NF-Rezension Rezension: T.A. Hoffmann, Fotografie als Meditation

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Virgil Kane

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Der Autor:
Torsten Andreas Hoffmann ist einer der Großen. Der Kunstpädagoge, Fotograf, Buchautor und Workshopleiter konnte schon mit zahlreichen Veröffentlichungen überzeugen. Er schreibt für internationale Fachmagazine und bekommt regelmäßig Auszeichnungen für seine Kalender, Bücher und Fotografien. Seine Fotos finden sich in Sammlungen, Foyers und Vorstandsetagen großer Unternehmen. Hoffmann ist Mitglied der Bildagentur LOOK und der Deutschen Gesellschaft für Fotografie. Mehr über ihn und seine Arbeit findet sich auf http://www.t-a-hoffmann.de.



Das Buch:
Handwerklich tadellos gefertigt überzeugt „Fotografie als Meditation“ durch einen soliden Aufbau und eine hochwertige Ausstattung. Sowohl Umschlag als auch Papier und Bindung sind von sehr guter Qualität. Ein Lesebändchen hilft bei der Seitenmarkierung, die klare Typographie und viel Raum für Texte und Bilder sorgen für Klarheit und leichtes Lesen. Die Abbildungsqualität der Fotos ist hervorragend. Leider ließen sich die Layouter ab und an dazu hinreißen, Fotos über den doch sehr tiefen Falz hinaus anzulegen, wodurch Teile des Bildes verschwinden. Insgesamt überwiegt der Eindruck sauber gesetzter Seiten und hoher Druckkunst.


Der Inhalt
Wer mit dem Buchtitel auf Anhieb vielleicht nicht so viel anfangen kann, bekommt beim Lesen des Eingangszitats und des Inhaltsverzeichnisses eine erste Ahnung vom Inhalt des Buches. Der Autor begrüßt uns mit den Worten (Zitat): „Meditation und Fotografie haben mehr gemeinsam als man im ersten Moment glaubt: beides ist auf den gegenwärtigen Moment bezogen, beides erfordert einen höchsten Grad an Aufmerksamkeit, beides gelingt am besten, wenn der Geist leer und unvoreingenommen ist.“ (Zitatende)

Das Inhaltsverzeichnis führt hierzu Themen auf wie (Auswahl):

1. Gedanken über Fotografie und Meditation
2. Was ist das Interessante an der Zen-Philosophie?
...
10. Fotografie als direkte Erfahrung
...
17. Innere und äußere Landschaften
18. Die vermeintliche Objektivität der Fotografie
...
22. Schönheit darstellen, ohne seicht zu sein
...
29. Was ist Kreativität?
...
32. Der Weg zum eigenen Stil


Wie aus diesen Beispielen bereits ersichtlich, ist „Fotografie als Meditation“ der Versuch des Autors, beide Bereiche wechselwirkend miteinander zu verknüpfen. Fotografie kann eine Art gelebter Meditation sein - Meditation kann die Grundlage für gute Fotografie werden. Der gemeinsame Nenner ist die Konzentration auf den Augenblick, auf das Hier und Jetzt. Im Idealfall hält der Klick auf den Auslöser denselben Sekundenbruchteil fest, der auch dem Fotografen in diesem Augenblick gegenwärtig ist, unbelastet von allem, was ihn davor oder danach beschäftigt. Man mag darüber streiten, inwieweit die Symbiose der beiden Themenbereiche zutrifft. Dies ist sicherlich sehr stark davon abhängig, ob man als Leser zu beiden Aspekten Zugang findet oder für beide eine Affinität entwickelt. Oberflächlich betrachtet könnte man sich eine Buchreihe vorstellen... Spargelkochen als Meditation, Motorradfahren als Meditation oder Online-Shoppen als Meditation - mit ein wenig Geschick lässt sich allen Tätigkeiten des modernen Lebens ein esoterischer Überbau verpassen. So auch der guten alten Fotografie.

Und der Autor gibt sich damit große Mühe. Die ersten acht der insgesamt 32 Kapitel sind dazu angelegt, dem Leser diverse Aspekte der Meditation näherzubringen. Neben theoretischem Wissen werden auch praktische Übungen zur inneren Einkehr beschrieben. Man sollte daher dem Thema Meditation schon ein gewisses Interesse entgegenbringen, andernfalls sind die ersten 50 Seiten des Buches textlich für die Katze. Niemals jedoch sind sie gänzlich umsonst: selbst esoterische Querleser werden auf diesen reich bebilderten Seiten an den Fotos hängenbleiben. Nicht vergessen: es handelt sich um ein Fotobuch. Und die abgebildeten Arbeiten sind von der ersten bis zur letzten Seite schlicht phantastisch. Kein Foto, von dem man nichts lernen kann, jedes Bild ein Ausdruck wahrer Könnerschaft. Die Fotos sind mit kurzen erklärenden Texten versehen, die sich wiederum auf das Thema der jeweiligen Kapitel beziehen. So kommt auch der meditationsferne Betrachter unweigerlich mit dem Thema in Berührung und der Kreis schließt sich in umgekehrter Richtung: wenn Meditation ein Weg zu solchen Bildern ist, muss was an der Sache dran sein!

Technische Aspekte findet man selten. Keine Aufnahmedaten, ab und an der Hinweis auf eine verwendete Kamera oder Brennweite. Technik steht nicht im Vordergrund. Auch der ewige Händel zwischen Analog und Digital wird in die unterste Schublade verbannt - Technik ist schlicht unwichtig für das Ergebnis. Es sind der Blick für die Situation und die intuitive Betätigung des Auslösers, die das Bild erschaffen. Hoffmann verweist auf ein Buch über Zen-Techniken beim Bogenschießen und zieht entsprechende Vergleiche zur Fotografie. Das Ziel zu treffen ist zwar von Bedeutung, aber viel wichtiger ist es, den entscheidenden Augenblick des Loslassens/Abdrückens zu erwischen und zwar unbewusst, unkalkuliert und aus einem inneren Bedürfnis heraus. Tief in unserer Seele entscheidet „es“ darüber, wann dieser Augenblick gekommen ist, geleitet von unseren Sinneseindrücken, der Spannung des Körpers, der Bereitschaft des Geistes und von der Idee der Erreichung eines gesteckten Zieles. Klingt verrückt, könnte aber so sein.

Selbst wer nach der Lektüre des Buches nicht täglich zwanzig Minuten auf dem von Hoffmann vorgestellten Meditationsbänkchen Platz nimmt, wird die Kernaussage des Buches mitnehmen: gute Fotos entstehen wenn man sein Handwerkszeug beherrscht und fleißig übt. Herausragende Bilder bekommt man erst wenn man emotional ganzheitlich in der Situation gefangen ist und zwar über den bloßen visuellen Eindruck hinaus. Man kann nichts abbilden, was man nicht empfindet.



Für wen ist dieses Buch geeignet?
Für fotografierende Meditationsanhänger
Für meditierende Fotografen.
Für Fotografen, die nach Bildideen suchen.
Für Freunde sehr guter Fotografie.
Für Menschen, die jede Möglichkeit nutzen, über den Tellerrand zu blicken.
Für alle, die ihrer Fotografie eine weitere Ebene neben der reinen Technik geben möchten.
Nicht geeignet für Aufnahmetechnik- und Exif-Daten-Junkies.


Fazit
Spitzenfotos, viele Anregungen und Tipps für die eigene Fotografie und ein gut recherchierter, verständlich geschriebener theoretischer Teil zum Thema Meditation - besser kann man Inhalte zum Thema „Fotografie als Meditation“ nicht zusammentragen. Wer nach der Lektüre nicht sofort Lust darauf bekommen hat, selbst zu meditieren, kann sich immer noch an die Fotos halten. So wird das Buch für jeden Foto-Enthusiasten zu einem Gewinn.

5 Sterne

Die Daten
Torsten Andreas Hoffmann. Fotografie als Meditation. Eine Reise zur Quelle der Kreativität erschien am 13. November 2017 im dpunkt.verlag. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage, 296 Seiten, komplett in Farbe, Festeinband, 20,4 x 2,5 x 25,4 cm. Auch als E-Book erhältlich.
ISBN: 978-3-86490-512-4

Bewertung:
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ISBN: 3864905125


Preis: 36,90 Euro (Buch) | 29,99 Euro (E-Book)
 
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Oberflächlich betrachtet könnte man sich eine Buchreihe vorstellen... Spargelkochen als Meditation, Motorradfahren als Meditation oder Online-Shoppen als Meditation -

Das von Dir beschriebene Buch liegt neben mir und ich lese es langsam, weil ich mich nur so in die jeweiligen Gedanken einfinden kann.

Und, weil Du es erwähnst :

" Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten "

erschien schon 1974 : https://de.wikipedia.org/wiki/Zen_und_die_Kunst_ein_Motorrad_zu_warten
(das lese ich immer mal wieder und verstehe nur sehr wenig.)

Danke für Deine Rezension !

:danke:

P.S. :
Bogenschiessen gibt´s auch
https://www.amazon.de/dp/3596160979/?tag=netzwfotognik-21
Spargelkochen :nixweiss: - kommt noch ! :D
 
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