Von Zeit zu Zeit kommt in diesem Forum das Thema auf, ob, inwiefern, inwieweit, und unter welchen Bedingungen etc. Fotos "räumlich" wirken können.
Dass Fotos also zumindest gelegentlich eine räumliche Wirkung auf zumindest einige ihrer Betrachter ausüben, ergibt sich also schon alleine aus der Tatsache, dass dieses Thema hier gelegentlich Diskussionsgegenstand wird. Und aus der Tatsache, dass dieses Thema Diskussionsstoff liefert, ergibt sich ja auch bereits, dass offensichtlich nicht jedes Foto auf jeden seiner Betrachter eine "räumliche" Wirkung ausübt.
Woran liegt es also, dass zwar wohl zumindest manche aber offensichtlich nicht alle Fotos bei ihrer Betrachtung eine "räumliche" Wirkung ausüben?
Die Gründe dafür sind nach meinem Verständnis aus der Sicht der Humanwissenschaften folgende:
Beim räumlichen Sehen zieht unser visuelles System sogenannte "Tiefenkriterien" heran: http://filmlexikon.uni-kiel.de/index.php?action=lexikon&tag=det&id=6315
Dabei unterschiedet man in den Humanwissenschaften in der Regel:
Fotografien liefern nun in der Regel ja keine bewegungsinduzierten Tiefenkriterien. Daher lasse ich sie im weiteren Fortgang unberücksichtigt.
Bei der Betrachtung von Fotografien liefern die monokularen, binokularen und okolomotorischen Tiefenkriterien unserem visuellen System nun in aller Regel widersprüchliche Informationen:
Der Muskeltonus der jeweiligen Konvergenz und Akkomodation sowie auch die Querdisparation signalisieren zum Beispiel: "Alles auf dem Foto ist ca. 40 cm weit entfernt". Die monokularen Tiefenkriterien signalisieren hingegen: "Die Person im Vordergrund ist etwa 10 m entfernt und die Zugspitze im Hintergrund ca. 10 km."
Bei der Betrachtung einer Fotografie ist ein räumlicher Eindruck nach meinem Verständnis daher also umso wahrscheinlicher und auch umso stärker, je mehr eine Fotografie die Wirkung entfaltet, dass das visuelle System ihres Betrachters nur die monokularen Tiefenkriterien zur "Entfernungsberechnung" heranzieht. In diesem "Idealfall" entspräche der räumliche Eindruck bei Betrachtung einer Fotografie vom Grundsatz her dem räumlichen Eindruck beim einäugigen Blick durch ein Fenster (= äußere Begrenzung der Fotografie) auf das jeweilige Motiv.
Die in der Literatur zu findenden praktischen Ratschläge zu der Frage, wie sich beim Betrachter einer Fotografie ein bestimmter räumlicher Eindruck hervorrufen lässt, laufen daher auch oft auf Vorgehensweisen zur gezielten Akzentuierung genau dieser aus den Humanwissenschaften bekannten monokularen Tiefenkriterien hinaus.
Um dies zu verdeutlichen, habe ich im Folgenden die diesbezüglichen Empfehlungen von Andreas Feiniger in seinem Buch "Die Hohe Schule der Fotografie" den in der nachstehend verlinkten Quelle genannten monokularen Tiefenkriterien gegenübergestellt: http://filmlexikon.uni-kiel.de/index.php?action=lexikon&tag=det&id=6318
Die folgenden Zitate von Andreas Feininger sind alle den Seiten 276 bis 284 der Taschenbuchausgabe von 2002 entnommen:
Ob sich der vom Fotografen intendierte räumliche Eindruck auch beim jeweiligen Betrachter einstellt, ist nach meinem Verständnis weiter von den "Sehgewohnheiten" des jeweiligen Betrachters abhängig. Wie nämlich Studienergebnisse aus der jüngeren Vergangenheit nahe legen, scheint die räumliche Wahrnehmung das Ergebnis eines Lernprozesses (im Unterschied zu: genetisch bedingt) zu sein. Hier ein beispielhafter Link: http://dasgehirn.info/aktuell/kurznachrichten/raeumliches-sehen-ist-erlernt?searchterm=sehen+erlernt
Und daher ist es nach meinem Verständnis wahrscheinlicher, dass der räumliche Eindruck, welchen eine Fotografie bei verschiedenen Betrachtern auslöst, mehr oder weniger verschieden sein wird, als dass er gleich sein wird.
Dass Fotos also zumindest gelegentlich eine räumliche Wirkung auf zumindest einige ihrer Betrachter ausüben, ergibt sich also schon alleine aus der Tatsache, dass dieses Thema hier gelegentlich Diskussionsgegenstand wird. Und aus der Tatsache, dass dieses Thema Diskussionsstoff liefert, ergibt sich ja auch bereits, dass offensichtlich nicht jedes Foto auf jeden seiner Betrachter eine "räumliche" Wirkung ausübt.
Woran liegt es also, dass zwar wohl zumindest manche aber offensichtlich nicht alle Fotos bei ihrer Betrachtung eine "räumliche" Wirkung ausüben?
Die Gründe dafür sind nach meinem Verständnis aus der Sicht der Humanwissenschaften folgende:
Beim räumlichen Sehen zieht unser visuelles System sogenannte "Tiefenkriterien" heran: http://filmlexikon.uni-kiel.de/index.php?action=lexikon&tag=det&id=6315
Dabei unterschiedet man in den Humanwissenschaften in der Regel:
- Monokulare (einäugige) Tiefenkriterien: http://dasgehirn.info/wahrnehmen/sehen/monokulare-tiefenkriterien/
- Binokulare (beidäugige) Tiefenkriterien: Querdisparation http://dasgehirn.info/wahrnehmen/sehen/binokulare-fusion/ https://de.wikipedia.org/wiki/Querdisparation
- Okolomotorische (Muskeltonus bei Konvergenz und Akkomodation) Tiefenkriterien: http://filmlexikon.uni-kiel.de/index.php?action=lexikon&tag=det&id=6319
- Bewegungsinduzierte Tiefenkriterien: http://filmlexikon.uni-kiel.de/index.php?action=lexikon&tag=det&id=6317
Fotografien liefern nun in der Regel ja keine bewegungsinduzierten Tiefenkriterien. Daher lasse ich sie im weiteren Fortgang unberücksichtigt.
Bei der Betrachtung von Fotografien liefern die monokularen, binokularen und okolomotorischen Tiefenkriterien unserem visuellen System nun in aller Regel widersprüchliche Informationen:
Der Muskeltonus der jeweiligen Konvergenz und Akkomodation sowie auch die Querdisparation signalisieren zum Beispiel: "Alles auf dem Foto ist ca. 40 cm weit entfernt". Die monokularen Tiefenkriterien signalisieren hingegen: "Die Person im Vordergrund ist etwa 10 m entfernt und die Zugspitze im Hintergrund ca. 10 km."
Bei der Betrachtung einer Fotografie ist ein räumlicher Eindruck nach meinem Verständnis daher also umso wahrscheinlicher und auch umso stärker, je mehr eine Fotografie die Wirkung entfaltet, dass das visuelle System ihres Betrachters nur die monokularen Tiefenkriterien zur "Entfernungsberechnung" heranzieht. In diesem "Idealfall" entspräche der räumliche Eindruck bei Betrachtung einer Fotografie vom Grundsatz her dem räumlichen Eindruck beim einäugigen Blick durch ein Fenster (= äußere Begrenzung der Fotografie) auf das jeweilige Motiv.
Die in der Literatur zu findenden praktischen Ratschläge zu der Frage, wie sich beim Betrachter einer Fotografie ein bestimmter räumlicher Eindruck hervorrufen lässt, laufen daher auch oft auf Vorgehensweisen zur gezielten Akzentuierung genau dieser aus den Humanwissenschaften bekannten monokularen Tiefenkriterien hinaus.
Um dies zu verdeutlichen, habe ich im Folgenden die diesbezüglichen Empfehlungen von Andreas Feiniger in seinem Buch "Die Hohe Schule der Fotografie" den in der nachstehend verlinkten Quelle genannten monokularen Tiefenkriterien gegenübergestellt: http://filmlexikon.uni-kiel.de/index.php?action=lexikon&tag=det&id=6318
Die folgenden Zitate von Andreas Feininger sind alle den Seiten 276 bis 284 der Taschenbuchausgabe von 2002 entnommen:
"Die folgende Aufzählung zählt sieben Symbole der Raumdarstellung und die Art ihrer Verwendung auf".
Das entsprechende monokulare Tiefenkriterium nennt man in den Humanwissenschaften "lineare Perspektive"."1. Perspektive. Dabei handelt es sich um jene bekannte "optische Täuschung", dass vom Betrachter wegführende Linien, die in Wirklichkeit parallel verlaufen, scheinbar zusammenstreben."
Die entsprechenden monokularen Tiefenkriterien nennt man in den Humanwissenschaften "lineare Perspektive", "relative Größe im Blickfeld" und "gewohnte Größe von Gegenständen"."2. Verjüngung. Bei dieser Art der Perspektive haben wir es mit einer optischen Täuschung zu tun, die ein Objekt mit zunehmender Entfernung zum Betrachter immer kleiner erscheinen lässt und umgekehrt."
Die entsprechenden monokularen Tiefenkriterien nennt man in den Humanwissenschaften "lineare Perspektive", "relative Größe im Blickfeld" und "gewohnte Größe von Gegenständen"."3. Verkürzung. Hier haben wir es mit der dritten Art der Perspektive zu tun.die sich in Form einer Verzeichnung kundtut."
Das entsprechende monokulare Tiefenkriterium nennt man in den Humanwissenschaften "Verdecken von Objekten"."4. Überdeckung. Wenn ein Objekt das andere teilweise verdeckt, dann befindet sich das verdeckte Objekt hinter dem Objekt von dem es verdeckt wird, und ist also weiter entfernt."
Das entsprechende monokulare Tiefenkriterium nennt man in den Humanwissenschaften "relative Höhe im Blickfeld"."5. Die Stellung des Objekts im Rahmen des Bildes. Je höher der Bildhorizont liegt, desto stärker wird der Eindruck der Tiefe."
Das entsprechende monokulare Tiefenkriterium nennt man in den Humanwissenschaften "Texturgradient"."6. Der Gegensatz zwischen scharf und unscharf."
Das entsprechende monokulare Tiefenkriterium nennt man in den Humanwissenschaften "atmosphärische Perspektive"."7. Der Gegensatz zwischen hell und dunkel. Durch die Zerstreuung des Lichts in der Atmosphäre sehen Gegenstände heller aus, je weiter sie vom Betrachter entfernt sind."
Ob eine Fotografie bei ihrer Betrachtung einen räumlichen Eindruck hervorruft, und wenn ja, einen wie starken und welchen genau, ist also nach meinem Verständnis zunächst einmal davon abhängig, in welchem Maße es dem jeweiligen Fotografen gelungen ist, die monokularen Tiefenkriterien entsprechend der von ihm jeweils beabsichtigten räumlichen Wirkung gestalterisch zu akzentuieren.Andreas Feininger:
"Jedes dieser Symbole kann sowohl für sich allein als auch in Verbindung mit einem oder mehreren anderen verwendet werden. Jedes hat der Fotograf weitgehend in seiner Gewalt und kann es bestimmten Erfordernissen anpassen. Infolgedessen hat man unendlich viele Möglichkeiten, fotografisch den Eindruck von Raum zu erzeugen, und ein Fotograf, der mit diesen Symbolen umzugehen weiß, kann "Raum" in jeder gewünschten Weise darstellen."
Ob sich der vom Fotografen intendierte räumliche Eindruck auch beim jeweiligen Betrachter einstellt, ist nach meinem Verständnis weiter von den "Sehgewohnheiten" des jeweiligen Betrachters abhängig. Wie nämlich Studienergebnisse aus der jüngeren Vergangenheit nahe legen, scheint die räumliche Wahrnehmung das Ergebnis eines Lernprozesses (im Unterschied zu: genetisch bedingt) zu sein. Hier ein beispielhafter Link: http://dasgehirn.info/aktuell/kurznachrichten/raeumliches-sehen-ist-erlernt?searchterm=sehen+erlernt
Und daher ist es nach meinem Verständnis wahrscheinlicher, dass der räumliche Eindruck, welchen eine Fotografie bei verschiedenen Betrachtern auslöst, mehr oder weniger verschieden sein wird, als dass er gleich sein wird.