Ein übelst mißbrauchtes Makroobjektiv ...

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Stefan L.

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... kann unter Umständen zum Lebensretter werden, der einen Suizid verhindert.








Naja, ganz so schlimm war es nicht, aber die Astroknipserei erfordert schon eine heftige Frusttoleranz und nicht selten fragt man(n) sich: Warum tue ich mir das an? Jedes mit terretrischen Hobbymitteln fotografierbare Himmelsobjekt wurde schon zigmal von Leuten, die es besser können, einen dunkleren Himmel und/oder noch besseres Equipment haben, abgelichtet. Warum also schlägt man sich ganze Nächte um die Ohren und sitzt anschließend tagelang am Rechner?

Tja, gute Frage, vielleicht kann man Astrofotografen mit Bergsteigern vergleichen. Heutzutage ist jeder von Hobby-Kraxlern erreichbare Berg bereits x-Mal bestiegen worden. Am Mount Everest soll es schon zu echten Staus gekommen sein, weil so viele da hoch wollten. Totzdem gibt es immer noch ganz viele für die ist der Everest das Ziel aller Wünsche.

Mein astrofotografischer Everest, na gut eher ein Matterhorn, oder um ganz ehrlich zu sein für einen richtigen Astrofotografen höchtens Kahler Asten ist der sogenannte Pferdekopfnebel. Das Teil (googelt einfach mal nach Pferdekopfnebel oder Horsehead nebula) ist mit sämtlichen auf der Erde verfügbaren Brennweiten abgelichtet worden und es gibt sogar extraterrestrische Aufnahmen vom Hubble-Teleskop. Ich wüßte noch nichtmal zu sagen, warum mich der blöde Zosse nicht in Ruhe schlafen läßt, womöglich liegt es schlicht daran, das meine Frau ihr erstes Pferd just in dem Jahr kaufte, als ich meine ersten ernsthafteren Astrofoto-Versuche startete.

Die Jahre gingen ins Land, massig Geld floß in die Ausrüstung und ich habe schon viele schöne Astrofotos gemacht, aber auch oft frustriert abbrechen müssen. Je mehr Geraffel es wurde, umso fehleranfälliger wird das Ganze. Diverse Teleskope, die sich dejustieren können und dann statt Sternen nur noch Eier zeigen. Eine gekühlte monochrome Astro-Spezialkamera, die die Farbfilter nicht einwechselt und somit über die Nacht keine Farbinformationen liefert. Eine Nachführung, die völlig unreproduzierbar Sprünge macht. Eine spezielle Kamera, die nur dazu dient die Nachführung zu korrigieren, aber keinen Stern findet an dem sie messen könnte. Ein Rechner der seine USB-Schnittstelle vergißt und keine der Kameras ansteuern kann, oder auch schlicht in der Kälte brechende Kabel kennt wohl jeder Astrofotograf.

Diesen Winter wollte ich endlich mal (m)einen Pferdekopfnebel aufnehmen, alle früheren Versuche gingen mächtig in die Hose. Ich hatte sogar extra für viel Geld meine große Nachführung revidieren und modernisieren lassen. Doch eines können wir so überhaupt nicht beeinflussen, das liebe Wetter. Dieser Winter war -so lange ich das für mich beobachte- der übelste überhaupt. Eigentlich steht der Winter für tolle klare Nächte, stattdessen hatten wir hier im Ruhrgebiet nur Wolken und das gefühlt über Monate.

Doch endlich, Anfang Februar hatte der Wettergott denn doch mal ein Einsehen und es kündigte sich eine sternklare Nacht an. Diesmal würde es klappen. Zum Glück kann ich noch aus dem Garten arbeiten, bald werden die Bäume zu hoch sein und ich müßte auch noch zu einem geeigneten Fotoplatz fahren. Ich würde zwar am nächsten Morgen sehr früh aufstehen müssen und somit nicht die ganze Nacht durch fotografieren können, aber die hochempfindliche Astrokamera kommt auch mit recht kurzen Belichtungen und ziemlich hochgedrehten ISO's gut zurecht. Die Stromversorgung hatte ich grad neu gemacht, auf zwei Tablets liefen die Softwaren für Nachführung und Kameras, da war ich redundant und die Nachführung war ja frisch aufgearbeitet.

Ich schnappte mir also die Tablets, zog mir mehrere paar Socken, einige Schichten Unterkleidung, meinen Thermooverall, Mütze und Handschuhe an und baute mein Gerödel im Garten auf. Natürlich hatte sich inzwischen auch eine spezialisierte Kamera bei mir eingefunden, die nichts anderes macht, als einem zu helfen die Nachführung perfekt gen Norden auszurichten. Nur so werden die Sterne schön rund und keine Striche. Während dieses Prozesses bekommt die Nachführung auch zweimal einen Bewegungsbefehl. So auch diesmal, aber es bewegte sich ...




... nichts, niente, nada, nothing :eek::eek::eek:

Bei der -fast- frisch revidierten Montierung, die im Sommer noch astrein lief rührte sich rein gar nichts. Sie leuchtete zwar als Zeichen der Betriebsbereitschaft, aber das wars auch. Ich probierte mehrere Stromkabel aus und versuchte sie auch mit der mitgelieferten Fernsteuerung zu bewegen, aber sie verweigerte komplett jegliche Tätigkeit. Nichtmal das leise Summen der Nachführmotoren war zu hören.

In solchen Momenten können dann Suizid-Gedanken kommen, oder man will das ganze Zeugs nur noch in einen großen Absetzcontainer schmeissen.

Irgendwie wären aber beide Optionen doof gewesen und ich wollte die halbwegs schwarze Nacht nicht völlig ungenutzt vergehen lassen. Um die etwas kleinere Nachführung aufzubauen war es nun zu spät. Aber die kleine Reise-Montierung, die ist schnell aufs Stativ gepackt. Nein ich würde nicht völlig ohne ein Astro-Foto ins Bett gehen. :p

Als Aufnahmegerät würde meine altgediente D5100 herhalten müssen. Die liefert zwar bei weitem nicht die rauschfreie Detailtiefe, wie die Astrokamera, hat aber den entscheidenden Vorteil alle Farbinformationen mit einer Aufnahme, anstatt von 3 (um genau zu sein sogar 4) liefern zu können. Die Frage würde nur, welche Optik ich nehmen sollte. Viele F- Bajonett Linsen habe ich ja nicht mehr. Das 400er Sigma überfordert die kleine Nachführung, da kann ich höchstens 30s belichten, viel zu wenig für den Pferdekopfnebel. Schon wieder Orionnebel wollte ich nun aber auch nicht. Was tun? Series E 50 und 100 sind zu kurz, das hatte ich auch schon versucht.

Mit dem 50er bekommt man an einer VF sogar den gesamten Orion abgelichtet, hier mal ein Beispiel

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Man sieht hier also ziemlich weit oben und unten Beteigeuze und Rigel, die hellsten Sterne am Winterhimmel. In der Mitte die drei Sterne, die den Gürtel des Orion darstellen und darunter sein Schwert mit dem prominenten Orionnebel. Der Pferdekopf befindet sich ganz in der Nähe des untersten Gürtelsternes namens Alnitak. Daher oben auch Kahler Asten, viele Himmelsobjekte sind sauschwer zu finden, das Pferdchen findet man sofort. Eine Aufnahme mit Pferdekopfnebel, der dort ganz in der Nähe befindlichen Dunkelwolke und des Orionnebels auf einem Bild sollte es nun werden. Etwa so, wie mit dem gelben Kasten dargestellt. Ich wußte von vielen anderen Astro-Fotos, das diese Kombination von den Canonieren recht oft mir dem 200 2.8L abgelichtet wird. Ich habe aber keine Canone und auch kein 200er. Das Series E 100 mit TC17 wäre zwar theoretisch gegangen, da das Objektiv am Stern aber eh nicht der Burner ist würde es mit einem TC wohl auch nicht besser.

Da fiel mir mein Sigma 180 3.5 Makro wieder ein. Ich hatte die Optik zwar schon ewig nicht mehr benutzt, aber aus irgendeinem Grund konnte ich mich noch nicht von ihr trennen. Also flugs ins Haus, das Makro aus dem Schrank gefischt und siehe da der Bildausschnitt kommt ziemlich gut hin. Mit einem Makro-Objektiv Sterne zu focussieren ist ein nicht ganz leichtes Unterfangen (und es gelang mir wie wir noch sehen werden auch nicht perfekt) aber ich kam an einen Punkt, wo ich es versuchen wollte.
 
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Die Verwendung kürzerer Brennweiten in der Astrofotografie (alles unter 500mm Brennweite wird gern als Widefield bezeichnet) stellt zwar nicht so hohe Anforderungen an die Nachführung, führt aber zu anderen Problemen. Ich hatte das vorhin gezeigte Foto etwas "hochgezogen" damit man den Orion gut erkennt.

Genauso gut erkennt man aber auch daß das Bild von oben nach unten immer heller wird. Man spricht hier von einem Gardienten, der schlicht und ergreifend durch die Lichtverschmutzung kommt. Durch die relativ sparsamen LED-Lampen lassen immer mehr Gemeinden, Firmen, aber auch Privatpersonen immer mehr Lichter während der Nacht an. Meine Hauptfotorichtung geht über Bochum und Hattingen hinweg, ich bekomme also die "Lichterflut" des südlichen Ruhrgebietes voll ab. Es gibt zwar spezielle Filter, die das Kunstlicht herausfiltern sollen, allerdings habe ich mit denen keine besonders guten Erfahrungen gemacht und so muß ich eine Hintergrundebnung immer in die EBV einplanen.

Hinzu kommt dann noch das unübersehbare Rauschen, das schon bei moderater Bearbeitung viele feine Details überdeckt. Um dies in den Griff zu bekommen nutzt man in der Astrofotografie besonders mit ungekühlten Single-Shot Kameras -wie z. B. einer D-SLR- zwei Methoden. Zum Einen versucht man so viele Fotos wie möglich vom Objekt zu machen, damit bei der späteren Aufsummierung der einzelnen Bilder -man spricht hier vom Stacken- das Rauschen reduziert wird und zum Anderen indem man mit den identischen Aufnahmeparametern ein paar Fotos mt abgedecktem Objektiv macht, man nennt diese Fotos Darks. Theoretisch könnte man diesen Dunkelbildabzug auch die Kamera intern machen lassen, aber dann bekämen wir mal eben die doppelten Belichtungszeiten.

Zusätzlich gibt es noch Bildfehler, die sich aus der Optik, oder der Kamera ergeben. Um das zu erläutern hier ein einzelnes Foto aus der Orion-Serie

picture.php

Man erkennt unschwer in der Bildmitte und am rechten oberen Bildrand Sensorflecken. Nun könnte man natürlich hergehen und fordern: "Putz Deinen Sensor Du Ferkel" Aber zum Einen ist meine kleine Nikon Astromodifiziert (ihr fehlt also eh schon ein Sperrfilter) und zum Anderen kommt besonders bei der Nutzung offener Spiegel-Teleskop eh immer etwas Staub mit hinein.

Um diese Bildfehler (da gehört z. B. auch eine Vignettierung, wie sie Teleobjektive gern zeigen hinzu) zu beseitigen kommen sogenannte Flats hinzu. Das sind einfach nur Fotos, bei denen statt des Objektivdeckels wie bei den Darks, eine hell erleuchtete üblicherweise weisse Fläche, vor das Objektiv gebracht wird. Diese Fotos werden dann relativ kurz belichtet und geben der weiterverarbeitenden Software dann an, an welchen Stellen etwas ist, was dort eigentlich nicht hingehört.

Was man an der obigen Einzelaufnahme auch noch erkennen kann (zumindest wenn man weiß wo man suchen muß ;) ) ist, daß die Ausrichtung gen Norden nicht ganz sauber war. Ich hatte die kleine Montierung nicht mit der vorhin erwähnten Spezialkamera gen Norden ausgerichtet, sondern nur mit einem kleinen "Mini-Teleskop" das in der Nachführung verbaut ist, einem sog. Polsucher. Dabei hatte ich wohl nicht genau genug gearbeitet, denn auf dem obigen Bild mit 1min Belichtungszeit sieht man, das die Sterne nicht exakt kreisrund sind. Sie beginnen bereits leicht eirig zu werden. Deswegen unterließ ich es auch auf 2min zu gehen. Neu Einnorden wollte ich aber nun auch nicht mehr, denn auch die D5100 treibt mir manchmal die Schweißperlen auf die Stirn. Sie braucht nämlich immer etliche Versuche mit Ein- und Ausstöpseln und Ein- und Ausschalten, bis sie den Timer-Fernauslöser "akzeptiert". Nun hatte ich sie endlich so weit und ich konnte die Serie starten, auch wenn ich keine preisverdächtigen Ergebnisse erzielen würde.
 
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Was sind das für Streifen ganz rechts unten in der Ecke?
Hast Du da eine Sternschnuppe erwischt?
 
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Ui, ein wahres Adlerauge. :up:

Nein keine Sternschnuppe, sondern ein Problem mit dem wir Astro-Fotografen in der Mitte Europas noch zusätzlich zu kämpfen haben: Das dürfte ein sehr hoch fliegendes Flugzeug oder ein Satellit gewesen sein. Manchmal hat man auch die ISS mit auf solchen Belichtungen. Bei mir kommt noch erschwerend hinzu, das wir in der Einflugschneise nach Düsseldorf liegen, oft also bis 23.ooh die großen Vögel die Fotos vernichten. :frown1:
 
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Wenn man gaaaanz genau hinschaut, sieht man zwei parallele Striche. Das spricht eindeutig gegen eine Sternschnuppe, jedenfalls gegen eine natürlichen Ursprungs.
Man müsste in den Einzelaufnahmen nachschauen, denke ich.Da wird diese Spur deutlicher zu erkennen sein. Durch das Stacking werden die Informationen, die nur in einem Bild vorkommen, ja herausgerechnet, wenn ich das richtig verstanden habe.

Edit: Ich sehe gerade, dass es sich um eine Einzelbild handelt...
 
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Das ist immer ein stückweit Ansichtssache. So kleine Spuren wie auf dem Bild nehme ich mit, die gehen beim Stacken wirklich "verloren". Habe ich so eine richtig fette Leuchtspur quer durchs Bild sortiere ich die vorher aus, wenn es zu dominant ist kommen die Stacking-Softwaren damit dann auch an ihre Grenzen.
 
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Inzwischen war mir die Zeit mehr und mehr davongelaufen. Der Pferdekopfnebel ist eine sogenannte Dunkelwolke, man bekommt ihn auf den Fotos nur dann zu sehen, wenn man ausreichend lang belichtet, um den schwachen Nebel, in den er eingebettet ist herauszuarbeiten. Schaut man sich die richtig guten Fotos der Region an, so sind da gern mal 20+ Stunden Gesamtbelichtungszeit an super dunklen Orten zusammengerechnet worden. Das war mir nicht möglich, aber die Erfahrung hatte auch gezeigt, das 10x2min viel zu kurz sein würden. Zwischen 20min und 20h liegt eine ziemlich breite Zeitspanne, ich beschloß mit den möglichen 1min Einzelbelichtungen insgesamt 2h, also 120 Aufnahmen zu belichten. Ich programmierte also den Fernauslöser und ging wieder ins Haus (ein entscheidender Vorteil des Garten-Astro-Fotografen)

Aus leidvoller Erfahrung ließ ich die Kamera aber nicht einfach vor sich Hinrödeln, sondern schaute alle 20-30min mal nach dem Rechten, aber oh Wundern nun schien wirklich alles zu laufen und so bekam ich meine 120 Fotos auf die Speicherkarte. Während ich den Rest schon einpackte ließ ich die Kamera noch 10 Darks machen und schoß anschließend noch eine Serie Flats.

Am Wochenende schaue ich vor dem Zubett gehen meist nochmal kurz am Rechner auf die Speicherkarte, dies ließ ich heute sein. Ich hatte einiges an Terminen, an eine Bearbeitung war vorläufig eh nicht zu denken. Allerdings konnte ich es mir am nächsten Tag im Büro denn doch nicht verkneifen mal schnell die Serie durchzusehen und das was ich da sah stimmte recht zuversichtlich.

Am folgenden Wochenende begann dann der Indoor-Teil der Astrofotografie. Zuerst müssen alle 120 Fotos einzeln gesichtet werden. Hierbei sortiert man die Fotos mit den bereits geschilderten "Fremdkörpern" wie Flugzeugen und Satelitten (mir sind auch mal einige Fotos verlorengegangen weil größere Vögel über den Garten zogen) aus. Ebenso werden Fotos aussortiert, bei denen die Sterne nicht hinreichend rund sind. Eine kleine Abweichung hatte ich ja eh, aber manchmal schlägt der Wind oder die Mechanik der Montierung zu und die Sterne werden zu langzogen.

Im Endeffekt blieben 103 Fotos übrig, die sich für das Stacken eigneten. Hierbei versucht die Software die Fotos möglichst deckungsgleich übereinander zu legen. Hierzu werden die Fotos anhand vorher festgelegter Referenzsterne pixelgenau verschoben, bis sie perfekt übereinanderliegen. Zuätzlich werden die Einzelfotos mit den Darks und der Flats verrechnet, um die Bildfehler so gut es geht auszumerzen. Dann werden die einzelnen Pixel der Fotos zusammengerechnet, sodaß auch ganz schwache Nebelregionen zumindest ein paar wenige Informationen im Summerbild darstellen. Man nutzt hierfür spezialisierte Softwaren, die auf den RAW-Daten arbeiten können, ohne etwas "hineinzuinterpretieren" wie es etwa Lightroom oder Photoshop tun würden. Ich nutzte für diese Serie die Freeware Fitswork. Alternativ gibt es ebenfalls kostenlos auch noch DeepSkyStacker. Beiden gemeinsam ist, das man sich etwas damit beschäftigen muß, die Bedienung ist sagen wir mal nicht ganz selbsterklärend, Es gibt aber genügend Tutorials auf Youtube.

Dieser Stacking-Prozess dauert je nach Bildanzahl und Rechnerleistung gern mal ein paar Stündchen, das Ergebnis in meinem Fall sah dann so aus:

picture.php

Man sieht nun schon, das die Sensorflecken und Sattelitenspuren beseitigt wurden. Man sieht aber an den Rändern links und oben auch recht deutlich, wieviel Versatz die Software aufgrund meiner nicht perfekten Einnordung ausgleichen mußte. Auch der Helligkeitsgradient von rechts unten nach links oben ist nur schwer zu übersehen.

Die starke Rotfärbung ist normal und der Tatsache geschuldet, daß meine D5100 astromodifiziert ist, also keinen Sperrfilter für die (Infra-)roten Lichtanteile mehr hat. Als Startpunkt für die weitere Bearbeitung war dieses Summenbild jedenfalls prima geeignet.
 
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Das liest sich interessant und spannend.
Als Titel hätte gut gepasst: "Qual und Freude eines Astrofotografen".

Grüße, Christian
 
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Voriges Jahr hatte ein Amateur "Astrologe" Fotograf ein Vortrag im unseren Club gehalten. Das war sehr interessant, was alles so möglich ist. Ich habe keine Ambitionen soetwas auch zu machen, aber ich habe grossen Repekt für die Jenigen die soetwas nachgehen. Drum wünsch ich dir viel Erfolg, möglicherweise kommt noch eine unenddeckter Nova dabei raus.!

Gruß Warner
 
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Bitte nicht die Begrifflichkeiten durcheinander bringen.

Astrologie ist ein Glaube, das Geschehnisse auf der Erde durch die Sterne beeinflusst würden. Kann man glauben muss man aber nicht.


Die Astronomie betrachtet das All streng wissenschaftlich. Mir ist kein Astronom bekannt, der nicht laut aufschreien würde, wenn man ihn in der Nähe der Astrologen verortet. Uns Fotografen geht es da ganz genauso.
 
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Bevor ich noch ein paar mehr Sätze zur Bildbearbeitung schreibe nun ein kleiner Einschub zum Orion-Nebel. Der hebt sich in mancherlei Hinsicht von den übrigen DSO (DeepSkyObjects) ab, weswegen ich hierzu noch ein paar Erläuterungen geben möchte. Für Einsteiger in die Astrofotografie macht ihn seine leichte Auffindbarkeit und die große Helligkeit zu einem willkommenen Einsteiger-Objekt. Das ging mir damals nicht anders, auch mein erstes Astro-Foto -nach diversen Mondfotos natürlich- war der Orion. Hier mal mein erstes Ergebnis, das ich vor 9 Jahren hier schonmal gezeigt hatte.

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Heute würde ich es etwas anders bearbeiten und wohl auch nicht so glattbügeln, aber er legte im Grunde den Grundstein für meinen weiteren Weg in die Astro-Fotografie. In vielen Millionen Jahren wird er so nicht mehr sichtbar sein, denn in seinem Inneren enstehen gerade neue Sonnen und die ziehen mit ihrer Gravitation die freie Materie an. Diese Materie bildet derzeit noch den "kosmischen" Staub, der durch die Beleuchtung der Sonnen diesen farbigen Nebel formt. Dabei bitte ich im Hinterkopf zu halten, das sich dieses Licht vor 1350 Jahren auf den Weg in meine Kamera machte. Heute wird der Nebel schon dtl. anders aussehen.

Falls jemand mal etwas weiter zum Orion-Nebel googelt und sich wundert, das in dem Zusammenhang vun M42 die Rede ist, so hat das nichts mit einem vorsintflutlichen Kameragewinde, sondern einem französischen Astronomen namens Messier zu tun. Der suchte mit den damals verfügbaren Teleskopen bereits Mitte des 18 Jhrd. den Nachthimmel nach besonderen Objekten (meist Kugelsternhaufen, und Galaxien, aber eben auch den Orion-Nebel) ab und katalogisierte diese. So entstand der Messier-Katalog, bei dem die Objekte M1-M45 von ihm selbst gefunden wurden, und weitere durch seine Nachfolger ergänzt. Heute umfaßt der Messier-Katalog 110 Objekte und -um auf meinen früheren Analogismus zurückzukommen- so wie mancher Bergsteiger alle 8.ooo er besteigen möchte, so gibt es viele Astrofotografen, deren Hauptziel ein "Messier-Poster" ist, also ein Ausdruck mit allen 110 Objekten auf einmal.

Heute sind natürlich viel mehr kosmische Konstellationen bekannt und eine Standard-Astro-Nachführung ist in der Lage aus 30- oder 40.ooo gespeicherten Objekten eines anzufahren. An diesem Punkt prallen dann auch immer öfter die "echten Astronomen" und die "reinen Astroknipser" aufeinander. Für die Astronomen gehört es zur Beobachtung schlicht dazu das gewünschte Objekt mit speziellen Auffindekarten am Nachthimmel selber zu suchen. Die schauen dann auch gern recht verächtlich auf die Fotografen, die ohne ihre GPS-gestützen Vorrichtungen völlig aufgeschmissen sind, es aber auch überflüssig finden sich mit dem übrigen Sternhimmel zu befassen, wenn sie doch nur ein "Pretty Pic" einer speziellen Region wollen.

Ich selbst bin da irgendwo in der Mitte. Ich finde es schon wichtig, das man sich am Nachthimmel halbwegs zurechtfindet, wenn man dieses Hobby betreibt, nutze aber trotzdem für nur schwer zu findende Objekte gern die Automatik. Allerdings habe ich immer einen Plan B für ein Objekt das ich leicht selber finde, falls die Elektronik mal wieder nicht so will wie ich. Ein "echter Astronom" wird allerdings nie aus mir, denn die Beobachtung mit dem blanken Auge (also einem Okular statt der Kamera am Teleskop) gibt mir gar nichts. Das menschliche Auge schaltet nachts bekanntermassen die Farbrezeptoren ab und aus den bunten Nebeln wird ein grauer Brei.
 
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Das liest sich irgendwie, als wäre Astrophotographie eine strafverschärfende Massnahme. So als hätte man es zum Teil deiner Bewährungsaflagen gemacht.

Ich habe ja noch Navigation mit Sextant und nautischen Tafeln gelernt, da gehört dann eine rudimentäre Kenntnis der wichtigsten Himmesobjekte mit dazu, und aus Interesse am Thema habe ich dann irgendwann auch ein Spiegelteleskop angeschafft, aber so in die Tiefe wie du hier gehst: Chapeau!
 
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Selbstkasteiung?

Nein eher nicht. Ich beschäftige mich gern mit der Technik und es ist ein tolles Gefühl, wenn alles so läuft wie es soll. Andererseits mag ich die Natur und auch ein Stück weit die Abhängigkeit von ihr. Beides muß passen sonst wird es nix.

Mit viel Geld kann man das inzwischen allerdings auch schon -fast- alles ausschliessen. Es gibt Leute, die haben sich in den Alpen oder anderen Bergregionen Grundstücke gekauft. Dort wurden dann Astrokuppeln (sehen so aus, wie die einer Sternwarte, nur etwas kleiner) installiert. Darin befindet sich dann auf massiven Betonsäulen eine sündteure Montierung, mit einem ebenso teuren Teleskop drauf. Per Klimaanlage findet ein ständiger Ausgleich an die Aussentemperatur statt, sodaß kein Auskühlen der Anlagen erforderlich ist. Sensoren und Kameras auf der Kuppel messen Luftfeuchte/Wolkendichte. Wird dies als als gut berechnet öffnet sich die Kuppel und mit einer speziellen Suchkamera fängt die Montierung ganz allein an das vorher programmierte Ziel anzuvisieren. Ist es gefunden beginnt -ebenfalls vollautomatisch- die Hauptkamera damit die einzelnen Filter abzufahren und auf einen Webserver zu schieben.

Der "Astrofotograf" schaut dann morgens nach einer komplett durchgeschlafenen Nacht nur auf dem Webserver, ob Bilder gemacht wurden oder nicht. Meins wäre es nicht -nicht nur weil mir der Spaß dann doch keine hohen 5- oder gar 6-stelligen Beträge wert ist- sondern weil mir dann auch ein wenig der "Kampf" mit der Technik fehlen würde. Dazu hat es schon etwas geradezu meditiatives, wenn dann morgens um 2h sogar das Ruhrgebiet zur Ruhe kommt und Du dann draussen bist. Manchmal nehme ich auch die kleine Ausrüstung mit an das Oder-Haff, da hörst du dann Nachts nur noch die Natur und ich kann dann stundenlang in den Himmel schauen und Sternbilder lernen.


Meinen Hut ziehe ich aber vor den Leuten, die -weil sie z. B. in einer Großstadt leben- jedesmal ihr gesamtes Geraffel (bei mir gut 50kg in diversen großen Packstücken) ins Auto laden, um dann "auf den Acker" also einen möglichst dunklen Flecken Erde fahren, dort alles aufbauen. Sich dann neben der Ausrüstung in einen Schlafsack mummeln und so die Nacht verbringen.
 
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Manchmal beängstigt mich das Thema sogar.

Wir wissen jetzt, dass wir auf der Erde leben und die Erde rund ist, aber Kulturen vor uns wußten auch, dass die Erde eine Scheibe ist.
Viel mehr wissen wir immer noch nicht, finden jetzt noch Teile der Maya ...
manche können das Universum erklären ...

Davon, es zu begreifen, sind wir noch weit weg !

:sorry:
 
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In Astroclubs und Foren finden sich manchmal Zweierteams, einer hat Spaß am Fotografieren der andere macht lieber die Bildbearbeitung. Bei mir ists dann eher eine One-Man-Show, deswegen kümmerte ich mich als nächstes um den Rotstich. Das geht am Besten noch in der Staking-Software mit Hilfe des Histogramms. Das Ergebnis ist dann für Einsteiger in die Astrofotografie oftmals recht erschreckend

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Der Orion-Nebel ist weiterhin gut zu erkennen. Da ist aber nicht verwunderlich, der läßt sich mit 10min schon komplett durchbelichten. Nun habe ich aber nicht 10 sondern 103min belichtet und noch immer ist kein Pferdekopf zu sehen. Was ist denn nun passiert?

Die Lösung des Problems liegt in der Arbeitsweise der Stackingsoftware. Diese arbeiten intern mit 32bit "kennen" also > 4Mrd Helligkeitsabstufungen pro Farbe. Unsere üblichen Ausgabegeräte besonders die Monitore oder die Webausgabe in JPEG können nur 8bit, also 255 Abstufungen darstellen. Schauen wir oben in das Histogramm der Astrosoftware so ist die Farbverteilung sehr schmal verteilt.
 
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Wir brauchen also einen weiteren Schritt in der EBV, das sogenannte Stretching. Hierbei versucht man z. B. durch Bearbeitung der Tonwerte oder Gradationskurven den wichtigen Farb/Helligkeitsbereich zu verstärken. Das Ganze geschieht am Besten iterativ, man macht also lieber mehrere kleine Schritte, als einmal sehr heftig an der Kurve zu zupfen. Ich selbst beginne damit gern bereits in der Stackingsoftware, bevor ich an Photoshop übergebe. Eine andere Möglichkeit ist es den Stack im sogenannten FITS-Format (ein echtes 32bit Bildformat) zu speichern und das Stretching dann in einer von der ESA veröffentlichten Freeware namens Fits-Liberator vorzunehmen. Das ist mehr Geschmackssache, sowohl im Fitswork, als auch im Fits-Liberator gibt es die verschiedensten Möglichkeiten zum Stretching, bis hin zu Multiplikationen mit sich selbst, logharitmischen Berechnungen und Ähnlichem. Da muß man allerdings bei meinem Ausgangsmaterial etwas aufpassen, da der Orionnebel schon so hell ist, kann er bei zu heftiger Behandlung leicht "ausbrennen" die RGB Werte werden also 255/255/255, der Kern wird reinweiß.

Ich habe jetzt also eher moderat gestrecht und folgendes Ergebnis dann an Photoshop weitergereicht

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Hurra, endlich ist der Pferdekopf und der ihn umgebende rote Nebel wenigstens andeutungsweise zu erkennen, war also doch nicht alles umsonst.
 
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Für den gesamten Bildbearbeitungsprozeß in der Astro-Knipserei kann man auch auf kommerzielle Softwaren zurückgreifen. Bisher kam ich mit den schon genannten Freewaren recht gut zurecht. Für die weitere Bearbeitung bietet es sich nun aber an eine Software zu verwenden, die mit Ebenen umgehen kann. Bei mir ist das ein uraltes Photoshop CS4, es sollte aber auch mit PSE oder Gimp gehen.

Die Ebenen braucht man z. B. um die Helligkeitsunterschiede im Hintergrund anzugleichen. Zudem kann man mit Ebenen sehr einfach die Wirkung von einzelnen Bearbeitungsschritten überprüfen. In der Endbearbeitung eines solchen Bildes kommt es auch immer sehr auf den persönlichen Geschmack an. Der Eine strecht z. B. sehr stark, nimmt dafür auch starkes Rauschen in Kauf, hat dafür aber jedes kleine Nebeldetail sichtbar gemacht. Der Andere möchte lieber einen cleanen Hintergrund haben, ohne beim Entrauschen zu viel zu zerstören und wirde mit den Tonwert- und Gradationskurven eher etwas vorsichtiger umgehen.

Ebenen bzw. Ebenenmasken können auch sehr hilfreich sein, wenn man einzelne Partien des Bildes selektiv bearbeiten will. Ich selbst habe mir für 30$ ein paar Photoshop-Aktionen gekauft, die ich besonders gern bei Stacks wie dem hier vorgestellten einsetze. Damit kann man z. B. leicht entrauschen, Farbstiche (in Grenzen) korrigieren, Nebeldetails besser herausarbeiten, ...

Bei den Farben verlasse ich mich allerdings vollständig auf das Histogramm, bzw. die errechneten Farbwerte der Softwaren. Ich habe eine leichte Rot/Grün-Schwäche und beschränke mich daher ausschließlich auf eine Gesamtsättigung, wenn mir die Farben nicht gefallen sollten.

Der gesamte Bildbearbeitungsprozeß ist bei mir -auch wenn ich das nun schon ein paar Jährchen mache- immer noch stark interativ, d. h. ich mache eine Bearbeitung, bewerte sie und oft genug verwerfe ich die dann auch, weil sie für das Ergebnis nichts bringt, oder es womöglich an anderen Stellen sogar noch verschlechtert.

Das Endresultat dieser "Bearbeitungsseession" möchte ich Euch nun endlich zeigen:

picture.php

Far away from perfection, aber ich bin -zumindest bezogen auf die eingesetzten Mittel- hochzufrieden mit dem Ergebnis :fahne:

Man sieht rechts unten den Orionnebel, darüber den sog. Running Man. Oben links sieht man den Pferdekopf in der roten Nebelregion und weiter links neben dem Stern Alnitak den Flammennebel.
 
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