Do., 19.7.2018 (11. Tag)
Cabana Grossa -> Lac Gentau
gut 10 Std. unterwegs
24 km /2200 \1900
Der Tag beginnt phantastisch! Sonne, das feuchte Gras glitzert.
Um 7:30 bin ich unterwegs.
Ich komme nur bis zur Cabana Grossa.
Hier werden gerade die Schafe gemolken.
Da muss ich ein bisschen zuschauen. So viele Schafe
Ob die Schafe wissen, wann sie kommen müssen oder ob sie von Hirtenhunden (hier Patou) hergetrieben werden, weiß ich nicht.
Sie kommen alle in einen großen Pferch. Eines nach dem anderen wird vor den Melkschemel geholt. Die meisten Schafe treten von alleine vor, sie kennen die Prozedur, manche werden ein wenig gezogen. Sie stellen sich vor den Melker. Das Melken selbst geht mit ein paar Handgriffen recht schnell, viel schneller als bei Kühen. Dann zieht der Melker an einem Strick mit einem Stück Holz als Handgriff, der das Tor vor dem Schaf öffnet. Das geht raus, das nächste ist dran.
Zwei Melker sind hier beschäftigt, ich vermute Mutter und der etwa 16-jährige Sohn. Der Junge sitzt auf meiner Seite. Ich frage ihn durch Zeigen auf meine Kamera, ob ich ein Foto machen dürfe. Er nickt. Leider hat er immer die Stangen des Zaunes vor dem Gesicht.
Auf dem ersten Bild kann man schätzen, wie viele Schafe hier zu melken sind. Im Hintergrund ist eine weitere Herde zu erkennen.
Ich schaue eine ganze Weile zu. Für mich ist das sehr idyllisch. Für die Bauern hier ist es sicher viel anstrengende Arbeit von früh bis spät.
Am liebsten würde ich bleiben und mitmachen.
Ich ziehe dann aber weiter. Ich habe mir für heute einiges vorgenommen.
Die HRP des guide books geht in das Skiresort Candanchu hinunter, folgt dann ein paar km der Straße zum Col de Somport in ein weiteres Skigebiet, bevor es wieder in die Berge geht.
Ich brauche nichts einkaufen, brauche auch kein Bett. Daher versuche ich die hässlichen Skigebiete zu vermeiden und auch die Straße.
Auf meiner Karte finde ich einen Weg, der nordwestlich davon durch andere Täler und über andere Berge verläuft. Außerdem möchte ich unbedingt am Lac Gentau mit Blick auf den Pic du Midi d´Ossau zelten, an dem die vorgeschlagene Route nicht entlang kommt (allerdings gibt es im Buch einen Hinweis auf einen lohnenden Abstecher hierher). Ich habe Bilder von diesem Platz gesehen und freue mich riesig drauf!
Ich wandere bester Laune ein noch schattiges Tal hinunter.
Dann geht es in die Sonne. Herrliche Aussichten!
Bald tauche ich in einen größeren Wald ein. Hier treffe ich Alex aus London, der ebenfalls die HRP läuft. Während wir im Laufen Trail-Anekdoten und Erfahrungen austauschen, verpassen wir den richtigen Weg zum Pla d´Espelungere. Mich stört das nicht weiter, ein Blick auf die Karte zeigt mir, dass ich hier auch langlaufen kann. Wir trennen uns wieder, Alex will die Hauptroute laufen. Ich suche mir anhand der Karte einen Weg über ein Sträßchen und biege dann auf ein paar steile Waldpfade ab, die offensichtlich sehr selten begangen werden. Eine wunderschöne Strecke!
Am Sträßchen habe ich noch eine sehr nette Begegnung mit zwei sehr hübschen Eseln. Mit einem unterhalte ich mich eine Weile.
Esel mag ich genauso gerne wie Schafe!
Am Ende des Waldes komme ich an eine größere Straße. Die muss ich ein Stück bergauf laufen, da gibt es keine Alternative.
Augen zu und durch. Sie zieht sich gefühlt ewig. Einiges an Verkehr. Endlich komme ich an eine Kehre, von der aus mein Pfad abzweigt. Ich bin schon 3,5 Std. unterwegs, etwas platt, erhöhte Schwerkraft heute, und hier geht mein Weg erst richtig los ...
Eigentlich will ich ja zum Lac Gentau. Aber wenn ich´s heute nicht schaffe, dann gibt es unterwegs auch noch ein, zwei Möglichkeiten zu übernachten. Ich laufe erstmal los.
Der Weg zieht sich gleichmäßig den Hang hinauf. Ich komme in meinen Rhythmus.
So erreiche ich schließlich das Plateau de Gentianes, die Ebene der Enziane. Erst bemerke ich sie gar nicht, da ich mir irgendwie blauen Enzian vorgestellt hatte. Aber dann ist tatsächlich der ganze Hang mit großem Gelbem Enzian bewachsen. Toll!
Die Quelle und die Bäche, die auf meiner Karte verzeichnet sind, finde ich jedoch nicht. Ich muss also noch etwas dürsten bis zur nächsten Gelegenheit.
Es geht über den Bergrücken auf die andere Seite und ich habe nun einen Blick ins nächste Tal. Dort hinunter muss ich. Und zum Lac Gentau geht es drüben die Berge wieder hinauf.
Ich steige zügig hinunter in der Hoffnung auf Wasser, ich habe mittlerweile echt Durst.
Fast im Tal angekommen finde ich eine Quelle im Hang. Hier mache ich ausgiebig Pause. Herrliches Wasser, schöne Aussicht, ein bisschen essen.
Ich könnte hier im Tal zelten. Aber mittlerweile bin ich ganz gut im Trott. Die nächste Gelegenheit wäre am Refuge Larry, auf halber Höhe des nächsten Berges.
Ich mache mich auf den Weg. Wieder zieht sich der Pfad ganz angenehm hinauf, Wiese, etwas Wald, wieder Wiese. Schritt vor Schritt, und dann bin ich am nächsten Pass. Ich merke meine Beine und stelle fest, dass ich dummerweise zu den Hütten um die Ref. Larry erst einmal 150 Hm runter in das Tal steigen muss. Höhe, die ich anschließend zusätzlich drüben wieder erarbeiten muss. Egal. Die 400 Hm zu dem Pass da drüben (etwa Bildmitte), die schaffe ich jetzt auch noch! Und dahinter geht es runter zum See!
Ich lege noch eine Pause ein und mache mich auf den Weg.
Die Hütten sind herrlich gelegen.
Drüben finde ich erst den Pfad hinauf nicht, steige steil die Wiese hoch, treffe dann auf den Pfad und folge ihm.
Auf halber Höhe liegt eine schöne Schafweide, die nicht so eben ist, wie sie aussieht.
Dann geht es einige Serpentinen hinauf und ich erreiche den Pass. Ich bin erstmal enttäuscht. Ich sehe den Pic du Midi gar nicht.
Meine Karte sagt dazu, dass ich erst auf dem Col de Larry bin und noch 100 Hm am Grat entlang hinauf zum Col d´Ayous steigen muss. Puh. Na gut. Schaff ich jetzt auch noch.
Und dann - der Ausblick!
Wow! Sofort sind die Strapazen des Tages vergessen.
Ich bin begeistert!
Hier treffe ich quasi Heike und Axel wieder, die von links den GR10 hochgestiegen sind und hier auch mächtig Höhenmeter in den Beinen hatten.
Meine Beine fühlen sich beim folgenden Abstieg etwas weich an, aber dann bin ich froh, es tatsächlich bis hierher geschafft zu haben!
Um 18:00 komme ich an der Ref. Ayous oberhalb des Sees an. Was für ein Blick!
Ich frage nach einem Zeltplatz und darf mein Zelt hinstellen, wo es mir gefällt.
Das mache ich auch sofort. Ich habe diese Dinge gerne erledigt, bevor ich mir hier anschließend ein Bier gönne.
Ich schaue auf der Wiese ein wenig herum. Schwierig. So viel Platz! Ich suche mir das Inselchen zwischen zwei Bächen aus, die in den See münden. Am Rand finde ich einen trockenen Flecken. Vor meiner Türe schwimmen viele kleine Fischlein im Bach.
Ein Bier trinke ich an der Refuge. Als hier die Sonne hinter dem Berg verschwindet und es kühl wird, nehme ich eine zweite Flasche mit hinunter zum Zelt. Auch hier sitze ich bald im Schatten. Nur der Berg wird noch herrlich angeleuchtet.
Kühe flanieren am Seeufer. Wolken steigen aus den Tälern und bedecken schon die niedrigeren Berge, wehen aber bald auch um die Spitze des Pic du Midi.
Einer meiner absoluten Lieblingsplätze in den Pyrenäen!
Ich bin so froh hier zu sein!
Ich kann mich gar nicht satt sehen ...