Auf eine Fläche von weniger als 20 km² verteilen sich in der Felsenstadt von Adersbach ca. 1.100 Sandsteintürme, die von Kletterern als "würdig" eingestuft wurden, mit einem Gipfelbuch für die Eintragung einer Besteigung versehen zu werden. Anders als im Elbsandstein begann die Erschießung der meist sehr abweisenden Adersbacher Türme durch Kletterer erst ab den 20er Jahren. Überwiegend waren es sächsische Kletterer, die ihre strengen Regeln (dazu später etwas mehr) auch auf dieses Gebiet übertrugen.
Die bekanntesten Felsformationen in Adersbach sind zwei Paare: das Liebespaar sowie Bürgermeister und Bürgermeisterin. Mit ca. 100 m Höhe gilt das Liebespaar als die höchste Felsformation. Hier ein Scan eines Dias, das bei meinem ersten Aufenthalt in Adr (Klettererslang) entstand:
Unter Kletterern genießt Adr einen Ruf wie Donnerhall. Es gibt nur wenige fixe Sicherungen (Haken, Ringe) und aufgrund des weichen Sandsteins ist die Benutzung von metallischen Sicherungsgeräten (Klemmkeile, Friends etc.) verboten. Ohne Übertreibung kann man - hohe Berge außen vor gelassen - sagen, dass es das anspruchsvollste Klettergebiet Europas ist. Als ich in den 90ern während eines Aufenthalts im Elbsandstein sächsischen Kletterern eröffnete, dass ich auch mal nach Adr wolle, erntete ich große Blicke und die Aussage: "Da hebst du nicht ab."
Das Liebespaar wird gerne Adersbach-Anfängern angetragen. Die Route "Milenka" besteht aus drei Seillängen und ist mit dem sächsischen Schwierigkeitsgrad VIIb bewertet. Die Adr-Schwierigkeitsgrade sind, egal nach welcher Umrechnung, nicht mit Angaben für Klettergärten oder -hallen zu vergleichen. Die internationale Seilschaft Martin (Schwaben), Ashley (Australien) und Frank (Baden) versuchte sich an der Milenka, scheiterte jedoch und blies auf halbem Weg zum Rückzug, den sie glücklich bewältigte. Da ich die Route bereits kannte, übergaben sie nun mir das "scharfe Ende" des Seils. Frank gab entnervt ganz auf.
Für die Begehung der"Milenka" begibt man sich zunächst in den auf dem Foto gut zu sehenden Spalt zwischen dem Paar und beginnt die Kletterei mit einem Stemmkamin, der sich weiter oben zu einem Körperriss verengt, quasi im Inneren der Formation. Es ist dort sehr dunkel; eine Stirnlampe wäre durchaus hilfreich! Es gibt keine nennenswerte Sicherung, eine Mikro-Knotenschlinge stopfte ich in einen Spalt. Den ersten Stand macht man im Inneren nach ca. 35 m an einer Sanduhr, den zweiten, nach Verschneidungskletterei, die sich weiterhin im Inneren der Felsformation abspielt, bilden zwei Knotenschlingen, die man zu einem Kräftedreieck verbindet. Von dort quert man wieder nach außen und sichert von einer Plattform - auf der sich der Sichernde nicht sichern kann - weiter.
Ashley beim Sichern
Die dritte Seillänge weist zwei fixe Sicherungen auf - die einzigen der Route. Die Kletterei ist heikel und auf das Fotografieren wurde verzichtet.
Der beeindruckende Blick vom Liebespaar. Direkt unterhalb die (45 m hohe!) "Große Guillotine", links das "Bürgermeister-Paar" nebst "Schöffen".
Martin bei den Vorbereitungen zum Abseilen. Man sieht an seinem Gurt fast nur textiles Material - Teil der Kletterregeln in Adr. Der Holzspatel dient dazu, Knotenschlingen, wie man sie an seinem Gurt sieht, in Rissen zu platzieren oder auch wieder zu entfernen. Diese Knotenschlingen sowie Sanduhrschlingen sind die einzig möglichen Sicherungsmittel, mit denen man die sehr spärlich vorhandenen Haken (eigentlich: Ringe) ergänzen kann.