Nach dem letzten Jahr hat es uns heuer wieder in den Westen Kanadas gezogen. Diesmal haben wir aber bewusst auf "touristisch überlaufene" Gegenden wie Lake Louise, weitestgehend verzichtet.
Besonders beeindruckt hat uns aber eine Grizzly-Tour, die wir von Telegraph Cove, im Norden von Vancouver Island gelegen, aus unternommen haben. Davon ein Bericht.
Morgens um 7.00 Uhr ging es per Motorboot von Telegraph Cove aus los, gut zwei Stunden lang, das 125 km weit ins Festland reichende Knight Inlet hinein. An Bord waren neben meiner Frau Manu und mir, sechs Engländer, unser Kapitän Lindsay (dort aufgewachsen) und die aus Tschechien eingewanderte Biologin Lenka. An Board war die Stimmung wirklich toll, es gab Kaffee und Muffins, Obst und reichlich Getränke, sowie für jeden ein Fernglas (ich hab mir natürlich ein Nikon geschnappt). Wir haben auf der Fahrt immer wieder mal Halt gemacht, wenn es etwas interessantes zu sehen gab, wie z.B. Weißkopfseeadler, Delphine oder Seehunde. Alles wurde sehr schön erklärt und auch mit uns nicht fließend englisch sprechenden (wer kann schon alle biologischen Bezeichnungen auf englisch?) wurde sich sehr viel Mühe gegeben. Wir sind uns nie wie eine Ladung Touristen vorgekommen, die mal schnell von A nach B gekarrt werden, es hat den Beiden sichtlich Spaß gemacht uns an ihrer aussergewöhnlichen Natur teilhaben zu lassen. Auch der Flachs kam nicht zu kurz: Nachdem ich mich bei den Engländern nach den Ergebnissen der Fußball-EM erkundigt habe wurde ich kurzerhand als "Freiwilliger Strandläufer" bei den Grizzlies auserkoren.
Am Ziel angekommen legten wir an einem Steg an und stiegen um in ein kleines Landungsboot mit minimalem Tiefgang und sehr leisem Aussenbordmotor, um bei der momentanen extrem starken Ebbe so nah wie möglich (und dabei weder uns zu gefährden, noch die Bären zu stören) an die Grizzlies heranzukommen.
Und schon beim Umsteigen ins kleinere Boot haben wir ca 200 Meter entfernt einen Grizzly auf Nahrungssuche gesehen. Bei dieser extremen Ebbe drehen sie mit einer Leichtigkeit zentnerschwere Steine um, um unter ihnen Krebse oder eine Fischart, die sich bei Ebbe im Schlamm vergräbt, aufzuspüren. Sie sind Allesfresser, die sich an dem bedienen, was gerade verfügbar ist, hier bei Ebbe eben diese Krebse und Fische, sonst aber auch meist Gräser, die besonders proteinreich sind, Beeren und im Spätsommer/Herbst eben die Lachse, die dann dort in die einmündenden Flüsse wandern.
Eine Biegung weiter trafen wir dann auf eine Mutter mit ihrem Jungen, das in diesem Jahr geboren wurde. Hier mussten wir besonders behutsam vorgehen, da Muttertiere mit Jungtieren leicht aggressiv reagieren. Mama Bär hat ihrem Jungen hier gezeigt wie und wo man nach Nahrung sucht.
Ein gutes Stück weiter haben wir dann noch eine etwas ältere Einzelgängerin gesehen, die letztes Jahr zwar ein Junges hatte, dieses ist aber leider gestorben. Untersuchungen haben ergeben, dass es einen Herzfehler hatte. Sie war aber gerade beim Schwimmen und es schaute nur der Kopf aus dem Wasser -> keine brauchbaren Bilder.
An der Flußmündung haben wir dann noch ein ausgewachsenes Männchen gesehen, das aber als es uns bemerkt hatte sich in die Wälder zurückgezogen hat. Es ist hier ganz normal, dass die Männchen jeglichen Kontakt meiden und richtig gut sind nur die Weibchen zu beobachten. Zum Teil nutzen die Weibchen das sogar während der Paarungszeit aus. Um ein aufdringliches Männchen loszuwerden gehen sie bewusst in die Nähe des Menschen.
Aber ein paar hundert Meter weiter hatten wir wieder Glück und konnten noch ein Zwillingspärchen beobachten. Hier handelt es sich um Jungtiere des letzten Jahres.
Gegen 15 Uhr traten wir dann wieder die Rückreise an. Am Ufer konnten wir noch einen Schwarzbären beobachten. Schwarzbären sieht man in Kanada eigentlich recht häufig, vor allem neben den Highways, allerdings meist nicht so große Exemplare wie diesen. Lindsay sagte darauf nur trocken: "Only big blackbears, can hang around with Grizzlies", denn in der Tat stehen auch Schwarzbären auf dem Speiseplan der Grizzlies.
Hier siehr man auch schön den Unterschied zwischen Grizzly und Schwarzbären. (Nach der Farbe kann man i.d.R. nicht gehen, es gibt hellbraune Schwarzbären genauso wie dunkelbraune Grizzlies) Schwarzbären haben ein langgezogenes Gesicht, ähnlich einem Hund, während Grizzlies ein rundliches Gesicht haben. Recht auffällig ist auch der Höcker am Nacken, der typisch für Grizzlies ist. Es handelt sich um ausgeprägte Nackenmuskeln.
Es war ein wirklich beeindruckender Tag bei den Bären, der den Abstecher in den Norden von Vancouver Island voll gerechtfertigt hat. Ich kann diese Tour jedem empfehlen, der mal in die Gegend kommt. Noch ergiebiger soll sie zur Lachswanderung sein.
Hoffentlich habe ich jetzt nicht durch den doch recht langen Text gelangweilt, vielleicht war es ja für den ein oder anderen interessant. Wildlifeaufnahmen sind schon ganz was eigenes und irgendwann werde ich mich nochmal dran versuchen, dann mit individuellem Guide und ganz viel Zeit.
Stefan
Besonders beeindruckt hat uns aber eine Grizzly-Tour, die wir von Telegraph Cove, im Norden von Vancouver Island gelegen, aus unternommen haben. Davon ein Bericht.
Morgens um 7.00 Uhr ging es per Motorboot von Telegraph Cove aus los, gut zwei Stunden lang, das 125 km weit ins Festland reichende Knight Inlet hinein. An Bord waren neben meiner Frau Manu und mir, sechs Engländer, unser Kapitän Lindsay (dort aufgewachsen) und die aus Tschechien eingewanderte Biologin Lenka. An Board war die Stimmung wirklich toll, es gab Kaffee und Muffins, Obst und reichlich Getränke, sowie für jeden ein Fernglas (ich hab mir natürlich ein Nikon geschnappt). Wir haben auf der Fahrt immer wieder mal Halt gemacht, wenn es etwas interessantes zu sehen gab, wie z.B. Weißkopfseeadler, Delphine oder Seehunde. Alles wurde sehr schön erklärt und auch mit uns nicht fließend englisch sprechenden (wer kann schon alle biologischen Bezeichnungen auf englisch?) wurde sich sehr viel Mühe gegeben. Wir sind uns nie wie eine Ladung Touristen vorgekommen, die mal schnell von A nach B gekarrt werden, es hat den Beiden sichtlich Spaß gemacht uns an ihrer aussergewöhnlichen Natur teilhaben zu lassen. Auch der Flachs kam nicht zu kurz: Nachdem ich mich bei den Engländern nach den Ergebnissen der Fußball-EM erkundigt habe wurde ich kurzerhand als "Freiwilliger Strandläufer" bei den Grizzlies auserkoren.
Am Ziel angekommen legten wir an einem Steg an und stiegen um in ein kleines Landungsboot mit minimalem Tiefgang und sehr leisem Aussenbordmotor, um bei der momentanen extrem starken Ebbe so nah wie möglich (und dabei weder uns zu gefährden, noch die Bären zu stören) an die Grizzlies heranzukommen.
Und schon beim Umsteigen ins kleinere Boot haben wir ca 200 Meter entfernt einen Grizzly auf Nahrungssuche gesehen. Bei dieser extremen Ebbe drehen sie mit einer Leichtigkeit zentnerschwere Steine um, um unter ihnen Krebse oder eine Fischart, die sich bei Ebbe im Schlamm vergräbt, aufzuspüren. Sie sind Allesfresser, die sich an dem bedienen, was gerade verfügbar ist, hier bei Ebbe eben diese Krebse und Fische, sonst aber auch meist Gräser, die besonders proteinreich sind, Beeren und im Spätsommer/Herbst eben die Lachse, die dann dort in die einmündenden Flüsse wandern.
Eine Biegung weiter trafen wir dann auf eine Mutter mit ihrem Jungen, das in diesem Jahr geboren wurde. Hier mussten wir besonders behutsam vorgehen, da Muttertiere mit Jungtieren leicht aggressiv reagieren. Mama Bär hat ihrem Jungen hier gezeigt wie und wo man nach Nahrung sucht.
Ein gutes Stück weiter haben wir dann noch eine etwas ältere Einzelgängerin gesehen, die letztes Jahr zwar ein Junges hatte, dieses ist aber leider gestorben. Untersuchungen haben ergeben, dass es einen Herzfehler hatte. Sie war aber gerade beim Schwimmen und es schaute nur der Kopf aus dem Wasser -> keine brauchbaren Bilder.
An der Flußmündung haben wir dann noch ein ausgewachsenes Männchen gesehen, das aber als es uns bemerkt hatte sich in die Wälder zurückgezogen hat. Es ist hier ganz normal, dass die Männchen jeglichen Kontakt meiden und richtig gut sind nur die Weibchen zu beobachten. Zum Teil nutzen die Weibchen das sogar während der Paarungszeit aus. Um ein aufdringliches Männchen loszuwerden gehen sie bewusst in die Nähe des Menschen.
Aber ein paar hundert Meter weiter hatten wir wieder Glück und konnten noch ein Zwillingspärchen beobachten. Hier handelt es sich um Jungtiere des letzten Jahres.
Gegen 15 Uhr traten wir dann wieder die Rückreise an. Am Ufer konnten wir noch einen Schwarzbären beobachten. Schwarzbären sieht man in Kanada eigentlich recht häufig, vor allem neben den Highways, allerdings meist nicht so große Exemplare wie diesen. Lindsay sagte darauf nur trocken: "Only big blackbears, can hang around with Grizzlies", denn in der Tat stehen auch Schwarzbären auf dem Speiseplan der Grizzlies.
Hier siehr man auch schön den Unterschied zwischen Grizzly und Schwarzbären. (Nach der Farbe kann man i.d.R. nicht gehen, es gibt hellbraune Schwarzbären genauso wie dunkelbraune Grizzlies) Schwarzbären haben ein langgezogenes Gesicht, ähnlich einem Hund, während Grizzlies ein rundliches Gesicht haben. Recht auffällig ist auch der Höcker am Nacken, der typisch für Grizzlies ist. Es handelt sich um ausgeprägte Nackenmuskeln.
Es war ein wirklich beeindruckender Tag bei den Bären, der den Abstecher in den Norden von Vancouver Island voll gerechtfertigt hat. Ich kann diese Tour jedem empfehlen, der mal in die Gegend kommt. Noch ergiebiger soll sie zur Lachswanderung sein.
Hoffentlich habe ich jetzt nicht durch den doch recht langen Text gelangweilt, vielleicht war es ja für den ein oder anderen interessant. Wildlifeaufnahmen sind schon ganz was eigenes und irgendwann werde ich mich nochmal dran versuchen, dann mit individuellem Guide und ganz viel Zeit.
Stefan