Pyrenäenherbst - 2. Teil meiner Pyrenäenwanderung auf der HRP

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Ich wollte nur sichergehen, dass noch jemand Interesse hat :D
Nee, echt, war sooo viel zu tun in den letzten Tagen, da bin ich nicht zum Weiterwandern gekommen.
Aber dieses Wochenende sieht wettermäßig so aus, als wäre Reisebericht schreiben eine gute Beschäftigung ...


In Erwartung auf die Fortsetzung des spannenden Bericht, von Dir, liebe Sylvia, verkürze ich mir die Zeit mit einem älteren Reisebericht von Dir

Oh, ich glaube, das war mein erster Reisebericht hier. Da hatte ich noch die Coolpix, meine ich.
Schön, dass er dir gefällt. War auch eine super Tour!

Ich danke euch und gebe mir Mühe, euch vor Weihnachten ans Mittelmeer zu bringen :D

Viele Grüße,
Sylvia
 
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Nix ausruhen, keine Ausreden, weiter geht es!:)

Ja, wenn du sooo nett bittest ... :D


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Samstag, 13.10.2018 Tag 43 / 10
Mines de Batere -> Moulin de la Palette
19 km /800 \1500
8 Std. unterwegs (incl. ca. 2 Std. Mittagspause in Arles-sur-Tech)


Nachts kann ich ohne weiteren Wildschweinbesuch durchschlafen.
Das Zelt ist morgens tropfnass. Klar: Nebel, Bach, Wiese, kein Wind.
Um 9:00 breche ich auf.
Der Pfad schlängelt sich erst durch pitschnasse Wiesen am Bach entlang.
Hier sehe ich noch einige Wildwechsel durch den Bach, die Rotte hatte genug Alternativrouten.
Die Wegränder sind von den Wildschweinen völlig zertorft. Die haben gut gearbeitet heute Nacht.
Der Pfad knickt vom Bach weg und beginnt erst als Geröllrinne, dann Pfad, dann als Schotterpiste langsam hinunter zu führen.
Auf der Schotterpiste durchquere ich eine Art Zeltsiedlung, selbstgebastelte Behausungen aus Planen, Brettern, Plastikteilen und sonstigen Fundstücken.
Getroffen habe ich niemanden, aber Stimmen habe ich gehört, es schien bewohnt zu sein. Zigeuner?
Ein Wechsel von Schotterpiste und abkürzenden Waldpfaden, die richtig schön sind, führt mich weiter hinunter.




Dann steige ich einen Bergrücken hinab, der aus einer Art grobem Sandstein besteht.
Das Wetter weiß nicht so recht.




Das Zeug erodiert wohl recht leicht; wo Füße und Wasser entlanglaufen, haben sich tiefe Rinnen gebildet.
Auf einem sich ziemlich ziehenden, fast ebenen Forstweg begegne ich Jägern. Es ist wieder Wochenende, Jagdzeit.
Ich habe die letzten Tage viele Hirsche röhren gehört. Oder geht es auf Wildschweine?
Endlich erreiche ich den steilen Abstieg nach Arles-sur-Tech. Ein schöner Weg, der kurz vor dem Dorf sogar von einigen Agaven gesäumt wird!
Immer häufiger finden sich auch Kräuter wie Rosmarin oder Salbei im Gebüsch und zwischen den Felsen.
Selbst jetzt im Herbst noch ein herrlicher Duft! Doch ein mediterraner Einfluss. Besonders warm ist es aber nicht.
Über ein paar Nebenwege gelange ich ins Dorf und verlasse den GR10/HRP, um ins Zentrum zu laufen.




Ein Souvenirladen bietet Kitschkram an, aber einen Lebensmittelladen finde ich im Zentrum nicht.
Direkt am Dorfplatz ist eine Boucherie/Charcuterie. Gibt es dort auch weitere Lebensmittel?
Der Laden ist geschlossen, Mittagspause. Bis der irgendwann wieder öffnet, habe ich keine Lust zu warten.
Ich habe noch ein paar Reserven im Rucksack. Nichts kulinarisches, aber ich werde damit überleben.
Außerdem hoffe ich darauf, dass ich in den folgenden, ganzjährig geöffneten Gites etwas zu essen bekomme.
Dennoch mache ich hier eine ausgedehnte Mittagspause.
Ich setze mich in ein Restaurant am Dorfplatz. Hier denke ich in einer halben Stunde gegessen zu haben. Es dauert aber alles ewig.
Ich habe das Gefühl, erst wenn ein Gast bestellt, gegessen und bezahlt hat, wird dem nächsten die Speisekarte gebracht.
Für die übrigen Gäste an diesem französischen Samstag Mittag kein Thema. Ich habe aber noch einen langen Aufstieg vor mir.




So verbringe ich am Ende 2 Stunden hier. Alkoholfreies Bier ist bis hier noch nicht vorgedrungen, also nehme ich eins "mit". Und noch eins. :D
Und Fisch mit einem Hauch Gemüse und einer Idee von Reis. Und zum Nachtisch Zitronencrumble! Lecker! Noch einen Kaffee mit Milch hinterher.
Erst gegen 14:00 schultere ich wieder meinen Rucksack und ziehe weiter.




Die Wegführung ist anfangs etwas unübersichtlich. Einige kreative Gatter-Konstruktionen müssen gemeistert werden.
Dann geht es durch Wiese, Fels und Wald hinauf.
Wieder gibt es hier diesen rinnenartig erodierten Sandstein.




Wenn es hier feste regnet, ist das sicher ein Sturzbach.











Tja, was mir dieses Schild hier wohl sagen soll?




Gut, ich bin jetzt 600 Hm über Arles. Bei 200 und 400 Hm stand genauso ein Pflock. Mit demselben Pictogramm.
Kacke am dampfen?
Hier sch***en?
(Habe kein Dixiklo gesehen.)
Oh, Kacke!
Heiße Sch***e?
Vorsicht, Tretminen auf dem Weg?
(Habe ich auch nicht gesehen.)
Oder soll es gar ein Chinese mit Sahnehäubchen sein?

Ich hab es nicht herausgefunden.

Es zieht ziemlich zu, ein steifer Wind weht recht frisch.




Ich wandere immer wieder durch riesige Esskastanienwälder!
Hier könnte ich säckeweise Maronen sammeln.
Oft duftet es auch stark nach Wildschweinen. Ich sehe aber keine.




Nach 2 Std. und 1000 Hm bin ich am Col de Paracolls.
Ziemlich dunkle Wolken und kalter Wind weht hier. Es sieht sehr nach Regen aus.
Ich mache, dass ich nach unten komme.
Der Weg ist angenehm, führt erst mit wenig Gefälle am Hang entlang, gegen Ende dann über steilere Serpentinen hinunter.
Zwei Bäche quere ich, dann sehe ich ein Hinweisschild zur Ecogite Moulin de la Palette.

Sieht nicht nach viel Betrieb aus hier, aber in der Küche steht eine Frau.




Die Hunde bleiben entspannt liegen, als ich über die Terrasse laufe und an die Scheibe klopfe.
Ob sie wohl ein Bett für mich für die Nacht hätte ...?
Ja, hat sie. Super!
Und sie fragt mich sogar, ob ich auch Abendessen haben möchte.
Jaaaa! Gerne!
Ich bin und bleibe der einzige Gast.
Das ist auch ganz schön, denn mein Dorm hat zur Wasch-Dusch-Toilettenecke nur einen Vorhang. :eek:
Dann das übliche Ritual: Duschen, Socken waschen, Zelt und Schlafsack lüften und trocknen, Kamera und Handy/Powerbank an die Steckdose.
Mein Essen bekomme ich später aufs Zimmer gebracht. :cool:
Bei der Schüssel Couscous muss ich grinsen. Ob die ahnen, dass ich seit Wochen jeden zweiten Abend Couscous esse?
Ich will mir dazu einen Tee kochen, aber die Gasflasche der Küchenzeile ist scheinbar schon in der Winterruhe.
Ich habe keine Lust, unten bei den Wirten nachzufragen und koche einfach auf meinem eigenen Gasherd.
Gas habe ich noch genug, besonders da ich davon ausgehe, auch in den nächsten beiden Nächten in Häusern zu schlafen und zu essen.
WiFi gibt es nicht, auch keinen normalen Empfang. Daher bekomme ich kein Wetterupdate.
Gehört wohl zum Eco-Konzept?
Der Hausherr meint, morgen früh gäbe es noch Regen, nachmittags würde es besser.
Draußen hängen die Wolken sehr tief, es ist feste windig.
Ich mache mir einen gemütlichen Abend.
 
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Sonntag, 14.10.2018 Tag 44 / 11
Moulin de la Palette -> Las Illas
21 km /1250 \1350
gut 7 Std. unterwegs


Um 8 Uhr bekomme ich Frühstück in der Familienküche.
Dort stehen Kisten voller Esskastanien. Daraus soll Maronenmus gekocht werden.
In der Nacht hat es gestürmt und heftig geregnet.
Es regnet immer noch.
Ich trödel, so gut es geht, denn später soll es ja besser werden.
Gegen 9:30 breche ich in Regensachen auf. Es nieselt nur noch.

Auf der Straße werde ich aufgefordert etwas flotter zu laufen.




Dabei wird mir warm, und als der Regen aufhört, werfe ich die Regensachen erleichtert ab.

Ich komme an dem winzigen 3-Häuser-und-eine-Kirche-Dorf Montalba vorbei.




Kurz danach begegne ich dieser Schlange. Eine Äskulapnatter?




Nach einer kurzen Aufklarung sinken die Wolken nun wieder tiefer.




Im Wald wird es immer dunkler.










Bald wird es so neblig und düster, dass ich denke, gleich meine Stirnlampe zu brauchen.
Und das gegen Mittag!
Es ist wirklich ein sehr schöner Weg, so weit ich das sehen kann.
Ich habe aber zwischenzeitlich echt Schwierigkeiten, in der zunehmenden Dunkelheit
und dem dichter werdenden Nebel den Weg durch das tiefe Laub zu finden.
Die rot-weißen Zeichen des GR10 entdecke ich immer erst, wenn ich kurz davor stehe.

Dann beginnt es auch noch zu regnen.
Ich packe die Kamera in den Rucksack und mich in Regensachen.
Unter diesen Bedingungen verzichte ich auf die Besteigung des Roc de Frausa mit dem "tollen Blick auf das Canigou-Massiv".
Heute nicht.
Über an sich schöne Waldwege umgehe ich den Felsengipfel.
Im Abstieg dann ein Auf- und Abklettern über Felsblöcke.
Es wird noch eine Nuance dunkler - und dann platzt der Himmel wie eine Wasserbombe!
Was ich jetzt erlebe ist eine mir völlig neue Dimension von Starkregen.
Dusche auf vollen Anschlag.
Eine Badewanne wäre wohl in 5 Minuten übergelaufen.
Die Pfade werden in Minuten zu Wildwasserbächen.
Der eigentliche Weg ist kaum noch auszumachen.
Der ganze Berghang verwandelt sich in eine Art Wasserrutsche.
Glücklicherweise gelange ich bald auf einen breiteren Waldweg, dem ich gut folgen kann.
Das Wasser rauscht von der Seite darauf und überspült den Weg.
Dann erreiche ich endlich die Straße.
Noch 4km bis Las Illas.
Auch die Straße hätte ich einfacher paddeln als laufen können.
Die Strecke zieht sich endlos.

Völlig durchgeweicht komme ich in Las Illas an.
Neben der Mairie finde ich die Gite.
Geschlossen! :eek: Das darf jetzt echt nicht wahr sein!
Weder das Gelände - steile Waldhänge - noch das Wetter reizen mich gerade zum Zelten.
Wieder einmal beschwöre ich sämtliche mir bekannten und unbekannten Mächte, für mich ein trockenes Bett bereitzustellen.
Es soll noch ein Restaurant/Hotel geben.
Ich finde es, rüttel an der Türe - geschlossen!
Ein Zettel an der Türe: Geöffnet ab 18:00, aber nur bei vorheriger Absprache. Telefonnummer.
Reicht eine Absprache 1 Std. vorher?
Das wird aber sowieso nichts, denn ich habe in diesem Nest keinen Handy-Empfang.

Mist!
Ich gehe zurück zur Gite, denn die hat wenigstens ein Vordach, unter dem ich erstmal trocken stehen kann.
Gerade biege ich um die Ecke, da kommt eine Frau auf mich zu.
Was ich denn suche?
Ein trockenes Bett!
Ob ich mich in der Gite angemeldet hätte? Die wäre dann offen.
Nein, habe ich nicht.
Na, dann soll ich mal mitkommen. Die Betreiberin wäre eine Freundin von ihr.
Ah, das klingt nach Hoffnung!
Zwischen der Türe zur Mairie und der zur Gite klopft sie an eine Holztüre.
Oben eine Stimme.
Meine Retterin verkündet meine Ankunft, die Betreiberin kommt daraufhin herunter.
Und öffnet mir die Türe ins Paradies!
Naja, in einen trockenen Schlafsaal.

Und verheißt mir sogar Nektar und Ambrosia!
Meine Wirtin betreibt nämlich auch das Hotel/Restaurant dels Trabucayres und verspricht mir, um 19:00 zu öffnen!
Ich danke ihr jubelnd in all meinen französischen Möglichkeiten, und auch den angerufenen Mächten :winkgrin:

Es ist kalt drinnen. Steinboden. Ein Schlafsaal mit Stockbetten für sicher 20 Gäste.
Ich tropfe erstmal den Boden nass.
Dann versuche ich so schnell wie möglich die nassen Sachen loszuwerden.
Meine Regensachen haben tatsächlich einen ganz guten Job geleistet.
Aber der Boden des Rucksackes ist deutlich wasserdichter als sein Oberteil und ich kann das Wasser auskippen.
Ich bin froh, nach einer Neufundland-Tour mit ähnlichem Wetter in wasserdichte Packbeutel investiert zu haben.

Die Heizung funktioniert tatsächlich, ich stelle sie auf volle Leistung.
Aus Stuhllehnen und Bettleitern baue ich Trockengestelle für alles, was nass geworden ist.
Ich finde einen Aufnehmer und trockne den Boden wieder, damit ich nicht immer mit den Socken durchs Wasser laufen muss.
Auch hier habe ich weder Empfang noch Satelliten.

Im Hotel, das jetzt keine Gäste hat, bekomme ich einen Tisch gedeckt.
Ich bin der einzige Gast. Wow, toll, dass das Wirtspaar extra für mich die Küche anwirft!
WiFi oder Empfang gibt es hier auch nicht.
Die beiden meinen aber, morgen bliebe das Wetter so, nur dass noch ein paar Gewitter dazu kommen.
Weil irgendwas Wildes über Portugal tobt und hier herüber zieht.
Soll ich hier besser noch einen Ruhetag einlegen?
Ziemlich frustrierend, so kurz vor dem Ziel ... :frown1:
Ich bekomme ein Menu Randonneur: Eine Suppe aus Kürbis und Maronen,
Schweinebacke mit Kartoffelgratin und etwas Gemüse und zum Nachtisch Creme Catalan.
Alles super lecker!!! Dazu einen halben Liter Rotwein. Hick!

Durch das Licht angelockt kommt noch ein Paar aus der Gegend zum Essen herein.

Marcel und Agnes, die Wirte, rufen für mich noch in der Refuge d´Ouillat an, um mir ein Bett für morgen Abend zu reservieren.
Sie sprechen auf Band, der Besitzer will zurückrufen.
Das Frühstück wollen sie mir später abends noch in die Küche der Gite bringen.
Dann kann ich frühstücken, wann ich Lust habe.

Zum Schluss geben sie mir noch den Tipp, dass der einzige Handy-Empfang oben am Parkplatz sei. Manchmal.
Ich danke ihnen 1000 mal für alles und verabschiede mich herzlich.
Es nieselt gerade nur und ich versuche mein Glück am Parkplatz.
Nach einigem Herumwandern und Warten bekomme ich tatsächlich einen Wetterbericht.
Der sagt, bis 10 morgen Gewitter, bis 11 Starkregen, ab 12 besser.
So lange kann ich nicht warten, sonst erreiche ich die Refuge nicht.
Ich muss morgen wohl noch im Regen loslaufen.


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Später erst erfahre ich, in was ich da hineingeraten bin.
Dafür habe ich es ganz gut überstanden ...

Situation ist ernst - Unwetter auf Mallorca
Tote bei Unwetter in Südfrankreich
 
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Ich weiß natürlich, dass die Weihnachtszeit vor der Türe steht, dennoch schaue ich fast jeden Tag hier vorbei und schaue, ob es weiter geht, ohne jetzt drängen zu wollen :D :fahne:

Lieber Axel, ich schaue bei euch auch immer mal vorbei und warte gespannt auf eure Abenteuer Teil 3 ... :p

Viele Grüße!
Sylvia
 
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Lieber Axel, ich schaue bei euch auch immer mal vorbei und warte gespannt auf eure Abenteuer Teil 3 ... :p

Viele Grüße!
Sylvia

Liebe Sylvia,
da bin ich leider der falsche Ansprechpartner, denn für den schriftlichen Teil ist Heike zuständig. Ich kümmere mich um die Bearbeitung der Bilder (ca. 250 habe ich schon fertig), von mir aus kann es also losgehen...
Herzlichen Gruß Axel
 
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Meine Güte Sylvia, da ist Dein Abenteuer aber echt gefährlich geworden :eek:
Zum Glück muss ich mir jetzt nicht so große Sorgen machen, denn Du bist ja glücklicherweise hier und schreibst ;)

Das ist ein ganz schöner Krimi und ich bin schon sehr gespannt wie es weitergeht :)
 
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Montag, 15.10.2018 Tag 45 /12
Las Illas -> Col de l´Ouillat
26 km /1100 \700
7:15 unterwegs


Was für eine Nacht!
Es hat gestürmt, gewittert und gepladdert.
Diesmal war ich wirklich froh, drinnen zu schlafen.
Ich schlafe aus, denn aufgrund des Wetterberichtes habe ich nicht vor früh aufzubrechen.
Leider bekomme ich weder das Wasser der Dusche noch das in der Küche warm.
Ich fummel ein bisschen am Boiler herum, aber wahrscheinlich ist der schon für den Winter abgeschaltet.
Egal, dann eben keine Dusche.
Das Frühstück steht in der Küche. Die Küche steht unter Wasser.
Der Wind muss in der Nacht die Flügeltüren aufgedrückt haben und es hat kräftig hereingeregnet.
Was solls, ich ziehe meine fast getrockneten Schuhe an.
Leider sind auch der Kaffee und die Milch, die mir die Wirtsleute in Thermoskannen hergestellt hatten, gerade noch lauwarm.
Das stört mich aber nicht sehr, denn ich freue mich darüber, dass es draußen nicht mehr regnet und sogar kleine blaue Fleckchen zwischen den tiefen Wolken schimmern.
So setze ich mich in die Küche an den Tisch, direkt an die weit geöffneten Türen.
Einige Dorfbewohner kommen vorbei und grüßen.
Einer bleibt stehen und wir plaudern lange.
Jacques kommt aus dem Elsass und hat einige Verwandte in D, daher spricht er gut Deutsch.
Das vereinfacht mir die Kommunikation ungemein :)

Schließlich packe ich und breche auf.




Auf der Straße liegen noch Sedimente der Überschwemmung von gestern.




Gestern habe ich schon Wegweiser an der Brücke gesehen, wo der GR10/HRP weiter verläuft.
Ich gehe wieder hinunter.
Irgendwie deckt sich aber die Ausschilderung gar nicht mit meiner Route auf der Karte.
Weder der GR10 noch die HRP folgen hier laut Karte der Straße nach Norden.
Ich folge der Ausschilderung ein Stück. Aber die Markierungen biegen nicht ab.
Ich laufe wieder zurück.
Die angegebene Strecke auf der OSM geht eine Straße rauf, die on earth aber als Privatweg deklariert ist.
Hm. Ich überlege, welcher Route ich vertrauen soll.
Auf der OSM müsste ich 10 km laufen, bis eine Abzweigung in meine Richtung kommt.
Das kann irgendwie nicht sein. Es sei denn, die Route ist komplett verlegt worden. Dann kommt sie vielleicht gar nicht am Col d´Ouillat vorbei?
Und die Route der OSM? Vielleicht ist die aus irgendeinem Grund gesperrt?
Irgendwas war mit Umleitung wegen Windkraftanlagenbau.
Blöd.
Es beginnt zu regnen.
Ich folge der Straße und den rot-weißen Markierungen.
Als dann die erste kleine Straße abzweigt und die Markierungen immer noch talwärts zeigen, beschließe ich, meine eigene Route zu gehen.
Ich steige die verlorenen Höhenmeter über das Sträßchen wieder hinauf, fast parallel zu der gerade gelaufenen Straße.
So habe ich sicher insgesamt 1 Std. vertüddelt, bevor ich das Dorf überhaupt richtig verlassen habe.
Ich gelange an die Serpentinenstraße, die gleich oben aus dem Dorf geführt hätte.
Hier finde ich tatsächlich alte, z.T. übermalte GR-Zeichen.
Ich bin gespannt, ob ich auf diesem Weg durchkomme.
Jacques kommt mir in seinem Auto entgegen.
Er bestätigt mir, dass ich diesen Weg nach Le Perthus laufen kann.
Gut.
Als die Straße nach den letzten Häusern endet, wird es matschig.
Außerdem hat der Wind in den Bäumen gut gearbeitet.




Immer wieder muss ich um riesige Pfützen und Matsch navigieren und über Äste und Stämme klettern.

So erreiche ich die FKK-Siedlung Mas Nou. Hier kommt auf einmal der GR10 von links dazu, wo auf meiner Karte gar kein Weg ist.
Von den Nudisten sehe ich nichts. Nur ein paar Schafe laufen über meinen Weg. Mit Wolle.
Nackig wäre mir das hier heute auch zu kalt. Was machen die eigentlich im Winter?

Der Regen hört wieder auf.
Ich folge nun lange einer Erdpiste immer an der Französisch-Spanischen Grenze entlang.
Ich treffe wieder auf Grenzsteine, die ich zuletzt im Baskenland gesehen hatte.
Ausnahmsweise bin ich ganz froh, dass der Weg heute so lange über diese Schotterpiste läuft.
Das erspart mir viel Matsch.
Dennoch zieht sich dieser Weg endlos dahin, mit nur wenig Gefälle. Immerhin kann ich so Kilometer fressen.
Endlich erreiche ich den Col del Priorat. Die Schilder nach Le Perthus zeigen geradeaus hoch in den Wald.
Ein hübscher Pfad steigt auf zum Puig del Priorat und gabelt sich dort.
Kein Zeichen oder Schild mehr.
Ich schaue auf die OSM. Die zeigt mir hier wieder überhaupt keinen Weg an.
Natürlich ist der, den ich zuerst versuche, der falsche Weg und endet irgendwo im Gebüsch.
Also wieder rauf zum Col und auf der anderen Seite runter.
Hier findet sich bald ein sehr guter und sehr schöner Pfad, der über den Bergrücken und genau entlang der Grenze Richtung Le Perthus führt.




Sogar ein wenig Licht bekomme ich von oben! Diese Strecke ist wirklich toll!
Auf ihr gelange ich schließlich zu einem Fahrweg hinunter, wo ein paar alte Mauern herumstehen.




Schilder klären mich darüber auf, dass ich hier an einem historisch sehr interessanten Punkt stehe.
Der wichtigste römische Grenzübergang von Gallien nach Spanien.
Hier begann die Via Domitia, die erste Römerstraße in Gallien.
Um 120 v. Chr. gebaut verband sie Italien mit Spanien zu Lande und überquerte dabei die Alpen.
An ihrem "Ufer" wurde Narbonne als Knotenpunkt gegründet mit der Via Aquitana an den Atlantik.
Hier, am Ende der Via Domitia, steht man auf dem nur 330 m hohen Col de Panissars.
Damals war das wohl der wichtigste Pass über die östlichen Pyrenäen mit einer breiten Handelsstraße.
Auch Hannibal, so wird vermutet, hat hier mit seinen Elefanten die Pyrenäen überschritten.
Wahrscheinlich gab es hier ein Aphrodite-Heiligtum, eine Zollstation, Handels- und Verteidigungsanlagen.
Damals hieß dieser Ort Summum Pyrenaeum.

Südlich anschließend an die Via Domitia baute man als Verlängerung die Via Augusta bis hinunter nach Cadiz.
Auf dem Hügel dahinter sieht man Fort Bellegarde aus dem 17. Jhdt.
Gleicher Ort, gleiche Aufgaben.

Ich würde mich hier gerne noch länger umgesehen, aber ich will vor dem Regen ankommen und habe noch eine gute Strecke zu laufen.

Die Grenze verläuft heute immer noch hier. Ich kann aber ohne Abgaben und Steuern passieren.




Kurz darauf passiere ich eine moderne breite Passstraße, die A9 durch Le Perthus.
Le Perthus finde ich recht unattraktiv.
Die Läden scheinen jetzt mittags alle geschlossen zu sein.
Auf einem Mäuerchen sitzend esse ich einen Schokoriegel und versuche, in der Refuge anzurufen.
Ich erreiche aber niemanden.
Daher schreibe ich noch eine e-Mail.
Na, ich bin mal gespannt, was mich da oben erwartet ...
Für nachmittags sind jetzt ein paar Schauer angesagt.
Ich mache mich schnell wieder auf den Weg.
Nun geht es lange ein kleines Sträßchen an einer Schlucht entlang.
Gleichmäßige, angenehme Steigung, kein aufgeweichter, matschiger Waldboden, ganz nette Ausblicke.
Ich bin zufrieden, bitte nur den Himmel inständig dichtzuhalten, bis ich am Col bin. ;)
Im Sommer bei über 30°C ist das hier sicher völlig anders.

Riesige Pilze



Blick in die Berge gegenüber



Fontaine Sainte Marie



Rote Beeren, tiefe Wolken



Korkeichen, deren nachgewachsene Korkschicht schon wieder 4-5 cm dick ist.






Nach einigen Kilometern zweigt, kaum zu sehen, ein Pfad nach rechts ab.
Erst geht es durch viel Geäst, Gestrüpp, Brombeerranken und Kraut.
Ich befürchte schon, der endet irgendwo.
Dann wird er aber nach und nach immer besser und ein wunderschöner Waldweg.







Zwischendurch geht es noch einmal pfadlos über eine Wiese zu einer Gruppe von Häusern.
Irgendwo treffe ich wieder auf den GR10.
Durch einen Wald und dann über Wiesen voller Ginster steige ich steil hinauf.
Dann geht es einigermaßen eben durch einen Wald.
Ich habe Hunger und Durst.
Mal linst ein wenig Licht durch die Wolken, mal laufe ich im Nebel.
Bis auf einige Tropfen hält der Himmel aber tatsächlich dicht. Danke!

Endlich sehe ich vor mir einen Schuppen. Sieht aus wie schon lange verlassen.
Ich ahne nichts Gutes.
Ich finde einen Schlauch, der Wasser aus dem Wald in einen Trog leitet.
Davor sumpfige Wiese. Zur Not finde ich hier irgendwo einen Platz für mein Zelt.
Dann erreiche ich die Refuge.
Kein Mensch weit und breit. Verrammelt, verschlossen, verlassen.
Auf meine Anfrage habe ich auch keine Antwort erhalten. :frown1:
Was verstehen die hier eigentlich unter "ganzjährig geöffnet"???

Auch hier finde ich ein Stückchen Wiese vor dem Haus, wo ich nun mein Zelt aufbaue.
Das Wetter ist ja nicht ganz so wild wie gestern.
Neblig, nass, aber es regnet nicht.




Ich hoffe, dass es nicht zu windig wird, denn meine Heringe finden in dem Boden keinen rechten Halt.
Mit dem Wassersack laufe ich zu dem Brunnen zurück, klettere die Böschung hoch und fülle meinen Vorrat aus dem Schlauch auf.
Dann sammele ich Kastanien zum Abendessen!
Direkt neben dem Haus stehen einige Esskastanienbäume und der Boden ist voll von reifen Früchten! Herrlich!!!




Während ich die Maronen koche, kommt tatsächlich der Hüttenwirt!
Er entschuldigt sich vielmals. Irgendwie sei heute ein spezieller Tag oder so.
Er wirkte ziemlich gehetzt. War aber echt super nett!
Er würde mir den Dorm aufschließen, ich könne da übernachten.
Ich entscheide mich jedoch dafür, im Zelt zu bleiben. Ist ja schon eingerichtet.
Morgen soll sogar die Sonne scheinen!
Er ist total nett und lässt die Türe über Nacht offen, falls ich doch - das Wetter ...
Und ich könne die Dusche und Toilette nutzen.
Allerdings im Dunklen, denn seit 2 Tagen oder so hätte er hier keinen Strom.
Er würde im Haupthaus drüben schlafen, falls ich was bräuchte.
Vor 2 Jahren sei er selbst auch die HRP gelaufen. :cool:
Mein Zelt findet er interessant.

Zu essen gäbe es aber nichts.
Wie gut, dass ich mich nicht darauf verlassen habe, drinnen schlafen und essen zu können!
Meine Maronen werden total lecker!
Am liebsten würde ich einen Sack voll mit nach Hause nehmen ...

Anschließend suche ich meine Duschsachen zusammen und die Stirnlampe.
Der Dorm macht einen gemütlichen Eindruck.
Ich teste erst vorsichtig, aber das Wasser der Dusche ist tatsächlich richtig herrlich heiß! Vielen Dank dafür!

Ich habe Empfang und reserviere für morgen Abend vorsichtshalber ein Hotelzimmerzimmer in Banyuls.
Wer weiß? Entweder ist alles geschlossen oder belegt.
Ich bekomme auch die Bestätigung für die Reservierung. Das beruhigt mich nach den letzten Tagen.

Banyuls! :eek:
Wahnsinn! Nur noch 1 (eine!) Etappe, ein Tag bis ans Mittelmeer! :cool:
Dann bin ich da! Wow.
Ich habe es immer noch nicht gesehen.
Viel kann mich jetzt nicht mehr vom Erreichen meines Zieles und vom Vollenden dieses Projektes abhalten.
Selbst wenn ich morgen den ganzen Tag in strömendem Regen laufen muss, ich werde wohl ankommen.
Die Etappe wird noch einmal sehr lang und man soll sie nicht unterschätzen, heißt es im Guide.

Seit einer Weile regnet es immer wieder. Aber das stört mich jetzt auch nicht mehr.
Der Chef kommt noch einmal vorbei und berichtet, dass er das Stromproblem gelöst habe.
 
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Dienstag, 16.10.2018 Tag 46 / 13
Col de l´Ouillat -> Banyuls-sur-Mer !
24 km /550 \1450
7,5 Std. unterwegs


Meine letzte Nacht hier draußen in den Pyrenäen war gut.
Nicht zu viel Wind, nicht zu viel Regen.
Um 7:30 brauche ich zum Frühstück bereiten noch die Stirnlampe.
Als es heller wird, sehe ich, dass es bedeckt ist, aber einzelne Hoffnungsflecken sind am Himmel.
Der Wetterbericht verkündet einen Sonne-Wolken-Mix für heute. Fein!
Um kurz vor 9 breche ich auf.
Den netten Wirt treffe ich nicht mehr, ich rufe in seine Richtung ein Au revoir
und steige den Hang hinter dem Haus hinauf.
Durch den Regen der letzten Tage haben so viele Wasserläufe ihre Bahn über den Waldboden gespurt, dass der eigentliche Weg kaum auszumachen ist.







Ich schrecke drei Wildschweine auf, die kurz vor mir aufspringen und nach oben durch den Wald rennen.
So früh am Tag haben die wohl noch nicht mit Besuch gerechnet.

Ich erreiche den Coll del Pou und treffe hier eine Großfamilie von Hasen.
Leider ist es noch zu dunkel, als dass ich sie beim Weghoppeln vernünftig hätte fotografieren können.




Ich biege nach Osten ab und laufe eine Weile über den Grasrücken.
Dann steige ich ein wenig ab zur Fontaine de Tagnarede, einer der wenigen Wasserquellen auf meinem heutigen Weg.




Kurz darauf nähert sich mir vom Meer her eine ziemlich nasse Wolke.
Ich packe die Kamera weg und mich in Regensachen.
Die Wolke und ihr Gefolge hüllt mich schnell ein und es regnet und regnet und regnet.
Vor dem Pic Neulos verpasse ich einen Abzweig und steige zu dem Antennenberg hinauf, statt ihn zu umgehen.
Egal, weiter.
Es regnet, während ich über Wiesenhänge, durch Waldstücke, zwischen Felsen und durch Buschland auf und ab laufe.
So hatte ich mir das mediterrane Finale nicht vorgestellt. :frown1:
Jetzt bekomme ich hier in Reichweite des Mittelmeeres noch all den Regen und Nebel ab,
der mich im Baskenland fast unbehelligt gelassen hat.
Durch dichten Nebel ohne Sicht stapfe ich mit nassen Füßen weiter.

Nach 3 Stunden wird es plötzlich heller! Der Regen hört auf, die Wolken heben sich,
ich kann mehr als 50 m weit sehen.




Ein Pfahl verrät mir, dass ich mittlerweile am Col de Terrers angekommen bin, fast am Ende der Ridge.




Ups, wer wohnt denn da unter den Felsen?
Erinnert mich irgendwie an Walter Moers :D




Sonne!!!








Ich nutze die Gelegenheit, wage es, die Regensachen auszuziehen und ein wenig zu essen und zu trinken.

Am Puig de Sallfort beginnt dann der steile, felsige Abstieg zur Küste.










Und dann endlich!
BANYULS-sur-MITTELMEER !!!!! :huepf:




Der Weg wird ebener und führt offensichtlich als Verbindungsweg zwischen verstreuten Höfen um die Hügel herum.




Sehr grün alles hier unten.




Auf einmal wuselt vor mir auf dem Weg dieses Tier:




Ich bekomme leider auf die Schnelle nur die Mitte scharf.
Das Vieh ist sicher 15 cm lang!
Später finde ich heraus, dass es sich um einen Europäischen Riesenläufer handelt, auch Mittelmeerskolopender.
Da sie eigentlich nachtaktiv sind, habe ich wohl ziemliches Glück einen erwischt zu haben.
Sie haben Giftzangen, verursachen beim Menschen aber nur schmerzhafte, keine gefährlichen Bisse.
Nochmal Glück gehabt. ;)
Wenn der mich jetzt gefressen hätte! So kurz vorm Ziel! Wo ich doch gerade endlich das Mittelmeer gesehen habe!

So kann ich nun, dem Ende gerade noch einmal entronnen, dem herrlichen Balkonweg um die Hänge folgen.
Unter mir beginnen langsam die Weinanbaugebiete von Banyuls.
Es duftet auch jetzt, im nassen, kühlen Herbst, noch nach Gewürzen und Kräutern.



Es beginnt wieder zu regnen. Doll genug, um die Regensachen wieder notwendig zu machen.
Die Kamera lasse ich draußen in ihrer Neoprenhülle. Ich hoffe, das reicht bis zum Ziel.

Der erste Kaktus an meinem Weg!


Fenchel, Rosmarin, Mandelbäume, Zistrosen, Apfelsinen, Dill, ...
Schwarze Oliven.



Ich komme dem Ziel näher.



Ich erreiche ein Bergsträßchen, kürze die Serpentinen über geröllige Steige ab, gelange zu einer Table d´Orientation und Infotafel.
Die ignoriere ich im Regen nun aber.
Ein Regenbogen über dem Städtchen verheißt nichts Gutes.
Vom Meer her zieht es schwarz und nass herein.




Ich verzichte auf weitere Fotos und versuche, schneller als die schwarze Wolke in Banyuls anzukommen.
Ich erreiche den Ortsrand, folge den GR10-Zeichen durch Nebenstraßen und Gassen.
Ein Foto muss dann doch noch schnell sein:




Wie nett, dass die extra einen Platz für mich benannt haben! :)
Schnell weiter!

Gerade, als ich am großen Platz an der Promenade ankomme, erreicht mich der Regen.
Ich springe schnell unter die große Markise eines Restaurants.
Das ist leider geschlossen, aber Stühle und Tische stehen hier.

Na toll!
50 Meter vor meinem Ziel sitze ich nun hier.
So hatte ich mir den grandiosen Zieleinlauf nicht vorgestellt ...

https://www.flickr.com/photos/79091309@N03/32457584398/
(Sorry - wie fügt man ein Video von flickr hier ein? ... Klaus sagt, geht nicht. Dann lass ich den Link.)


Das gelbe Haus hinter den Palmen muss die Mairie sein, an der die offizielle Zieltafel hängt.
Das Meer ist gleich jenseits der Straße.
Aber soooo kann ich doch nicht ankommen!
Ich muss doch wenigstens ein Zielfoto machen!
Oder soll ich erst ins Hotel gehen und später ...
Nein, das geht gar nicht. Ich will erst am Ziel sein, bevor ich die Beine hochlege!
Außerdem kann ich doch noch nicht feiern, was ich noch nicht habe.

Ich warte sicher eine halbe Stunde unter diesem Vordach.

Es wird langsam heller.




Endlich nieselt es nur noch.
Ich packe meinen Rucksack wieder ein und gehe die letzten Meter zum Rathaus.
Das ist schon ein bisschen aufregend!

Es läuft niemand mehr hier draußen rum, der ein Foto von mir hätte machen können.
Daher positioniere ich meinen treuen Begleiter unter dem Kachelbild.




Geschafft!!!
Nach 46 Wandertagen bin ich vom Atlantik her über die Pyrenäen bis zum Mittelmeer gelaufen! :cool:
Das obligatorische Bild mit den Füßen im Mittelmeer muss nun aber doch bis morgen warten, es beginnt wieder heftiger zu regnen.
Ich gehe auf dem Weg zu meinem Hotel noch in den Supermarkt hier am Platz und kaufe mir eine Flasche - Banyuls!

Mein Hotel Canal liegt gleich um die Ecke. Ich checke in der Rezeption für 2-3 Nächte ein.
(Mein Rückflug ist für Freitag gebucht, aber ich weiß noch nicht, wie ich nach Barcelona komme.)
Dort wird noch mit großen Papierblättern gearbeitet, auf denen von Hand mit Bleistift riesige Tabellen eingezeichnet sind, wann welches Zimmer belegt ist. ;)

Ähnlich aus der Zeit gefallen wirkt das ganze Haus.
Die hölzerne Wendeltreppe ist völlig schief.
Die Toilette befindet sich auf halber Etage. Wer kennt das noch aus alten Stadthäusern?
Dafür sind die Böden mit schönen, alten, bemalten Fliesen gekachelt.
Mein Zimmer ist klein, aber ich ja auch. hahaha Passt!
Schnell hänge ich meine nassen Sachen zum Trocknen auf.
Dann stelle ich fest, dass die Flasche einen Korken hat, ich aber keinen Korkenzieher. hahaha
In der Rezeption hilft man mir gerne und ich bekomme sogar ein Glas dazu.

Angekommen!

. . . . .


Ich bin froh, es tatsächlich geschafft zu haben!
Ich bin aber auch ein wenig enttäuscht.
Nicht, weil es vorbei ist. Sondern weil es SO zu Ende geht.
Eigentlich hatte ich nun an 1-2 Tage relaxten Strandurlaub gedacht ...
Das Wetter soll aber die nächsten beiden Tage so bleiben.
Und danach - ist für die kommenden 2 Wochen super Sonne pur und 20°C angesagt!!! :heul:
Wie gemein ist DAS denn!?


Aber erstmal feiere ich den erfolgreichen Abschluss dieses Projektes.
Das war meine bisher weiteste Wanderung.
Ich hätte Lust, das Ganze sofort noch einmal zu machen! :D

Insgesamt habe ich super Wetter gehabt, ich bin durch großartige Landschaften gelaufen, habe viel erlebt,
körperlich im Großen und Ganzen alles gut gemeistert und auch mein Material, das ich zum Teil extra für diese Tour neu gekauft hatte, hat sich bestens bewährt.
Ich musste einige hohe Passagen umgehen, da sie verschneit und vereist waren
und ich keine Hochtourenausrüstung bei mir hatte.

Ein gutes Argument, wiederzukommen und diese Abschnitte noch nachzuholen! :rolleyes:


Morgen will ich mich ein wenig in Banyuls umsehen.
Und dann muss ich noch meine Fahrt nach Barcelona organisieren.


~~~~

Vielen Dank an alle, die mir schon bei der Planung geholfen haben - allen voran Folko und seine Seite www.mitrucksack.de !

Wer sich nun selbst für die Tour interessiert, darf natürlich gerne fragen!


Herzlichen Dank für´s Lesen, Begleiten und Kommentieren!!!
 
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War das spannend!
Vielen lieben Dank für das Mitnehmen, Sylvia und großen Respekt vor Deiner tollen Leistung. :up:

Herzlichen Glückwunsch für das erfolgreiche Wanderprojekt, bin gespannt, was Du als nächstes planst, wandern im Himalya? ;):)
 
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:applause::applause:: erst einmal herzlichen Glückwunsch und ::pray::pray::pray:: allerhöchsten Respekt vor dieser Leistung, Sylvia.
Viele schaffen das nicht und dann auch noch in deutlich unter 50 Tagen, Respekt!
Großartig war aber auch Dein Reisebericht, den ich - wie viele Andere hier - niemals langweilig empfunden habe, im Gegenteil ,manchmal könnte man es schier kaum erwarten, bis es weiterging!
Einige Fragen habe ich noch zu Deiner Ausrüstung, aber das kann erst mal warten, vielleicht wäre da auch ein separater Thread angebracht??
Herzliches Dankeschön für die vielen Stunden und Tage, die ich Dich hier begleiten durfte!
Axel
 
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Mittwoch, 17.10.2018
Banyuls-sur-Mer


Morgens werde ich von einem wundervollen Vogelkonzert geweckt.
In dem Baum direkt vor meinem Fenster zwitschern sicher 100 Stare um die Wette!

https://www.flickr.com/photos/79091309@N03/32466606518/

Herrlich!
Ich habe im Hotel nur Übernachtung gebucht und frühstücke daher im Zimmer all die leckeren Sachen, die ich in Frankreich einfach haben muss!
Feigenmarmelade, Maronencreme, Ziegenkäse, ... (nein, Baguette ist nicht dabei ;) ).
Dazu koche ich Instantkaffee und drücke Milchmädchen hinein. Kennt ihr das noch?

Dann mache ich mich auf den Weg.

Die schiefe Treppe. Ich habe immer das Gefühl betrunken zu sein. Die Stufen fallen zur Mitte hin ein paar cm ab.




Toilette auf halber Etage
. . . .


Es ist frisch draußen und nieselt etwas.
Ich gehe die paar Meter zum Kiesstrand hinunter.
Hier hole ich eher aus Pflichtbewusstsein das obligatorische Schlussfoto nach.
Denn die Tour begann ja mit den Füßen im Atlantik ...
Das Wasser ist ziemlich kalt. Und eigentlich habe ich nach den letzten Tagen genug von nassen Füßen.







Nach über 800 km durchs Gebirge, durch Wiesen, Wälder, Matsch und Wasser.


Das Profil ist natürlich ziemlich runtergelaufen, aber sonst sehen sie nicht so schlecht aus.

Ich laufe lieber über die trockene Brandung der Gehwege zum Bahnhof hinauf.




Ich komme an Orangen- und Zitronenbäumen vorbei.







Hier erkundige ich mich nach möglichen Verbindungen nach Barcelona.
Dann laufe ich weiter am Ortsrand entlang zu einem großen Carrefour Supermarkt.
Kaum bin ich drin, als der doch tatsächlich Mittagspause macht! Von 12:30 - 15:00 !

Da muss ich also nachmittags noch einmal hier herauslaufen.
Auf dem Rückweg ins Zentrum komme ich an einer Kirche und dem Friedhof vorbei.
Hier werden die Toten in "Regalen" aufbewahrt. In Urnen? Oder sind da "Schubladen" hinter?







Ich kaufe in dem kleinen Supermarkt am Promenadenplatz wieder ein (der hat den ganzen Tag geöffnet),
esse etwas und folge dann den Spuren von Aristide in die Altstadt auf dem Hügel.




. . . .


. . . .





Dabei finde ich viele hübsche Details.
Zum Beispiel die vielen tönernen, lasierten Regenrohre, die unten in tiergesichtigen Speiern enden.







Das Schälchen steht vermutlich für die wilden Tiere des Städtchens darunter.




Es regnet gerade gar nicht!
Dennoch beschließe ich, morgen nach Barcelona zu fahren und dort noch einen Nachmittag herumzulaufen (ich war dort noch nie).
Ich reserviere ein Hostelbett, scheinbar das letzte im TenToGo, das schön zentral zwischen Metro und Sehenswürdigkeiten liegt.

Dann wandere ich noch einmal an den Stadtrand zum Carrefour, kaufe ein paar kulinarische Mitbringsel und für mich etwas für die Bahnfahrt morgen.

Interessant: Die Restaurants haben hier mittags geöffnet und abends geschlossen.
Hier ist es noch richtig ur-französich. Man macht eine lange Mittagspause und geht ordentlich essen.
Mit Wein, versteht sich.
Wird auch langsam Zeit, denn zum Frühstück gab es ja nur Cafe und ein Croissant.
Abends wird dann zu Hause das Kochen und Essen in der Familie richtiggehend zelebriert.
Nicht nur an Festtagen.

Daher habe ich abends, jetzt in der Nebensaison, Probleme, ein geöffnetes Restaurant zu finden.
Gestern habe ich in einer Seitengasse eine prima Pizzeria gefunden, wo sich scheinbar Einheimische und die letzten paar Touristen treffen, die abends nicht zu Hause oder im Hotel essen.
Da gehe ich heute wieder hin. Es ist sehr gemütlich hier, ziemlich voll, das Essen ist klasse.

La Vieille Cave
 
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Donnerstag, 18.10./Freitag, 19.10.2018
Rückreise über Barcelona


Die ganze Nacht hat es wieder wild geschüttet draußen.
Am nächsten Morgen kaufe ich mir direkt am Bahnhofschalter meine Fahrkarten.
Das es sowas noch gibt ;)
Und der Mensch dort ist sogar höchst kompetent! :up:
Dazu digitale Anzeigetafeln für Züge, Gleise, Verspätugen etc.
Ich zahle für die rund 3-stündige Fahrt mit der Bahn nach Barcelona insgesamt 15,90€!
Regulärer Preis! :cool:

Um 11:15 geht mein Zug zum spanischen Grenzbahnhof Port Bou.
Hier habe ich fast eine Stunde Aufenthalt und schaue mich ein wenig um.
Ziemlich runtergekommen alles, vieles verlassen und dem Verfall preisgegeben.
Der Strand würde mich bei schönstem Wetter kaum locken.
Der Bahnhof ist riesig, aber total versifft, Penner werden von der Polizei verjagt,
der düstere Schalter ist mit einer Plastikplane verhängt ...

Dann geht es direkt nach Barcelona Saints. In wenigen Minuten bin ich zu Fuß in meinem Hostel.
Von hier aus wieder sind viele Sehenswürdigkeiten zu Fuß erreichbar.




Jetzt habe ich das auch mal gesehen.
Nach wie vor bin ich aber kein Stadtmensch und weiß nicht so recht, was ich hier soll.
Die große Begeisterung für Barcelona kann ich nicht teilen.

Das Hostel ist echt empfehlenswert! Sehr schöne (wenn auch große) Schlafräume,
Waschräume (mit Ohropax-Spendern :cool: ), gute Küche, ...

Am nächsten Morgen habe ich es nicht eilig, gehe aber rechtzeitig los.
Ich schaffe es, im ziemlich unübersichtlichen Bahnhof Saints ein Bahnticket zum Flughafen zu ziehen.

Die Bahn hat ziemlich Verspätung, ich habe aber Zeit.

Am Flughafen finde ich heraus, dass ich "zufällig" am richtigen von 3 Terminals angekommen bin.
Dieser B ist ziemlich abgerockt.
Sieht aus, als hätten sie ihn wieder exhumiert, weil die beiden anderen ausgelastet sind.
Die Anzeigetafeln sind noch mit so Klappbuchstaben wie zu den Anfängen des öffentlichen Nahverkehrs.

Die Wegweiser und Gänge sind ziemlich verwirrend.
Ich habe aber immer noch genug Zeit, trinke nach dem Security Check mit einer netten älteren Dame, die ebenfalls aus Hamburg kommt, Hefeweizen.
Der Flug ist 20 Min. zu spät, da es aber ein Direktflug ist, kümmert mich das nicht.

Nachmittags komme ich gut in Hamburg an, bekomme meinen unversehrten Rucksack (verpackt in einen Müllsack) zurück und sitze wenige Minuten später in der U-Bahn.
Am frühen Abend bin ich zu Hause.

Ende dieses Abenteuers.

Zeit für ein neues! :D



Vielen Dank für eure Begleitung und Kommentare!

Sylvia
 
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Es freut mich wirklich sehr, dass es euch gefallen hat.
Vielen Dank für die Glückwünsche :)
Ich bin überrascht, wie viele von euch tatsächlich bis zum Ziel durchgehalten haben :D
War ja doch ganz schön lang und die Bilder nicht immer spektakulär.
Und, ja, oft auch recht ähnlich für den Betrachter am Bildschirm.


Herzlichen Glückwunsch für das erfolgreiche Wanderprojekt, bin gespannt, was Du als nächstes planst, wandern im Himalya? ;):)

Himalaya ist toll!
Ich war in vordigitaler Zeit mal 4 Wochen in Nepal wandern. :)


Einige Fragen habe ich noch zu Deiner Ausrüstung, aber das kann erst mal warten, vielleicht wäre da auch ein separater Thread angebracht??

Ich beneide euch, Axel, dass ihr noch so viel der Strecke vor euch habt!
Und erwarte natürlich auch ganz gespannt eure Berichterstattung! :)

Och, jetzt vorm Kamin wäre ja schon Zeit für Gear Talk :)
Eine digitale Packliste habe ich nicht, aber ich teile natürlich gerne meine Material-Erfahrungen!


Viele Grüße,
Sylvia
 
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...Ich beneide euch, Axel, dass ihr noch so viel der Strecke vor euch habt!
Und erwarte natürlich auch ganz gespannt eure Berichterstattung! :)...
Auch wenn heute Morgen schon geschehen, so gebe ich Deinen letzten Satz gerne noch einmal ganz ungeniert an Heike weiter...

...Och, jetzt vorm Kamin wäre ja schon Zeit für Gear Talk :)
Eine digitale Packliste habe ich nicht, aber ich teile natürlich gerne meine Material-Erfahrungen!...
Sorry, geht leider grad nicht, muss gleich in die Küche, Heike kommt gegen 22 Uhr aus der Arbeit nach Hause und ich muss noch das Abendessen zubereiten (Probekochen für Heilig Abend !!:fahne::fahne: und das ist aufwenig!!)


LG Axel
 
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