Wie umweltschädlich war die analoge Fotografie?

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dhm

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Interessante Ausstellung, HH >> Wien und das Buch zum Thema​

Wie umweltschädlich war die analoge Fotografie?​



Gleichwohl habe ich nichts übrig für die heutigen "Besserwisser:innen" und letztlich ist alles was der Mensch auf diesem Planeten fabriziert umweltschädlich.
Und ohne die analoge Fotografie hätten wir heute kein vielfälltiges Bild aus dieser Zeit und keine digitale Fotografie.
Und selbst diese Ausstellung ist nicht frei von Umeltschäden um sie anschaulich zu verwirklichen.
Trotz allem, habe ich mir das drumrum bisher noch nie so bewusst gemacht, was in dieser Zeit dafür aufgewändet wurde.

Und Menschen, die heute die analoge Fotografie weiter pflegen, pflegt das Handwerk und erhaltet damit die Fertigkeiten für die Nachwelt. Die Welt geht sowieso irgendwann unter und das Heute hat sicher wesendlichere Baustellen.
Und was für die digitale Fotografie ebenso gilt, unterm Strich ist sie ebenfalls umweltschädlich hoch drei, allein nur mal der z.B. Energiehunger betrachtet.

Informativ und sehr Interessant ist diese Dokumentation m.M. allemal...
 
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Ehrlich, ich wills nicht wissen.
Als ob man jetzt keine anderen Sorgen haben müsste.
Wir Schwaben sagen, die Katze ist den Baum schon rauf.
Ist was für gelangweilte Akademiker mit Betroffenheitswahn.
 
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Selbst ohne Fotografie und nur mit einem sehr spartanischen Konsumverhalten ist menschliches Leben grundsätzlich "umweltschädlich" - da gibts eigentlich nur eine Lösung, ein schneller, gepflegter Suizid... o_O:eek::cool:

Ich kann damit leben, dass ich nicht "umweltneutral" existieren kann, und es geht mir auch irgendwie am Popo vorbei.
 
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da gibts eigentlich nur eine Lösung, ein schneller, gepflegter Suizid... o_O:eek::cool:

und selbst das verpestet bei "Entsorgung" noch die Umwelt, wenn man bedenkt, was wir im Laufe eines Lebens so alles an schädlichem Zeugs zu uns genommen haben....... ;)
 
2 Kommentare
Christoph Blümer
Christoph Blümer kommentierte
Das "schädliche Zeug" kam aus der Umwelt und geht wieder in die Umwelt zurück. ;)
 
Beuteltier
Beuteltier kommentierte
Das denke ich nicht. Alles ehemals Lebendige wird nach dem Tod von der Natur (Fauna, Flora und "Unbelebtes") in seine einzelnen Elemente zersetzt. Von Bakterien ist bekannt, dass sie sich an ihr Nahrungsangebot anpassen können. Es sind Bakterien bekannt, die unter "tödlichen" Umweltbedingungen (Säuren, Basen, Hitze) überleben können. Auch hat man schon welche entdeckt, die Schadstoffe in weniger Schädliches umwandeln können...
 
Wie umweltschädlich war analoge Fotografie? Sehr! Um genau zu sein war das eine einzige große Schweinerei. Allerdings relativiert sich das wieder sehr, wenn man es ins Verhältnis zu noch ganz anderen Umweltsauereien setzt, die zudem noch fortdauern, wie beispielsweise der Autoverkehr. Analoge Fotografie ist bis auf unbedeutende Nischenaktivitäten Geschichte und daher umweltbelastungsseitig letztlich irrelevant.
 
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Natürlich war die analoge Fotografie umweltschädlich. Man braucht nur zu verfolgen, was Orwo noch in den Fluß gekippt hat, als bei uns schon ein Umweltbewußtsein entstand. Auch Hobbylabore haben die Reste ohne Bedenken ins Klo gekippt.

Ich denke auch, dass die digitale Fotografie und der Fotodruck deutlich besser abschneidet. Warum man das nicht ohne Selbstmordhinweise thematisieren kann, verstehe ich nicht. Es ist doch vernünftig, dass man sich der Konsequenzen seines Tuns bewußt ist. Verzicht wo es möglich ist, hilft doch allen. "Immer druff, ist eh egal" finde ich ziemlich armselig.
 
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P
P.Gnagflow kommentierte
Zitat:"Auch Hobbylabore haben die Reste ohne Bedenken ins Klo gekippt."

Das ist sicherlich weitgehend zutreffend - und trotzdem für Hobbylabors nicht falsch. Ende der 1980er Jahre gab es, nicht zuletzt durch das gestiegene Umweltbewusstsein auch unter Photoamateuren, nicht nur diese Diskussion sondern auch ein recht aufwändige Studie der AGFA zu diesem Thema. Dort kam man nach gründlicher Abwägung der Umstände und der anfallenden Mengen in Hobby-Labors (nur von diesen war die Rede) zu dem Ergebnis dass eine Entsorgung der Laborchemikalienreste über die Toilette letztlich der am wenigsten umweltbelastende Weg sei. Dies, weil alle anderen Möglichkeiten des Einsammelns, Abtransportierens, Verschiffung auf ein entsprechend eingerichtetes Schiff, Transport auf die hohe See, dort zunächst Verdampfung des Lösungsmittels Wasser aus dem die zu vernichtenden Photochemikalien teilweise bis zu über 99% bestehen, um schließlich und endlich die eigentliche Chemikalie durch Oxidation/Verbrennen zu vernichten, in Bezug auf Energieaufwand und Umweltbelastung in keinem Verhältnis zur Belastung der örtlichen Klärwerkseinrichtungen durch die hochverdünnten Photochemikalien stehen.

Ich wiederhole noch einmal: Dies bezog sich ausschließlich auf Amateurlabors und die dort entstehenden Abfallmengen.

.... und nein, mir ist garnichts egal, aber da ich außerdem auch noch meine Fixierbad-Abfälle vor der Entsorgung entsilbert habe, denke ich heute, weitgehend richtig zu handeln bzw. früher gehandelt zu haben. Sauber ist die elektronische Knipserei ganz bestimmt nicht, da denke ich bloß mal an die Produktion der Akkus und die Lebensdauer der heutigen Gerätschaften. Die Kameraausrüstung meines Vater läuft heute noch, nach über 60 Jahren. Ich rechne besser nicht nach was ich in den letzten 20 Jahren so alles an Elektronik "verbraucht" habe. Der Dreck entsteht bloß an anderer Stelle.
 
Zuletzt bearbeitet:
Na ja, ich denke die meisten machen sich eh keine Gedanken über Nachhaltigkeit. Ein 2,5 to E SUV oder eine Z9 mit neuen Super Z Objektiven wachsen auch nicht auf den Bäumen.
Ich muss mir nicht jeden Schuh anziehen den mir einer aufdrücken will.
Seit Jahrzehnten verbrauchen wir nicht unnütz Energie, trennen unseren Müll und versuchen Umweltbewußt zu leben.
Gegen eine inkompetente Legislative kann ich auch nix machen.
Habe fertig.
 
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Diskussionen um die Umweltfreundlichkeit einer bestimmten Technologie sind etwa so zielführend wie Diskussionen, ob Rudolph das Rentier wirklich eine rote Nase hatte.

Da ich nun einmal berüchtigt für meinen unerschöpflichen Anekdotenschatz bin:

Ich gehöre noch einer Generation an, welche ihren Grundwehrdienst abgeleistet hat. Wir waren damals ein Maturantenturnus, sprich großteils schon im reifen Alter von 19 Jahren. Nur ein Kamerad war wesentlich älter. Er hatte studiert und seinen Diplomingenieur gemacht und das hatte sich über einen längeren Zeitraum hingezogen. Er hatte als Thema seiner Diplomarbeit die Kostenaufstellung der Stromerzeugung aus Atomkraft im Vergleich zu konventionellen Kraftwerkstypen gewählt. In Österreich damals hoch aktuelles Thema, da dies gerade Gegenstand einer intensiven öffentlichen Diskussion war. Die Atomkraftgedenkstätte Zwentendorf erinnert heute noch daran.
Ein Teil der Kostenaufstellung war die Entsorgung anfallender Materialien sowie die Abwrackung des Kraftwerks nach der vorgesehenen Nutzungsdauer. So hatte der eifrige Diplomand recherchiert, welche Mengen an schwach-, mittel- und hochradioaktiven Abfällen anfallen würden, welche Konzepte zur Zwischen- und Endlagerung es gab und welche Kosten dafür nach damaligem Wissenstand anfallen würden. Um es kurz zu machen, die Kilowattstunde Atomstrom schnitt schlecht ab im Vergleich zu Strom aus Wasserkraft oder Verbrennungskraftwerken. Und da waren die potentiellen Risken gar nicht berücksichtigt. Damals ging man davon aus, dass ein Super-GAU einmal in 100.000 Jahren auftreten würde.
Jedenfalls wurde ihm die Arbeit von seinen Professoren um die Ohren gehauen. Er musste sie solange "nachbessern" bis die "richtigen" - oder sagen wir lieber "korrekten" - Resultate auf dem Tisch lagen. Das Ergebnis gilt als wissenschaftliche Arbeit aus dem universitären Umfeld und könnte jederzeit in anderen wissenschaftlichen Arbeiten zitiert werden. Er selbst hat achselzuckend gegrinst, wenn er auf die Seriosität angesprochen wurde. Aber er ist Diplomingenieur, mittlerweile wohl im Ruhestand. Das zählt am Ende des Tages.

In letzter Zeit denke ich oft an den Kollegen, wenn von Studien zur Umweltfreundlichkeit die Rede ist. Da gibt es ein plakatives Ergebnis, aber meist wenig Datenmaterial zur Entstehung und natürlich keinerlei Information über eventuelle Interventionen. Wenn ich beim Thema Elektromobilität nur die Nase ans Hinterteil des Boliden halte, dann schneidet das E-Auto am besten ab. Und wenn der Liebe Gott [tm] nach der Sonntagsmesse Lithium-Ionen-Batterien mit immerwährender Ladung verteilt, dann stimmt das auch.

Bei chemischen Prozessen ist die Frage nach Umweltaspekten immer berechtigt. Und das schließt bei Fotografie auf Film nicht nur die Hobbylaboranten und deren Aktivitäten am Stillen Örtchen ein, sondern anteilig auch die Großlabore mit ihrer teilweisen Kreislaufwirtschaft, die Herstellung und Verteilung des Filmmaterials und der Entwicklungschemikalien, die Herstellung und Entsorgung von Fotopapier, die Entwicklung von Papierabzügen, die Entsorgung von Filmpatronen und Filmdosen. Sowie die Bereitschaft der Fotografen, die Folie, in welche Rollfilme eingeschweißt sind, mitzunehmen und nicht einfach fallen zu lassen. Plus eine Hundertschaft anderer Dinge, die es nicht gegeben hätte, wenn die Fotografie nie erfunden worden wäre. Und dann die Kameras. Bis in die Sechzigerjahre enthielt der Großteil der Kameras nicht mehr Schadstoffe als eine Taschenuhr, mit der sie ja auch technisch entfernt verwandt waren. Optisches Glas wurde geschmolzen und geschliffen, aber noch nicht aufwendig vergütet. Fototaschen waren aus Leder und Stative aus Metall. Das hat sich mit dem vermehrten Einzug von Elektronik, Kunststoffen, aufwändigen Bearbeitungen und Vergütungen, Carbon und so weiter ziemlich in Richtung vermehrter Umweltbelastung verschoben. Knopfzellen wurde nach und nach von Schadstoffen wie Quecksilber und Cadmium befreit, um schließlich wegen des explodierenden Stromverbrauches immer leistungsstärkeren Akkus Platz zu machen. Mit allen Aspekten wie Inhaltsstoffen, Gefahren im Betrieb und Strombedarf zum Aufladen.

Wenn also jemand tatsächlich eine Aufstellung über Aspekte der chemischen und der elektronischen Fotografie machen möchte, dann hat er ein Weilchen zu werken und die Ergebnisse werden immer in irgendeiner Weise angreifbar sein und auch angegriffen werden.
 
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P
P.Gnagflow kommentierte
Du hast ganz sicher Recht mit Deinem Einwand, aber mein Beitrag oben sagt mit keiner Silbe etwas darüber dass die Silberhalogenid-Photographie etwa umweltfreundlich sei - das ist sie nicht(!) - sondern ausschließlich darüber ob es eventuell verantwortbar war/ist die im Amateurlabor anfallenden Chemikalienreste/abfälle über die Toilette zu entsorgen. Ich habe mich auch dazu geäußert was ich von der Behauptung einer erhöhten Umweltverträglichkeit der digitalen Photographie halte: Nichts(!). Das sehe ich auch bei der zur Zeit sehr im Vordergrund stehenden Elektromobilität und war auch schon ein Thema als die Transporte noch im Wesentlichen mit Pferd und Wagen stattfanden:

Ganz egal was wir Menschen anstellen, nur Vorteile gibt es nirgendwo und Risiken und Unverträglichkeiten birgt alles und jedes irgendwie. Als das Rad erfunden wurde gerieten auch bald die ersten Fußgänger darunter. Pierre Curie beispielsweise starb als er von einer Pferdekutsche überfahren wurde (da war das Rad als solches zwar schon etwas älter, führt aber vielleicht vor Augen was ich sagen möchte).
 
kommentierte
Es ging mir auch nicht darum, die eine oder andere Art von Fotografie auf den Sockel zu heben. Worauf ich hinaus wollte, ist dass die Beurteilung einer bestimmten Technologie immer eine ganzheitliche Sichtweise erfordert und dass die Abgrenzung oft gar nicht so einfach möglich sein wird. Wer heute noch Filme belichtet und entwickelt, tut dies unter ganz anderen Randbedingungen. Ich habe vor einigen Monaten testhalber einen Diafilm über den Fotohändler entwickeln lassen. Nach 10 Wochen und mehrmaliger Urgenz kam er dann doch entwickelt zurück. Das heißt in der Praxis Fachlabor - solange noch verfügbar - oder Digitalkamera. Oder mittel- bis langfristig Schwarzweißfotografie. Filme und Chemikalien dafür lassen sich auch in geringen Mengen kostendeckend produzieren. Einer Legende aus den frühen 2000er Jahren nach musste Kodak die Filmproduktion aufgeben, weil die riesigen Maschinen, welche Film in mehrere Meter breiten Bahnen produziert hatten, mit der in einem ganzen Jahr absetzbaren Menge gerade noch zwei Wochen beschäftigt gewesen wären. Heute hätten sie wahrscheinlich den Jahresbedarf an einem Mittwoch Nachmittag produziert. Dafür kann man nicht riesige Maschinenhallen plus qualifiziertes Personal finanzieren.

Das Heimlabor wird somit - für die verbliebene Filmgemeinde - mehr und mehr an Bedeutung gewinnen und die Anzahl der Leute, welche sich mit dem Thema beschäftigen, wird auf dem derzeitigen Stand mehr oder weniger konstant bleiben. So besehen ist es schon ok, das Thema Heimlabor und dessen Umweltaspekte zu diskutieren.
 
Kay
Kay kommentierte
kommentierte
Kay
Ich kenne selbst noch zwei Labore, die das anbieten. Der Entwicklungsmarathon war ein Probelauf, weil meine Nichte sich für die "analoge Fotografie" interessierte. Da wollte ich einmal testen, wie das heute so läuft, wenn man den Film beim nächsten Fotohändler abgibt. In den lokalen Drogeriemärkten nehmen sie Diafilme gar nicht mehr. Da geht nur mehr Negativfilm plus Scan plus Druck.
Der Test war in diesem Sinne erfolgreich. Es gab ein Testergebnis, welches als Grundlage zur Entscheidungsfindung geeignet war.

Und falls jemand fragt, wie der Einstieg des jungen Mädels in die Welt der Fotografie auf Film von statten ging: Sie hat sich unsterblich in die Olympus OM-D E-M10 verliebt. Was Film ist oder war, hat sie längst vergessen.
 
Bei uns im Fotoclub (4 Labors) wurden die Chemie schon vor 40 Jahren immer gesammelt und fachgerecht in der Firma
(Ciba-Geigy/Novartis) entsorgt. Die meisten Mitglieder hatten kein eigenes Labor, da unsere Labors bestens bis 13x18 ausgestattet waren.
 
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Whataboutism löst keine Probleme.
Ausreden machen falsche Dinge nicht richtig.

Wenn man wegen der analogen Fotografie eine Umweltsau war und ist, kann man sagen, danke für den Hinweis, werde ich künftig drauf achten, oder eben, mir doch egal.
 
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P
P.Gnagflow kommentierte
um ehrlich zu sein, mir ist jetzt nicht ganz klar was Dein Beitrag aussagen soll?
 
Ich stelle einmal den Titel des oben zitierten Beitrags von page-online.de zur Diskussion:
Wie umweltschädlich war die analoge Fotografie?
Eine Frage, der sich die Hamburger Ausstellung »Mining Photography« widmet. Das dazu erschienene Begleitbuch erweist sich als ebenso spannend. Fotografie – die schöne Kunst … und wer denkt schon beim Betrachten eines Bildes an all das, was bei der Entstehung dahintersteckt . . . Dabei ist die...
page-online.de
page-online.de
Das ist ungefähr so tendenziell wie "Würden Sie diesem Bösewicht Ihren Hausschlüssel anvertrauen?"

Es könnte ja auch heißen "Wie umweltfreundlich war die analoge Fotografie?".
Oder neutraler "Wie umweltverträglich war die analoge Fotografie?".

Das würde ja eine Antwort "Nicht sehr" nicht ausschließen.
 
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HaDiDi
HaDiDi kommentierte
Unterschwelliges Framing ist leider der Normalzustand in unserer hypermoralisierenden Welt (westlichen Welt), da muss man nicht mitmachen.
 
Kay
Kay kommentierte

Der Unterschied zwischen der westlichen Welt und manch anderer Gegend ist, dass hier die Farbe des Frames nicht vorgeschrieben wird.
 
Vielen Dank für den Hinweis auf das interessante Thema und die Ausstellung! Es wäre gut, wenn wir im Thread eng beim Thema blieben und die Auswirkungen der Fotografie auf die Umwelt nicht mit anderen Produkten, z.B. SUVs, verknüpften. Und damit klar wird, worum es in der Ausstellung genau geht, habe ich mir einmal den Pressetext und Bildmaterial besorgt. Meiner Meinung nach unbedingt einen Besuch wert, aber entscheidet selbst:

Mining Photography. Der ökologische Fußabdruck der Bildproduktion​

Ausstellung bis 31. Oktober 2022 im MKG Hamburg​

Robert Smithson, Asphalt Rundown, 1969, Dokumentationsfotografie, Cava dei Selce, Rom, Italien, Foto: Robert Smithson, © Holt/Smithson Foundation, lizensiert durch VG Bild-Kunst, Bonn 2022
Robert Smithson, Asphalt Rundown, 1969, Dokumentationsfotografie, Cava dei Selce, Rom, Italien, Foto: Robert Smithson, © Holt/Smithson Foundation, lizensiert durch VG Bild-Kunst, Bonn 2022

In der Ausstellung „Mining Photography. Der ökologische Fußabdruck der Bildproduktion“ widmet sich das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G) der Materialgeschichte zentraler Rohstoffe der Fotografie und stellt den Zusammenhang zur Geschichte ihres Abbaus, ihrer Entsorgung und dem Klimawandel her. Anhand historischer Fotografien und zeitgenössischer künstlerischer Positionen sowie Interviews mit Expert*innen erzählt sie die Geschichte der Fotografie als eine Geschichte der industriellen Fertigung und zeigt, wie das Medium zu den vom Menschen verursachten Veränderungen der Natur beiträgt. Die ca. 170 Arbeiten umfassende Ausstellung nimmt eine neue Perspektive ein, indem sie nicht bloß die Folgen des Klimawandels abbildet, sondern erforscht, wie das Medium Fotografie selbst materiell und ideologisch in Umweltveränderungen verwickelt ist.

Seit ihrer Erfindung ist die Fotografie von der Gewinnung und der Ausbeutung natürlicher Rohstoffe abhängig. Im 19. Jahrhundert waren es Salz, Kupfer und Silber, die für die ersten Fotografien auf Kupferplatten und für Salzpapierabzüge genutzt wurden. Nach dem Aufkommen der Silbergelatineabzüge wurde die Fotoindustrie im späten 20. Jahrhundert mit über der Hälfte des weltweiten Verbrauchs zur wichtigsten Abnehmerin für Silber. Im Zeitalter der digitalen Fotografie und der Smartphones ist die Bildproduktion auf Seltene Erden und Metalle wie Koltan, Kobalt und Europium angewiesen. Die Speicherung der Bilder und ihre Distribution produzieren zudem großen Mengen an CO2.

Die Ausstellung gliedert sich nach den unterschiedlichen Materialien, die für die fotografische Produktion Verwendung finden, in fünf Kapitel: Kupfer für die Daguerreotypien; fossile Brennstoffe wie Kohle und Bitumen für die Druckverfahren; Silber für die weitverbreiteten Silber- gelatineabzüge im 20. Jahrhundert; Papier als Trägermaterial und Seltene Erden für die immer kleiner werdenden Kameras und Smartphones.

Interviews mit M. Susan Barger, Restauratorin, Hans Joosten, Biologe, Hannah Pilgrim, Aktivistin, Rainer Redmann, Chemiker, Katrin Westner, Mineralogin und Katherine Mintie, Kunsthistostorikerin, beleuchten verschiedene Aspekte der Materialien in Bezug auf ihren ökologischen Fußabdruck.

Die Ausstellung verfolgt exemplarisch einzelne Handelsketten und analysiert, wie sich die für das bloße Auge nicht erkennbare Materialität von Fotografien im Laufe der Jahre verändert hat. So stellt sie etwa die Frage, woher das Kupfer stammt, das für Hermann Biows Daguerreotypie vom Universalgelehrten Alexander von Humboldt verwendet wurde.

. Silberbarren im Tresor von Kodak, 1945
Fotograf unbekannt. Silberbarren im Tresor von Kodak, 1945. Kodak Historical Collection #003, Rare Books, Special Collections, and Preservation, University of Rochester, Rochester, N.Y., Nutzung erlaubt durch Eastman Kodak Company

Das Kapitel Kupfer, Gold und die Daguerreotypie untersucht die Kupferplatten, die in den 1840er und 1850er Jahren die ersten Bildträger der Fotografie waren. Sie wurden im industriellen Maßstab vornehmlich in Paris produziert und weltweit vertrieben. Angetrieben durch fossile Brennstoffe wurde Kupfer im walisischen Swansea verarbeitet. Aus allen Teilen der Welt wurden Erze nach England transportiert und dort verhüttet, um weltweit gehandelt zu werden. Die Fotografie war vom Kupferhandel abhängig und ihre schnelle Verbreitung wäre ohne fossile Brennstoffe, koloniale Expansion und Ausbeutung von Bodenschätzen nicht denkbar gewesen. Die Fotografien aus der Ära des Goldrausches geben ein deutliches Bild von den Auswirkungen der extraktiven Bergbauindustrie. Sie dokumentieren sowohl die Zerstörung der Landschaft als auch die Selbstinszenierung der Goldgräber, die sich als Entrepreneure stolz der Kamera präsentieren. Als weibliche Pendants repräsentieren die sogenannten Grubenfrauen aus Wigan die unsichtbare Arbeit, die mit einem industrialisierten Produkt wie der Fotografie einhergeht. Die anlässlich der Ausstellung entstandene Arbeit „Hygieia Watches Over Us“ von Ignacio Acosta verknüpft die aus Kupfer gefertigte Skulptur der Personifikation der Hygiene mit der Kupferproduktion der Hamburger Firma Aurubis. Die Skulptur ist Teil des seit 2010 laufenden Projekts „Copper Geographies“, in dem der Künstler die internationalen Handelswege des aus seinem Herkunftsland Chile stammenden Kupfers verfolgt.

Ignacio Acosta (*1971). Hygieia Watches Over Us, 2022.Installation aus 40 Pigment Pri9nts und Video (Detail) © Ignacio Acosta
Ignacio Acosta (*1971). Hygieia Watches Over Us, 2022.Installation aus 40 Pigment Pri9nts und Video (Detail) © Ignacio Acosta

In Fossile Brennstoffe, Kohle und Bitumen widmet sich die Ausstellung Ruß und Kohle als Pigmente, die als Beimischung von Farbstoffen in der Fotografie zum Einsatz kommen, etwa in Arbeiten von Anaïs Tondeur, Oscar und Theodor Hofmeister, Eduard Arning oder Susanne Kriemann. Auf der Motivebene werden Moorlandschaften gezeigt, in denen der für die Fotografie genutzte Brennstoff Torf abgebaut wird. Der bei der Verbrennung von fossilen Brennstoffen entstandene Ruß wird den Pigmenten beigemischt. Ein weiterer fossiler Brennstoff ist das lichtempfindliche Bitumen, ein natürlich vorkommender Asphalt, der in der Reproduktionsfotografie eingesetzt wurde. Eine eigens für die Ausstellung entstandene Arbeit von Noa Yafe zeigt die Landschaften am Toten Meer, in denen dieser Rohstoff der Fotografie abgebaut wird.

Jürgen Friedrich Mahrt (1882-1940). Torfabbau im Hartshoper Moor, um 1930 Silbergelatinepapier, koloriert. Sammlung Mahrt/Storm, Rendsburg/Berlin
Jürgen Friedrich Mahrt (1882-1940). Torfabbau im Hartshoper Moor, um 1930 Silbergelatinepapier, koloriert. Sammlung Mahrt/Storm, Rendsburg/Berlin

Papier und seine Beschichtung widmet sich den Materialien Baumwolle, Zellulose, Gelatine und Celluloid. Papier wurde im 19. Jahrhundert zunächst auf Basis von Lumpen, die aus Baumwolle oder Flachs bestanden, vornehmlich in Europa produziert. Die Baumwolle pflanzte und erntete man um 1860 in den amerikanischen Südstaaten mithilfe von Sklav*innen, verschiffte sie nach Europa, um sie dort zu Stoffen zu verarbeiten, die dann als Lumpen den Hauptanteil von Papier ausmachten. Erst im 20. Jahrhundert wurde Holz in Form von Zellulose in der Papierproduktion eingesetzt. Die Fotograf*innen Alison Rossiter und F&D Cartier thematisieren die unterschiedliche Materialität historischer Fotopapiere in poetisch abstrakten Bildfindungen. Tierische Produkte waren für die Beschichtung dieser Papiere unabdingbar. Im 19. Jahr- hundert waren es Eier, im 20. Jahrhundert Gelatine, die hauptsächlich aus Rinderknochen hergestellt wurde. Die brutale Realität der industrialisierten Fleischproduktion dokumentieren und reflektieren Madame d’Ora und James Welling, die sich auf unterschiedliche Weise den Materialien der fotografischen Beschichtung widmen. Für die Ausstellung hat Tobias Zielony eine Arbeit geschaffen, die auf Recherchen in der ehemaligen Agfa-Filmfabrik Wolfen basiert und auf die Aspekte von Arbeit und Ökologie in der Fotoindustrie fokussiert.

Rohpapierlager der AGFA AG, Leverkusen 1956 C-Print, auf Karton montiert Sammlung Agfa, Museum Ludwig, Köln © Museum Ludwig
Fotograf unbekannt. Rohpapierlager der AGFA AG, Leverkusen 1956 C-Print, auf Karton montiert. Sammlung Agfa, Museum Ludwig, Köln © Museum Ludwig

Das Edelmetall Silber ist die Grundlage des fotografischen Bildes und wird dafür noch heute benötigt. Unter den in der Ausstellung behandelten Rohstoffen ist die Fotoindustrie für Silber zumindest zeitweilig der weltweit größte industrielle Abnehmer. Hier zeigt sich die schiere Menge an benötigtem Material am deutlichsten. Die Arbeiten von Daphné Nan Le Sergent, Simon Starling und dem Kollektiv Optics Division of the Metabolic Studio berühren die Zusammenhänge des Rohstoffabbaus, seiner kolonialen Hintergründe und der Verarbeitung von Silber. Sergent beschäftigt sich auch mit dem Einfluss des Marktwerts des Edelmetalls, der technische Innovationen vorangetrieben und lukrativer gemacht hat.

Optics Division of the Metabolie Studio (Lauren Bon, Tristan Duke und Richard Nielsen) Lake Bed Developing Process, 2013 © Optics Division of the Metabolie Studio
Optics Division of the Metabolie Studio (Lauren Bon, Tristan Duke und Richard Nielsen) Lake Bed Developing Process, 2013 © Optics Division of the Metabolie Studio

Das Gewicht der Cloud: Seltene Erden, Metalle, Energie und Abfall thematisiert die Ressourcen, die benötigt werden, um digitale Bilder zu produzieren, auszustellen und zu speichern. Der Abbau von Seltenen Erden, die in unseren Smartphones und Datenspeichern zur Distribution von Bildern verbaut werden, verbraucht große Mengen Energie.

Schließlich landen die Seltenen Erden auf ständig wachsenden Bergen von Elektroschrott im globalen Süden, die ebenso schnell anschwellen wie der Hunger nach neuen Geräten. Den Aspekt des Recyclings behandelt Lisa Barnard in ihrem forschungsbasierten Werk „The Canary and the Hammer“ über das Edelmetall Gold. Mary Mattingly verfolgt die komplizierten, oft undurchsichtigen Lieferketten von Kobalt, die sie kartografiert und deren Abbild sie fortwährend an das Marktgeschehen anpasst. Lisa Rave widmet sich in ihrem Videoessay dem Seltenerdmetall Europium. Die in Zusammenarbeit mit der Klasse von Christoph Knoth und Konrad Renner an der Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK) entwickelte App lässt die Besucher*innen die Lebensdauer und Recyclingaspekte ihrer Telefone betrachten und damit ihrem eigenen Energieverbrauch nachspüren.

Mary Mattingly (* 1979). Eagle Mine, 2016 © Mary Mattingly
Mary Mattingly (* 1979). Eagle Mine, 2016 © Mary Mattingly

Beteiligte Künstler*Innen​

Ignacio Acosta, Lisa Barnard, F& D Cartier, Klasse Digitale Grafik HFBK Hamburg (Mari Lebanidze, Cleo Miao, Leon Schwer und Marco Wesche), Susanne Kriemann, Mary Mattingly, Daphné Nan Le Sergent, Optics Division of the Metabolic Studio (Lauren Bon, Tristan Duke und Richard Nielsen), Lisa Rave, Alison Rossiter, Robert Smithson, Simon Starling, Anaïs Tondeur, James Welling, Noa Yafe, Tobias Zielony

Historisches Material und Leihgaben

Die Ausstellung zeigt historische Werke u.a. von Eduard Christian Arning, Hermann Biow, Oscar und Theodor Hofmeister, Honoré d'Albert de Luynes, Jürgen Friedrich Mahrt, Charles Nègre, Madame d’Ora, Hermann Reichling und Louis Vignes. Zusammen mit historischem Bildmaterial aus dem Agfa Fotohistorama Leverkusen, dem Eastman Kodak Archive, Rochester, dem FOMU Antwerpen, von Alexander von Humboldt gesammelten Mineralienproben aus der Sammlung des Museums für Naturkunde, Berlin, sowie Cartes de visite von Minenarbeiterinnen repräsentieren sie die Fülle fotografischer Produkte und Verfahren, deren Rohstoffe die Ausstellung in den Mittelpunkt rückt.

Katalog​

Zur Ausstellung erscheint eine Publikation (deutsch und englisch) mit Beiträgen u.a. von Siobhan Angus, Nadia Bozak, Boaz Levin, Brett Neilson, Esther Ruelfs, Christoph Ribbat, Karen Soli. 174 Seiten. Spector Verlag, Leipzig. 36 Euro. Erhältlich im Museumsshop oder hier bei Amazon (* Partnerlink).
*Für Bestellungen über Partnerlinks erhält das Netzwerk Fotografie kleine Provisionen. Am Preis für dich als Kunden ändert sich nichts.

Die Ausstellung wird kuratiert von dem Künstler, Autor und Kurator Boaz Levin und Dr. Esther Ruelfs, Leiterin der Sammlung Fotografie und neue Medien am MK&G.

Ausstellungsansicht © Henning Rogge
Ausstellungsansicht © Henning Rogge

Ausstellungsarchitektur​

Die Ausstellungsarchitektur von Thomas Jehle, Wien, besteht aus recycelten und wiedernutzbaren Materialien.

Ausstellungsgrafik​

Studio Pandan

Es gibt dazu auch mehrere Videos auf YouTube, eines binde ich hier ein:

Zur Webseite des MKG Hamburg:
 
Kommentar
Also aus meinem Farblabor wurden jahrelang die Chemikalien gesammelt und von einem LKW abgeholt zum entsorgen. Ich bekam immer einen Nachweiss für die Behörden der auch 2-3 mal pro Jar angefordert wurde, also ich hab nix verseucht. Ich nicht, was die ganzen Amateure gemacht haben weiss ich nicht :upset01:
 
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