Es gibt Momente, da nehme ich mich geistig aktiv aus der Leben des Alltages heraus und betrachte mich und mein Umfeld von Aussen.
Solche Momente lösen in mir Stille und viele Fragen aus. Ich nehme mir dann immer vor, nach Antworten zu suchen. Oft gelingt mir das nicht, es entsteht bei jeder neuen Antwort neue Fragen.
Eines aber gelingt mir mittlerweile sehr gut. Ich muss nicht mehr werten. Das Dafür und das Dagegen liegt oft nicht weit auseinander.
Der Hype um die neue Nikon, die Diskussionen über etwas, was noch gar nicht da war, hat mich stark beschäftigt und auch aufgewühlt. Als ich Anfang der 80er Jahre meine erste Kamera, eine Nikon FG20 kaufte, war ich auf meiner Weltreise weitgehend mit der Kamera beschäftigt, dass ich keine Zeit hatte, mir Gedanken zu machen, wann ich die nächste Kamera entwickelt würde und was sie dann besser machen müsste als jene, welche ich hatte.
Es mag in der heutigen Zeit der unendlichen Verfügbarkeit altbacken klingen, wenn ich sage, dass ich meine FG20 mochte. Sie war nie in einem Service, seit sie über den Ladentisch zu mir kam und hat mich nie im Stich gelassen. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass wir als Kinder angehalten wurden, zu Dingen welche man sich leistet, auch Sorge tragen soll.
Ich habe mich der neuen Technik nie verschlossen. Die F4 habe ich mir Jahre nach meiner Weltreise geleistet und war beeindruckt von ihr. Sie hat mir unglaubliche Dienste erwiesen und musste viel aushalten. Meine fotografischen Vorgehensweisen sind nicht immer vorbildlich und wenn ich mich in die Welt der Wahrnehmung begebe, dann merke ich oft nicht mehr, was ich in den Händen halte. Und alle meine digitalen Kameras haben mir bis anhin gute Dienste geleistet, auch wenn sich wohl manche Kamera gefragt haben müsste, was der Besitzer so alles anstellt mit ihr.
Ich habe Fotografie immer als etwas sehr Wertvolles aber auch etwas sehr Intimes verstanden. Wenn ich die Kamera auslöse, dann gebe ich etwas preis von mir und halte ein Stück weit einen Moment meiner Sichtweise fest. Darum widerstreben mir Serienbilder, sei es in der Natur oder an Konzerten. Jedes meiner Konzertbilder sind Einzelbilder, entstanden in Momenten. Ich kann mich nicht auf neun Bilder in der Sekunde konzentrieren und ich gebe die Kontrolle darüber auch nicht ab. Vielleicht ist es der Respekt und das Bewusstsein, dass jeder Moment einzigartig ist, dass ich mich nicht einfach durchklicken kann.
Ich hatte eine kurze Phase, in der ich mit Blitz arbeitete. Aber ich habe schnell gemerkt, dass blitzen und ich nicht Freunde werden.
Auf meiner Weltreise habe ich geträumt Fotograf zu werden. Als ich gesehen habe, wie sie hart für ihre Aufträge kämpfen mussten, dass sie mit Fotografie ihr Geld hart verdienen müssen, habe ich gemerkt, dass ich das nicht kann. Ich kann keine Bilder machen, welche den Vorstellungen von andern entsprechen.
Unter Freunden, welche allesamt eine Yashica Kamera hatten, war meine Nikon ein Exot. Wir fotografierten bis zum Abwinken, liessen die Bilder drucken und führten nachher oft harte Diskussionen darüber. Dabei war Schärfe nur ein Diskussionspunkt unter vielen. Die meisten Ungereimtheiten stellten sich betreffend der Bildgestaltung ein: Vordergrund versus Hintergrund, hell und dunkel und so weiter.
Wir alle waren ein bisschen stolz auf unsere Kameras und holten so ziemlich alles aus ihr heraus, was sie zu bieten hatte.
Das hat sich bei mir schon bei der F4 geändert. Sie konnte schon mehr, als ich überhaupt brauchte und mit dem Einstieg in die digitale Welt war ich schon mit der Nikon D100 heillos überfordert.
Während man vor nicht allzu langer Zeit Kameras als Hobbist über Jahre hatte und sich eine neue Kamera beinahe am Mund absparen musste, kann man sich heute Objektive und Kameras für den Wert von ein paar Biers leisten. Wenn ich mir schon nur den Gebrauchtmarkt betrachte bekomme ich gute bis sehr gute Kameras und Objektive für wenig Geld. Und wenn mich meine Exifdaten beim Bilder zeigen im Netz nicht verraten würden, würde wohl kein Betrachter nach der Kamera und dem Objektiv fragen.
Ich finde es sehr schön, wurde vielen Menschen durch die Technik und die tieferen Preise das Fotografieren erst ermöglicht. Und wenn ich durch die letzten Jahre das eine oder andere Forenmitglied von Beginn weg beobachtete und heute sehe, was sie aus der Fotografie gemacht haben, dann freut mich das noch sehr.
Wenn ich mit meiner Kamera in unserem Konzertlokal an einem Konzert bin und ich mit einem andern Fotografen ins Gespräch komme, dann sind zunehmend nicht mehr die Bilder Gegenstand der Diskussionen sondern die Kamera und die Objektive. Da werde ich zwar für meine Nikon D4 respektiert, mein altes Nikkor AF, 80-200mm, 2.8, wird aber etwas ratlos zur Kenntnis genommen. Am Bluesfestival in Baden von diesem Jahr ist mir aufgefallen, dass viele Fotografen auch an Konzerten einfach auf den Serienmodus schalten und abdrücken. Das löst bei mir etwas Befremden aus, weil die Musik und die Resonanz auf den Menschen massgeblich das Bildergebnis beeinflussen.
Ich erachte mich selbst nicht als Künstler. Ich habe Fotografie nicht an einer Schule oder in einem Kurs gelernt. Meine Auffassung ist, dass jenen dieses Attribut vorenthalten ist, welche diesen Weg gegangen sind. Das hat auch mit Respekt zu tun.
Man kann Dinge auf verschiedene Art und Weise betrachten. Man kann Musik auf Technik und Instrumentierung reduzieren und sich ein Leben lang damit befassen. Man kann Fotografie als Kunst betrachten. Aber man kann Fotografie auch reduzieren auf Technik, oder Schärfe und Farben.
Wir diskutierten damals auch über Technik. Aber die Technik war irgendeinmal schnell durchbesprochen. Heute ist das nicht mehr so. Je mehr Technik in den Geräten ist, desto mehr gibt es zu diskutieren. Die Ansprüche orientieren sich an den Möglichkeiten und irgendwie spüre ich die Tendenz, dass wir zunehmend Autonomie und Kontrolle der Technik überlassen. Ich mag es nicht, wenn meine Kamera einfach etwas macht, darum bin ich – bis auf Konzerte - auch weg von der Autofokussierung gekommen. Ich besitze kein Objektiv mit VR und Stativ nutze ich nur für die grossen Brennweiten, weil es anders einfach nicht geht.
Ja, mich fasziniert die Technik auch. Ich bin begeistert davon, was heute alles möglich ist. Und ich würde mir nie anmassen darüber zu diskutieren oder sie gar zu kritisieren, weil ich nicht kompetent bin.
Aber ich möchte nicht den Moment aus der Hand geben und Fotografie als etwas Ganzes betrachten. Ich möchte nie das Gefühl bekommen, dass meine Kamera das Bild gemacht hat. Das würde mir Angst machen. Ich möchte, dass ich bei jedem Bild immer sagen kann, dass habe ich mit Hilfe der Kamera gemacht, auch wenn es ein schlechtes Bild ist. Die Kamera soll mich nie vertreten und meine Sinne ersetzten. Sie soll keine brauchbaren Fotos von Musikern machen, nur weil ich besoffen die Kamera nicht mehr ruhig halten kann. An diesen Bildern hätte ich keine Freude mehr weil ich etwas wertvolles, wenn nicht das Wertvollste aus der Hand gegeben hätte: meine Wahrnehmung, mein bewusstes Einsteigen in die Welt der Motive.
Ich bewunderte manche Statements in den Beiträgen über die Technik der neuen Z von Nikon. Ich bewundere das fundierte Wissen, die Zusammenhänge und die Begriffe, von denen ich von den meisten keine Ahnung mehr habe. Und ich bewundere den Umgang damit und mit wie viel Lockerheit und Selbstverständlichkeit sie damit umgehen. Hier geht mir etwas ab, was ich nicht mehr aufholen werde.
Ich habe mich dieses Jahr in den Gassen von Indemini ernsthaft gefragt, was ich zum Fotografieren brauche. Ich hatte lediglich die D4 mit einem alten Nikkor 50mm, 1.2 MF mit. Mehr brauchte ich nicht. Ich konzentrierte mich auf meine Wahrnehmung, was mir das Dorf für Geschichten erzählt und eh ich’s versah, war mehr als eine Stunde vergangen und ich habe über hundert Bilder gemacht. Der Ausschuss war gleich null, nur hat mir nicht jedes Bild gleich gut gefallen.
Wir laufen Gefahr, dass wir etwas aus der Hand geben, was der Fotografie nicht gut tut. Ich meine damit unsere höchst persönliche Autonomie und Persönlichkeit welcher jeder von uns hat. Ich möchte nicht, dass jedes Bild dem andern gleicht, ich möchte Charakter und Persönlichkeit und Sichtweisen des Fotografen als Betrachter erahnen können. Egal mit was er ein Bild gemacht hat.
Fotografie mag zwar mit zunehmender Technik noch bunter und noch schärfer werden. Und sie vermag Details ans Tageslicht bringen, welche wir von blossem Auge gar nicht wahrnehmen können. Uns erschliessen sich mit der Technik Dinge, welche wir in dieser Form nicht kannten. Auf die eine Seite empfinde ich das wunderbar, auf die andere Seite verwirrt es mich.
Und doch habe ich die Wahl. Wahl ist wohl die grösste Freiheit, welcher der Mensch hat. Ich bin privilegiert auszuwählen. Ich kann kaufen und verkaufen, ich kann hier und dort hingehen. Und ich habe die Wahl zu fotografieren, was ich will.
Bis jetzt ging kein Objektiv und keine Kamera von mir in die Bucht. Ich brauche zwar hie und da ein Tablar mehr im Schrank, aber jedes Objektiv und jede Kamera hat ihre Geschichte. Und hie und da gehe ich wieder mit der einen oder andern Kamera spazieren. Ich begrüsse lieber, als dass ich mich verabschiede.
Ich plädiere nicht gegen sondern für das F und das Z. Ich plädiere aber auch für die Vielseitigkeit und die Vielfältigkeit in der Fotografie der Zukunft. Und ich plädiere dafür, unabhängig davon was wir in der Hand haben, unsere Persönlichkeit nie aus der Hand zu geben. Ich plädiere dafür, dass Fotografie weiterhin Freude bereiten soll, dass Technik ein Instrument bleibt, auch in Zukunft. Ich plädiere dafür, dass wir Motiven mit Anstand begegnen und unsere eigene Wahrnehmung als Geschenk ansehen und somit auch Sorge tragen dafür.
Ein tolles Wochenende wünsche ich Euch.
PS: ...und verzeiht mir die wohl immer noch vorhandenen Rechtschreibefehler ...
Solche Momente lösen in mir Stille und viele Fragen aus. Ich nehme mir dann immer vor, nach Antworten zu suchen. Oft gelingt mir das nicht, es entsteht bei jeder neuen Antwort neue Fragen.
Eines aber gelingt mir mittlerweile sehr gut. Ich muss nicht mehr werten. Das Dafür und das Dagegen liegt oft nicht weit auseinander.
Der Hype um die neue Nikon, die Diskussionen über etwas, was noch gar nicht da war, hat mich stark beschäftigt und auch aufgewühlt. Als ich Anfang der 80er Jahre meine erste Kamera, eine Nikon FG20 kaufte, war ich auf meiner Weltreise weitgehend mit der Kamera beschäftigt, dass ich keine Zeit hatte, mir Gedanken zu machen, wann ich die nächste Kamera entwickelt würde und was sie dann besser machen müsste als jene, welche ich hatte.
Es mag in der heutigen Zeit der unendlichen Verfügbarkeit altbacken klingen, wenn ich sage, dass ich meine FG20 mochte. Sie war nie in einem Service, seit sie über den Ladentisch zu mir kam und hat mich nie im Stich gelassen. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass wir als Kinder angehalten wurden, zu Dingen welche man sich leistet, auch Sorge tragen soll.
Ich habe mich der neuen Technik nie verschlossen. Die F4 habe ich mir Jahre nach meiner Weltreise geleistet und war beeindruckt von ihr. Sie hat mir unglaubliche Dienste erwiesen und musste viel aushalten. Meine fotografischen Vorgehensweisen sind nicht immer vorbildlich und wenn ich mich in die Welt der Wahrnehmung begebe, dann merke ich oft nicht mehr, was ich in den Händen halte. Und alle meine digitalen Kameras haben mir bis anhin gute Dienste geleistet, auch wenn sich wohl manche Kamera gefragt haben müsste, was der Besitzer so alles anstellt mit ihr.
Ich habe Fotografie immer als etwas sehr Wertvolles aber auch etwas sehr Intimes verstanden. Wenn ich die Kamera auslöse, dann gebe ich etwas preis von mir und halte ein Stück weit einen Moment meiner Sichtweise fest. Darum widerstreben mir Serienbilder, sei es in der Natur oder an Konzerten. Jedes meiner Konzertbilder sind Einzelbilder, entstanden in Momenten. Ich kann mich nicht auf neun Bilder in der Sekunde konzentrieren und ich gebe die Kontrolle darüber auch nicht ab. Vielleicht ist es der Respekt und das Bewusstsein, dass jeder Moment einzigartig ist, dass ich mich nicht einfach durchklicken kann.
Ich hatte eine kurze Phase, in der ich mit Blitz arbeitete. Aber ich habe schnell gemerkt, dass blitzen und ich nicht Freunde werden.
Auf meiner Weltreise habe ich geträumt Fotograf zu werden. Als ich gesehen habe, wie sie hart für ihre Aufträge kämpfen mussten, dass sie mit Fotografie ihr Geld hart verdienen müssen, habe ich gemerkt, dass ich das nicht kann. Ich kann keine Bilder machen, welche den Vorstellungen von andern entsprechen.
Unter Freunden, welche allesamt eine Yashica Kamera hatten, war meine Nikon ein Exot. Wir fotografierten bis zum Abwinken, liessen die Bilder drucken und führten nachher oft harte Diskussionen darüber. Dabei war Schärfe nur ein Diskussionspunkt unter vielen. Die meisten Ungereimtheiten stellten sich betreffend der Bildgestaltung ein: Vordergrund versus Hintergrund, hell und dunkel und so weiter.
Wir alle waren ein bisschen stolz auf unsere Kameras und holten so ziemlich alles aus ihr heraus, was sie zu bieten hatte.
Das hat sich bei mir schon bei der F4 geändert. Sie konnte schon mehr, als ich überhaupt brauchte und mit dem Einstieg in die digitale Welt war ich schon mit der Nikon D100 heillos überfordert.
Während man vor nicht allzu langer Zeit Kameras als Hobbist über Jahre hatte und sich eine neue Kamera beinahe am Mund absparen musste, kann man sich heute Objektive und Kameras für den Wert von ein paar Biers leisten. Wenn ich mir schon nur den Gebrauchtmarkt betrachte bekomme ich gute bis sehr gute Kameras und Objektive für wenig Geld. Und wenn mich meine Exifdaten beim Bilder zeigen im Netz nicht verraten würden, würde wohl kein Betrachter nach der Kamera und dem Objektiv fragen.
Ich finde es sehr schön, wurde vielen Menschen durch die Technik und die tieferen Preise das Fotografieren erst ermöglicht. Und wenn ich durch die letzten Jahre das eine oder andere Forenmitglied von Beginn weg beobachtete und heute sehe, was sie aus der Fotografie gemacht haben, dann freut mich das noch sehr.
Wenn ich mit meiner Kamera in unserem Konzertlokal an einem Konzert bin und ich mit einem andern Fotografen ins Gespräch komme, dann sind zunehmend nicht mehr die Bilder Gegenstand der Diskussionen sondern die Kamera und die Objektive. Da werde ich zwar für meine Nikon D4 respektiert, mein altes Nikkor AF, 80-200mm, 2.8, wird aber etwas ratlos zur Kenntnis genommen. Am Bluesfestival in Baden von diesem Jahr ist mir aufgefallen, dass viele Fotografen auch an Konzerten einfach auf den Serienmodus schalten und abdrücken. Das löst bei mir etwas Befremden aus, weil die Musik und die Resonanz auf den Menschen massgeblich das Bildergebnis beeinflussen.
Ich erachte mich selbst nicht als Künstler. Ich habe Fotografie nicht an einer Schule oder in einem Kurs gelernt. Meine Auffassung ist, dass jenen dieses Attribut vorenthalten ist, welche diesen Weg gegangen sind. Das hat auch mit Respekt zu tun.
Man kann Dinge auf verschiedene Art und Weise betrachten. Man kann Musik auf Technik und Instrumentierung reduzieren und sich ein Leben lang damit befassen. Man kann Fotografie als Kunst betrachten. Aber man kann Fotografie auch reduzieren auf Technik, oder Schärfe und Farben.
Wir diskutierten damals auch über Technik. Aber die Technik war irgendeinmal schnell durchbesprochen. Heute ist das nicht mehr so. Je mehr Technik in den Geräten ist, desto mehr gibt es zu diskutieren. Die Ansprüche orientieren sich an den Möglichkeiten und irgendwie spüre ich die Tendenz, dass wir zunehmend Autonomie und Kontrolle der Technik überlassen. Ich mag es nicht, wenn meine Kamera einfach etwas macht, darum bin ich – bis auf Konzerte - auch weg von der Autofokussierung gekommen. Ich besitze kein Objektiv mit VR und Stativ nutze ich nur für die grossen Brennweiten, weil es anders einfach nicht geht.
Ja, mich fasziniert die Technik auch. Ich bin begeistert davon, was heute alles möglich ist. Und ich würde mir nie anmassen darüber zu diskutieren oder sie gar zu kritisieren, weil ich nicht kompetent bin.
Aber ich möchte nicht den Moment aus der Hand geben und Fotografie als etwas Ganzes betrachten. Ich möchte nie das Gefühl bekommen, dass meine Kamera das Bild gemacht hat. Das würde mir Angst machen. Ich möchte, dass ich bei jedem Bild immer sagen kann, dass habe ich mit Hilfe der Kamera gemacht, auch wenn es ein schlechtes Bild ist. Die Kamera soll mich nie vertreten und meine Sinne ersetzten. Sie soll keine brauchbaren Fotos von Musikern machen, nur weil ich besoffen die Kamera nicht mehr ruhig halten kann. An diesen Bildern hätte ich keine Freude mehr weil ich etwas wertvolles, wenn nicht das Wertvollste aus der Hand gegeben hätte: meine Wahrnehmung, mein bewusstes Einsteigen in die Welt der Motive.
Ich bewunderte manche Statements in den Beiträgen über die Technik der neuen Z von Nikon. Ich bewundere das fundierte Wissen, die Zusammenhänge und die Begriffe, von denen ich von den meisten keine Ahnung mehr habe. Und ich bewundere den Umgang damit und mit wie viel Lockerheit und Selbstverständlichkeit sie damit umgehen. Hier geht mir etwas ab, was ich nicht mehr aufholen werde.
Ich habe mich dieses Jahr in den Gassen von Indemini ernsthaft gefragt, was ich zum Fotografieren brauche. Ich hatte lediglich die D4 mit einem alten Nikkor 50mm, 1.2 MF mit. Mehr brauchte ich nicht. Ich konzentrierte mich auf meine Wahrnehmung, was mir das Dorf für Geschichten erzählt und eh ich’s versah, war mehr als eine Stunde vergangen und ich habe über hundert Bilder gemacht. Der Ausschuss war gleich null, nur hat mir nicht jedes Bild gleich gut gefallen.
Wir laufen Gefahr, dass wir etwas aus der Hand geben, was der Fotografie nicht gut tut. Ich meine damit unsere höchst persönliche Autonomie und Persönlichkeit welcher jeder von uns hat. Ich möchte nicht, dass jedes Bild dem andern gleicht, ich möchte Charakter und Persönlichkeit und Sichtweisen des Fotografen als Betrachter erahnen können. Egal mit was er ein Bild gemacht hat.
Fotografie mag zwar mit zunehmender Technik noch bunter und noch schärfer werden. Und sie vermag Details ans Tageslicht bringen, welche wir von blossem Auge gar nicht wahrnehmen können. Uns erschliessen sich mit der Technik Dinge, welche wir in dieser Form nicht kannten. Auf die eine Seite empfinde ich das wunderbar, auf die andere Seite verwirrt es mich.
Und doch habe ich die Wahl. Wahl ist wohl die grösste Freiheit, welcher der Mensch hat. Ich bin privilegiert auszuwählen. Ich kann kaufen und verkaufen, ich kann hier und dort hingehen. Und ich habe die Wahl zu fotografieren, was ich will.
Bis jetzt ging kein Objektiv und keine Kamera von mir in die Bucht. Ich brauche zwar hie und da ein Tablar mehr im Schrank, aber jedes Objektiv und jede Kamera hat ihre Geschichte. Und hie und da gehe ich wieder mit der einen oder andern Kamera spazieren. Ich begrüsse lieber, als dass ich mich verabschiede.
Ich plädiere nicht gegen sondern für das F und das Z. Ich plädiere aber auch für die Vielseitigkeit und die Vielfältigkeit in der Fotografie der Zukunft. Und ich plädiere dafür, unabhängig davon was wir in der Hand haben, unsere Persönlichkeit nie aus der Hand zu geben. Ich plädiere dafür, dass Fotografie weiterhin Freude bereiten soll, dass Technik ein Instrument bleibt, auch in Zukunft. Ich plädiere dafür, dass wir Motiven mit Anstand begegnen und unsere eigene Wahrnehmung als Geschenk ansehen und somit auch Sorge tragen dafür.
Ein tolles Wochenende wünsche ich Euch.
PS: ...und verzeiht mir die wohl immer noch vorhandenen Rechtschreibefehler ...