MTF-Kurven ohne Geheimnisse

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Hans-Peter R.

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Hallo,

sobald ein neues Objektiv von Nikon oder einem der alternativen Hersteller angekündigt ist, fragt sich die Community, was man wohl von der neuen Optik erwarten darf, wie sie sich verhält verglichen mit ihrem Vorgänger, mit den Alternativen anderer Anbieter oder sogar mit nicht-kompatiblen Anbietern wie etwa Objektiven aus dem Canon-Programm. Man wird Mutmaßungen anstellen, Hoffnungen und Befürchtungen äußern - letztendlich sich aber gedulden müssen, bis die ersten realen Bilder im Web von dem neuen Objektiv erscheinen und dann - mehr oder weniger subjektiv - entscheiden müssen, was nun davon zu halten ist. Eine praktikable, manchmal aber auch etwas unbefriedigende Methode.

Alternativ kann versucht werden, auf eher theoretische Informationen zurück zu greifen, die die Hersteller teilweise bereits bei der Ankündigung mit veröffentlichen. Eine dieser Informationen ist die sog. MTF-Kurve, eine Grafik, die dem mathematisch interessierten Fotografen viel sagen kann, dem Laien wird sie - auch wegen der vielen darin enthaltenen Abkürzungen - gerne mal ein ewig Rätsel bleiben wird.

Ich möchte mit diesem Mitmach-Thread versuchen, etwas Licht in die MTF-Mystik zu bringen. Ziel ist es nicht, dem Physiker noch detailliertere und theoretischere Informationen zu geben (dafür gibt es andere und bessere Quellen), sondern dem Normalo-Fotografen zu einer groben Peilung zu verhelfen, so dass er selbst entscheiden kann, ob er sich für die MTF-Kurven interessiert oder nicht.
Hierzu will ich in diesem Beitrag einen Einstieg bringen mit der Bitte an Euch, Ergänzungen, Korrekturen oder was auch immer zu posten, die dann hier einfließen sollen, so dass wir einen kompakten und verständlichen und weitestgehend mathematikfreien Überblick für den Einstieg haben.

Siehe dazu auch Wikipedia

Was bedeutet der Name MTF?
Die Abkürzung MTF steht für den englischen Begriff "Modulation Transfer Function", der gerne in das nicht minder sperrige deutsche Wort Modulationsübertragungsfunktion (MÜF) übersetzt wird. Die grafische Darstellung dieser Funktion ist die MTF-Kurve.

Was sagt die MTF aus?
Wenn das Licht von einem Motiv kommend an die Frontlinse eines Objektivs trifft, wandert es nicht ideal und völlig unverändert durch das Objektiv hindurch und wird auf den Sensor geworfen, sondern es wird (je nach Güte der verwendeten Optik) im Objektiv mehr oder weniger stark verändert. Diese Veränderung bedeuten leider immer eine Verschlechterung, nie eine Verbesserung nach unseren Vorstellungen. Unter anderem tritt auch immer eine Verschlechterung des Kontrastes an Helligkeitssprüngen dergestalt auf, das ein zunächst scharfkantiger Helligkeitssprung am Objektiv-Ausgang mehr oder weniger stark "verschliffen" bzw. "verwaschen" wird, so dass zwischen dem hellen und dem dunklen Bereich ein Grauzone (im wörtlichen Sinne) entsteht, die wir subjektiv als Unschärfe empfinden. Der Grad dieser Veränderung lässt uns darüber entscheiden, ob das Objektiv mehr oder weniger scharf abbildet bzw. ob es in der Lage ist, auch kleine Details deutlich und kontrastreich abzubilden.

Warum reicht nicht ein einzelner MTF-Wert?
Es hat sich gezeigt, dass zur Beurteilung eines Objektivs unterschiedliche große Hell-Dunkel Flächen betrachtet werden müssen - einfach deshalb weil das Maß der unscharfen Abbildung subjektiv sehr unterschiedlich empfunden wird, je nachdem ob die vollständige Helligkeit des Originals erreicht wird und diese den grauen Übergang dominieren, oder ob der graue Übergang verhindert, dass überhaupt noch die maximale bzw. minimale Helligkeit erreicht wird.

Was zeigt eine MTF-Kurve "normalerweise"?
Um obigem Sachverhalt für eine Rechnung oder eine Messung zu standardisieren, wurde ein synthetisches Motiv für den Eingang erfunden, bestehend aus abwechselnd schwarzen und weißen Streifen, die zunehmend schmaler werden. Je ein schwarzer und ein weißer Streifen zusammen ergeben ein sog. "Linienpaar". Wenn ein Physiker sagen will, dass die Linienpaare immer schmaler werden, dann sagt er, dass die "Ortsfrequenz des Kontrastes steigt". Nur falls das mal irgendwo gelesen wird.

Die MTF-Kurve zeigt nun ein Koordinatensystem, bei dem der normierte Ausgangskontrast (= bezogen auf den Eingangskontrast ... oder anders formuliert: Bildkontrast geteilt durch Objektkontrast) dargestellt wird als Funktion der Ortsfrequenz, also der Breite der Linienpaare. 100% (Kurve ganz oben) bedeutet, dass keinerlei Verluste auftreten, was eigentlich nur bei sehr, sehr breiten Linienpaare möglich ist. 0% (Kurve ganz unten) bedeutet, dass ein maximaler Verlust eingetreten ist. Konkret sind die Linienpaare am Objektiveingang (= Frontlinse) so schmal, dass am Objektivausgang (= Hinterlinse) nur ein homogener grauer Einheitsbrei heraus kommt. Die reale Welt befindet sich zwischen 0% und 100%, wobei sich jeder Fotograf natürlich freut, wenn die MTF-Kurve seines Objektivs über möglichst weite Strecken möglichst weit oben ist.

MBq_MTF.jpg

Grafik: MBq Lizenz: Creative Commons by-sa 3.0 de / Kurz

Gibt es eine Richtungsabhängigkeit?
Das Bildfeld und die Linsensysteme unserer Objektive sind rund und tatsächlich verändern sich ihre optischen Eigenschaften bzw. die Kontrastübertragung auch leicht, je nachdem, ob die Linienpaare von der Bildmitte nach außen gerichtet sind (ähnlich Siemens-Stern) oder ob die Streifen senkrecht dazu stehen (konzentrische Kreise um die Bildmitte herum). Erst wenn man beide Kontrast-Richtungen vermessen hat, kann man eine halbwegs plausible Aussage über das Objektiv und alle Kontrastrichtungen treffen.

Kontrast-Streifen (also Linienpaare), die von der Mitte nach außen verlaufen, nennt man "radiale" oder "sagittale" Kontraste. Kontrast-Streifen, die senkrecht dazu verlaufen, nennt man "tangentiale" oder "meridionale" Kontraste. Oft werden sowohl radiale und tangentiale (aka sagittale und meridionale) Kontraste gleichzeitig in einem MTF-Diagramm dargestellt.

(Bild folgt noch)​

Was zeigen MTF-Kurven in Datenblätter?
So ein Objektiv ist ein komplexes Gebilde und eigentlich hat es an jeder Stelle (Mitte, Rand, Ecke des Bildfelds) eine unterschiedliche Übertragungs-Charakteristik. Tatsächlich interessiert es uns im realen Leben normalerweise sehr viel mehr, wie ein Objektiv "am Rand und in den Ecken zeichnet" und sehr viel weniger, wie sich die Kontrastübertragung bei 24 und 26 Linienpaare pro Millimeter unterscheiden. Deshalb wird in den Datenblättern (wie sie beispielsweise bei Nikon gezeigt werden) eine andere Darstellung gewählt. Es werden zwei repräsentative Linienpaar-Breiten (aka Ortsfrequenzen) ausgewählt ... üblicherweise sind das 10 LP/mm für normale Details und und 30 LP/mm für sehr feine Details und es wird aufgezeigt, wie sich die Kontrastübertragung (relativ zum Maximalkontrast, gemessen in Prozent) über den Bildfeldradius von innen nach außen darstellt. Links an der Stelle 0 mm befinden wir uns in der Objektivmitte, rechts an der Stelle jenseit der 20 mm am Außenbereich des Bildfelds, das beispielsweise gerade noch für die Ecken unseres Sensors zuständig ist. Dies ist möglich, da die Objektiv-Linsen rund sind und sich die Übertragungscharakteristik lediglich dadurch unterscheidet, wie weit entfernt wir vom Mittelpunkt sind.

siehe MTF-Kurve von Nikon => Bilder => dann eines der MTF-Diagramme wählen.​

In den verlinkten, original Nikon MTF-Kurven sehen wir beispielsweise die Kontrastübertragung des neuen AF-S 80-400/4,5-5,6 bei 80 mm und Blende 4,5 bei

(Bild folgt noch)​

1) 10 Linienpaare/mm bei Kontrasten in Sagittalrichtung (S10, rot, durchgezogen)
2) 10 Linienpaare/mm bei Kontrasten in Meridionalrichtung (M10, rot, gepunktet)
3) 30 Linienpaare/mm bei Kontrasten in Sagittalrichtung (S30, blau, durchgezogen)
4) 30 Linienpaare/mm bei Kontrasten in Meridionalrichtung (M30, blau, gepunktet)

Logischerweise müssen die 30er Kurven immer schlechter sein als die 10er Kurven, weil sie kleinere Details abbilden und es müssen die Kurven nach rechts immer fallen, weil die Optiken an den Rändern normalerweise schlechter sind als als in der Mitte.

Ciao
HaPe
 
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Geht es hier im Kern um mehr als eine lineare Skalierung vom Aufnahmemedium auf das betrachtete Bild? Und wenn ja, kann das auch in einigen wenigen klaren Sätzen dargestellt werden?

Die Antwort auf diese Frage wird möglicherweise recht unterschiedlich ausfallen je nachdem wer sie beantwortet. Einen meiner Ansicht nach recht geglückten Versuch kurz und knapp darzustellen, worum es zumindest mir in meinen letzten Beiträgen geht, habe ich bereits in Beitrag #12 zitiert.

Für den Fall, das dieses Zitat überlesen worden sein sollte, hier noch einmal mit einigen von mir ergänzten Hervorhebungen:

"MTF is a measure of device or system sharpness, only indirectly related to the sharpness we perceive when we observe a print. To estimate perceived sharpness for a print of a given size, we need a formula that includes assumptions about [...] the human visual system (the human eye's Contrast Sensitivity Function (CSF))." Zitiert aus: http://www.imatest.com/guides/modules/sfr/

Meines Erachtens sind daher für den Bereich der fotografischen Anwendung (im Unterschied zu z. B. den Bereichen Entwicklung und Qualitätskontrolle etc.) die MTF von zum Beispiel Objektiven nur insoweit von praktischem (im Unterschied zu theoretischem) Interesse, als sich aus den in den MTF dargestellten unterschiedlichen "Abbildungsleistungen in der Fokalebene" verschiedener Objektive Schlüsse auf die visuelle Wahrnehmbarkeit der sich aus diesen unterschiedlichen "Abbildungsleitungen in der Fokalebene" ergebenden Unterschieden in den betrachteten Abbildungen ziehen lassen.

Und meiner Meinung nach ergeben sich diese für den Bereich der fotografischen Anwendung meines Erachtens letztlich maßgeblichen Schlüsse auf die visuelle Wahrnehmbarkeit unterschiedlicher "Abbildungsleitungen in der Fokalebene" nur durch die Bezugnahme auf

"assumptions about [...] the human visual system (the human eye's Contrast Sensitivity Function (CSF))."

also nicht allein schon und nur aus den "MTF selbst".

Und meines Erachtens sind übrigens die hier http://de.wikibooks.org/wiki/Digita...igenschaften#Kontrastempfindlichkeitsfunktion zu findenden deutschsprachigen Erläuterungen zum Thema "CSF" auch nicht viel schwieriger verständlich als die von falconeye empfohlenen Erläuterungen in dem Wikipedia-Artikel zum Thema "MTF" http://de.wikipedia.org/wiki/Modulationsübertragungsfunktion
 
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also nicht allein schon und nur aus den "MTF selbst".

Also im Grunde nichts anderes als die nahezu triviale Erkenntnis, dass die empfundene Schärfe eines Fotos neben dem dargestellten (Mikro-) Kontrast (der sich aus den MTF der beiteiligten Übertragungsglieder und dem Motivkontrast ergibt) u.a. auch davon abhängt, aus welcher Entfernung und in welcher Größe das Bild betrachtet wird und welche Ortsfrequenzen im Bild (bspw. in Lp/Bh) auf welchen Bereich des Frequenzbereichs pro Sehwinkel der Kontrastempfindlichkeit des Auges (CSF) skalieren.

Das wird sich wohl jeder vorstellen können, wenn er sich überlegt, welche Detailkontraste im Bild jeweils den Schärfeeindruck bestimmen, wenn das Bild aus völlig unterschiedlichen Entfernungen betrachtet wird. Und viele nutzen diese Erkenntnis längst, wenn sie je nach Ausgabegröße ihr Bild unterschiedlich nachschärfen.
 
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Also im Grunde nichts anderes als die nahezu triviale Erkenntnis, dass die empfundene Schärfe eines Fotos neben dem dargestellten (Mikro-) Kontrast (der sich aus den MTF der beiteiligten Übertragungsglieder und dem Motivkontrast ergibt) u.a. auch davon abhängt, aus welcher Entfernung und in welcher Größe das Bild betrachtet wird und welche Ortsfrequenzen im Bild (bspw. in Lp/Bh) auf welchen Bereich des Frequenzbereichs pro Sehwinkel der Kontrastempfindlichkeit des Auges (CSF) skalieren.

Und genau wegen der Trivialität dieser Erkenntnis fand ich die Auffassung von falconeye überraschend, dass sich - so (miss?)verstand ich ihn zumindest - der sich bei Betrachtung einer Fotografie ergebende und damit letztlich maßgebliche visuelle Wahrnehmungseindruck auch ohne Bezugnahme auf die CSF ermitteln ließe, sondern sich auch alleine bereits schon aus nur der MTF ergäbe.

Das wird sich wohl jeder vorstellen können, wenn er sich überlegt, welche Detailkontraste im Bild jeweils den Schärfeeindruck bestimmen, wenn das Bild aus völlig unterschiedlichen Entfernungen betrachtet wird.

Diesbezüglich bin ich mir nicht ganz so sicher wie Du. Dass die CSF für insbesondere das Tagessehen zum Beispiel zu niedrigen Ortsfrequenzen hin ebenfalls abfällt (also nicht nur zu den höheren hin), scheint mir zum Beispiel eine nicht ganz so allgemein bekannte Tatsache zu sein. Aber da mag ich mich natürlich täuschen. Auch die Redeweise von der "CSF des Auges" scheint mir manchmal nicht nur eine etwas unglückliche Metapher für "CSF der visuellen Wahrnehmung" zu sein, sondern ein Hinweis darauf, dass auch die Tatsache der unsere visuelle Wahrnehmung ja ganz maßgeblich bestimmenden neuronalen und kognitiven "Verabeitung" des Bildes auf der Netzhaut vielleicht nicht ganz so tief im allgemeinen Bewußstsein von an Fotografie Interessierten verankert ist wie du vermutest. Das scheint mir auch aus dem manchmal synonymen Gebrauch von "MTF des Auges" und "CSF der visuellen Wahrnehmung" hervorzugehen. Aber auch mit dieser Vermutung kann ich mich natürlich täuschen.
 
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Und genau wegen der Trivialität dieser Erkenntnis fand ich die Auffassung von falconeye überraschend, dass sich - so (miss?)verstand ich ihn zumindest - der sich bei Betrachtung einer Fotografie ergebende und damit letztlich maßgebliche visuelle Wahrnehmungseindruck auch ohne Bezugnahme auf die CSF ermitteln ließe, sondern sich auch alleine bereits schon aus nur der MTF ergäbe - also ohne die Bezugnahme auf die CSF.

Die CSF darf man wohl für diese Betrachtungen als konstant und gegeben annehmen. Die Skalierung der Ortsfrequenz auf die Frequenz über den Sehwinkel ist nichts anderes als eine Verschiebung der "x-Achse" der MTF-Kurven. Und dann ergibt sich der Schärfeeindruck eben doch aus der MTF, man darf nur nicht immer bei der gleichen Ortsfrequenz "nachgucken".
 
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Die CSF darf man wohl für diese Betrachtungen als konstant und gegeben annehmen. Die Skalierung der Ortsfrequenz auf die Frequenz über den Sehwinkel ist nichts anderes als eine Verschiebung der "x-Achse" der MTF-Kurven. Und dann ergibt sich der Schärfeeindruck eben doch aus der MTF,...

"Zur Auswertung der effektiven Kontrastübertragungsfunktion bei Betrachtung mit dem menschlichen Auge können die Kontrastübertragungsfunktion und die Kontrastempfindlichkeitsfunktion miteinander multipliziert werden". Zitiert aus: http://de.wikibooks.org/wiki/Digita...igenschaften#Kontrastempfindlichkeitsfunktion

Dass man nun für eine Multiplikation sowohl Multiplikand als auch Multiplikator braucht, also zur Ermittlung der für die visuelle Wahrnehmung von "Schärfe" bei Betrachtung einer Abbildung maßgeblichen "effektiven Kontrastübertragungsfunktion" (siehe oben) sowohl die MTF als auch die CSF, also natürlich nicht nur eine von beiden Funktionen, ist meines Erachtens streng genommen also tatsächlich eher "trivial" im Sinne von "eigentlich der Natur der Sache nach selbstverständlich". Darauf hast Du ja in Deinem Beitrag #22 auch bereits zu Recht hingewiesen.

...man darf nur nicht immer bei der gleichen Ortsfrequenz "nachgucken".

Ob dies tatsächlich eine im allgemeinen Bewußtsein der an Fotografie Interessierten gut verankerte Selbstverständlichkeit ist - und so könnte das "nur" in diesem Satz aus meiner Sicht vielleicht verstanden werden - bezweilfle ich. Ich vermute hingegen, dass man zum Beispiel bei Berechnungen, Überlegungen und Annahmen etc. zum Thema "Schärfe" dem Faktor "CSF" gewohnheitsmäßig deutlich seltener Beachtung schenkt, als zum Beispiel gewohnheitsmäßig dem Faktor "Pi" bei geometrischen Berechnungen, Überlegungen und Annahmen. Aber mit dieser Vermutung kann ich natürlich falsch liegen.
 
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Neben den interessanten Grundlagen der MTF-Charts finde ich ein praktisch relevante Thema zu wenig berücksichtigt: den Aufnahmeabstand der Kameraeinheit zum Chart. Nachdem Objektive nicht auf Nah-, Mittel- und unendliche Entfernungen gleich gut korrigiert sein können, werden auf unendlich auskorrigierte Objektive immer in einem für sie sub-obtimalen Entfernungsbereich getestet. Das verfälscht die Vergleichbarkeit von Ergebnissen schon, oder nicht?
 
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werden auf unendlich auskorrigierte Objektive immer in einem für sie sub-obtimalen Entfernungsbereich getestet. Das verfälscht die Vergleichbarkeit von Ergebnissen schon, oder nicht?

Das ist ein guter Punkt. Eine MTF gilt immer nur für die spezifizierte Entfernung (deren Angabe dann oft fehlt).

Lens Rentals hat da interessante Ergebnisse: zB. legt das 60er Macro an der D800 deutlich zu, wenn man es auf kürzeren Abstände als üblich testet.

Insofern ist also nicht jedes Objektiv auf Unendlich optimiert. Die meisten hingegen aber wohl schon, oder auf ca. 25-50x der Brennweite, da hier die meisten Tests stattfinden, die dann wiederum den Kaufanreiz geben. Allerdings wird der Unterschied zwischen 50x und Unendlich marginal ausfallen, da die entspr. Korrekturterme meist nur mit M und M^2 eingehen.

Danke für den Hinweis, diesen Aspekt haben wir hier bisher übersehen.
 
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Nachdem Objektive nicht auf Nah-, Mittel- und unendliche Entfernungen gleich gut korrigiert sein können, werden auf unendlich auskorrigierte Objektive immer in einem für sie sub-obtimalen Entfernungsbereich getestet.

Aus meiner Sicht muss man diesbezüglich insbesondere folgende Fragen auseinander halten:

- Für welche Aufnahmeentfernung ist ein bestimmtes Objektiv von seinem Hersteller optimiert worden?

Laut diesem http://www.hasselbladusa.com/media/1663143/the_evolution_of_lenses.pdf Artikel sind zum Beispiel die CF Objektive von Zeiss für das Hasselblad V-System von Zeiss für "unendlich" optimiert, nicht jedoch die von Fujinon gefertigten HC Objektive für das Hasselblad H-System. Zitat:

"Whereas CF lenses were optimized for infinity, HC lenses are optimized for more typical subject distances, ... "

- Welche Aufnahmeentfernung liegt einer von einem Hersteller veröffentlichten MTF-Kurve (im Einzelnen oder gegebenenfalls auch generell bei diesem Hersteller) zugrunde und welche Aufnahmeentfernungen liegen den von unabhängigen Testinstituten oder auch Einzelpersonen nach der Methodik von zum Beispiel Imatest oder Image Engineering etc. gewonnenen und dann veröffentlichten Daten jeweils zugrunde?

Zum Beispiel die von Leica (einer der wenigen Hersteller, die dazu überhaupt Angaben machen) in den Datenblättern für die Leica-Objektive veröffentlichten MTF-Kurven gelten alle ausnahmslos – wie Leica in den Datenblättern schreibt – "für große Aufnahmeentfernungen (unendlich)".

Das verfälscht die Vergleichbarkeit von Ergebnissen schon, oder nicht?

In dem weiter oben bereits verlinkten und im Zusammenhang dieses Themas hier meines Erachtens sowieso sehr lesenwerten Artikel von Michael J. Hußmann findet man auf den Seiten 12 bis 15 auch eine Reihe von MTF-Kurven, die beispielhaft aufzeigen, in welchem Maß und auf welche Art und Weise der Verlauf von gemessenen MTF-Kurven von der jeweiligen Aufnahmeentfernung abhängen kann, für welche Objektive einerseits optimiert sind und für welche andererseits die MTF gemessen wird.

Wie Dr. Nasse in seinen beiden hier bereits verlinkten Artikeln zu dem Thema "Wie liest man MTF-Kurven?" erläutert, wird das Ergebnis einer MTF-Messung auch durch die Fokuslage bei der Messung beeinflusst.

Warum das unter anderem so ist, wird aus meiner Sicht zum Beispiel in diesem Artikel http://www.imx.nl/photo/leica/apo-summicron-m-250-mm-asph.html in Bezug auf die Messungen für die sagittale und tangentiale MTF recht anschaulich, da mit einigen Grafiken bebildert, erläutert. Zitat (mit einigen kursiven Hervorhebungen von mir):

"The MTF results are always presented for the tangential and sagittal image planes (better curved surfaces). As can be seen from the image below, the idea of a flat plane surface is a theoretical construct. In reality there are three differently curved surfaces that join each other at the central axis of the lens. (P = Petzval surface, S = sagittal surface, T = tangential surface.) A small detail of the object will be focused more or less unsharp, depending on the surface it is projected onto. Because most objects in real space have depth, we will have a different depth impression when looking at the reproduced detail. The MTF graphs show nicely the difference in these curves, but one should realize that we are mostly looking at a mix of both representations."
 
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Hi!
Für welche Aufnahmeentfernung ist ein bestimmtes Objektiv von seinem Hersteller optimiert worden?
Richtig.
Allerdings kann ich aus meiner Praxiserfahrung - habe ja schon weit über hundert Objektive zerlegt und kaum weniger wieder erfolgreich zusammen gebaut - heraus behaupten,
dass es nur bei einer herkömmlichen Fokussierung, wo der ganze Linsensatz des Objektivs komplett vor und zurück bewegt wird, genau eine Aufnahmeentfernung geben wird, auf die der Linsensatz optimiert wurde.

Bei den heutigen Konstrukten, die entweder beim Fokussieren eine hintere Linsengruppe zum Nahaufnahme-Ausgleich mit bewegen (Nikons CloseRangeCorrection, wie beim AI 85/1.4er z.B.), nur die Hinterlinsengruppe zum Fokussieren benützen (wie beim AF 85/1.8 D z.B.), oder wie bei vielen "modernen" Objektiven eine Innenfokussierung mittels eines komplexen, bewegten Linsensatzes haben, kann man zumindest hoffen, dass das jeweilige Objektiv neben einer optimalen Aufnahmeentfernung auch noch einige andere hat, für welche die Korrektur annähernd ähnlich gut funktioniert.
 
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Hallo,

spontan eingefallen würde mir da der => und ob die durchaus beeindruckenden MTF-Kurven für diese Objektiv auch "nur" bei einem Abstand von 25 bis 50 mal der Brennweite (also 10 bis 20 Meter Motivabstand) gelten. Jenseits der 100 Meter können die Kurven ja wahrscheinlich nicht mehr stimmen.

Ciao
HaPe
 
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ob die durchaus beeindruckenden MTF-Kurven für diese Objektiv auch "nur" bei einem Abstand von 25 bis 50 mal der Brennweite (also 10 bis 20 Meter Motivabstand) gelten. Jenseits der 100 Meter können die Kurven ja wahrscheinlich nicht mehr stimmen.

Würde man unterstellen, dass dieses AF-S Nikkor 4/200-400 VR für "unendlich" optimiert ist und die "beeindruckenden MTF-Kurven" ebenfalls für "unendlich" angegeben sind, dann würde aus dem Beitrag von falconeye meines Erachtens folgen (wenn ich diesen Beitrag richtig verstanden habe), dass erst ab einer Aufnahmeentfernung kleiner als 50 x Brennweite die MTF-Messungen deutlich (im Sinne von größer als "marginal") andere Resultate ergeben sollten als bei "unendlich".

Hier http://www.hasselbladusa.com/media/1663143/the_evolution_of_lenses.pdf kann man sich auf den Seiten 12 bis 15 bei Interesse ja zum Beispiel einmal ansehen, welche Unterschiede sich für die MTF einiger für "unendlich" optimierter Zeiss CF Objektive einerseits - und einiger für im Studioalltag typische Aufnahmeentfernungen optimierter Fujinon HC Objektive andererseits - ergeben, je nachdem, ob die MTF-Messung jeweils bei "unendlich" oder zum Beispiel bei einer Aufnahmeentfernung von 1,2 m erfolgt - also bezogen auf zum Beispiel ein 100 mm Objektiv bei zum Beispiel 12 x Brennweite.

Ob man eventuelle Unterschiede in den MTF-Messungen bei "unendlich" und zum Beispiel "40 x Brennweite" oder "20 x Brennweite" etc. dann auch bei vergleichender Betrachtung der entsprechenden Bildergebnisse visuell wahrnehmen kann, ist meiner Meinung nach natürlich eine andere - beziehungsweise genauer gesagt - weitere Frage (siehe z. B. meine Beiträge zum Thema CSF).

Das gilt meines Erachtens sinngemäß auch für den Hinweis von Beuteltier in Beitrag #29. Denn sicherlich verringert zum Beispiel ein "floating element" solch einen Leistungsabfall im Nahbereich. Ob jedoch in einem Ausmaß, dass der vergleichsweise geringere Leistungsabfall dann auch bei Betrachtung der Bildergebnisse "ungesehen" bleibt, muss man dann entweder rechnerisch durch Bezugnahme auf zum Beispiel die CSF, oder praktisch - zumindest für die eigene visuelle Wahrnehmung - durch "Ausprobieren" klären.
 
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Wie wohl wird mir :)

Hatte grad vor Kurzem in einem anderen Forum eine Begegnung der unverstandenen Art.
Habe was zum Thema Siemensstern gesagt und wurde 'niedergemacht' mit der Argumentation, dass Messen was für Schwachkö.. ist (frei zusammengefasst).

Ich seh das anders - ihr in diesem Thread löblicherweise auch :up:
Um es gleich klar zu stellen: Siemenssterne sind nicht meine Lieblingsmotive, aber ein Mittel (wie andere Testverfahren) zum Messen objektivierbarer Kriterien.

Nun denn, eine Frage: gibt es in diesem Forum einen zu diesem Thread vergleichbaren zum Thema Siemensstern?

-Didix
 
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Hi!
Gibt es in diesem Forum einen zu diesem Thread vergleichbaren zum Thema Siemensstern?
Ist mir ad hoc nicht bekannt.
Wenn du die Suchmaschine im Forum anwirfst, findest du vermutlich mehrere Beiträge in denen das Wort Siemensstern vor kommt...

Ich arbeite seit Jahren mit einem Testchart, der so ähnlich wirkende Kreuze in den Ecken hat:

picture.php
 
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Hallo,

Habe was zum Thema Siemensstern gesagt und wurde 'niedergemacht' mit der Argumentation, dass Messen was für Schwachkö.. ist (frei zusammengefasst).
So krass wird das hier niemand ausdrücken, aber es gibt natürlich auch hier die beiden üblichen Lager. Man kann durchaus hervorragende Bilder knipsen, wenn man nie etwas von MTF-Kurven oder Siemenssterne gehört hat. Immerhin ist beides ja nur Mittel zum Zweck. Andererseits sind abstrakte aber objektive und nachvollziehbare Messergebnisse natürlich hervorragend geeignet um (mehr oder weniger) beobachtbare Phänomene auf den Punkt zu bringen und von persönlichen, subjektiven Annahmen zu befreien. Die Theoretiker verlieren gerne mal die Bodenhaftung und die Praktiker vergessen gerne mal, dass ihr Arbeitsgerät ohne Theorie nicht funktionieren würde.

Wenn Du es schaffst, mit einem theoretischen Ansatz einen echten Nutzen für die Praxis zu schaffen (auch bei denen, die sich für die Theorie nicht interessieren), dann bist Du der König des NF-F.

Nun denn, eine Frage: gibt es in diesem Forum einen zu diesem Thread vergleichbaren zum Thema Siemensstern?
nicht dass ich wüsste (zumindest in der letzten Zeit). Mach´ mal :D. Vorher aber ein neues Hemd kaufen, eine Nummer größer als sonst, damit das dicke Fell drunter passt :monster:.

Ciao
HaPe
 
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Hallo zusammen

Nochmals Gratulation zu dem Thread - gefällt mir :up:
Hab ihn komplett abgearbeitet, bei den zahlreichen Verweisen bin ich noch längst nicht durch. Werd aber tapfer ran gehen und hab schon einige der Paper ausgedruckt.

Die Theorie ist spannend, ich folge aber nun Hans-Peters Votum für die Praxis-Bezogenheit mit einem Beispiel.
Ich hab das neuere Bigma und frag mich, ob ich auf das neue Nikkor 80-400 wechseln soll.
Klare Bedingung für mich: Ein Crop aus einem 400mm Bild des Nikkors müsste mehr Bildinformation liefern als ein analoges Bild mit dem Sigma bei 500mm.

Naiv hätt ich jetzt mal angenommen, dass sich das über die Auflösung ermitteln lassen müsste.
Stimmt das?

Kann ich dazu eine vernünftige Aussage machen, wenn ich die MTF Charts der beiden Objektive vergleiche?

Nikkor: http://imaging.nikon.com/lineup/lens/zoom/telephotozoom/af-s_80-400mmf_45-56g_ed_vr/
Sigma: http://www.sigma-foto.de/fileadmin/content/MTF/mtf_50-500mmF4_5-6_3DGOS.jpg

Ich selbst hätte nun versucht, die Auflösung zu messen, aber das ist ja auch so ne Sache ..
Ich hab dazu nen Thread eröffnet und würde mich auch dort über eure Meinung freuen.
http://www.nikon-fotografie.de/vbul...fotografie/226493-testcharts.html#post2056030

-Didix
 
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Hi!
Kann ich dazu eine vernünftige Aussage machen, wenn ich die MTF Charts der beiden Objektive vergleiche?
Nach meinem Eindruck ist das Nikkor bei Offenblende merkbar "besser".
Wenn du ein Objektiv aber optimal aus reizen willst bezüglich Schärfe, Kontrastübertragung und minimaler Vignettierung, musst du um eine bis drei Stufen ab blenden. Dazu gibt es aber offenbar keine MTF-Kurven...
 
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Kann ich dazu eine vernünftige Aussage machen, wenn ich die MTF Charts der beiden Objektive vergleiche?
Wenn Du die echten MTF (also die "Frequenzgänge") hast, und zwar bei der Blende, bei der Du arbeitest und ggfs. nahe des Zentrums, da Du croppst, dann kannst Du diese Info ableiten. Aus diesen verkürzten Herstellerinfos bei nur 2 Frequenzen und nur einer Blende nicht.

Du kannst versuchen, die fehlende Info zu schätzen, aber das erfordert sehr viel Erfahrung und ist nicht fehlerfrei möglich. Im konkreten Fall kann ich es Dir nicht sagen, zumal es noch vom Pixelpitch der Kamera abhängt. Gefühlsmäßig würde ich sagen, das 80-400 löst an D7100 & Co. besser als das 50-500 auf, also mit mehr als 25% Unterschied.

Der Grund dafür ist der 30er Wert im Zentrum: beim Sigma schon auf 80% runter, beim Nikon noch auf 88%, also ca. doppelt so dicht dran an 100% wie das Nikon. Trotz grösserer Blende des Nikon. Das triggert mein Gefühl. Aber letztlich sind die reevanten MTF Daten unveröffentlicht.
 
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Danke an euch beide!

Wenn du ein Objektiv aber optimal aus reizen willst bezüglich Schärfe, Kontrastübertragung und minimaler Vignettierung, musst du um eine bis drei Stufen ab blenden.
Ja, das Sigma liefert bei f11 den 'besten Siemenskreis'.


Wenn Du die echten MTF (also die "Frequenzgänge") hast, und zwar bei der Blende, bei der Du arbeitest und ggfs. nahe des Zentrums, da Du croppst, dann kannst Du diese Info ableiten. Aus diesen verkürzten Herstellerinfos bei nur 2 Frequenzen und nur einer Blende nicht.

Du kannst versuchen, die fehlende Info zu schätzen, aber das erfordert sehr viel Erfahrung und ist nicht fehlerfrei möglich. Im konkreten Fall kann ich es Dir nicht sagen, zumal es noch vom Pixelpitch der Kamera abhängt. Gefühlsmäßig würde ich sagen, das 80-400 löst an D7100 & Co. besser als das 50-500 auf, also mit mehr als 25% Unterschied.

Der Grund dafür ist der 30er Wert im Zentrum: beim Sigma schon auf 80% runter, beim Nikon noch auf 88%, also ca. doppelt so dicht dran an 100% wie das Nikon. Trotz grösserer Blende des Nikon. Das triggert mein Gefühl. Aber letztlich sind die reevanten MTF Daten unveröffentlicht.

Ich kann Deinen Experten-Überlegungen folgen.
Leider sind die Kurven halt alles was ich hab.
Und leider ist es halt nicht so offensichtlich.

Allerdings bestätigst Du meine Hoffnung, dass meine Bedingung erfüllt werden könnte ..

"Ein Crop aus einem 400mm Bild des Nikkors müsste mehr Bildinformation liefern als ein analoges Bild mit dem Sigma bei 500mm."

.. was dann einen Upgrade sinnvoll erscheinen liess.

Nachdem ich die Sache mit der Multiplikation der MTF gelesen hab (hatte mir das vorher nie so überlegt) ist eigentlich auch klar, dass ich auf die D7100 umsteigen werde.
Zumal ich meinem Nikkor Micro 40 an der D7000 so 1500 lp/ph geben würde (subjektive Beurteilung des Siemenssterns).
Da darf ich mir mit der D7100 doch auch noch was erhoffen?

-Didix
 
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