Buchrezension Nikon D800 von Heike Jasper
„Das Kamerahandbuch Nikon D800 – Ihre Kamera im Praxiseinsatz“. So lautet der Titel des ersten Buches in meinem Besitz, das speziell nur einer Kamera – nämlich der Nikon D800 - gewidmet ist.
Nun, damit ist dies auch meine erste Buchrezension eines Kamerabuches und ich war gespannt, was mich erwarten würde. Bekommen hatte ich das Buch zur D800 über eine Aktion des Nikon Fotografie-Forums in Kooperation mit dem Rheinwerk-Verlag, der zum Erscheinungsdatum des Werkes noch als Galileo Design firmierte. Gegen Zusendung eines kostenlosen Exemplares wurde um eine aussagekräftige Rezension gebeten. Ich bemühe mich, diesem Wunsch im Folgenden nachzukommen.
Nachdem die D800 seit ihrem Erscheinungstag im März 2012 in meinem Besitz ist und ich bis heute (Juni 2015) kein einziges Mal das Kamerahandbuch in den Fingern hatte, war ich neugierig, was ein solches Werk mir an Neuheiten und Einsichten zu meiner Kamera liefern würde.
Insbesondere hat es mich interessiert, ob es ein neutraler Ratgeber oder ein vom Hersteller gesponsortes Marketingbuch sein würde. Diese Frage kann ich mittlerweile guten Gewissens beantworten: Bei dem Buch von Heike Jasper handelt es sich durchaus um einen neutralen, nicht schön gefärbten Ratgeber zur Kamera, auch wenn die Autorin zertifizierte Trainerin der Nikon School ist.
Zu meinem Hintergrund: Ich fotografiere seit ca. 30 Jahren. Immer mit Nikon und seit ca. 20 Jahren im Schwerpunkt Menschen. Ab und an gönne ich mir aber auch Ausflüge in die Landschaftsfotografie. Im digitalen Zeitalter habe ich bisher mit D100, D200, D300, D3 und D800 gearbeitet. Daher waren und sind mir die Funktionen der 3-stelligen Nikon Bodies auch recht vertraut.
Aber der Reihe nach. Um mir selbst bei meiner ersten Rezension einen Rahmen zu geben, habe ich mich für folgende Struktur entschieden.
a. Inhalt (Content)
b. Lesbarkeit (Readability)
c. Grafiken / Bilder (Graphics / Illustrations)
d. Wie stark fällt Deine Kaufempfehlung aus? (Would Recommend )
e. Allgemeiner Eindruck (General Experience )
a. Inhalt
Das Hardcover-Buch ist mit über 400 Seiten kein Leichtgewicht und auch keine kleine Broschüre. Untergliedert in elf Kapitel findet der geneigte Leser Informationen zu den Bereichen
1. Konfiguration,
2. Autofokus,
3. Belichtung,
4. Optik und Bildwirkung,
5. Weißabgleich und Farbe,
6. Blitzfotografie,
7. Praxiseinsatz,
8. LiveView und Video,
9. Zubehör,
10. Bildbearbeitung sowie
11. Kamerafunktionen“.
Die einzelnen Kapitel umfassen dabei zwischen 15-40 Seiten und decken neben den speziellen Funktionen der D800 auch viele fotografische Grundlagen ab. Das war ein Punkt, der mich zuerst ein wenig erstaunt hat. Hier hätte ich eine spezifischere Fokussierung auf die Kamera erwartet. Nachdem ich mir darüber ein paar Gedanken gemacht habe, erscheint ein breiteres Herangehen an die Erklärung der Kamerafunktionen aber doch nicht so abwegig, stellt es doch die Verwendung der Kamera in der Praxis in einen Kontext und sorgt damit bei weniger versierten Fotografen für Beispiele aus dem fotografischen Alltag und für Verständnis der Grundlagen. Insbesondere beim Thema Auflösung und Schärfe wird gut erklärt, warum die D800 mit ihren 36MP hier kritischer zu handhaben ist als niedriger auflösende Kameras.
Erfahrenen Nutzern hingegen bleibt das Buch hier einiges schuldig. Der Spagat zwischen Grundlagenvermittlung, breitem Spektrum und Detailinformation gelingt nicht immer und wirkt an der ein oder anderen Stelle daher willkürlich.
Als Beispiel sei das Kapitel „Zubehör“ und da insbesondere „Stative“ erwähnt. Neben der grundsätzlichen Frage, ob in einem spezifischen Kamerabuch allgemeines Zubehör für alle Kameras besprochen werden sollte, hätte ich mir dann zumindest erwartet, dass die besonderen Anforderungen der D800 bei Verwendung von Stativen thematisiert wird. Die im Buch gezeigten Abbildungen und der dazu gehörige Text, ist bestenfalls nett gemeint. Sich im Dschungel der Stativanbieter scheinbar willkürlich auf wenige Anbieter zu beschränken und diese dann noch zu kategorisieren hilft meines Erachtens einem mit Stativen unerfahrenen Anwender wenig weiter. Hier wäre es aus meiner Sicht besser gewesen, die wesentlichen Eigenschaften eines Stativs zu nennen und die Trade-offs zu erklären (Material/Preis, Gewicht/Dämpfung, Packmaß/Stabilität...). So wirkt das Ganze eher ein wenig lieblos und ungeliebt.
Sicher gibt es verschiedene Wege, sich der Erklärung einer Kamera zu nähern, ohne dass das Werk am Ende ein technisches Handbuch und damit eine hübschere Kopie der Bedienungsanleitung wird.
Für mich, der sich seit vielen Jahren mit dem Thema Fotografie und mit Nikon Kameras beschäftigt, bleibt das Buch aber leider einiges schuldig. Dennoch habe ich den ein oder anderen Tipp für mich mitnehmen können, was die Lektüre durchaus gerechtfertigt hat.
Insgesamt würde ich dem Buch aber eher den Titel „Grundlagen der Fotografie erklärt am Beispiel der Nikon D800“ geben. So wäre die Zielgruppe aus meiner Sicht besser adressiert.
b. Lesbarkeit
Die Lesbarkeit ist meiner Meinung nach sehr gut. Ein schönes Layout und viele Bildbeispiele sowie Grafiken lockern das Buch insgesamt auf und veranschaulichen das Geschriebene (meist) gut.
Schriftgröße und Schriftweite sind angenehm, die Sprache verständlich und klar, das Hardcover geben dem Buch eine solide Haptik.
c. Grafiken / Bilder
Hier setzt einer meiner größten Kritikpunkte des Buches an. Die Beispielbilder im Buch sind zum Teil wirklich lieblos. Aus meiner Sicht tut sich die Autorin (immerhin Nikon certified trainer) damit keinen Gefallen. Auch wenn ein Teil der Bilder das Geschriebene durchaus unterstützen, so ist die Qualität nicht professionell. Am häufigsten fiel mir dies bei Personenaufnahmen auf, die zum Teil wie Schnappschüsse aussehen und damit auch den Modellen keinen Gefallen tun. Sie wirken wie schnell einmal während eines Shootings für das Buch dazwischen geschoben. Schade!
Die Grafiken hingegen sind alle verständlich und gut lesbar.
d. Spreche ich eine Kaufempfehlung aus?
Eine Kaufempfehlung mache ich sehr stark von der Zielgruppe abhängig. Versierten, langjährigen Fotografen würde ich es nicht empfehlen und dies dürfte bei einer Kamera dieser Preisklasse die Mehrzahl sein.
Beginnern oder Einsteigern in die Spiegelreflexfotografie, die mit ihrer Kamera lernen wollen kann ich das Buch hingegen empfehlen. Der Spagat die eierlegende Wollmilchsau zu sein gelingt zwar nicht, dafür ist es aber ein gut verständliches und an praktische Situationen angelehntes Lehrbuch, das durch seinen guten Aufbau auch immer wieder zum Nachlesen einlädt.
e. Fazit
Aus dem oben Geschriebenen kann ich für mich ableiten, dass ich mir für technische Details zur Kamera lieber das Handbuch zu Hilfe nehme und für fotografische Spezialthemen ebensolche Literatur hinzuziehe. Ein gutes Beispiel ist hier die Blitzfotografie mit dem Nikon Creative Lighting System (CLS), das im Buch angesprochen wird, aber aufgrund der weiteren Themenvielfalt im Umfang doch eher beschränkt ist. Gerade auch dieses Kapitel zeigt, dass ein Buch, das viele Themen behandelt, wichtige Informationen zu einem Spezialthema nicht abdecken kann.
So gab es bei der Nikon D800 eine grundlegende Veränderung der Blitzkorrektur im Vergleich zu den Vorgängermodellen, was die gleichzeitige Korrektur von Umgebungs- und Blitzlicht angeht. Für Menschen, die lediglich an der D800 interessiert sind, ist es ein unwichtiges Detail. Fotografen, die noch weitere, ältere Nikon-Kameras besitzen, eine unverzichtbare Information.
Natürlich ist eine Rezension immer subjektiv gefärbt. Trotz meiner Kritikpunkte denke ich aber, dass der Autorin ein gutes Buch für Einsteiger in die DSLR Fotografie gelungen ist, das an vielen Stellen auch die Besonderheiten und Eigenarten der Nikon D800 herausstellt.
Bewertung: