Hi,
Die Nikon F6 ist hinsichtlich Verarbeitung und Funktionalität sicherlich die beste Kleinbild-Analogkamera, die je gebaut wurde. Aber in diesem Satz steckt auch schon das Hauptproblem: Es handelt sich um Kleinbild. Man hat mit der F6 immer das Gefühl, dass man zuviel Technik für eine zu kleine Filmfläche herumschleppt. Zu Zeiten als Sportfotografen noch Film nutzen mussten, waren diese Spitzenmodelle mit schnellem Motor sicherlich notwendig. Doch heute ist man mit einer D810 wohl so verwöhnt, dass das Preis-Bildqualität-Verhältnis nicht mehr optimal scheint.
da muss ich aus meiner Erfahrung mit der D800-Reihe doch widersprechen. Das Preis-Leistungs-Verhälnis ist bei der F6 deutlich besser, weil sich in der Bildübertragungskette ihre Leistung problemlos voll ausnutzen lässt. Während die D800/800E/810 bei 2 von 3 möglichen Bildübertragungsketten an den starken Einschränkungen der qualitativ schlechteren Kettenglieder scheitert (das generelle große Problem des Digital Imaging).
Aus mehreren Gründen:
1. Meistens schaut man sich die D800/810 Aufnahmen auf dem Computer Monitor an. Meistens mit einem 2k oder 4k Gerät. Damit geht schon mal der Großteil der Detailauflösung der Kamera verloren. Wenn man sich das Bild normal als ein Bild anschaut, kann die Kameraauflösung überhaupt nicht genutzt werden und wird auf die sehr geringe Monitorauflösung eingedampft (und nein, die 100%-Ansicht ist keine Alternative, ich möchte mir meine Bilder in eins, und nicht kleinst-zerstückelt anschauen).
Bei Hochformataufnahmen sinkt die Auflösung noch weiter, weil noch weniger Bildzeilen zur Verfügung stehen.
Vergleiche ich meine D700 mit den D800E Aufnahmen auf dem Monitor, sind keine signifikanten Vorteile der D800E zu erkennen, die den höheren Preis rechtfertigen würden, weil eben die sehr niedrige Monitorauflösung alles nivelliert.
2. Gleiches Problem in der Projektion: Extrem niedrige Auflösung der Beamer (von der schlechteren Farbwiedergabe auch ganz abgesehen), dazu noch zu exorbitant hohen Preisen. Auch hier wieder das Problem, dass bei Hochformataufnahmen die Auflösung nochmals deutlich niedriger ist als im Querformat. Ein grundsätzliches, systemimmanentes Problem.
Bei der Diaprojektion habe ich all diese Probleme nicht: Mit einem sehr guten Projektionsobjektiv kann die volle Filmauflösung genutzt und auf die Leinwand übertragen werden (und natürlich gleichermaßen ohne Verluste im Quer- wie Hochformat). Ich habe da meine Tests zu gemacht (auch im direkten Vergleich mit 4k Beamern). Viele andere Fotografen kommen zu den gleichen Resultaten:
http://www.aphog.de/?p=364
In der Projektion habe ich mit Diafilm (Farbe und SW) eine tausendmal bessere Bildqualität zu deutlich niedrigeren Kosten als mit der D800/810 und Beamer. Für große, unübertroffen brillante Vergrößerungen ist die Diaprojektion nach wie vor unübertroffen und stellt die Benchmark da (auch aufgrund ihrer guten Tiefenwirkung, hat schon eine leichte 3d-Anmutung).
3. Vergrößerungen auf Fotopapier:
Mit der optischen Vergrößerung (mache ich bei SW immer noch gern im eigenen Labor) bekommt man problemlos die Filmauflösung ohne nennenswerte Verluste auch aufs Fotopapier. Da kann ich ich auch stärkere Vergrößerungen erstellen, die keinerlei Wünsche offen lassen. Filme wir TMX, Acros, Delta 100, Panf+, Silvermax, RPX 25 liegen bei der Auflösung von mittleren und höheren Objektkontrasten ohnehin über der D810 (90-100 lp/mm D810 vs. 105 - 180 Lp/mm bei den Filmen).
Und mit Hochauflösungsfilmen (Copex Rapid, Adox CMS 20 II) lässt man die D810 eh weit hinter sich. Das ist nochmal eine Klasse für sich.
Vom Diafilm, hochwertig gescannt, sind erstklassige 40x60 und 50x75 Ausbelichtungen kein Problem.
Bei hochwertigen Prints mit 300ppi (200ppi) kann die D800er Reihe dann (als einzige Bildübertragungskette) mal ihre Stärke auch wirklich nutzen.
Aber, aus Sicht der Praxis:
Wie oft nutzen wir das?
Wie oft benötigen wir Prints oberhalb von 30x40? Ein Print von 30x40 mit Rahmen nimmt an der Wand schon eine Menge Raum ein.
Wieviel Platz haben wir überhaupt an unseren Wohnungswänden für Bilder?
Die meisten von uns wahrscheinlich recht wenig.
Mein Fazit der Nutzung der D800er Reihe: Sehr viel Geld bezahlt für etwas, was sich sich in 2 von 3 Fällen der Bildübertragung überhaupt nicht ausnutzen lässt (da habe ich Geld rausgeschmissen). Und im 3 Anwendungsfall nutzt man es viel zu selten. Und für die von mir zu 99% verwendeten größeren Formate erziele ich mit der F6 und Film eine hervorragende Qualität, die bei mir keine Wünsche offen lässt. Auch die Betrachter meiner Aufnahmen zeigten sich von der Qualität immer beeindruckt, keinem fehlte da irgend etwas.
Ich nutze die D800E kaum noch, aber die F6 immer mehr.
Für Pixelpeeping in der 100% Ansicht ist das ja manchmal ganz nett. Aber das hat eben nichts mit Fotografie zu tun.
Ich genieße wieder immer mehr meine mit der F6 aufgenommenen, auf 1,50m Breite projizierten Dias. Eine unübertroffene Qualität, die mir kein anderes Medium so bieten kann.
Weiterhin: Mit den neuen E-Objektiven ist F6 nicht mehr kompatibel. Das ist zukünftig ein richtiger Makel, insbesondere für Neukunden.
Das sehe ich gelassen. Es gibt neu genug Objektive ohne "E". Und die anderen Hersteller (Zeiss, Cosina,
Sigma,Tamron, Tokina, Samyang, Mitakon, Meyer-Görlitz) machen Nikons neuen Unfug ja auch nicht mit
.
Vom gigantischen Gebrauchtmarkt mal ganz abgesehen.
Übrigens:
Die F6 hat gerade diese Woche den Good Design Long Life Design Award gewonnen:
http://www.g-mark.org/award/describe/43350?locale=en
Gruß, Jo