Astrofotografie - damals (70-er,80-er) und heute

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Thomas Ferber

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Nach all den interessanten Beiträgen hier in der letzten Zeit habe ich mal mein altes Material zusammengesucht und stelle es hier ein.
Es hat sich doch viel - sehr viel getan auf dem Gebiet.
Und gerade hier habe ich den Eindruck, dass die Grenzen des Machbaren stark verschoben wurden.

Ich bin Jahrgang 1961.
Zu meiner Konfirmation bekam ich ein astronomisches Fernrohr (5cm Durchmesser, 500mm) auf einer Alt-Azimut-Montierung mit Tischstativ.
Dazu ein Kosmos-Buch: Welcher Stern ist das? Und eine nachleuchtende drehbare Sternkarte.

Mit 6 Jahren hatte ich begonnen, zu fotografieren, so war es nun nahe liegend, zu versuchen, doch irgendwie die neue Technik auf fotografisch einzusetzen.
Zu der Zeit hatte ich wohl auch schon eine Spiegelreflexkamera - eine Voigtländer VSL1 mit M42 Schraubgewinde mit Offenblendenmessung. War damals was besonderes bei M42.

In meinem Fundus war ein Kosmos-Experimentierkasten zum Thema Optik - Optikus.
Aus Teilen dieses Optikus sowie einem zweckentfremdeten Gehäusedeckel meiner Kamera entstand ein Adapter für die Kamera ans Fernrohr.
Dies hier ist dann eine der ersten Aufnahmen mit diesem Konstrukt - von einer Mondfinsternis.


_D350455.jpg
 
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Die nächste "Ausbaustufe" war dann zwei Jahre später dieser Newton-Spiegel auf Äuatorial-Montierung.
Das Teil kostete, wenn ich mich richtig erinnere 119,-DM-
Ja - die Vermutung der meisten stimmt - das Ding war wackelig ohne Ende. Also habe ich es komplett zerlegt, und die Teile dann fest wieder zusammengebaut. Es war echt erstaunlich, was das gebracht hat.
Das Ding wurde immer weiter getuned. Hatte am Schluss dann beleuchtete Teilkreise und ein Fotostativgewinde auf der Gegengewichtstange.
Der Kunststoff-Kamera-Adapter wich einer Konstruktion aus einem alten Telekonverter und einem Okular, das dann den Blick für die Kamera durchs's Teleskop erlaubte.

4,5Zoll Newton.jpg
 
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Am Wichtigsten war im Rückblick aber die Möglichkeit, langbelichtete Fotos nachzuführen.
Rechts oben sieht man den Newton noch etwas ins Bildfeld ragen. Er diente hier zum Nachführen.
Zu der Zeit entstanden die meisten dieser Fotos auf 100 ISO Diafilm. Die meisten waren zwischen 20 und 45 Minuten belichtet. Je klarer und dunkler die Nacht - um so länger.

Cygnus.jpg
 
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Höher, besser, weiter - das war damals meine Maxime.
So investierte ich meine (fast) gesamte Ausbildungsvergütung in eine Nikon F3, das 105mm 1,8-er von Nikon, ein Celestron 8 - äquatorial montierten Schmidt-Cassegrain-Spiegel sowie ein C90 Guidescope.
Nun gab es auch ein wenig Luxus - zwei über Frequenzwandler betreibene Synchronmotoren besorgten nun die Nachführung. Kontrolliert wurde dies über eine Box, die 48, 50 oder 52 Hz an die Motoren geben konnte. Alles ohne Auto-Guider.
Um die wenigen richtig klaren Nächte effektiv zu nutzen, waren meist zwei Kameras am C8. Hier die F3, die durch Teleskop schaut und vor den Gegengewichten eine Leica IIIa mit ihrem eigenen Objektiv.
Die Montierung war damit ehrlich gesagt schon etwas überladen - und entsprechend anfällig für Schwingungen.
Die meiste Zeit brauchte ich damals, um sicher zu sein, dass mein Objekt auch im Gesichtsfeld der Kamera ist. Und dann auch noch scharf gestellt ist.
Auch hier arbeitete ich meist mit niedrig-empfindlichen Filmen, da bei hochempfindlichen der sogenannte Schwarzschild-Effekt zuschlägt, der bewirkt, dass mit zunehmender Belichtungszeit der Film quasi immer unempfindlicher wird.
Ich hatte damals das große Glück, in einer recht dunklen Gegend zu wohnen - in einem Vorort von Pirmasens in der Pfalz.
Im Garten hatte ich drei Punkte einbetoniert mit Abdrücken des Stativs des C8. So war dies in Minuten aufgestellt und eingenordet.

Celestron8-Foto(nachgeführt).jpg
 
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In der Nähe von St. Christina in Norditalien entstand diese Aufnahme von der Milchstrasse im Adler.
Es war eine geniale Nacht. Am Tag zuvor hatte es geregnet und gewittert. Nun riss der Himmel auf. In der Ferne sah man noch die Blitze der Gewitter. Durch diese war der Strom in den umliegenden Ortschaften ausgefallen. Es war so dunkel, dass mir die Andromeda-Galaxie auffiel, als ich mich bückte, um ein Okular aufzuheben.
Eine besondere Herausforderung war es, einen geeigneten Platz zu finden.
Er musste eben sein, und es musste Platz fürs Auto daneben haben - wegen dem Strom für die Nachführung.

Aquila Milchstraße.jpg
 
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Dann kam - aus beruflichen Gründen - der Wegzug aus der Pfalz .... in die Nähe von Stuttgart.

Das Thema Astrofotografie wurde ungleich schwieriger.

Nun wurden die Einsätze selten - um nicht zu sagen sehr selten.

Hyakutake habe ich mit meinem Sohn im Vorschulalter vom Balkon aus beobachtet. Von meinem Sohn gibt es eine Zeichnung des Kometen und darunter dessen Name - richtig geschrieben. Es hat ihn echt fasziniert. Was mich gefrustet hat, war zu sehen, dass meine 'Sehkraft nachgelassen hat - mein Sohn hatte auf seiner Zeichnung einige Sterne mehr, die ich nicht gesehen hatte.

Für Hale-Bopp habe ich mich dann mit dem ganzen Geraffel aufgemacht in den Schwarzwald. Die Aufnahme entstand mit der F801 mit dem 105 1,8, abgeblendet auf 2,8; 20 Minuten belichtet. M34 ist auch mit im Gesichtsfeld.

Hale Bopp & M34 970407 22h00m 105mm Bl2.8 20min F801.jpg
 
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Ja - und dann ruhte das Ganze sehr lange und tief.
Mit Freunden haben wir dann mal noch eine Mondfinsternis mit dem C90 vom Balkon aus beobachtet....
Aber sonst - nix.

Dann kam die D1 - und deren Astro-un-tauglichkeit stellte sich sehr schnell heraus. Verstärkerglühen, Rauschen,.... Fast alle der erfolglosen Versuche damit sind gelöscht.

Mit der D300 ging es dann aufwärts.

D30_0156.jpg
 
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Und dann kamen hier immer wieder Themen mit Astrofotografie und Milchstrasse und so ....
Ich begann zu überlegen: leicht sollte das Equipment sein .... und wenn man das dann noch mit Landschaft, oder Gebäuden,... kombinieren könnte ....
Die D780 hatte ich mir bereits gegönnt.
Nicht nur - aber auch mit Blick auf die Astrofotografie kaufte ich das Nikkor 20mm 1,8, dazu einen Astro-klar-Filter von Rollei und eine Reise-Nachführung mit ohne Strom - also Uhrwerk-

Gleiche Location wie mit der D300 - Kloster in Hirsau. Diesmal mit der D780 mit dem 20mm 1,8. Das Bild ist ein Hochkant-Panorama und besteht aus zwei Aufnahmen.:
In der Ruine des Jagdschlosses laufen gerade Aufnahmen einer Band. Daher ist die Ruine von innen mit Kerzen beleuchtet.

_7806961-Pano.jpg
 
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Nun nur noch D780 mit dem 20mm.
Die Scheunenkirche in Mauren (bei Holzgerlingen)
Es sind drei Aufnahmen - mit Sequator zusammengerecnet. Jeweils mit Langzeit-Rauschentfernung und 6400 ISO, 5-6 sec Belichtungszeit und Blende 1,8
Was mich hier verwundert hat: der Belichtungsmesser der D780 zeigt hier noch an - sonst hätte ich länger belichtet.
Wenn jemand eine Idee hat, wie man die hellen Säume um Gebäude und Bäume wegbekommen kann - sie stören mich.

Kirche 20mm.jpg
 
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Auch von Mauren aus aufgenommen - aber aus um die 40 Einzelaufnahmen - mit Sequator zusammengerechnet.

Die Nachführung war aktiv. Für die 5sec Belichtungszeit hätte ich sie nicht benötigt. Wofür sie aber geschickt war: die Aufnahmen haben alle denselben Ausschnitt!
Ich staune, wie hoch man mit den ISO's heute gehen kann.
Schade ist es um die roten Gasnebel - etwa den Nordamerikanebel NGC7000, den man hier echt suchen muss .... bei den alten Bildn auf Film sprang er einem ins Auge.

Milchstrasse 20mm 5.jpg
 
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Hallo Thomas,
super Beschreibung deiner Langen Astro Karriere, meine ist erst 6 Jahre alt und ich bin noch in der Begeisterung des neuen Hobbys. Es ist sehr faszinierend zu lesen welchen Aufwand du betrieben hast und wie es sich entwickelt hat.
Welche Teleskope hast du den noch?
 
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Das C8 und C90 habe ich noch. Den Newton habe ich verschenkt an einen Freund und den 2“ Refraktor an jemandem im Verein, der ein Leitfernrohr suchte.
 
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Ein wunderbarer Astro-Lebenslauf, Danke Thomas!
Da entdecke ich doch sehr viele Parallelen, bei mir lief das sehr ähnlich und ruft Erinnerungen wach. Mein erster Blick mit einem Fernrohr an den Himmel war mit vielleicht 10, 12 Jahren, als ich ein kleines Kosmos Schulteleskop mit nach Hause nehmen durfte und es aus dem Kinderzimmer auf die Plejaden richtete. Da machte es "Klick" im Kopf!
Es folgten über weitere 50 Jahre viele Instrumente, vom 3" Achromaten bis zum 12.5" Dobson. Fotografiert hatte ich gelegentlich auch, war aber immer recht aufwändig oder auch enttäuschend. Aus der Rheinebene am Rande einer Großstadt heraus machte es auch nicht so viel Sinn.
Heute habe ich auf einen kompakten ED-Apo auf einer GoTo reduziert, der fix aufgebaut ist und mit einem Binoansatz herrlich entspannte Beobachtungen liefert.
Fotografiert wird immer noch selten, Kollegen aus dem Astroverein machen da riesige Aktionen mit gekühlten Kameras, z.T. 4, 5 Programmen, durch die sie die Bilder nacheinander jagen und das letzte Pixel zum Leuchten bringen. Und ja, verglichen mit den gepushten HP5-Filmen von damals ist es sensationell, was dabei heraus kommt!
 
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@Thomas Ferber

Hallo Thomas,

vielen Dank für Deine interessante und wunderbar zu lesende Beschreibung Deines Werdegangs.
Besonders faszinierend: Die analoge Zeit. Ganz ehrlich, manche Deiner analogen Fotos sind so ausgezeichnet, daß ich für mich nicht zwingend behaupten kann, diese heutzutage digital toppen zu können. Ich kämpfe immer mit zu wenig Weitwinkel (Beschaffungsproblem, das natürlich lösbar ist), mit zu langen Belichtungszeiten, zuwenig Kreativität bei der Vordergrundsuche vor dem Südhimmel (bei Milchstraße), Rauschen und immer noch fehlenden Kenntnissen beim RAW-Entwickeln.

Weiter so! :) (y)

Viele Grüße

von

Christoph
 
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Also die Nikon an das C8 und los. Wär doch was oder?
Im Prinzip ja .... aber:
- früh genug abschätzen, ob es sich in der kommenden Nacht lohnt - oft ändert sich das mit Einbruch der Nacht
- Koffer mit C8, Stativ, parallektischer Aufsatz, Zubehörkoffer, Koffer mit C90, Kameratasche,... ans Auto schleppen und verladen
- Fahrt von knapper Stunde um aus dem Streulicht von Stuttgart, Böblingen, Sindelfingen rauszukommen (am Sportplatz in Sulz am Eck sieht man am Horizont noch deutlich, wo Stuttgart ist
- Aufbau von C8 incl. Nivellieren von Stativ und anschließendem Einnorden (quick and dirty - mindestens eine Stunde)
- Montieren von dem ganzen Zubehör, digitale Teilkreise, diese mit 3-Sterne Justierung kalibrieren,..... (weitere knappe Stunde)
- inzwischen sind drei Stunden rum .... und der Verschluss der D780 war noch keine Sekunde offen
- Suche von Objekt, Fokussieren (meist nicht auf das Objekt möglich, da zu lichtschwach)
- Suche nach geeignetem Leitstern (mit dem C90) Problem: wenn der zu schwach ist, sieht man ihn nach einer Weile nicht mehr
- einige (wenige Aufnahmen
- Abbau von dem inzwischen vom Tau feuchten Equipment
- Verladen - wenn möglich so, dass noch Luft drankommt
- Fahrt
- Ausladen und alles an einem trockenen Ort zum Trocknen aufstellen
- Bad - Bett

Ein schöner Traum - ja - mal sehen...
 
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