Familienreise zum Fuß der Buddhas von Bamiyan

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Die Strecke von Herat nach Kandahar habe ich als recht öde in Erinnerung. Meist schnurgeade auf einer Hochebene, auf Betonplatten mäßiger Qualität, aufgrund unseres Zeltanhängers auch mit sehr mäßiger Geschwindigkeit, pa-damm, pa-damm, pa-damm - stundenlang dieser einschläfernde Rhythmus. Wüstenartige Landschaft, ausgetrocknete Flüsse.



Aber zwischendurch immer mal wieder ein Highlight, insbesondere für uns Kinder: Dromedare










Mein Vater notiert in sein Reisetagebuch: "Kaum Autos, viele Kamele."
Einmal jedoch, im Frühjahr 1978, erlebten wir das Wunder der Wüste.





 
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Nicht selten wurden wir um Medikamente gebeten. Zahnschmerzen und Probleme mit den Augen waren weit verbreitet. Von Kollegen wurden die Eltern zuvor informiert und waren daher mit Aspirin und Augentropfen gerüstet.


Rast an einem Teehaus entlang der Straße. Rechts wir Kinder mit Mutter, daneben Kollegen mit Familie. Ich erinnere mich, dass danach der Motor unseres Autos nicht mehr ansprang. Hitzekollaps. Da damals fast jeder mit luftgekühlten Boxermotoren von VW unterwegs war (die meisten im Camping-Bulli, aber für uns sechs war das keine Option), kannte man sich damit aus: Motorraum öffnen, etwas Benzin in den Vergaser, weiterfahren.


Ein weiteres Problem war die hundsmiserable Qualität des Treibstoffs. Die Leistung der Motoren ließ mit ihm beträchtlich nach. Und er stank fürchterlich. Wahrscheinlich wäre ein russischer Lada die bessere Option gewesen.
Strom benötigte man an den Tankstellen im übrigen nicht.
 
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Wenn ich schon bei technischen Problemen bin: Reifen!! Wie vielleicht schon bei der Bestückung des Dachgepäckträgers und des Zeltanhängers zu sehen, musste man da gewappnet sein.


Ein großer Vorteil der damaligen Reifen mit Schlauch war, dass sie von jedem Automechaniker recht problemlos geflickt werden konnten.


Hier erwartete uns Kinder eine fürchterliche Enttäuschung: Das vermeintlich leckere Cola und Fanta schmeckte einfach grauenvoll. Was die da wohl zusammengerührt hatten?
 
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Tolle Reportage in ein fernes Land und eine andere Zeit. Würde mich natürlich interessieren, wie es heute aussieht.

Auch wenn Afghanistan damals vielleicht nicht ganz so gefährlich war, wie heute, muss ich aber auch sagen, dass ich vor dem Mut deiner Eltern ziemlich viel Respekt habe. Nicht nur, mit einer doch relativ großen Familie in einem (für heutige Verhältnisse) relativ kleinen Auto in ein Land mit dieser Infrastruktur und diesem Klima zu fahren. Auch die ganzen Herausforderungen, die sich damit verbinden (alleine: Autopanne, daher fahre ich selbst heute in Deutschland nicht so gerne so weit ;-) ): Sprache, evtl. Krankheiten, Kinder, auf die aufzupassen ist usw. Toll!
 
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Da kann ich nur zustimmen. Und zu manchem werde ich in den nächsten Beiträgen auch etwas ausführen. Ich sage nur: Autopanne am A.... der Welt und wie man da wieder rauskommt. Das ist heute, über 40 Jahre nach diesem Erlebnis, immer noch Gesprächsthema, wenn wir uns mal wieder treffen.

Zu den anderen Dingen:
Klima: In Afghanistan fanden wir das harmlos. Trockene Hitze geht ganz gut, anders als die schwüle Hitze in Indien oder Pakistan 1976 vor dem Monsun. An Klimaanlagen im Auto dachte man damals gar nicht.
Sprache: Nach einem Jahr Iran-Aufenthalt sprachen meine Eltern ausreichend Farsi, um sich durchzuschlagen.
Krankheiten: Irgendwie waren wir nie richtig krank ...
Kinder: Laut Aussage meiner Eltern heute waren wir da völlig problemlos. Und wir hatten verdammt viele Freiheiten. Auch dazu kommt noch eine kleine Anekdote.
 
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Der Einkauf von Lebensmitteln war, außerhalb der wenigen Städte, nicht ganz einfach. Hier gibt es Fleisch zu kaufen (links hängend zu sehen). Wir verzichteten.


Sehr unproblematisch war das bei Brot. Erstens wird es meist zweimal täglich frisch gebacken (wie im Iran), außerdem ist es allein durch die Backhitze hygienisch einwandfrei. Und sehr lecker. Man sollte nur darauf achten dass die von den vielen kleinen Steinchen, die mitgebacken und dann durch ein/zwei Schläge entfernt werden auch wirklich keiner mehr drin ist .... Hier ein Bäcker mit Zangak, eine weit verbreitete Brotsorte in persischsprachigen Ländern. Es wird an die Innenwände von Steinöfen "geklatscht" und innerhalb weniger Sekunden gebacken.







Es gibt natürlich auch andere Backwaren.​
 
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Neben Brot war bei uns Obst sehr begehrt und problemlos erhältlich. Während es bei dickschaligen Melonen, die wir täglich verputzten, hygienisch unproblematisch war, erinnere ich mich gut, dass meine Mutter anderes Obst, Äpfel, Pfirsiche, Aprikosen etc., immer speziell behandelte, bevor wir es essen durften.



Eintrag im Reisetagebuch des Vaters: "Heute haben wir es mal wieder geschafft, uns nur von Wassermelonen zu ernähren."



Hier ist natürlich der Kontrast zwischen der sehr westlich gekleideten Touristin und der Frau mit Burka bemerkenswert. Frauen in Burkas waren nicht gerade selten zu sehen, aber beileibe nicht vorherrschend.​
 
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Verschleierung

Heutzutage kann man wohl kaum längere Ausführungen über Afghanistan machen, ohne auf das leidige Thema „Burka“ zu kommen. Leidig deshalb, weil nicht nur hierzulande die Diskussionen um dieses Kleidungsstück von meist erschreckender Unkenntnis dominiert sind.

„Eine Frau aber entehrt ihr Haupt, wenn sie betet oder prophetisch redet und dabei ihr Haupt nicht verhüllt. […] Wenn eine Frau kein Kopftuch trägt, soll sie sich doch gleich die Haare abschneiden lassen.“
Aus dem Koran? Nein, aus der Bibel, Paulus in seinem 1. Korintherbrief (nach der Einheitsübersetzung).

Die Vollverschleierung hat - wie der Islam - ihren Ursprung in den Wüsten der Arabischen Halbinsel, wo sich die Menschen mit Gesichtstüchern gegen die scharfen Wüstenwinde und den Sand schützten. Im Koran ist die Verschleierung nicht erwähnt oder gar vorgeschrieben. Formulierungen im Koran sind untrennbar mit den damals üblichen Kleidungsstücken der Beduinenfrauen verbunden.

„Und sag den gläubigen Frauen, sie sollen die Augen niederschlagen, und sie sollen darauf achten, dass ihre Scham bedeckt ist (…) und den Schmuck, den sie tragen, niemandem offen zeigen, außer ihrem Mann, ihrem Vater, ihrem Schwiegervater, ihren Söhnen, ihren Stiefsöhnen, ihren Brüdern, den Söhnen ihrer Brüder und ihrer Schwestern, ihren Frauen, ihren Sklavinnen, den männlichen Bediensteten, die keinen Geschlechtstrieb haben, und den Kindern, die noch nichts von weiblichen Geschlechtsteilen wissen."

Soweit, nach der Übersetzung von Rudi Paret, die Stelle des Korans, die am häufigsten herangezogen wird, um die Verschleierung der Frau zu begründen. Mit „Scham“ ist hier ein Décolleté gemeint, das durch den damals üblichen Umhang der Frauen gebildet wurde. In frühislamischer Zeit gab es wohl unterschiedliche Ansichten darüber, ob mit dem Schmuck, den die Frau außerhalb dieses Kreises auf keinen Fall offen zeigen darf, auch ihr Haupthaar gemeint sei. Später setzte sich unter islamischen Gelehrten die Einschätzung durch, dass das Haar der Frau Teil dieses Schmucks sei.

Es gibt zwei weitere Passagen im Koran, die aber noch undeutlicher bleiben bzw. sich ausschließlich auf die Gattinen des Propheten beziehen. Jedenfalls: Der Koran kennt keine Burka, keinen Nikhab etc.


Der Gesichtsschleier kam im Osmanischen Reich zunächst als Mode-Accessoire für Haremsdamen auf. Im 19. Jahrhundert breitete er sich im Nahen und Mittleren Osten als modische Kopfbedeckung für Frauen der Oberschicht, egal welchen Glaubens, aus. Die afghanische Burka entstand aus der Verbindung eines Körperschleiers mit einem Gesichtsschleier. Sie besteht aus einem großen Stofftuch, mit dem oben eine Kappe für den Kopf vernäht ist. Im Augenbereich ist eine Art Gitter aus Stoff als Sichtfenster eingearbeitet. Sie ist meist knapp bodenlang und oft blau, manchmal finden auch andere, meist dunkle, Farben Verwendung. Ursprünglich war sie nur in Städten üblich, da sie bei der landwirtschaftlichen Arbeit behinderte. Sie lässt sich - anhand von Abbildungen - erst ab dem 19. Jahrhundert nachweisen.

Mit dem Ende der Taliban-Regierung 2001 wurde die Vorschrift, eine Burka tragen zu müssen, aufgehoben. Will jemand tiefer in die Materie einsteigen, so empfehle ich den Vortrag der Islamwissenschaftlerin Prof. Dr. Rotraud Wielandt:
http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlag.../Wielandt_Kopftuch.pdf?__blob=publicationFile
 
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Dieser Thread geht ja weit über die Fotografie hinaus. Fast ein Zeitdokument und doch nicht so lange her ...

Ich danke Dir sehr über für Reise, und ich hoffe, sie ist noch lange nicht fertig ... :up::up::up:
 
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Danke. Was die Fotografie betrifft, gebühren die Meriten ausschließlich meinen Eltern. Auch wenn bei diesen Reisen das Fotografieren nicht im Vordergrund stand, so war ihnen die fotografische Dokumentation wichtig. Immer mit auf Reisen waren die zweiäugige Rolleiflex mit Tessar 3,5/75, die Zeiss Ikon Contarex mit Planar 2,0/50 und genügend Filme. An SW-Filmen waren es, soweit mir erinnerlich, Produkte von Ilford + Agfa, in der Contarex kam nahezu ausschließlich der Agfa CT 18 zum Einsatz. Rückblickend betrachtet sicherlich nicht der ideale Film, ist das Korn doch recht prägnant und die Langzeitstabilität gegenüber z. B. den Kodak-Filmen schlecht beleumundet. Ein Vorteil der Kameras gegenüber heutigen war natürlich, dass man sich wegen Batterien oder Akkus keine Gedanken machen musste.

Die Rolleiflex meiner Mutter ist bei mir nach wie vor im gelegentlichen Einsatz, die Contarex hat mein Vater (leider) irgendwann einmal für eine andere Kamera in Zahlung gegeben. Es waren die Kameras, mit denen ich die ersten Grundlagen der Fotografie lernte - aber erst ein paar Jahre später. Als einzige hatte unsere älteste Schwester eine Kamera, die Kodak Instamatic 33 - kindgerecht eben. Die Ergebnisse waren natürlich nicht mit denen der Rolleiflex zu vergleichen...

Meine Eltern haben sich übrigens auf der Fotoschule Kiel kennengelernt. Diese Schule besteht heute noch.
 
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vielen Dank für diesen erstklassigen Bericht auf den ich erst heute gestoßen bin. Hoffentlich geht es bald weiter auf Deiner Abenteuerreise (auch wenn derzeit alle Daumen weg sind)

Der Bericht hat mich an ein Buch erinnert das ich vor einiger Zeit gelesen hatte. Es handelt sich um den Roman Drachenläufer von Khaled Hosseini.

"Drachenläufer" ist die dramatische Geschichte einer Freundschaft, eine Geschichte von Liebe und Verrat, Trennung und Wiedergutmachung vor dem Hintergrund der jüngsten Vergangenheit Afghanistans:"
 
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Wir durchquerten die Provinz Helmand, eine wüstenähnliche Region, in der nahezu ausschließlich Paschtunen wohnen. Die Region ist wie die benachbarte Provinz Kandahar heute eine der Hochburgen der Taliban und Zentrum des Schlafmohnanbaus.

Wir besuchten die historischen Stätten von Qala-e Bost, eine zwischen dem 9. und 13. Jahrhundert prosperierende und daher immer wieder umkämpfte Stadt. Bost, das heutige Lashkar, Hauptstadt der Provinz Helmand, liegt an der ehemaligen Karawanenroute zwischen Persien und Indien. Dies ermöglichte rege Handelsbeziehungen und führte zur kulturellen Entwicklung der Region. Die Literatur aus dieser Zeit berichtet auch über fruchtbare Gebiete mit vielen Obstgärten, was durch ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem, gespeist aus den Flüssen Helmand und Arghandāb, ermöglicht wurde.

Qala-e Bost wurde mehrmals zerstört, von den Ghuriden, den Mongolen und den islamischen Eroberern. Der Torbogen der Stadt und die Festung zeugen heute noch von früherer Bedeutung.





 
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[...]Drachenläufer von Khaled Hosseini.

Natürlich kenne ich die Bücher von Hosseini. Der "Drachenläufer" ist sein bekanntestes und wurde - wie ich finde, hervorragend - verfilmt. Durch die Lektüre erschließt sich auch die Bedeutung der Ethnien Afghanistans. Der Tadschike Hosseini beschreibt dies anschaulich durch seine Hauptfiguren, den Paschtunen Amir und den Hazara Hassan. Auch die anderen Bücher des Autors sind sehr lesenswert, insbesondere "Traumsammler" ist großartig.

Im Übrigen lebte Hosseini mit seiner Familie zu "unserer" Zeit in Tehran. Er ist - wie seine Figuren Amir und Hassan - in meinem Alter. Vielleicht berühren mich seine Romane auch deshalb so.
 
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Die Provinzen Helmand und Kandahar sind die heißesten Afghanistans. Ich erinnere mich, dass wir während der Fahrt versuchten, mittels nasser Tücher, die wir in die Seitenscheiben der Fenster klemmten, etwas Kühlung im Inneren des Autos zu erzeugen. Der Vater am Steuer trug oft ein Kopftuch - ein nasses Geschirrtuch.

Der Süden Afghanistans ist geprägt durch eine wüstenartige Hochebene, die Meereshöhe beträgt meist zwischen 600 und 1000 m. Entsprechend ist es hier deutlich heißer als im übrigen Land. Bei Kandahar übernachten wir auf einer Art Campingplatz, an den ich keine weitere Erinnerung habe.

Ghazni, etwa 150 km vor Kabul gelegen, liegt auf etwa 2.200 m und es ist merklich angenehmer. Die Stadt war lange Zeit das Zentrum der nach ihr benannten Ghazniden, die von 977 bis 1186 n. Ch. ein Reich beherrschten, das zeitweise vom heutigen Westiran bis nach Nordindien reichte. In Ghazni wirkten viele Wissenschaftler und Dichter, deren bekanntester Ferdowsi (Firdausi), der Autor des berühmten "Schāhnāme", mit dem die Grundlage der neupersischen Sprache gelegt wurde und der Mathematiker, Astronom und Universalgelehrte al-Biruni waren.







Das bekannte Minarett von Ghazni stammt aus dem 12. Jahrhundert.​
 
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Jetzt sind wir fast in der Hauptstadt Kabul angelangt und über die Weihnachtsfeiertage mache ich eine Pause. Dann geht es weiter und ich verspreche, dass die wahren Highlights unserer Reise erst dann kommen. Kulturell, landschaftlich und auch was den Abenteuerfaktor betrifft.

Ich wünsche allen ein friedliches Fest.
Stephan
 
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Was für eine spannende Reise! Danke fürs Zeigen! :up: :up: :up:

Ich werde mir jetzt erstmal den Drachenläufer aus der Stadtbücherei ausleihen.

Viele Grüße aus Kiel und frohe Weihnachten!
 
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Ich werde mir jetzt erstmal den Drachenläufer aus der Stadtbücherei ausleihen.

Gute Entscheidung. Die Geschichte des Drachenläufer beginnt in etwa zu der Zeit, in der wir Afghanistan bereisten. Eine Anmerkung zu einem weiteren Buch Hosseinis (nur für alle Fälle): Der Roman "Tausend strahlende Sonnen" ist zur Aufheiterung wahrlich nicht geeignet. Dennoch sehr lesenswert.

Grüße aus der Pfalz hoch nach Kiel!
 
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