Zu Besuch beim Kakao

Thread Status
Hello, There was no answer in this thread for more than 30 days.
It can take a long time to get an up-to-date response or contact with relevant users.

Jochen2

Sehr aktives NF Mitglied
Registriert
.


Zu Besuch beim Kakao
- Eine Fotoreportage aus Brasilien -



Kakao wird in Brasilien seit dem späten 17. Jahrhundert im Süden des Bundesstaates
Bahia angebaut. Später, ab dem Ende des 19. Jahrhunderts, stieg Brasilien zum größten
Kakauproduzenten der Welt auf - bis dann vor ungefähr zwanzig Jahren die Produktion
dort unerwartet einbrach. Dennoch spielt der Kakaoanbau in Brasilien noch immer eine
wichtige Rolle und Bahia ist weiterhin der größte Kakaoproduzent Brasiliens. Gründe
genug für mich, den Kakao in Bahia einmal zu besuchen und seinen Anbau vor Ort
einmal genauer unter die Lupe zu nehmen! Wer möchte, kann gerne mitkommen!




picture.php







„Neun von zehn Leuten mögen Schokolade. Der Zehnte lügt.“
(John Tullius)


.
 
Anzeigen

UNTERWEGS ZUR KAKAOKÜSTE



picture.php





picture.php

Unterwegs zum Kakao ...



Irgendwann, ungefähr 100 km vor Ilhéus, mehren sich die Anzeichen, dass man, langsam
aber sicher, dem Kakao immer näher kommt: hier ein Werbeschild an der Straße für
hausgemachte Schokolade (‚chocolate caseiro‘), dort eine Tankstelle mit dem Namen
‚Cacau‘, die ersten Kakaofrüchte an einem Marktstand und dann: der erste Kakao-
Straßenverkäufer. Kurz darauf ging es dann auch schon rechts ab: auf zur ‚Costa do Cacau‘!





picture.php

Unterwegs zum Kakao – wunderschöne Landschaften





picture.php

Unterweges zum Kakao – Hausgemachte Schokolade ...





picture.php

Unterweges zum Kakao – Eine Frucht wie andere ...?!





picture.php

Kakaofrüchte an der Straße





picture.php

Auf zur 'Costa do Cacau'!




Die ‚Fazenda Boa Sentença‘ liegt in der Nähe der Stadt Itabuna, also im Herzen des
Kakao-Anbaugebietes im südlichen Bahia. Die Route führt direkt am Stadtteil ‚Ferradas‘
vorbei, dem Geburtsort des Schriftstellers Jorge Amado. Die Sadt Itabuna hat ihm dort
ein Denkmal hingestellt, schließlich hat er – unter anderem – drei Romane zum Thema
Kakao geschrieben, darunter einer seiner bekanntesten, der Roman ‚Cacau‘. Die
Kakaofarm liegt ungefähr weitere 10 km von Ferradas entfernt und ist nur über eine
rumpelige Erdstraße zu erreichen.





picture.php

Unterwegs zum Kakao – Gedenktafel für Jorge Amado in Ferradas/Itabuna





 
Kommentar


BEIM KAKAO




picture.php

Manuel, der erfahrene ‚barcaceiro‘





Manuel ist ein erfahrener ‚barcaceiro‘. Ein ‚barcaceiro‘ ist verantwortlich dafür,
die Kakaosamen in ihrem Fruchtfleisch gut zu fermentieren und zu trocknen. Wenn die
Kakaosamen fermentieren, wird es durch die Bioreaktion, bei der die Gerbstoffe des
Kakaos abgebaut werden, in den Behältern sehr warm und es entwickelt sich ein
intensiver, süß-säuerlicher Geruch im ganzen Raum - und dies zusätzlich zum feucht-
heißen, tropischen Klima.






picture.php

Manuel schichtet den Kakao um







Während des gesamten Fermentierungsprozesses steht Manuel drei bis vier Mal mitten in
dieser warmen, lebrig-matschigen Masse und schichtet die schweren Kakaosamen zwischen
den Behältern hin und her. Damit verhindert er, dass sich an den Kakaosamen Schimmel
bilden kann. „Mit der Zeit gewöhnt man sich an den Geruch, ich rieche ihn schon lange
nicht mehr“, meint Manuel, wobei sein drahtiger, durchtrainierter Körper verrät, dass
er diese körperlich anstrengende Arbeit schon viele Jahre verrichtet.

Manuel ist einer von 80 Arbeitern, die alle in den kleinen Häusern auf der Farm leben.
Auf diesen Häusern befinden sich als Dächer die sogenannten Barkassen (‚barcaças‘) –
daher Manuels Berufsbezeichnung - in denen der Kakao in der Sonne trocknet. Dazu lassen
sich die Dächer auf Schienen komplett aufschieben. Wenn es regnet und auch über Nacht
ziehen Manuel und die anderen ‚barcaçeiros‘ alle Dächer wieder zu.







picture.php

In der Fazenda; Wohnhäuser mit den ‚Barkassen‘ (barcaças) als Dächer.






Neben den Wohnhäusern mit den ‚Barkassen‘ auf den Dächern befinden sich auf dem Farm-
komplex noch weitere Gebäude: eine 'farmeigene' Kirche, eine Schule, ein Viehstall, eine
Pferdekuppel sowie einen erstaunlich gut gepflegten Bolzplatz. Ebenso befindet sich
mitten in der Farm eine Bushaltestelle, der die Leute zur nächsten Stadt, nach Ferradas/
Itabuna, bringt.






picture.php

Farm-Kirche







picture.php

Farm-Schule








picture.php

Futebol – auf dem Fußballplatz der Farm









picture.php

Bushaltestelle der Fazenda









picture.php

Frühmorgens auf der Kakaofarm ...: Ein Arbeiter auf dem früh-morgentlichen Weg zur Kakaoplantage (im Hintergrund).








picture.php

Die Fazenda






Mit einem ‚Umfang‘ von 14 Kilometern schmiegen sich die Kakaoplantagen hufeisenförmig
um den Farmkomplex herum. Diese Plantagen lassen sich von Weitem nicht sofort als solche
erkennen: sie sehen eher aus wie ein normaler tropischer Wald, denn die Kakaobäume
benötigen sehr viel Schatten, den sie von verschiednen großen Baumarten sowie von vielen
Bananenbäumen erhalten.





 
Kommentar
Ich bin auf jeden Fall NICHT der Zehnte...denn ich liebe Schokolade heiss und innig. Und je dunkler desto besser.

Vielen Dank also Jochen, dass Du für uns in dieses ferne Land aufgebrochen bist um die Herkunft dieses elementaren Rohstoffes fotografisch festzuhalten. :up: :up: :up: :up:
 
Kommentar


Die Kakaopflanze ist zwar im brasilianischen Amazonasgebiet heimisch, die kommerzielle Nutzung
aber begann erst im 17. Jahrhundert. Doch die Geschichte des Kakaos ist bereits über 3.000
Jahre alt: als ältester bekannter Nachweis für seinen Genuss gelten Lebensmittelreste an
Scherben, die bei Ausgrabungen in Honduras gefunden wurden: sie werden auf das Jahr
1.100 V.Chr. datiert.






picture.php










picture.php

Catedral de São Sebastião. Die Kathedrale in Ilhéus, davor das ‚Teatro Municipal‘ und
dazwischen das ‚Café Vesuvio‘: alle drei Gebäude stammen aus der Zeit der Goldenen
Periode des Kakao (‚período áureo do cacau‘) in Bahia.






Doch vor ungefähr zwanzig Jahren brach die Kakaoproduktion im Süden Bahias fast voll-
ständig ein. Der Hauptgrund für diese Tragödie war, neben dem Preisverfall des Kakaos
durch verstärkten Anbau in Afrika, vor allem aber der massive Befall des Pilz-Schädlings
mit dem Namen ‚vassoura-de-bruxa‘ (Hexenbesen). Um das plötzliche und für alle über-
raschende Auftauchen dieses Schädlings in Bahia ranken sich bis heute viele Geschichten
und Legenden - bis hin zur Theorie des absichtlichen Einschleppens des Schädlings durch
fremde "Mächte"!








picture.php

Kakaofrucht mit Pilzbefall ‚vassoura-de-bruxa‘







Viele Kakaupflanzer mussten ihre Farmen aufgeben, sehr viele Menschen verloren ihre Arbeit
und nicht wenige nahmen sich damals das Leben - bis heute hat sich die Region nicht
richtig von dieser Plage erholt.

Es hat sich gezeigt, dass nur eine veränderte Arbeitsweise und Einstellung beim Anbau
heute wieder für einen Teil der Produktionsmenge von damals ermöglicht. Die Arbeit der
‚Fazenda Boa Sentença‘ ist so ein positives Beispiel dafür, wie die Plage der ‚vassoura-
de-bruxa‘ mit Erfolg und Ausdauer bekämpft werden kann. Manuel und seine Kollegen wie
z.B. Osmundo, Carlos Roberto oder Zé Roberto arbeiten sehr konzentriert und mit
moderneren Methoden als damals daran, die alte Produktivität der Fazenda wieder
zu erlangen.









„Kein zweites Mal hat die Natur eine solche Fülle der wertvollsten Nährstoffe
auf so kleinem Raum zusammengedrängt, wie gerade bei der Kakaobohne.“
(Alexander von Humboldt)






 
Kommentar
Interessante Reportage und wieder erstklassige Aufnahmen:up::up::up:
Vielen Dank für's Zeigen und bitte weitermachen:hallo:
 
Kommentar
Hei Jochen, mir schmeckt es, was du präsentierst, danke! Schöne Reportage mit viele tolle Bildern und Info's!
 
Kommentar
Schön, mal wieder was von dir zu sehen, Jochen!

Eine schöne und interessante Reportage, ich hoffe, es geht noch weiter! :)
 
Kommentar



KAKAO - PFLANZE UND FRUCHT
(‚Cacau – planta e fruto‘)





picture.php

Keimender Kakaosamen








picture.php

Keimling des Kakaobaumes








In der Baumschule (‚viveiro‘) werden die Setzlinge des Kakaobaumes für die Plantagen gezogen.
Schon die Kakaokeimlinge sehen wunderbar nach Schokolade aus, natürlich fehlt der leckere Geruch.



Der Kakaobaum (‚cacaueiro‘) gehört zur Familie der Malvengewächse. Diese umfasst rund
20 Arten: immergrüne Büsche und kleine Bäume, die im Unterholz der Regenwälder Latein-
amerikas wachsen. Obwohl der Baum eine Höhe bis zu 15 Metern erreichen kann, wird
er auf den Plantagen auf ungefähr 4 Meter gestutzt. Er liebt eine hohe Luftfeuchtigkeit
und etwa 2.000 mm Niederschlag im Jahr. Und er benötigt eine mittlere Jahrestemperatur
von 25° bis 28° Celsius. Ganz schön anspruchsvoll, der Kerl.







picture.php


Diverse Zustände des Kakaokeimlings als Poster







Ach ja: Seinen botanischen Namen ‚Theobroma Cacao L.‘ (griech.: theós = Gott, broma =
Speise, also: „Götterspeise“) verdankt der Kakaobaum dem schwedischen Naturwissen-
schaftler Carl von Linnè.




 
Kommentar
Hallo Jochen,

habe neulich gerade deine Reportage zur Chapada Diamantina (in der ich in den nächtsten 3 Wochen weilen werde) goutiert, und nun diese Reportage über den Kakao - großartig, obrigado muito!
 
Kommentar


DER KAKAOBAUM
(‚O cacaueiro‘)



Meistens bewegen wir uns in der Kakaoplantage in gebückter Haltung und im Schatten: Der
Kakaobaum ist ein langer, dünner Unterholzbaum, der im Schatten größerer tropischer
Bäume wächst. Die Blätter des Bananenbaums sind ein idealer Schattenspender. Da wir in
den Tropen sind, ist es nicht nur heiß, sondern es herrscht auch eine sehr hohe Luft-
feuchtigkeit.







picture.php

Im Schatten unter Kakaobäumen






Der Kakaobaum ist zudem eine botanische Besonderheit: die Frucht wächst direkt am Stamm –
ein Phänomen, das nur bei sehr wenigen anderen Pflanzen vorkommt. Seine Blätter sind das
ganze Jahr über grün, die Kakaufrucht wächst das ganze Jahr über und reift in ungefähr 6
Monaten. Pro Jahr trägt jeder gesunde, reifere Baum einige Dutzend Früchte.








picture.php

Voll tragender Kakaobaum











picture.php

Kakaobaum mit Früchten










picture.php

In der Kakaoplantage










picture.php

Ein Kakaobaum benötigt viel Schatten. Diesen bekommt er oft von Bananen- und anderen tropischen Bäumen.










picture.php

Tropischer Regen


 
Kommentar


DIE KAKAOFRUCHT
(‚O fruto do cacaueiro‘)



Die unterschiedlichen Farben der Kakaofrüchte sind sowohl Kennzeichen der verschiedenen Sorten,
als auch des Reifegrads der einzelnen Frucht. Diese Tatsache macht es Kakao-Neulingen schwer,
die verschiedenen Sorten zu unterscheiden. Für die Kakaoerzeugung sind – weltweit – die drei Arten
Criollo, Forastero und Trinitario von Bedeutung, natürlich mit all ihren Sorten und Kreuzungen.

Die Schote der ledrig-holzigen, bis zu 25 cm langen und gurkenförmigen Frucht ist ungefähr
1 cm dick. In der Frucht bilden sich, je nach Größe, zwischen 25 und 50 Kakaosamen, die
immer in fünf Längsreihen angeordnet sind und in einem fruchtig-süßlichen, lecker schmeck-
enden Fruchtfleisch eingebettet sind.







picture.php

Kakaofrüchte











picture.php

Querschnitt durch eine Kakaofrucht










picture.php

Geöffnete Kakaofrucht










picture.php

Offene Kakaofrucht



 
Kommentar



DIE KAKAOBLÜTE
(‚A flor do cacaueiro‘)




Der Kakaobaum bildet erst im Alter von 2 bis 3 Jahren Blüten. Aber dann blüht er mehrmals
im Jahr und trägt so gleichzeitig Blüten und Früchte. Die hellroten bis weißen Blüten
sehen sehr schön aus - sie ähneln beinahe kleinen Orchideen. Sie bestehen aus fünf
schmalen, rosenroten Kelchblättern und fünf Blütenblättern. Die natürliche Bestäubung der
Blüten erfolgt nicht durch Bienen, sondern durch kleine, für das bloße Auge so gut wie
unsichtbare Mücken.







picture.php

Kakaoblüten (Makro, die Blüten haben einen Durchmesser von ca. 1 cm)










picture.php

Kakaoblüte



Ein Baum bringt zwar Tausende von Blüten hervor, aber nur bei weniger als 5% davon ist
die Bestäubung auch erfolgreich. Daher werden die Blüten auf Plantagen zusätzlich
künstlich bestäubt, um die Produktivität der Bäume zu erhöhen.


Osmundo geht bei dieser künstlichen Bestäubung mit ruhiger Hand und sehr sorgfältig vor:
er überträgt mit Hilfe einer Pinzette vorsichtig den Pollenstaub einer anderen Pflanze auf
die Pollennarben der zu bestäubenden Blüte. Zum Schutz wird die Blüte dann für ein paar
Tage abgedeckt. "Ein paar von uns haben dafür extra eine ausführliche Schulung
bekommen", erklärt Osmundo nicht ohne Stolz und man kann den dahinter stehenden
Willen und die Organisation des Kakaofarmers förmlich spüren.








picture.php

Künstliche Bestäubung einer Kakaoblüte (mit einer handelsüblichen Pinzette)









picture.php

Abdeckung zum Schutz der bestäubten Blüte


 
Kommentar
-Anzeige-
Zurück
Oben Unten