen, dass hier, Demokratie hin oder her, 40 Clans herrschen.


Das Dach der Jurte kann geöffnet und geschlossen werden, wie wir bei unserem ersten Roadstop sehen können.



Die Wände wie die Inneneinrichtung bestehen aus Fellen und Wolle in Form von Teppichen. Teppiche sind überall. In mehreren Schichten auf dem Boden, an den Wänden, auch die Türe ist meist ein Teppich, der aufgerollt oben befestigt werden kann. Ich habe jetzt auch so einen tollen Teppich. Auf meinem Boden.

Kirgisen lieben ihre Teppiche so sehr, dass sie sogar in festen Häusern Böden, Wände und Möbel mit Teppichen bedecken.
Hier sind wir bei einer kirgisischen Familie zum Essen eingeladen.


Warnung an alle, die - in welcher Form auch immer - Diät halten: Es gibt Fleisch. Fettes Fleisch. Sehr viel Schaf, aber auch alles andere. Dazu Unmengen zuckersüßer Bonbons und Kekse (ganze Basar-Viertel sind nur hierfür reserviert). Zur Deko jede Menge Obst: Äpfel, Aprikosen, Himbeeren, Aprikosen, Wassermelonen, Aprikosen, Kirschen, Aprikosen, Honigmelonen, Aprikosen und jede Menge andere Früchte, die aber scheinbar nicht wirklich als Nahrung zählen. Nahrung ist Fleisch. Meist mit Reis. Und viele Suppen. Mit Fleisch.

Stunde um Stunde fahren wir mit einem Minibus an einem Riesen-See entlang, dem Yssyk Kul. 200 km lang, 60 km breit, 650 m tief, leuchtend türkis, friert nie zu, obwohl er 1600 m hoch gelegen ist, von 4000 m hohen Bergen umgeben. Das sind hier eher Hügel, die höchsten haben immerhin eine Schneemütze.
Wir halten einmal kurz an, springen rein - herrlich! - halten uns aber nicht lange auf, wir wollen ins Gebirge. (Anschließend wollen wir hier noch einen Tag richtig Urlaub machen.)

Über eine breite Straße, die die Chinesen geteert haben (reiner Egoismus, sie nutzen diese Strecke als Transit-Strecke für ihre LKW und die gingen auf den einspurigen schottrigen Holperpisten immer kaputt und brauchten ewig ...) geht es flott voran bis zur Abzweigung zum Pass nach China, danach bremst uns der Schotter ein wenig aus.

In den Pipi-Pausen müssen wir uns einen Weg bahnen durch die Hanf-Pflanzen, die am Straßenrand einen großen Teil des Unkrautes ausmachen.

Abends erreichen wir gut geschüttelt Karakol, eine altes russisches Garnisonsstädtchen.
Touripflichtgemäß besichtigen wir flott die hölzerne russisch-orthodoxe Kirche von 1895


und die chinesische/dunganische Moschee, die 10 Jahre später auch nur aus Holz ohne einen einzigen Nagel gebaut wurde. (Hält immer noch.)



Soweit jetzt erstmal zum ersten Teil der Anreise.
Ich bin schon 2 Tage unterwegs. Morgen geht es noch einen Tag in Jeeps weiter. Wenn man so lange braucht, um irgendwo hin zu kommen, ist man nachher ganz schön weit weg.

Wir haben über Präriefunk gehört, dass auf eine unserer Pisten ein ziemlich dicker Stein gefallen sein soll. Wir fahren mal hin, schauen uns das an, und evtl. müssen wir etwas improvisieren.

Ich bin schon gespannt.
 
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P.S. I "Wir" sind eine kleine Reisegruppe, zu Beginn 7 Deutsche und 1 Schweizer, unter kirgisischer Führung. Emil, unser Guide, hat in der Schule in Bischkek im Deutschunterricht sehr gut aufgepasst und spricht ganz klasse Deutsch! Außerdem ist er ein wandelndes Lexikon, der über Land und Leute einfach alles weiß und uns großzügig damit versorgt, ohne dass wir das Gefühl haben, auf einer Vortragsreise zu sein. Einfach super!
Als Scout für die Trekkingtour auf und am Gletscher, der naturgemäß keine Prämiumwanderwege zulässt, haben wir Marat, der neben Kirgisisch und Russisch, dem Standard hier, auch etwas Englisch spricht.
Daneben kommen noch 4 Träger mit, die uns einen Teil des Gepäcks abnehmen.

P.S. II Kirgistan, Kirgisistan, Kirgisien, Kirgisische Republik ... alles Versuche, Кыргызстан bzw. Кыргыз Республикасы zu transkribieren. Zur Zeit scheint sich Kirgistan im Deutschen durchzusetzen, im Englischen Kyrgyzstan.


So, nun geht es aber weiter.


Pferde sind der Reichtum der Kirgisen. Wie bei uns ja auch die PS zählen :)

Wir nehmen die PS in Form von 2 geländegängigen Büschen, um uns in stundenlanger Schwerstarbeit über Schotter auf einen Pass von 3800 m hochzuschrauben.


Bei Pausen entdecke ich entzückt die ersten Edelweiß und Enzian.
Auf der anderen Seite des Passes wäre dann ein Pferd vielleicht auch eine gute Wahl gewesen.
Ein paarmal mussten wir in schmalen Schluchten Passagen queren, wo ein Hangrutsch die Straße überschüttet hat. Da offensichtlich niemand kommt, um hier aufzuräumen, räumt man sich eben die Steine selbst so zusammen, dass man wieder drüberfahren kann. Was es dann wiederum überflüssig macht, dass jemand kommt um hier aufzuräumen. Manchmal müssen wir alle aussteigen, damit die Wagen mehr Unterboden-Freiraum hatten - und als Straßenarbeiter-Hilfstrupp :)


Endlich kommen wir an den dicken Stein, von dem wir gehört hatten. Aber mit unserer Erfahrung bisher können wir mit ein paar weiteren umgeschichteten Steinen eine Umgehungsstrecke basteln. Vor uns haben wohl auch schon andere vorgearbeitet und ein paar Büsche beseitigt.



Schließlich geht dann aber doch nichts mehr, ich glaube, weil es an einem Fluss entlang zu sumpfig wurde. Eines unserer Autos gibt dann noch den Geist auf. Geht einfach aus und nicht mehr an.
Dann gibt es nur noch den Heli. Ganz zufällig steht dort auch gerade einer herum.


Und so erreichen wir endlich den Startpunkt unserer Trekking-Tour, die Sommerweide At-Djailoo auf 2500 m Höhe mitten im Tien Shan Gebirge.



Damit haben wir ungefähr die durchschnittliche Höhe Kirgistans erreicht. Über 90% der Landesfläche sind Gebirge! Sie gehören zum Tien Shan und zum Pamir. Ackerbau ist nur auf ca. 20% der Fläche möglich, in einigen wenigen Landesteilen wie etwa um den Yssyk Kul See. Überwiegend wird aber halbnomadische Viehzucht betrieben.
 
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Vorerst fühle ich mich ein wenig wie im Allgäu.​


Der größte Unterschied ist vielleicht die Bergwiese, die hier aus für uns schier unglaublichen Mengen an Edelweiß besteht! Die wachsen hier wie Bodendecker! Fast noch erstaunlicher dabei ist, dass sie das deutsche Wort Edelweiß für die Blümchen übernommen haben.​


Bei dieser Begegnung bin ich mir dann nicht mehr so sicher, in welcher Richtung die Einwanderung wohl verläuft?​


Dann geht es endlich richtig los!​


Der erste Wandertag führt über Weiden, die weißen Riesen aber immer schonmal im Blick.​


Der große Weiße im Hintergrund ist Pik Humboldt. Hier waren eine Menge Deutsche, die eine Menge Berge bestiegen haben und sie mit deutschen Namen belegt haben. Sehr viele Gipfel haben aber noch gar keine Namen.​


Wir durchwaten einige Bäche, was bei warmem, sonnigen Wetter hübsch erfrischend ist.
Durch ein größeres Flüsschen müssen wir. Es ist tiefer und reißender als üblich, da es die letzten Tage feste geregnet hatte. Wo üblicherweise wohl gefurtet wird, war es für das Wasser zudem etwas eng. Es musste also schneller fließen.

Kurz bevor wir den Bach erreichen, kommt von hinten ein Reiter an.


Er bietet uns an, uns einzeln mit seinem Pferd durch das Flüsschen überzusetzen. Für 300 SOM pro Person, etwa 5 €. Ziemlich geschäftstüchtig :)

Ich denke aber, dass dort unten, wo der Bach sich im Kiesbett vor der Mündung in viele Arme aufteilt, eigentlich eine Furt ganz gut auch ohne solchen Service möglich sein sollte. So war es auch.
Sorry für das vereitelte Geschäft.​

 
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Am kommenden Tag erreichen wir endlich den Gletscher.
Wer denkt, dass ein Gletscher immer so schön rein weiß mit einigen Blautönen glänzt, der irrt. Ein Gletscher führt Massen an Geröll mit sich, das von den Bergen herunterfällt.
Um so schwieriger ist es oft, eine Route durch das Chaos von Verwerfungen, Spalten, Seen und Bächen, die sich auf dem Gletscher bilden, zu finden. Marat hat uns bestens geführt!







Der South Engilchek/Engiltschek/Inylchek... Gletscher ist mit 62 km einer der längsten Gletscher der Welt.
Wir laufen erst an seinem Rand entlang, später direkt auf seinen Rippen.
So gelangen wir zur Merzbacher-Wiese, eine über dem Gletscher gelegene Wiese, auf der wir eines der für den Sommer fest eingerichteten Zelt-Camps vorfinden. Hier gibt es zudem eine Forschungsstation des deutschen Geoforschungszentrums Potsdam zur Entwicklung des Klimas, des Gletschers und des gegenüberliegenden Sees. Dieser Merzbacher-See entsteht aus Schmelzwasser, wo der nördliche Inylchek in den größeren südlichen Inylchek mündet. Einmal jeden Sommer läuft der See über - oder besser unter, denn der dann riesige See lässt die Eisbarriere, die ihn staut, aufschwimmen und entleert sich durch Kanäle unter dem Gletscher innerhalb weniger Stunden. Das muss ein wahnsinniges Spektakel sein! Leider war er schon leer, als wir ankamen.
Am nächsten Tag wollten wir dennoch hinüber und zwischen den gestrandeten Eisbergen umherlaufen, doch es hat den ganzen Tag so heftig geregnet, dass uns die Lust dazu verging und wir lieber literweise Tee getrunken haben, und für irgendwas müssen die mitgeschleppten Bücher ja auch gut sein. ;)


(Hinten rechts das Becken des ausgelaufenen Sees.)​


Abends gibt es Hoffnung auf Wetterbesserung für den kommenden Tag.​










 
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In den nächsten Tagen geht es den Gletscher weiter hinauf. Das Wetter bessert sich, wir genießen herrliche Aussichten.​







Eine Weile wandern wir eine weiße Gletscherrippe aufwärts. Weiter oben gibt es Berge, die werfen weniger Schutt ab wie z.B. die Marmor-Pyramide des Khan Tengri, auf den wir alle sehr gespannt sind.​



Eines unserer Camps. Sie werden von der kirgisischen Organisation, die diese Tour anbietet, für die kurze Sommersaison aufgestellt. Die meisten stehen auf dem Gletschereis.​



Viererlei vom selben Berg innerhalb kürzester Zeit.​













Und eine Badewanne aus Gletschereis. Sehr erfrischend.​

 
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Immer weiter ziehen wir hinauf. Wir befinden uns auf fast 4000 m Höhe, die Berge um uns herum sind oft schon über 6000 m hoch. Es wird immer weißer. Als wir an der Merzbacherwiese so viel Regen hatten, fiel hier oben ein halber Meter Neuschnee.​
















Man muss sehr genau hinsehen, um die gelben Zelte unseres nächsten Camps auf dem Gletscher zu finden.
Hier wollen wir zwei Nächte bleiben und an dem "freien" Tag auf den Pik Pesni Abaya steigen. Mit 4980 m ein kleines Zipfelchen.
Im Hintergrund dagegen, der Buckel links bei den Wolken, das ist der Höchste. Der höchste Berg des Tien Shan Massives und auch der höchste Berg Kirgistans. Es ist der Pik Pobeda oder Pobedy oder auch Dschengisch Tschokusu oder auf chinesisch Tomur Feng. Auf seinem Grat entlang verläuft die Grenze zu China.
Er ist 7439 Meter hoch und man sagt, es sei immer sehr stürmisch dort oben. Daher sei er sehr schwierig zu besteigen.​

 
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In der Sonne ist es tagsüber sehr angenehm. Sobald abends aber der Schatten über uns hereinfällt, wird es knackig kalt.
Heute gehen wir früh ins Zelt, morgen früh um 4 ist Wecken.​








Hier sehen wir endlich den lange von Wolken verborgenen Khan Tengri!
Den Khan, den Herrrscher des Himmels!
Das Matterhorn des Tien Shan!
Die weiße Pyramide, die links aus den Wolken gerade auftaucht.
Er wurde lange für den höchsten Berg des Tien Shan gehalten. Seine Höhe ist umstritten, 6995 m (der Fels) oder 7010 m (mit Eiskappe)? Er gilt aber so oder so unumstritten als 7000er! Seine Gipfelpyramide ist aus Marmor. Auf seiner Spitze treffen Kirgistan, China und Kasachstan zusammen.​



In der Abendsonne wird er seinem Namen "Blutberg" gerecht.​



Nach einem heißen Frühstück - meist gibt es Milchreis, Porridge oder Ähnliches neben Heißwasser für Tee und Kaffee und Brot mit Marmelade - legen wir Klettergurte an und mit Stirnlampen geht es los. Steigeisen und Pickel sind noch im Rucksack.
1000 Höhenmeter liegen vor uns, beginnend bei 4000. Die Luft ist schon merklich dünner. Wir sind jedoch durch den langsamen Aufstieg über viele Tage hinweg alle gut akklimatisiert.​



Der helle Schnee und auch der Sonnenaufgang, dem wir entgegensteigen, lässt die Lampen jedoch ausgeschaltet.
Es ist herrlich zu sehen, wie die Sonne uns entgegenkommt und die Schatten ins Tal weichen.​



Leider liegt am steilen Hang zu viel Neuschnee. Wir ziehen die Steigeisen an und stapfen aufwärts. Doch sobald die Sonne uns und den Schnee trifft, wird es sehr warm. Der Schnee wird weich, die Gefahr von Lawinen und Steinschlag nimmt zu. Damit wird die Gipfelbesteigung zu gefährlich. Wir müssen abbrechen. Traurig aber vernünftig. So machen wir auf halber Höhe Pause, genießen das Panorama, und steigen wieder ab. Der Schnee wird schon ziemlich weich.​

 
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Wieder im Camp angekommen erreicht uns eine zweite Hiobsbotschaft: Ein nicht kleiner Schneesturm ist im Anmarsch. Was bedeutet das (außer vielleicht schön-dramatische Bilder, solange Sicht herrscht)? Es kann sein, dass dann für Tage kein Helikopter mehr fliegt, der uns vom großen BaseCamp herausfliegen kann. Wir könnten also unsere Flüge nach D verpassen. Das wollen die meisten nicht.
Also machen wir uns sofort auf den Marsch zum BaseCamp, statt noch einen Tag hier zu genießen.

Der spitze Zipfel in der Mitte wäre unser Pik gewesen ...​











Die Luft ist offensichtlich so kalt, dass die Seen gefroren sind. Die Sonne ist aber so warm, dass man zeitweise im T-Shirt wandern kann. Heute ist der Himmel völlig wolkenlos! (Schneesturm?) Am Ende des Tages habe ich mir feste das rechte Ohr und die rechte Hand verbrannt (Sonnenseite). Hier muss ich die Sonnencreme vergessen haben.​









Am Nachmittag erreichen wir das BaseCamp. Eine Zeltstadt aus über 80 Doppelzelten, Küchenzelt und Esszelt, Toilettenzelt und Banja (Sauna). Hier bereiten sich Expeditionen aus aller Welt auf die Besteigung der großen Berge vor. Eine ziemlich bunte Mischung von Bergsteigern treffen wir hier an. Eine spanische Expeditionsgruppe hat ihr Fernseh-Team mitgebracht, das die Mitglieder auf Schritt und Tritt verfolgt :)



Wir beschließen, dass wir sofort den ersten Heli-Flug morgen früh nehmen wollen. Die anderen haben Angst, nicht vor dem Schneesturm rauszukommen. Ich will schönes Licht zum Fotografieren :D

Ganz spontan fliegt unser Träger-Team schon am Nachmittag aus, denn im Heli sind gerade noch Plätze frei. Wir verabschieden uns schnell von ihnen.Wir bedanken uns für´s Schleppen, sie bedanken sich für medizinische und z.T. ausrüstungstechnische Unterstützung.​

 
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Heute Abend macht der Herrscher des Himmels, der Khan Tengri, seinem Spitznamen Blutberg noch einmal alle Ehre.
Auch sonst dürfen wir hier noch einen herrlichen Abend erleben - bestes Licht natürlich beim Abendessen, weshalb meines wieder kalt wird ... Was soll man machen? :nixweiss:


Khan Tengri - der Gipfel noch 3000 Meter über unserem Lager​



Das Camp ist mitten auf dem Gletscher. Spaziergänge mit Vorsicht!​






Die Banja​



Hinten links noch einmal Pik Pobeda, Gipfel des Sieges, der Höchste.
 
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Noch vor Sonnenaufgang bringen wir unser Gepäck zum Heli-Landeplatz und frühstücken.
Dann warten wir in dicken Daunenjacken auf den Hubschrauber. Es ist etwas bedeckt, sieht aber eigentlich harmlos aus.

Da kommt er. Wenn er bei uns ist, wirbelt er orkanartig Schnee und auch Steinchen auf. Wir liegen auf dem Gepäck, damit nichts wegfliegt, bis er steht und der Sturm nachlässt.





Dann dürfen wir die Welt von oben sehen. Da es kein Problem ist, die Fenster zu öffnen und sich rauszulehnen, braucht man sich um zerkratzte Scheiben, Reflexionen oder Heli-Teile im Bild nicht so viele Gedanken zu machen.

BaseCamp vom Heli aus, im Hintergrund wieder der Pik Pobeda.​



Pik Pesni Abaya, auf den wir steigen wollten.​



Der Komsomolski Gletscher mündet in den South Inylchek Gletscher. Unsere Camps auf beiden Bildern sind so winzig, dass man sie nur ausmachen kann, wenn man genau weiß, wo sie sich befinden.​



Fast zum Greifen nahe rattern wir an Eisriesen vorüber. Ich bin froh über den frühen Flug und das Licht.​












Langsam verlassen wir leider die herrliche Hauptkette der Großen Weißen und gelangen zurück in das Gebiet der Hochwiesen und Tundra. Es ist unglaublich leer dort unten. Nur in ganz wenigen Flusstälern kann man mal eine Viehherde oder ein paar Jurten ausmachen. Eine für mitteleuropäische Verhältnisse unvorstellbare leere Weite. Oder weite Leere.​












Nach einer 3/4 Stunde landen wir in Karkara, einer Sommersiedlung unmittelbar an der kasachischen Grenze.​

 
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Es ist noch früh am Tag. Als erstes stürzen wir uns auf die Dusche dort im Camp! So richtig häufig habe ich die Gletscher-Pools dann doch nicht zum Baden genutzt.

Danach ziehe ich mit zwei anderen los und sehe mich ein wenig in der näheren Umgebung um.​


Bei solchen Geräten bin ich mir hier nie so sicher, ob sie noch im Einsatz sind. Man trifft so manche Kuriosität ...
Die Hügel dahinter gehören schon zu Kasachstan, dazwischen fließt ein Grenzflüsschen.
Die Brücke über das Flüsschen ist ein bisschen abgesperrt.​



Leben im Sommercamp​



Wie Bilder "lügen" können:​


Nett finde ich vor allem die Waschkonsole außen am Haus.
Die Jurten gibt es immer noch und sehr häufig. Bei festeren Sommersiedlungen kommen aber immer mehr andere Arten von Unterkünften dazu. Vor allem findet man oft Busse/Waggons/Bauwaren ..., die als Immobilie genutzt werden. Dazu Unmengen von Containern, wie wir sie für Schiffsfracht nutzen. Wo die wohl alle herkommen? Im Gegensatz zur wunderbar durch dicke Lagen Filz gegen Hitze und Kälte isolierte Jurten muss es in den "moderneren" Unterkünften klimatisch recht ungemütlich sein.​






Am Haus steht ein Schild Кымыз - Kymys. Davon hatte ich gehört, vergorene Stutenmilch. Die will ich unbedingt probieren. Sie ist hier in den asiatischen Steppen so etwas wie das Alltags- und Nationalgetränk.
Als ich noch mit meinen Trekking-Kollegen so darüber nachdenke, kommt auch gleich ein Mädchen auf uns zu und spricht uns auf Englisch an. Sie heißt irgendwas mit ...bibi am Ende. Wir unterhalten uns eine ganze Weile. Sie ist 13, geht in Karakol zur Schule und wenn sie fertig ist, will sie die ganze Welt bereisen, vor allem Zentral-Asien und Deutschland. Deutschland steht bei den Kirgisen ganz oben auf der Hitliste, viele lernen Deutsch und wollen hier unbedingt einmal hin. 3 Wörter kann Bibi auch schon: ich - du - heiraten. Wir müssen alle lachen, sie auch. Nach und nach kommen ihr Vater und ihre kleine Schwester dazu. Sie wollen ein Bild. Natürlich mache ich eins und zeige es ihnen auf dem Monitor. Ich wünsche mir eine Polaroid.​


Bibi lädt uns ein zu Tee und Kymys, Gebäck, Honig, Marmelade - alles selbstgemacht.​


Bibi erzählt uns von ihrem Leben hier draußen im Sommer und der Schule in Karakol (wo wir die Holzkirchen besichtigt haben). Sie zeigt uns ihr Englisch-Leseheft, ein paar schon arg zerfledderte Seiten aus der Mitte eines Heftes mit Short Stories. Sie ist eine perfekte Gastgeberin!
Sie fragt, ob wir auch reiten wollen. Als ich sage, ich kann nicht reiten, schaut sie mich etwas ungläubig an. Als ich erzähle, in Deutschland sind Pferde seltener als Autos, findet sie das ziemlich lustig. Hier hat jede Familie einige bis viele Pferde, das erste Pferd bekommt ein Junge zu seinem 3. Geburtstag.
Wir erfahren noch vieles über das Leben hier und Bibi will vieles über Deutschland wissen. Sie freut sich, mit uns Englisch reden zu können und spricht wirklich sehr gut! Normalerweise verirren sich von den Touristen aus dem Zeltcamp sehr selten mal welche in die 200 m entfernte Siedlung ...
Das Kymys schmeckt mir übrigens ausgezeichnet. Es ist etwas säuerlich, ein wenig wie Ayran oder Molke, leicht moussierend und hat rund 2% Alkohol. Sehr erfrischend!
Bishkek, der Name der kirgisischen Hauptstadt, leitet sich von der Bezeichnung für den großen Rührstab ab, mit dem in einem riesigen Ledersack die Stutenmilch ständig umgerührt werden muss.

Am Ende nehme ich noch eine große Flasche Kymys mit zum Probieren für den Rest der Gruppe. Ich trinke sie dann aber alleine aus, da sich niemand von ihnen darantraut. :nixweiss:

Es zieht dunkel zu, erste Tropfen fallen, wir machen uns auf den Rückweg zum Camp.
Hier erfahren wir, dass im Gebirge oben ein Unwetter tobt und der Flugverkehr bis auf Weiteres eingestellt ist.
 
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