MTF-Kurven ohne Geheimnisse

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Hans-Peter R.

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Hallo,

sobald ein neues Objektiv von Nikon oder einem der alternativen Hersteller angekündigt ist, fragt sich die Community, was man wohl von der neuen Optik erwarten darf, wie sie sich verhält verglichen mit ihrem Vorgänger, mit den Alternativen anderer Anbieter oder sogar mit nicht-kompatiblen Anbietern wie etwa Objektiven aus dem Canon-Programm. Man wird Mutmaßungen anstellen, Hoffnungen und Befürchtungen äußern - letztendlich sich aber gedulden müssen, bis die ersten realen Bilder im Web von dem neuen Objektiv erscheinen und dann - mehr oder weniger subjektiv - entscheiden müssen, was nun davon zu halten ist. Eine praktikable, manchmal aber auch etwas unbefriedigende Methode.

Alternativ kann versucht werden, auf eher theoretische Informationen zurück zu greifen, die die Hersteller teilweise bereits bei der Ankündigung mit veröffentlichen. Eine dieser Informationen ist die sog. MTF-Kurve, eine Grafik, die dem mathematisch interessierten Fotografen viel sagen kann, dem Laien wird sie - auch wegen der vielen darin enthaltenen Abkürzungen - gerne mal ein ewig Rätsel bleiben wird.

Ich möchte mit diesem Mitmach-Thread versuchen, etwas Licht in die MTF-Mystik zu bringen. Ziel ist es nicht, dem Physiker noch detailliertere und theoretischere Informationen zu geben (dafür gibt es andere und bessere Quellen), sondern dem Normalo-Fotografen zu einer groben Peilung zu verhelfen, so dass er selbst entscheiden kann, ob er sich für die MTF-Kurven interessiert oder nicht.
Hierzu will ich in diesem Beitrag einen Einstieg bringen mit der Bitte an Euch, Ergänzungen, Korrekturen oder was auch immer zu posten, die dann hier einfließen sollen, so dass wir einen kompakten und verständlichen und weitestgehend mathematikfreien Überblick für den Einstieg haben.

Siehe dazu auch Wikipedia

Was bedeutet der Name MTF?
Die Abkürzung MTF steht für den englischen Begriff "Modulation Transfer Function", der gerne in das nicht minder sperrige deutsche Wort Modulationsübertragungsfunktion (MÜF) übersetzt wird. Die grafische Darstellung dieser Funktion ist die MTF-Kurve.

Was sagt die MTF aus?
Wenn das Licht von einem Motiv kommend an die Frontlinse eines Objektivs trifft, wandert es nicht ideal und völlig unverändert durch das Objektiv hindurch und wird auf den Sensor geworfen, sondern es wird (je nach Güte der verwendeten Optik) im Objektiv mehr oder weniger stark verändert. Diese Veränderung bedeuten leider immer eine Verschlechterung, nie eine Verbesserung nach unseren Vorstellungen. Unter anderem tritt auch immer eine Verschlechterung des Kontrastes an Helligkeitssprüngen dergestalt auf, das ein zunächst scharfkantiger Helligkeitssprung am Objektiv-Ausgang mehr oder weniger stark "verschliffen" bzw. "verwaschen" wird, so dass zwischen dem hellen und dem dunklen Bereich ein Grauzone (im wörtlichen Sinne) entsteht, die wir subjektiv als Unschärfe empfinden. Der Grad dieser Veränderung lässt uns darüber entscheiden, ob das Objektiv mehr oder weniger scharf abbildet bzw. ob es in der Lage ist, auch kleine Details deutlich und kontrastreich abzubilden.

Warum reicht nicht ein einzelner MTF-Wert?
Es hat sich gezeigt, dass zur Beurteilung eines Objektivs unterschiedliche große Hell-Dunkel Flächen betrachtet werden müssen - einfach deshalb weil das Maß der unscharfen Abbildung subjektiv sehr unterschiedlich empfunden wird, je nachdem ob die vollständige Helligkeit des Originals erreicht wird und diese den grauen Übergang dominieren, oder ob der graue Übergang verhindert, dass überhaupt noch die maximale bzw. minimale Helligkeit erreicht wird.

Was zeigt eine MTF-Kurve "normalerweise"?
Um obigem Sachverhalt für eine Rechnung oder eine Messung zu standardisieren, wurde ein synthetisches Motiv für den Eingang erfunden, bestehend aus abwechselnd schwarzen und weißen Streifen, die zunehmend schmaler werden. Je ein schwarzer und ein weißer Streifen zusammen ergeben ein sog. "Linienpaar". Wenn ein Physiker sagen will, dass die Linienpaare immer schmaler werden, dann sagt er, dass die "Ortsfrequenz des Kontrastes steigt". Nur falls das mal irgendwo gelesen wird.

Die MTF-Kurve zeigt nun ein Koordinatensystem, bei dem der normierte Ausgangskontrast (= bezogen auf den Eingangskontrast ... oder anders formuliert: Bildkontrast geteilt durch Objektkontrast) dargestellt wird als Funktion der Ortsfrequenz, also der Breite der Linienpaare. 100% (Kurve ganz oben) bedeutet, dass keinerlei Verluste auftreten, was eigentlich nur bei sehr, sehr breiten Linienpaare möglich ist. 0% (Kurve ganz unten) bedeutet, dass ein maximaler Verlust eingetreten ist. Konkret sind die Linienpaare am Objektiveingang (= Frontlinse) so schmal, dass am Objektivausgang (= Hinterlinse) nur ein homogener grauer Einheitsbrei heraus kommt. Die reale Welt befindet sich zwischen 0% und 100%, wobei sich jeder Fotograf natürlich freut, wenn die MTF-Kurve seines Objektivs über möglichst weite Strecken möglichst weit oben ist.

MBq_MTF.jpg

Grafik: MBq Lizenz: Creative Commons by-sa 3.0 de / Kurz

Gibt es eine Richtungsabhängigkeit?
Das Bildfeld und die Linsensysteme unserer Objektive sind rund und tatsächlich verändern sich ihre optischen Eigenschaften bzw. die Kontrastübertragung auch leicht, je nachdem, ob die Linienpaare von der Bildmitte nach außen gerichtet sind (ähnlich Siemens-Stern) oder ob die Streifen senkrecht dazu stehen (konzentrische Kreise um die Bildmitte herum). Erst wenn man beide Kontrast-Richtungen vermessen hat, kann man eine halbwegs plausible Aussage über das Objektiv und alle Kontrastrichtungen treffen.

Kontrast-Streifen (also Linienpaare), die von der Mitte nach außen verlaufen, nennt man "radiale" oder "sagittale" Kontraste. Kontrast-Streifen, die senkrecht dazu verlaufen, nennt man "tangentiale" oder "meridionale" Kontraste. Oft werden sowohl radiale und tangentiale (aka sagittale und meridionale) Kontraste gleichzeitig in einem MTF-Diagramm dargestellt.

(Bild folgt noch)​

Was zeigen MTF-Kurven in Datenblätter?
So ein Objektiv ist ein komplexes Gebilde und eigentlich hat es an jeder Stelle (Mitte, Rand, Ecke des Bildfelds) eine unterschiedliche Übertragungs-Charakteristik. Tatsächlich interessiert es uns im realen Leben normalerweise sehr viel mehr, wie ein Objektiv "am Rand und in den Ecken zeichnet" und sehr viel weniger, wie sich die Kontrastübertragung bei 24 und 26 Linienpaare pro Millimeter unterscheiden. Deshalb wird in den Datenblättern (wie sie beispielsweise bei Nikon gezeigt werden) eine andere Darstellung gewählt. Es werden zwei repräsentative Linienpaar-Breiten (aka Ortsfrequenzen) ausgewählt ... üblicherweise sind das 10 LP/mm für normale Details und und 30 LP/mm für sehr feine Details und es wird aufgezeigt, wie sich die Kontrastübertragung (relativ zum Maximalkontrast, gemessen in Prozent) über den Bildfeldradius von innen nach außen darstellt. Links an der Stelle 0 mm befinden wir uns in der Objektivmitte, rechts an der Stelle jenseit der 20 mm am Außenbereich des Bildfelds, das beispielsweise gerade noch für die Ecken unseres Sensors zuständig ist. Dies ist möglich, da die Objektiv-Linsen rund sind und sich die Übertragungscharakteristik lediglich dadurch unterscheidet, wie weit entfernt wir vom Mittelpunkt sind.

siehe MTF-Kurve von Nikon => Bilder => dann eines der MTF-Diagramme wählen.​

In den verlinkten, original Nikon MTF-Kurven sehen wir beispielsweise die Kontrastübertragung des neuen AF-S 80-400/4,5-5,6 bei 80 mm und Blende 4,5 bei

(Bild folgt noch)​

1) 10 Linienpaare/mm bei Kontrasten in Sagittalrichtung (S10, rot, durchgezogen)
2) 10 Linienpaare/mm bei Kontrasten in Meridionalrichtung (M10, rot, gepunktet)
3) 30 Linienpaare/mm bei Kontrasten in Sagittalrichtung (S30, blau, durchgezogen)
4) 30 Linienpaare/mm bei Kontrasten in Meridionalrichtung (M30, blau, gepunktet)

Logischerweise müssen die 30er Kurven immer schlechter sein als die 10er Kurven, weil sie kleinere Details abbilden und es müssen die Kurven nach rechts immer fallen, weil die Optiken an den Rändern normalerweise schlechter sind als als in der Mitte.

Ciao
HaPe
 
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Hallo Hans-Peter,
schön, dass Du Dir die Mühe gemacht hast! :up:

Was mir dabei noch als Ergänzungen/Anmerkungen (weitgehend ungeordnet) in den Sinn kommt:

- Ein Hinweis auf die thematisch passenden PDFs von Zeiss wäre m.E. noch sinnvoll:
Wie liest man MTF- Kurven? (von H. H. Nasse)
Wie liest man MTF- Kurven? II (von H. H. Nasse)

- Die von Nikon veröffentlichten MTF-Kurven werden nur für die jeweilige Offenblende bestimmt, sind also nur eingeschränkt untereinander vergleichbar und zeigen die jeweils schlechtesten Werte des Objektivs, da sich die MTF Werte bei Abblendung verbessern (Optimum meist bei Abblendung um 2-3 Blendenstufen).

- Die u.a. von Nikon veröffentlichten MTF-Kurven basieren auf Berechnungen (Simulation der Objektiv Eigenschaften), es handelt sich also um keine Messergebnisse eines realen Objektivs.
Das schönt die Kurven teilweise merklich, da ein reales Objektiv kaum die optimalen Werte der ursprünglichen Rechnung erreicht (-> Toleranzen in der Fertigung und Konstruktion).

- Du ordnest der 10 LP/mm (Linienpaare pro Millimeter) Kurve "normale Details" zu, ich würde hier eher vom subjektiven Kontrasteindruck reden, und 30 LP/mm sind bei den heutigen Sensoren auch nicht mehr wirklich für sehr feine Details ausreichend.

- Wenn man Objektive anhand von MTF-Messungen vergleichen möchte, dann sollte man hierzu möglichst nur Werte aus jeweils einer Quelle heranziehen, da die Messergebnisse/Messverfahren ansonsten zu stark abweichen könnten.

MfG
Jürgen
 
Kommentar
Es ist eigentlich schon alles gesagt, danke HaPe und Lilien für eure Beiträge.

Als Hintergrundinfo vielleicht noch einige Details:

1. Die MTF ist der Helligkeitsteil der sogenannten "Optical Transfer Function" oder OTF, welche komplexe Zahlen liefert.

2. Die OTF eines Gesamtsystems ergibt sich durch das Multiplizieren der Teil-OTFs hintereinanderliegender optischer Systeme. Auch die Sensorabtastung und der Bayer-AA Filter gehören hier dazu.

3. Schärfung per USM ohne Clipping hat ebenfals eine MTF, deren Werte jedoch in einem mitteren Ortsfrequenzbereich 1 überschreiten. Daher lassen sich MTFs nicht mehr vergleichen, sobald geschärft wurde, der Kontrast geändert wurde, oder ein Demosaicing ausgeführt wurde.

4. Die MTF wurde früher rein analog auf einer optischen Bank mit einem angeschlossenen Messchreiber bestimmt, was schneller ging als heute digital a la Imatest...

5. Die OTF (gerichtet und in den Punkten der Bildebene) ist auch deshalb so wichtig, weil sie ein optisches System vollständig beschreibt. Sie ist also keine Messung im eigentlichen Sinn, sondern eine gleichwertige Beschreibung der Optik im Frequenzraum statt Ortsraum. Einige OTFs lassen sich durch mehr oder weniger einfache Formeln geschlossen ausdrücken.

6. Oft wird ein MTF50 Wert angegeben. Dies ist die kleinste Ortsfrequenz, bei der der MTF-Wert 0.5 ist. Rechnet man diese Ortsfrequenz in Pixel um, so ist diese Pixelzahl in etwa die Breite, über die eine Kante von 10% auf 90% ihrer Helligkeit ansteigt. 30 lp/mm sind z.B. Linien der Breite 1000 micron/60 = 33.3 micron oder 6.8 Pixel a 4.9 micron.

7. Will man wissen, welche Details noch sichtbar bleiben, wird i.d.R. die Ortsfrequenz für 5% Kontrast (MTF5) zitiert. Dieser Wert wird heutzutage leider kaum noch publiziert. MTF50-Werte nach agressiver Schärfung (a la photozone) sind ein (allerdings eher schlechter) Ersatz.

8. OTFs sind eine kontinuierliche (stetige) Funktion. Eine Aussage, wonach eine Optik eine gewisse Anzahl Pixel "auflöst", ist also eigentlich immer falsch.
 
Kommentar
...und es müssen die Kurven nach rechts immer fallen, weil die Optiken an den Rändern normalerweise schlechter sind als als in der Mitte.
Notwendig ist es streng genommen nicht, dass die Kontrastübertragungsleistung eines Objektivs mit zunehmender Bildhöhe geringer wird - aber das möchtest Du mit "normalerweise" ja wahrscheinlich auch zum Ausdruck bringen.

Die heute verfügbaren Glassorten und Fertigungsprozesse sowie auch das technologische Know-how ermöglichen es vom Grundsatz her durchaus, dies zu vermeiden. Warum findet man dann bei vielen Objektiven trotzdem einen derartigen "Randabfall"?:

Weil bei der Entwicklung eines Objektivs jeweils eine Entscheidung dazu getroffen wird, auf welchen Merkmalen vor dem Hintergrund des jeweils avisierten Verwendungszwecks, der Marktpositionierung und damit auch Preisstellung etc. jeweils die Schwerpunkte liegen sollen: geringe Kosten - geringes Gewicht – geringes Volumen – große Lichtstärke – geringe Verzeichnung – hohe Gleichmäßigkeit der Kontrastübertragungsleistung über das gesamte Bildfeld schon bei der Anfangsöffnung - bestmögliche Kontrastübertragungsleistung im Zentrum des Bildfeldes bei der Anfangsöffnung, geringer Leistungsabfall im Nahbereich – geringe künstliche Vignettierung – eine bestimmte Abbildungscharakteristik für die vor und hinter der Schärfeebene liegenden Motivbereiche – geringe Blendendifferenz – etc. etc.

Entsprechend findet man daher am Markt ja auch Objektive mit sehr unterschiedlichen Leistungsmerkmalen und bezogen auf einen konkreten Verwendungszweck daher auch sehr unterschiedlichen Vor- und Nachteilen.

Und unter diesen Objektiven sind ja durchaus auch solche, die - zumindest bei mittleren Blendenöffnungen - keinen Randabfall zeigen (zum Beispiel Makro- und Reproobjektive etc.) aber als "Preis" dafür vielleicht nicht durch besondere Lichtstärke oder Kompaktheit etc. glänzen.

Der prakische Nutzen der MTF-Kurven in den Datenblättern der Hersteller liegt nun genau darin, dass sie über eine Vielzahl dieser jeweiligen "Kompromiss-Charakteristiken" eines Objektivs Aufschluss geben, insbesondere dann, wenn sie – wie zum Beispiel in den Datenblättern von Zeiss und Leica – für mehrere Blendenöffnungen angegeben werden und um die Kurvenverläufe auch für die relative Beleuchtungsstärke (Vignettierung) und die relative Verzeichnung ergänzt sind.

Eine ganze Reihe dieser "Kompromiss-Charakteristiken" kann man jedoch diesen drei Kurven nicht entnehmen, wie zum Beispiel die Streulichtanfälligkeit oder den Charakter ihrer jeweiligen Farbwiedergabe (eher warm – eher neutral – eher kalt) etc. etc.

Eine Angabe lediglich der MTF-Kurven für die jeweils maximale Blendenöffnung und bei Zoom-Objektiven auch nur für die beiden Brennweitenextreme - wie zum Beispiel auf den Internetseiten von Nikon - ist meiner Meinung nach jedoch nur von vergleichsweise geringem Informationswert in Bezug auf die jeweilige "Kompromiss-Charakteristik" eines Objektivs und daher auch in Bezug auf seine Eignung für eine bestimmte praktische Anwendung.

Meiner Meinung nach findet man bei Interesse in der zum Beispiel hier http://de.leica-camera.com/photography/m_system/lenses/144.html unter "Wissenswertes" herunterladbaren Broschüre "Leica M Objektive – Ihre Seele und ihre Geheimnisse" viele recht anschauliche Beispiele dafür, in welcher Art und Weise und inwiefern sich aus den MTF-Kurven und sonstigen Angaben der Datenblätter Rückschlüsse auf die jeweilige "Kompromiss-Charakteristik" eines Objektivs ziehen lassen – und damit auch Rückschlüsse auf seine jeweilige Tauglichkeit im Rahmen einer bestimmten praktischen Anwendung.

Und da sich die Frage "besser" oder "schlechter" (geeignet) ja immer im jeweiligen Rahmen einer konkreten praktischen Anwendung stellt - und nicht abstrakt, also getrennt von einem solchen Rahmen - können diese Kurven bei der Auswahl eines für einen bestimmten Verwendungszweck besonders gut geeigneten Objektivs hilfreich sein.
 
Kommentar
Hallo,

vielen Dank für die interessanten Ergänzungen.

Notwendig ist es streng genommen nicht, dass die Kontrastübertragungsleistung eines Objektivs mit zunehmender Bildhöhe geringer wird - aber das möchtest Du mit "normalerweise" ja wahrscheinlich auch zum Ausdruck bringen.
ja, den Satz hatte ich hinterher auch gleich wieder bereut. Fallen müssen die Kurven nicht, aber sehr oft tun sie es und das korrespondiert dann mit unserer Erfahrung, dass Fotos in Richtung der Ränder bzw. Ecken schlechter werden. Wie Du sehr schön schreibst (und was von uns oft schwer zu ertragen ist) ist jedes Objektiv ein für den jeweiligen Einsatzzweck optimierter Kompromiss der optischen Möglichkeiten meistens wird der Abfall am Rand eher toleriert. Kaum hatte ich den Beitrag geschrieben fand ich eine MTF-Kurve, die nach rechts wieder anstieg :cool:.

Interessant und überraschend auch, dass in gewissen Grenzen aus den MTF-Kurven eine Aussage über das Bokeh des Objektivs abgeleitet werden kann. Das Bokeh wird ja dann als besonders angenehm empfunden, wenn das Unschärfescheibchen eines Spitzlichts möglichst rund und möglichst homogen ausgeleuchtet ist. Vorteilhaft sind hierbei bekanntermaßen eine möglichst runde Blende (d. h. viele Blendenlamellen, Lamellen abgerundet, etc.) aber auch der Umstand, dass Kontrastkanten in allen Ausrichtungen (horizontal, vertikal, schräg) möglichst gleichartig (!) behandelt (bzw. verunstaltet) werden. Das ist der Fall wenn die beiden MTF-Kurfen in Sagittalrichtung und in Meridionalrichtung (unabhängig von ihrer Position im Koordinatensystem) möglichst dicht zusammen verlaufen.

Systematisch habe ich diese für mich neue Information noch nicht verifiziert. Aber beim neuen AF-S 80-400 liegen die beiden Kurven ja auffällig dicht zusammen .. viel dichter als bei so manchen Edel-Linsen und dies auch nahe den Rändern (wo man ja das Bokeh normalerweise vermutet). Und zumindest bei den Bildern die ich bisher von diesem Objektiv gefunden habe, ist ein (für mein ungeschultes Auge) außerordentlich angenehmes Bokeh zu sehen.

Ciao
HaPe
 
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Das Bokeh wird ja dann als besonders angenehm empfunden, wenn das Unschärfescheibchen eines Spitzlichts möglichst rund und möglichst homogen ausgeleuchtet ist. Vorteilhaft sind hierbei [...] auch der Umstand, dass Kontrastkanten in allen Ausrichtungen (horizontal, vertikal, schräg) möglichst gleichartig (!) behandelt (bzw. verunstaltet) werden. Das ist der Fall wenn die beiden MTF-Kurfen in Sagittalrichtung und in Meridionalrichtung (unabhängig von ihrer Position im Koordinatensystem) möglichst dicht zusammen verlaufen.

Das liest und hört man ja in der Tat immer einmal wieder. Aber bislang leuchten mir die folgenden Argumente für die Gegenposition mehr ein:

"Als ideale MTF-Kurven werden oft solche bezeichnet, bei denen tangentiale und sagittale Werte im ganzen Bildfeld möglichst identisch sind, weil dann das
"Bokeh", also die Widergabe des deutlich unscharfen Hintergrundes, besonders gut sei.

Solche Behauptungen sind mit Vorsicht zu betrachten. MTF macht eigentlich nur Aussagen über die Schärfeebene oder die unmittelbare Umgebung. Und dort ist ein rundes Punktbild in der Tat von Vorteil, weil es kleine Details am originalgetreuesten wiedergibt, mit größter Ähnlichkeit der Form. Das ist z.B. wichtig für die Lesbarkeit von Schrift.

Aber über die Helligkeitsverteilung im stark defokussierten Punktbild kann man aus MTF-Daten keine Schlüsse ziehen. Es gibt Objektive mit schön parallel verlaufenden tangentialen und sagittalen MTF-Kurven, die aber sphärisch stark überkorrigiert sind. Dieser Korrektionszustand verursacht ringförmige defokussierte Punktbilder, die in Spitzlichtern und in Doppellinien sichtbar werden und einen unruhig wirkenden Hintergrund erzeugen. Den MTF-Daten sieht man aber diese unschöne Eigenschaft nicht an."


Zitiert aus: http://www.zeiss.de/C12567A8003B8B6F/EmbedTitelIntern/CLN_30_MTF_de/$File/CLN_MTF_Kurven_DE.pdf Seite 33 oben unter der Zwischenüberschrift "Bokeh".
 
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...weil das Maß der unscharfen Abbildung subjektiv sehr unterschiedlich empfunden wird,...

Will man wissen, welche Details noch sichtbar bleiben...

Die MTF-Kurven können Aufschluß über die berechen- und/oder messbaren Unterschiede in der Kontrastübertragung der in der Fotografie zum Einsatz kommenden Gerätschaften (Objektive, Sensoren, Filmmaterialien, Scanner, Drucker, Vergrößerungs- und Projektionsobjektive etc.) sowie auch über die Unterschiede in der Kontrastübertragung der aus solchen Gerätschaften bestehenden Gesamtketten vom fotografierten Motiv bis zum betrachteten Bild geben.

Aber bezüglich der für die Praxis eigentlich ja vielleicht spannendsten Frage, welche dieser berechen- bzw. messbaren Unterschiede in der Kontrastübertragung auch in unserer subjektiven Wahrnehmung als unterschiedlich wahrgenommen werden, geben diese Funktionswerte rein für sich genommen keinen Aufschluss.

Ein Ansatz zur Klärung dieser (auch) für die fotografische Praxis vielleicht nicht ganz uninteressanten Fragestellung leitet nun aus den Ergebnissen der Humanwissenschaften (zwei Beispiele aus der Augenheilkunde: http://www.dog.org/wp-content/uploads/2010/02/QuaSi2008OphthalmologeKontrast.pdf - http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/8709/pdf/Dissertation_K.Hoellerhage_online.pdf) in Bezug auf die Kontrastwahrnehmung des Menschen die so genannte "Kontrastempfindlichkeitsfunktion" (KEF - engl. CSF) ab und gewinnt durch Integration des Produkts von Kontrastübertragungsfunktion und Kontrastempfindlichkeitsfunktion über alle Ortfrequenzen eine Größe für die effektive Kontrastübertragung bei Betrachtung durch den Menschen: http://de.wikibooks.org/wiki/Digita...igenschaften#Kontrastempfindlichkeitsfunktion
 
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Die MTF-Kurven können Aufschluß über die berechen- und/oder messbaren Unterschiede in der Kontrastübertragung ...
Aber bezüglich der für die Praxis eigentlich ja vielleicht spannendsten Frage, welche dieser berechen- bzw. messbaren Unterschiede in der Kontrastübertragung auch in unserer subjektiven Wahrnehmung als unterschiedlich wahrgenommen werden, geben diese Funktionswerte rein für sich genommen keinen Aufschluss.
Ich möchte das hier so nicht stehen lassen.

Die OTF(f,r,alpha) (f: Frequenz, r:Abstand vom Zentrum, alpha:Linienwinkel) ist eine vollständige Beschreibung eines optischen Systems für weisses Licht, nur in einem fotografisch weniger vertrauten Koordinatensystem. Das Wort "Kontrastübertragung" dafür verleitet zu falschen Schlussfolgerungen, wie auch der, hier kämen Aspekte des menschlichen Auges zu tragen, oder müssten beachtet werden.

Alles in der Praxis Relevante lässt sich aus der MTF ableiten, von Bokeh, Verzeichnung, Vignettierung und Streulicht abgesehen.

Allenfalls kämen Aspekte des menschlichen Auges zu tragen, wenn man die MTF (eine Funktion) zu einer einzelnen Kennzahl (wie MTF50) zu komprimieren versuchte. Aber auch das wird in der Praxis scheitern, da die Bildnachbearbeitung die Charakteristik komplett verändern kann. Ich persönlich favorisiere die Nennung von MTF50 und MTF5 (oder zur Not MTF20) für ungeschärfte Auswertung.
 
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Die OTF(f,r,alpha) (f: Frequenz, r:Abstand vom Zentrum, alpha:Linienwinkel) ist eine vollständige Beschreibung eines optischen Systems für weisses Licht
Das ist korrekt.

Alles in der Praxis Relevante lässt sich aus der MTF ableiten,...
"Alles in der Praxis Relevante" ganz gewiss nicht. Denn zum Beispiel

"Für die Betrachtung der optischen Abbildungen durch Menschen ist nur der Bereich der Ortsfrequenzen interessant, der entsprechend der Contrast Sensitivity Function (CSF, zu deutsch: Kontrastempfindlichkeitsfunktion) überhaupt wahrgenommen werden kann."

Zitiert aus: http://de.wikibooks.org/wiki/Digita...igenschaften#Kontrastempfindlichkeitsfunktion

Die hier thematische "Praxis" ist ja die Fotografie. Und deren Resultat ist das für die Betrachtung durch uns Menschen, also für unsere visuelle Wahrnehmung bestimmte Bild.

Und nicht nur ein Objektiv, oder auch andere technische Gerätschaften der Kette vom Motiv bis zum betrachteten Bild, "verändern", wie Hans-Peter in seinem ersten Beitrag schreibt, den Motivkontrast, sondern diesen verändert auch das letzte Glied der Kette - unsere visuelle Wahrnehmung. Und mit diesem letzten Glied meine ich natürlich auch nicht allein "das Auge", denn zum Beispiel der Sehnerv und nicht zuletzt auch das Organ zwischen unseren Ohren leisten ja auch nicht ganz unerhebliche Beiträge zu unserer visuellen Wahrnehmung - auch der von Fotografien.

Und diese "Veränderung" durch unsere visuelle Wahrnehmung beschreibt keine MTF, übrigens auch nicht die für die Linsen in unseren Augen, sondern zum Beispiel besagte KEF bzw. CSF, in deren Funktionswerte auch die neuronale Verarbeitung des auf der Netzhaut vorliegenden Bilds eines betrachteten Fotos Eingang findet. Und ohne diese neuronale Verarbeitung wäre das Bild des betrachteten Fotos auf der Netzhaut ja ziemlich für die Katz und damit die ganze "Praxis" der Fotografie.

Mehr über die CSF und ihren Zusammenhang mit der Fotografie bei Interesse auch zum Beispiel hier:
http://www.normankoren.com/Tutorials/MTF.html#Human_visual_acuity
http://www.imatest.com/docs/sqf/
 
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Vielen Dank fuer eure Beitraege zum Thema. Man liest ja immer viel ueber die Kurven, in Foren gerne als Referenz fuer die Qualitaet eines neuen Objektivs gesehen, aber wenn man dann mal nachfragt, kann einem kaum jemand sagen, warum eine Kurve besser als die andere ist.

Werde mich nicht unbedingt danach richten wenn ich mir mal was neues kaufe, aber zumindest ist jetzt Verstaendnis da, worum es da ueberhaupt geht. :up:
 
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"Für die Betrachtung der optischen Abbildungen durch Menschen ist nur der Bereich der Ortsfrequenzen interessant, der entsprechend der Contrast Sensitivity Function (CSF, zu deutsch: Kontrastempfindlichkeitsfunktion) überhaupt wahrgenommen werden kann."
Danke für den erneuten Hinweis, aber er hat muMn keinen Bezug zu meinem Einwand. Wir müssen das aber nicht ausdiskutieren ...
 
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Danke für den erneuten Hinweis, aber er hat muMn keinen Bezug zu meinem Einwand. Wir müssen das aber nicht ausdiskutieren ...
Wenn Du diese Deine Meinung - warum auch immer - nicht begründen und diskutieren magst, dann ist das (zumindest aus meiner Sicht) schade. Denn mich hätte durchaus interessiert, aus welchen Gründen im Einzelnen Du der Meinung bist,

"Alles in der Praxis Relevante lässt sich aus der MTF ableiten, von Bokeh, Verzeichnung, Vignettierung und Streulicht abgesehen."

Diese Meinung finde ich nämlich verwunderlich, insbesondere von Seiten eines derart Sachkundigen. Denn zum Beispiel alleine schon die Auswahl der Ortsfrequenzen, für welche die MTF in den Datenblättern der Hersteller angegeben sind, basiert ja auf den in die CSF eingehenden Erkenntnissen der Humanwissenschaften zu der Frage, welche Ortsfrequenzen für den visuellen Wahrnehmungseindruck "scharf" und "detailreich" etc. "in der Praxis relevant" sind.

Und sogar die Tatsache selbst, dass man begann, sich überhaupt für die Messung, Berechnung und Darstellung von MTF-Kurven zu interessieren, hatte ja den Grund, dass man festgestellt hatte, dass für den letztlich "in der Praxis relevanten" visuellen Wahrnehmungseindruck die Auflösung allein nicht entscheidend ist: "What really matters, is the contrast rendition within that part of the range in which detail can actually be perceived by the human eye at normal viewing distance." Zitiert aus:

http://www.zeisscamera.com/images/doc/LensResolution/Page1_small.jpg
http://www.zeisscamera.com/images/doc/LensResolution/Page2_small.jpg
http://www.zeisscamera.com/images/doc/LensResolution/Page3_small.jpg
http://www.zeisscamera.com/images/doc/LensResolution/Page4_small.jpg

Und auch für die Beurteilung der MTF-Kurven zum Beispiel im Hinblick auf die Wahl des für einen bestimmten praktischen Einsatzzweck besonders gut geeigneten Objektivs ist es doch nicht ohne "praktische Relevanz", ob bei Betrachtung der Bildresultate bereits ein Unterschied zwischen den MTF-Werten der zur Auswahl stehenden Objektive bei zum Beispiel der Ortsfrequenz 10 lp/mm von zum Beispiel nur 0,02 (oder 2%) visuell wahrnehmbar sein wird, oder erst ein Unterschied von zum Beispiel mindestens 0,1 (oder 10%).

Daher leuchtet mir bezüglich der Praxisrelevanz der MTF-Kurven die im Folgenden aus http://www.imatest.com/guides/modules/sfr/ zitierte Meinung

"MTF is a measure of device or system sharpness, only indirectly related to the sharpness we perceive when we observe a print. To estimate perceived sharpness for a print of a given size, we need a formula that includes assumptions about [...] the human visual system (the human eye's Contrast Sensitivity Function (CSF))."

deutlich mehr ein als Deine oben nach dem ersten Absatz zitierte Meinung ("Alles in der Praxis Relevante..."), die ich aus den oben erläuterten Gründen verwunderlich finde, und deren Begründung mich daher interessiert hätte.
 
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Wie kommt man nun auf der Grundlage der CSF zu einer begründeten Annahme in Bezug darauf, ob die aus den MTF-Kurven von zum Beispiel zwei verschieden Objektiven beziehungsweise zwei kompletten Übertragungsketten ersichtlichen Unterschiede auch im letztendlich betrachteten Bild visuell wahrnehmbar sein werden oder eher nicht?:

Die MTF der Übertragungskette ergibt sich durch Multiplikation der MTF der einzelnen Kettenglieder.

Aus den im Motiv vorliegenden Kontrasten und der MTF der "Übertragungskette" ergeben sich die im letztendlich betrachteten Bildergebnis vorliegenden Kontraste.

Aus der CSF lässt sich nun entnehmen, bei welcher Ortsfrequenz (in der CSF in der Regel in "cycles/deg" angegeben - deutsch: "Perioden bzw. Linienpaare pro 1 Grad Sehwinkel") welcher Schwellenwert (JND – just noticeable difference) für die visuelle Kontrastwahrnehmung vorliegt. Zu beachten ist dabei, dass der in der CSF angegebene Wert für die Kontrastempfindlichkeit bei einer bestimmten Ortsfrequenz (cycles/deg) immer gleich dem Kehrwert desjenigen Schwellenwerts für den Kontrast ist, der bei dieser Ortsfrequenz (cycles/deg) gerade noch visuell wahrnehmbar ist: Kontrastempfindlichkeitswert = 1/Schwellenwert für die Kontrastwahrnehmung.

Da ja nun die Angaben in der CSF sowieso in aller Regel in "cycles/deg" oder deutsch "Perioden bzw. Linienpaare pro 1 Grad Sehwinkel" erfolgen, kann man auf der Grundlage der CSF also mit Hilfe der Trigonometrie für jeden beliebigen Betrachtungsabstand und jedes beliebige Bildformat (denn aus diesen beiden Größen ergibt sich ja der Sehwinkel unter welchem das Bild gesehen wird) rechnerisch zu einer Annahme in Bezug darauf gelangen, ob sich Unterschiede zwischen den MTF unterschiedlicher Übertragungsketten oder unterschiedlicher Kettenglieder im letztendlich betrachteten Bild in einer Weise manifestieren werden, die bei einem bestimmten Format des letztlich betrachteten Bildergebnisses und einem bestimmten Betrachtungsabstand über oder unter der Wahrnehmungsschwelle für die Kontrastwahrnehmung liegt.

Beispiel:

Betrachtet man ein mit einer Kleinbildkamera und einem Objektiv mit 50 mm Brenweite aufgenommene fotografische Abbildung unter dem vertikalen Sehwinkel von 27 Grad, so entspricht dieser vertikale Sehwinkel dem vertikalen Bildwinkel dieses Objektivs. Daraus ergibt sich bei Betrachtung der gleiche perspektivische Eindruck wie vom Standpunkt der Aufnahme aus.

Bei der Betrachtung unter diesem "perspektivisch korrekten" Sehwinkel ergäbe sich aus dieser CSF http://de.wikibooks.org/wiki/Datei:CSF.against.angular.frequency.in.cycles.per.degree.png diese CSF http://de.wikibooks.org/wiki/Datei:CSF.against.spatial.frequency.in.cycles.per.image.height.png für den vertikalen Sehwinkel 27 Grad. Bei dieser ist die Kontrastempfindlichkeit entsprechend nicht für "Linienpaare pro 1 Grad Sehwinkel" angegeben, sondern für "Linienpaare pro Bildhöhe (beim vertikalen Sehwinkel von 27 Grad)".

Würde man nun den Kontrast kennen, welchen diese fotografische Abbildung an einer bestimmten Stelle und bei einer bestimmten Ortsfrequenz ("Linienpaare pro Bildhöhe") aufweist, so kann man dann dieser CSF für zum Beispiel den vertikalen Bildwinkel 27 Grad entnehmen, ob der in dieser Abbildung an dieser Stelle und bei dieser Ortsfrequenz (Linienpaare pro Bildhöhe) vorliegende Kontrast über oder unter dem in der CSF für diese Ortsfrequenz (Linienpaare pro Bildhöhe) genannten Schwellenwert für die visuelle Kontrastwahrnehmung liegt.

Da die Kontrastempfindlichkeit in den im Internet und in der Literatur zu findenden CSF nicht immer einheitlich angegeben wird, hier noch eine Umrechnungstabelle: http://medical-dictionary.thefreedictionary.com/Contrast+threshold+function

Für Interessierte, die es vielleicht gerne selbst einmal für einige (fiktive oder reale) Beispiele zumindest näherungsweise ausrechnen möchten, hier noch einmal eine CSF für photopisches Sehen (Tagessehen), auf welche derzeit in der Literatur recht häufig Bezug genommen wird: http://de.wikibooks.org/wiki/Digita...igenschaften#Kontrastempfindlichkeitsfunktion. Hier der dieser CSF entsprechende Kurvenverlauf:http://de.wikibooks.org/wiki/Datei:CSF.against.angular.frequency.in.cycles.per.degree.png

Eine CSF-Kurve auch für das mesopische und skotopische Sehen findet man zum Beispiel hier ("FIGURE 247" ganz unten): http://www.telescope-optics.net/eye_intensity_response.htm.

Auch für das Farbsehen gibt es übrigens eine "CCSF" ("Colour Contrast Sensitivity Function"):
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1193381/pdf/jphysiol00580-0382.pdf
http://mono.eik.bme.hu/~samu/publications/007_rochester.pdf

Und da wir hier ja in der "Theorieabteilung" dieses Forums sind, sei mir noch ein kurzer Hinweis darauf gestattet, dass die Bezugnahme auf die humanwissenschaftlichen Erkenntnisse in Bezug auf die visuelle Wahrnehmung im Allgemeinen und die CSF im Besonderen in vielen Bereichen der Computergrafik und Bildbearbeitung (im jeweils weitesten Sinne) eher die Regel als die Ausnahme ist. Einige Beispiele:

http://www.graphics.cornell.edu/pubs/1997/FPSG97.pdf
http://www.cs.ucf.edu/~sumant/publications/EG2002.pdf
http://pdf.aminer.org/000/346/973/visible_edges_thresholding_a_hvs_based_approach.pdf

Und zu guter Letzt noch ein Beispiel für einen die CSF berücksichtigenden Algorithmus "for the Assessment of Image Fidelity ... The Visible Differences Predictor ... Intended to be used in the development of image-processing algorithms, imaging system hardware, and imaging media,...": http://www.ece.mtu.edu/faculty/ztian/ee5950/Ong_article.pdf

Zur Beantwortung der in Bezug auf solche MTF-Kurven häufig aufgeworfenen Frage "Ja, sieht man denn solche rechnerisch oder messtechnisch ermittelten und dann zum Beispiel in MTF-Kurven publizierten Unterschiede auch in der Praxis?" gibt es neben dem Hinweis "Ausprobieren" also durchaus auch naturwissenschaftlich fundierte alternative Herangehensweisen. Ob diese in der persönlichen fotografischen Praxis jedoch letztlich zielführender und empfehlenswerter sind als der persönliche Eindruck eines "Praxistests", steht meines Erachtens jedoch auf einem anderen Blatt.

In Bezug auf die Auswahl von zum Beispiel Objektiven nutze ich selbst solche MTF-Kurven etc. (falls Hersteller sie überhaupt in einer aus meiner Sicht aussagekräftigen Weise veröffentlichen) zum Beispiel für eine grobe Vorausscheidung derjenigen Objektive, aufgrund deren Daten ich vermute, dass sie für einen bestimmten Einsatzzweck eher weniger geeignet sein werden. Was es dann bei einer solchen "Negativauswahl aufgrund der Datenlage" in eine engere Auswahl geschafft hat, das probiere ich dann lieber selbst im Rahmen meiner ganz normalen fotografischen Praxis aus (also nicht durch "Testaufnahmen"), im Zweifel auch über einen längeren Zeitraum.
 
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Denn zum Beispiel alleine schon die Auswahl der Ortsfrequenzen, für welche die MTF in den Datenblättern der Hersteller angegeben sind, basiert ja auf den in die CSF eingehenden Erkenntnissen der Humanwissenschaften zu der Frage, welche Ortsfrequenzen für den visuellen Wahrnehmungseindruck "scharf" und "detailreich" etc. "in der Praxis relevant" sind.

...
ich aus den oben erläuterten Gründen verwunderlich finde, und deren Begründung mich daher interessiert hätte.
Ok, dann in ganz knapp: Du verwendest den Begriff MTF völlig inkonsistent. Mal als Frequenz (das ist falsch), mal als Kontrastwert (auch falsch), mal als komplexwertige Funktion der Frequenz (auch falsch), mal als reelwertige Funktion der Frequenz (korrekt). Konsistent verwendet, ergeben sich meine Aussagen.

Anm., die von Herstellern angegebenen MTF-Kurven zeigen keine MTFs! (sondern nur 2-4 willkürlich daraus gewählte Punkte, vgl. auch das Eingangsposting des Threads, das Posting von Lilien mit der Quelle zu Dr. Nasse sowie mein erstes Posting hierzu im Thread, vor allem die Punkte 5. bis 8. dort)
 
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Konsistent verwendet, ergeben sich meine Aussagen.

Danke für die Erläuterung Deiner Sichtweise. Dann haben wir diesbezüglich wohl vielleicht tatsächlich einfach unterschiedliche Ansichten oder lesen vielleicht auch nur unsere jeweiligen Beiträge etwas zu flüchtig. Mit MTF "meine" ich im Übrigen stets dies: http://de.wikipedia.org/wiki/Modulationsübertragungsfunktion

Wenn aus Deiner Sicht übrigens der synonyme Gebrauch von "Modulationsübertragungsfunktion" und "Kontrastübertragungsfunktion" unzulässig ist und zu Missverständnissen führt, dann kannst Du diesen Wikipedia-Artikel ja bei Gelegenheit vielleicht einmal entsprechend überarbeiten, oder eine solche Überarbeitung gegebenenfalls anregen.

Zu Deiner "Anm.":

Meiner Auffassung nach ergibt sich, wie meiner Meinung nach übrigens in aller Regel wenn Menschen miteinander reden oder sich schreiben etc., aus dem Kontext meiner Beiträge recht unaufwändig, was ich jeweils meine. Und im Zweifel kann man ja bei Interesse auch hier einmal nachfragen was genau gemeint ist - also ganz so wie ansonsten in Gespräch und Schriftverkehr etc. ja auch.

Und nachdem Hans-Peter in seinem ersten Beitrag geschrieben hatte "Die grafische Darstellung dieser Funktion ist die MTF-Kurve" (Hervorhebung Pesch), und es dazu keine Beschwerden gab, weil wohl jeder verstanden hatte, was Hans-Peter meint, dachte ich irrtümlich, dass vielleicht auch meine Beiträge ohne das von Dir vom Grundsatz her natürlich zu Recht angemahnte letzte Quäntchen begrifflicher Präzision verständlich sein würden. Man möge dieses Missverständnis entschuldigen. Und bei Interesse erläutere ich auf entsprechende Nachfrage hin auch gerne, was genau ich an einer bestimmten Stelle meiner Beiträge mit einer bestimmten Formulierung oder einem bestimmten Wort oder einer bestimmten Abkürzung etc. jeweils meine.
 
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Hallo,

Und nachdem Hans-Peter in seinem ersten Beitrag geschrieben hatte [...]
falls ich fehlerhaft formuliert habe, bitte ich um Entschuldigung und wäre für eine Korrektur dankbar. Noch wichtiger wäre mir, wenn wir es schaffen könnten, diesen Thread interessant und offen halten zu können ... insbesondere für alle, die kein technisches oder wissenschaftliches Studium hinter sich haben. Die eigentliche Intension war es, den mathematisch eher weniger interessierten Fotografen die Welt der MTF-Kurven zu erschließen. Ihr habt es in mit Euren Beiträgen in der der Hand, ob wir den Bogen noch kriegen, dies zu erreichen. Dazu wäre es aber dringend erforderlich, von den zweifelsfrei (mehr oder weniger) korrekten Details wieder etwas mehr Bodenhaftung zu bekommen. Ich bitte um Eure Kooperation.

Danke
HaPe
 
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ch bitte um Eure Kooperation.

Mein Punkt, bevor er hinterfragt wurde, war ein ganz einfacher;

Die MTF enthält alle relevanten Infos, soweit uns Fotographen die Abbildungsleistung in der Fokalebene betrifft. Die Wikipedia-Definition für MTF ist hier völlig ausreichend. Abgekürzt als mtf(f). Ggfs. auch mal den Zeiss-Artikel von Dr.Nasse lesen, wie oben verlinkt.

Aber: Aus der MTF abgeleitete Größen, wie die MTF50 Frequenz oder eine von Hans-Peter hier vorgestellte "MTF-Kurve", enthält weit weniger Information. Statt nun aber zu philosophieren, welche Bedeutung dieser Teilmenge zukommt, konsultert man i.d.R. einfach die MTF selbst.

Nutzt nun jemand den Begriff MTF unsauber oder wechselt gar unterwegs die Begrifflichkeit, ohne es zu bemerken, ergeben sich i.d.R. keine sinnvollen Aussagen mehr.
 
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den mathematisch eher weniger interessierten Fotografen die Welt der MTF-Kurven zu erschließen.

Und für die ist vielleicht die Analogie mit Frequenzgängen in der Audiotechnik hilfreich. In der Audiotechnik wird dabei das Übertragungsverhalten eines zeitlich veränderlichen Signals beschrieben, das, Hr. Fourier sei Dank, grob gesprochen in seine Frequenzanteile zerlegt werden kann. Die Frequenz wird in Perioden/Sekunde oder eben Hz angegeben. Und wie nun welcher Frequenzanteil übertragen wird, gibt der Frequenzgang an. Wenn ohne Verstärkung oder Abschwächung übertragen wird, also zu 100% oder einfach 1, wird das als 0dB angegeben, wird ein Signal auf 50% abgeschwächt übertragen, sind das -6dB, bei 10% oder 0,1 sind's -20dB. An den dB muss man sich dabei nicht weiter stören, die Aussage bleibt, um wieviel verstärkt oder abgeschwächt übertragen wird.

Die MTF ist nun fast das "gleiche in grün". Hier ist das Signal nun aber örtlich veränderlich (und dann auch noch zweidimensional, was für die MTF aber egal ist), aber auch das wird in seine Frequenzanteile zerlegt. Die Frequenz wird jetzt in Perioden/Abstand bzw. Linienpaaren/Abstand gemessen, wo sich als Abstände 1mm und die Bildhöhe eingebürgert haben. Das wurde ja schon dargelegt.

Worauf ich hinauswill: Die ominöse Ortsfrequenz in Lp/mm oder Lp/Bh ist ganz analog zur Frequenz in Hz in der Audiotechnik. Und die MTF ist genau analog zum Frequenzgang (eines Mikrofons, Verstärkers, Lautsprechers usw.). Und so wie sich in der Audiotechnik hintereinandergeschalteter Übertragungselemente die Frequenzgänge addieren (weil die in dB angegeben sind, das ist nichts anderes als eine Multiplikation der Faktoren), so werden die MTF hintereinandergeschalteter "optischer" Übertrager multipliziert. Wenn MTF nur bei bestimmten Ortsfrequenzen angegeben werden (z.B. 10Lp/mm und 30Lp/mm), ist das nichts anderes als die Angabe des Frequenzgangs nur bei ausgewählten Frequenzen (z.B. 200Hz, 1kHz und 5kHz für Bässe, Mitten und Höhen). Und natürlich sind die MTF-Angaben dann Kurven, die die Abhängigkeit vom Ort im Bild angeben (von der Mitte zum Rand), während der Frequenzgang nur mit je einer Zahl angegeben ist.

Und ein Analogon zu den oft gelesenen MTF50 oder MTF10 gibt es auch, und es bezeichnet oft die Grenzen des Übertragungsbereichs. Hier haben sich die -3dB-Punkte eingebürgert, das entspricht einem Signalabfall auf ca. 70%.

Hilft das ein bisschen?
 
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Aus der MTF abgeleitete Größen, wie die MTF50 Frequenz oder eine von Hans-Peter hier vorgestellte "MTF-Kurve", enthält weit weniger Information. Statt nun aber zu philosophieren, welche Bedeutung dieser Teilmenge zukommt, konsultert man i.d.R. einfach die MTF selbst.

Schauen wir uns doch vielleicht einmal solche "Teilmengen" an:

Die hier http://imaging.nikon.com/lineup/lens/singlefocal/normal/af_50mmf_14d/index.htm veröffentlichten MTF-Kurven (sagittal und meridonal) für die Ortsfrequenz "30 lines/mm" weisen für die Bildhöhe 0 Werte von (sagittal und meridonal) ca. 0,43 auf.

Die hier http://imaging.nikon.com/lineup/lens/singlefocal/normal/af-s_50mmf_14g/index.htm veröffentlichten MTF-Kurven (sagittal und meridonal) für die Ortsfrequenz "30 lines/mm" weisen für die Bildhöhe 0 Werte von (sagittal und meridonal) ca. 0,49 auf.

Wie könnte man nun Deiner Ansicht nach durch alleinige Konsulation der "MTF selbst" - also ohne Rückgriff auf die CSF (oder andere Resultate der Humanwissenschaften) - ermitteln, ob zum Beispiel die aus diesen Unterschieden zwischen diesen MTF-Kurven für diese beiden Objektive ersichtlichen Unterschiede in deren Abbildungsleistung bei gleichem Motivkontrast und auch gleichen sonstigen "Kettengliedern" bei der Betrachtung der jeweiligen Abbildungen unter einem bestimmten (gleichen) Betrachtungswinkel (resultierend aus Format und Betrachtungsabstand) visuell wahrnehmbare Auswirkungen haben werden oder nicht?

Oder hältst Du derartige Fragen in Bezug auf zum Beispiel solche von Herstellern veröffentlichte MTF-Kurven vielleicht ganz grundsätzlich für ohne Belang – und daher vielleicht ja auch die Veröffentlichung solcher MTF-Kurven?
 
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Geht es hier im Kern um mehr als eine lineare Skalierung vom Aufnahmemedium auf das betrachtete Bild? Und wenn ja, kann das auch in einigen wenigen klaren Sätzen dargestellt werden?
 
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