Ein Koffer für die Ewigkeit ...

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sam25

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Eigentlich hatte ich den Auftrag, für eine alte Schulfreundin Flohmarktimpressionen für ihre neue Hompage zu fotografieren. Die letzten Tage waren dermassen anstrengend und werden überschattet mit der leisen und stillen Reisevorbereitung in die Ewigkeit meines Vaters ....

Ich wollte eigentlich nichts darüber zeigen, auch nicht - bis auf meine Freunde auch nicht darüber reden. Und eigentlich habe ich gut fotografiert, diesen Flohmarkt. Aber mein Aussen ist mein Innen, das ist schon lange so in meiner Fotografie. Dem kann ich mich, so sehr ich mich anstrenge nicht mehr entziehen. Die letzten Bilder von van Gogh waren düster und dunkel. Meine zeigen einfach das, was ich im Alltag verdränge, aber immer in der Fotografie hochkommt...

Man spricht nicht über das "Zuvor", immer nur über das "Danach". Ich möchte mit diesem Beitrag auch mich auch und meine Fotografie auch im "Zuvor" ernst nehmen. Jener der langsam geht, der geht. Jene die zurück bleiben, bleiben ...

Mein Vater hat die Koffer gepackt. Wann er abreist, wissen wir nicht. Und doch, Zeit, sich als Kinder, als Sohn damit zu beschäftigen und genau hinzuschauen.

Ein Koffer für die Ewigkeit. Ich tue meine Reise, mein Vater seine ...


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Ich erschrak über meine Bilder. Obwohl ich es weiss, dass sie treffen. Ich wüsste es ja, dass ich fast nichts mehr fotografien kann, ohne dass ich mein Aussen mein Innen ist. Das habe ich akzeptiert. Aber zum Umgehen damit ist es nicht immer einfach ...


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Ich beginne diesen Beitrag. Wann er endet, weiss ich nicht.

Die Bilder sind von den letzten Tagen: Flohmarkt, Konzert, Spaziergänge. Alltag. Mein Vater ist Vorbild für vieles für mich. Noch jetzt, noch heute. Er ist dement, in sich gekehrt, hat klare Momente. Aber auf die Frage, wie es ihm gehe, sagt er immer, dass er zufrieden sei.

Vorbild? Wie steht es mit meiner Zufriedenheit? Mach' ich mir zu viele Sorgen, sehe ich noch die kleinen Dinge im Alltag, das warme Haus, das gute Essen, die Arbeit...?

Wir haben uns eine Weil betrachtet, die Schafe und ich ... sie rannten nicht mehr weg, trotz den Hunden ... Ein friedlicher Moment entstand...


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Das Leben von uns Kindern und unseren Eltern war farbig. Und ist es immer noch. Auch in den stillen Stunden, auch wenn es noch Tage und Wochen oder Monate gehen kann.

Schöne Momente sind es, an die gemeinsame Zeit zu denken. Meinem Vater die Hand zu halten, ihn zu umarmen, ihn zu geniessen....

Und doch das alltägliche. Die Besprechung der Adressen der Beileidskarten, die Ort der Beisetzung usw....


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Verzeiht mir, wenn ich im Moment nicht wichteln kann. Ich wichtle im Moment für meinen Vater, gedanklich und emotional.

Ich fühlte mich heute Morgen nicht begrüsst. Und doch abgeholt. Im Nebel. Eigentlich hätte ich auf Sonne gehofft, am Morgen früh. Die Vorstellung des ambitionierten Fotografien, ein Bild mit Sonne und Nebel...

Nebel begrüsst einem nicht. Er lässt uns in die Tiefe gehen. Und er entscheidet, wann er geht. Und irgendwie fürchtete ich mich ...


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Mein Vater bleibt ein Vorbild. Aber ein Vorbild bleibt ein Bild. Kopieren kann man keinen Menschen. Bilder schon. Schöne und unschöne und berührende und unberührende.

Ein Vorbild verblast, wenn das Gegenüber das Bild nicht nicht verinnerlicht. Es mag eine Begabung von mir sein, das Aussen zu verinnerlichen. Aber manchmal ist es auch zu viel ...


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Ich habe mir geschworen diese Zeit zu nutzen. Weihnachten als Datum rückt in die Ferne, erinnert mich aber daran, dass alles einen Anfang und ein Ende hat...

Wie die Lampenschirme auf dem umgekehrten Tisch. Dinge werden hergestellt, genutzt und ersetzt ... Ein ewiges Leben haben sie nicht ... wie wir Menschen auch nicht ...

Die nächsten Tage und vielleicht Wochen werden ich hier Bilder einstellen ... irgendwelche. Ich weiss ja ohnehin nie, welche Motive mich finden werden. Als Bildprojekt möchte ich es dennoch nicht bezeichnen, auch wenn Abschied nehmen wohl auch in einem gewissen Sinne als Projekt angesehen werden kann...


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Dieser Lampenschirm wäre ein Scheidungsgrund, sagte ich lachend zu meiner Frau Claudia. So was kommt mir nicht in die Hütte ... fügte ich bei ... Ein schöner Abend war es, dieser Flohmarkt...

Das Leben erscheint mir manchmal auch ein Flohmarkt zu sein. Ich staune immer wieder, was sich die Menschen anschaffen und irgend wann wieder hergeben. Flohmarkt ist immer Zeitgeschichte, aber auch individuelle Menschengeschichte ...

Ich stelle mir dann die Menschen vor, warum sie das gekauft haben, wie lange sie es hatten und warum sie es auf den Flohmarkt stellen.

Bilder sind auch Zeitgeschichte...meine, Eure....


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Ich mag den Titel, ein Koffer für die Ewigkeit. Was er wohl eingepackt hat ... ? Ich mag, ja ich liebe meinen Vater. Wir haben uns immer wieder über Musik unterhalten. Er ist immer genau so berührt von Musik wie ich ...

Mozart, Haydn, Bach. Er liebt Beethoven, die Sinfonieren, kann sie mit dirigieren, mit singen ... Eigentlich realisiere ich das erst jetzt ...

Funk mochte er nicht, Jazz und Dixieland, für Reggae hat er geschwärmt ...


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Mit Bildern, ob mit einer Kamera gemacht, oder mit dem Pinsel gemalt, seine Gefühle und Gedanken ausdrücken zu können, ist eine Gabe.
Diese Gabe hilft dir den Weg mit deinem Vater und deiner Familie zu gehen.
Und dem Betrachter wie mir helfen deine Gedanken und die Bilder das Wesentliche des Lebens zu nicht zu vergessen.
 
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Das "Zuvor" bestimmt das "Danach". Die grosse Welt reduziert sich auf die eigenen, kleine Welt.

Wer das Kleine nicht versteht, versteht das Grosse auch nicht. Das Grosse bin ich nicht, sind nicht meine Bilder. Das Grosse im Kleinen ist es vermutlich, dass ich anzustreben versuche...

Ein Bild von Finger am Piano. Ein kleiner Moment, ein inniger Moment. Wie oft haben wir zusammen die Klavierkonzerte von Mozart gehört ...


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Entschuldigt, dass ich meine spontanen Gedanken zu "Papier" bringe, aber ich kann jetzt nicht anders.
Ja, die Musik.
Auch mein Vater hat mir die Musik näher gebracht.
Seine Vorliebe war ausschliesslich die Blasmusik. Ja, und die Egerländer konnten ihn auch begeistern. War er ja auch über 60 Jahre Mitglied der Dorfmusik. Und seine Liebe zur Musik hat er an seine Söhne, Enkel und Enkelinnen weitergegeben und alle so geprägt, dass sie zum Teil auch seit x-Jahren diesem Hobby treu sind.
Auch seine Liebe zum Gesang bleibt mir in Erinnerung.
Ich denke viele Male mit Tränen in den Augen an eines seiner Lieblingslieder -
"s ìst Feierobend" - das er wunderbar 2-stimmig mit seiner Frau/meiner Mutter gesungen hat.
Und immer um diese Zeit, also vor Weihnachten habe ich recherchiert, wo in der Nähe die Don- oder Schwarzmeerkosaken ein Kirchenkonzert geben, um meine Eltern dazu einzuladen. Mein Vater liebte den russischen Gesang. Trotz seiner 3 Jahren Kriegsgefangenschaft. Er konnte dann immer seine russisch Kenntnisse hervorgraben. Leider leben beide seit einigen Jahren nicht mehr und ich vermisse sie viele Male.
Ein Foto von meinem Vater mit der Trompete am Mund hängt an einer Stelle wo ich oft vorbeigehe und ich grüsse ihn jedes mal. Das Foto zeigt meinen Vater zu vorgerückter Stunde, bereits in Feststimmung, aber auch das gehört zum Musikantendasein dazu.
Leider habe ich nicht die Gabe wie Sam, dass mein Aussen mein Innen ist und ich kann das nicht so ganz in meiner Fotografie zeigen. ich beneide Sam auch ein wenig dafür. ich möchte mich aber bei dir Sam für deine Gedanken bedanken.
 
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Sam, ich kann und möchte nicht viel zu der Reise sagen, aber diese Reise muss jeder irgendwann antreten.

Ich kann Dir nur einen Trost geben. Sei dankbar, dass Du ihn auf seinem Weg so lange begleiten konntest. Das ist schön, das ist wichtig und Ihr habt ein langes Leben miteinander gehabt.

Meinen geliebten Vater habe ich auf schlimme Art verloren als ich 17 Jahre war und ich war dabei und musste mit ansehen, wie er starb. Er war damals 45 Jahre alt.
 
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Ich bedanke mich in aller Stille bei Euch ...

Mein Vater hat uns als Kinder die Welt immer am Beispiel des Regenwurms erklärt. Und ich habe das lange nicht verstanden.

Ich ging vorhin mit den Hunden auf den Abendspaziergang. Ich wollte etwas alleine sein. Seit Wochen sah ich keinen Regenwurm mehr auf dem Weg. Vorhin schon. Er lebte noch. Ich hob ihn auf, so wie ich es immer mache und machte und legte ihn ins Feld, so dass er sich ins Erdreich verziehen kann.

Und für heute ist es genug der Gedanken und Bilder ... und danke Euch allen für die respektvolle Begleitung ...


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Es ist gut zu arbeiten, obwohl es hektisch ist. Die Menschen sind empfindlich und hochemotional, das weiss ich und gehört zu meinem Job.

Man lernt im Studium und in Büchern wie so Prozesse ablaufen. Viel über das Danach, wenig über das Davor. Bücher mögen helfen, aber wenn man selbst drin steckt, dann lass' ich das Lesen ...

Bilder: das Flohmarktshooting erreicht nun andere Dimensionen und wenn ich so die Bilder durchschaue, dann passen sie zu meinem Thema. Bücher. Ich kann mich auf die Bücher konzentrieren, aber ich betrachte im Moment lieber Engel ...


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Musik überlebt uns Menschen auch. Manchmal frage ich mich, wohin die Töne gehen. Ob sie im Universum herumschwirren und Menschen wie eine Art "wichteln" treffen.

Mein Vater spielte - leider nur eine kurze Zeit - Klarinette. Das Klarinettenkonzert von Mozart gehört wohl zu seinen liebsten Werken überhaupt. Chris Barber sah er in Zürich, dazumal, das legendäre Goldengate Quartett ebenfalls in Zürich. Aber er erfreut sich auch ob einer guten "Ländlerkapelle" ...

So passt dieses schöne Saxophone vom letzten Konzertshooting hier hin. Musik war oft ein Thema bei uns zu Hause. Bei AC/DC macht der Vater nicht mehr mit ... aber hat sich immer erkundigt und aufmerksam zugehört, wenn wir von einem Konzertbesuch erzählten ...


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Alte Zeiten. Der Wäschekorb und der Handkarren. Manche Dinge bleiben liegen im Flohmarkt. Nicht mehr gebraucht. Und irgendwann landen sie dann im Sperrgut. Und doch haben sie wohl ihren Zweck erfüllt.

Menschen erfüllen auch ihre Zwecke. Wir nennen das Sinn oder Sinnhaftigkeit. Für Sinne aller Art hat mein Vater immer eine hohe Wahrnehmung...


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