Mal ein kurzer thematischer Seitenblick:
Ein der digitalen Fotografie durchaus artverwandter Bereich ist die digitale Videografie. Im Gegensatz zur Fotografie sind hier nicht die Schnittstellen weltweit einheitlich spezifiziert, hier gibt es eine ganze Reihe nationaler TV-Standards. Im digitalen Zeitalter hat sich dies etwas reduziert, da hier in erster Linie zwischen 525/60 und 625/50 basierten Systemen zu entscheiden ist. Ob die Analogwandlung dann nach PAL oder Secam erfolgt ist sekundär und nicht kostenrelevant.
Es liegt nun in der Natur der Sache, dass in den USA in erster Linie Geräte nach dem nationalen Standard NTSC angeboten werden, praktischerweise auch der Standard des Produktionslandes Japan. Die Preisunterschiede für professionelles Equipment sind hier wesentlich extremer als bei Fotokameras (wobei ich da jetzt schon seit längerm nicht mehr im Detail verglichen habe, vor 2 Jahren war es jedenfalls noch so), auch nach Ausgleich aller national unterschiedlichen Nebengebühren. Nur kann man halt dummerweise NTSC Equipment hier nicht einsetzen. Da kommt es einem doch sehr zustatten, dass amerikanische Händler auch PAL Geräte anbieten. Und das wird durchaus auch von Inlandskunden geordert. Der PAL Standard liefert schärfere Bilder und kommt mit 25 fps dem Kinostandard von 24 fps sehr nahe. Da Kinoprojektoren eh mit bis zu 27 Bildern pro Sekunde dahinrasen, um den Saal rascher neu befüllen zu können, ist das das ideale LowBudget Format. Auf Video aufnehmen und schneiden und dann auf 35mm Kinofilm fazen.
Also eine ideale Quelle, um an günstiges Videoequipment zu kommen? Definitiv nein. PAL Geräte sind auch in Amerika erheblich teurer als NTSC Geräte, obwohl sie in die USA unter gleichen finanziellen Randbedingungen importiert werden. Die Stückzahlen sind kein Thema, denn eine 15.000 US$ Kamera wird ohnehin nicht im Supermarkt verhökert. Die verkauften Stückzahlen für PAL mögen in den USA gering sein, die produzierten Stückzahlen sind es sicher nicht, da ja die Verbreitung von PAL/Secam weltweit die größere ist. Und abgesehen davon unterscheiden sich die Geräte in einigen Elektronikplatinen. Da ist sicher viel gemeinsame Technik drin.
Warum sind die Preise trotzdem so unterschiedlich?
Weiss nicht. Offensichtlich nicht aus rationalen Gründen, wie nationale Finanzbestimmungen, produzierte Stückzahlen oder sowas. Im Videosektor spielt sicher die massiv unterscheidliche Marktstruktur eine Rolle. In der alten Welt gebühreneintreibende Öffentlich-Rechtliche als marktbestimmender Faktor, der nur langsam in seiner dominanten Rolle bedrängt wird. In den USA eine unüberschaubare Zahl mittlerer und kleiner Networks, für welche die Produktionskosten ein sehr bestimmender Faktor sind. Die also schlicht und einfach nicht jeden Preis zu zahlen gewillt sind. Oder anders gesagt: In Europa hält man bewusst die Preise hoch, um sich vom Amateurequipment abzugrenzen und sich nicht die Preise im Profilager zu ruinieren. In Amerika hält man die Preise niedrig, um nicht auch noch die betuchteren Großkunden zum Amateurequipment abwandern zu sehen, welches für 20% des Preises 80% der Qualität schafft und damit Seher und Werbekunden locker zufrieden stellt.
Was lernen wir daraus?
Nicht viel. Ich neige nur auf Grund dieser Erfahrung mehr dem Erklärungsansatz zu, dass nicht der böse Zoll und die ungerechte Steuer die Preise bestimmen, sondern schlicht und einfach die Überlegung, zu welchem Preis der jeweilige Markt das Maximum abwirft. Zu billig erhöht die Stückzahlen, aber der Gewinn bricht weg. Zu teuer verspricht hohe Erlöse pro Kamera, aber die verkauften Stückzahlen bleiben aus. Dazwischen gibt es einen Idealwert und der ist offensichtlich in Europa und in den USA unterschiedlich.