Hi,
nach meiner Wahrnehmung ist es eher eine Art von Interaktion zwischen Foto und Betrachter, die das besonderen Flair analoger Bilder ausmacht. Es ist keine Eigenschaft des Bildes selbst.
Die Generation 40-plus verbindet IMO mit analogen Bildern zumindest einen Teil ihrer Kindheit und damit die Phase ihres Lebens, in der sich die Persönlichkeit bildete, die sie heute sind. Selbst wenn sich die Fotografie nicht weiterentwickeln würde, bin ich davon überzeugt, dass spätestens die nächste Generation zu den hier im Thread gezeigten Bildern (speziell zu denen, die besonders "analog" sind) sagen wird, dass die Motive zwar gut gewählt, die Bilder technisch aber völlig unzulänglich sind => unscharf, körnig, verrauscht, schlechte Farben, ungenügender Weißabgleich, mangelhafter Kontrast (wahlweise zu viel oder zu wenig).
Insofern - fürchte ich - ist es keine besondere Gabe, besagte Unterschiede in den analogen Bildern wahrnehmen zu können. Es ist einfach die Erinnerung an die Nachkriegszeit in den 40er, die Wirtschaftswunderzeit in den 50er , die Zeit des kalten Krieges in den 60er und 70er und all dem, was wir bis in die 90er Jahre gemacht und auf Film gebannt haben: Nach Italien in Urlaub gefahren, Geheiratet, Kinder und Enkel bekommen, Haus gebaut. Vielleicht waren wir auch als Portrait-Zeichner auf den Ramblas in Barcelona gesessen und Fotos erinnern uns an diese Zeit.
Es verschwinden mit der Zeit nicht die Personen mit dieser Gabe, es verschwinden einfach die Personen. Die Bilder sind, was sie sind. Abbilder eines Zeitgeistes, eingefrorene Erinnerungen, Zeitkapseln, Gedächtnisstützen aus einer lange vergangenen Zeit, ... vielleicht auch Kunstwerke, aber um ein fotografisches Kunstwerk zu erstellen sind nicht notwendigerweise technische Defizite beim Aufnahmegerät erforderlich. Manchmal stören sie aber auch nicht.
Ciao
HaPe