Über die Schönheit Afrikas
Für unsere Serie mit Autoreninterviews haben wir diesmal Wibke Woyke befragt.
Die studierte Germanistin hat schon von Berufs wegen viel mit Fotografie zu tun. Nach 14 Jahren als Redakteurin bzw. Redaktionsleitung bei zwei Lokalzeitungen ist sie heute als Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung tätig.
Seit 2003 bereist Wibke Woyke in ihrer Freizeit Afrika – und die Kamera ist immer dabei. Ihre berührenden und beeindruckenden Fotografien hat sie bei unserem Partner CALVENDO in zahlreichen Kalendern veröffentlicht.
In unserem Interview erzählt sie mehr:
Wie hat sich Ihre Leidenschaft für die Fotografie entwickelt?
Beruflich hatte ich seit Ausbildungsbeginn als Redakteurin täglich Berührung mit dem Thema Fotografie. Davor eher nicht, außer bei üblichen Schnappschüssen im Privatbereich. Richtig entwickelt hat sich die Foto-Leidenschaft dann aber bei meiner ersten Reise nach Kenia. Das war 2003. Mein 30. Geburtstag stand an und statt zu Hause zu feiern, wollte ich mir viel lieber den großen Traum einer Safari erfüllen. Ich erinnere mich noch genau daran, als ich im Tsavo-Ost-Nationalpark das erste Mal wildlebende Tiere – es waren Giraffen – gesehen habe. Seit diesem Moment ist es um mich geschehen, seitdem ist die Kamera quasi auf Reisen mit meinen Händen verwachsen. Wenn ich mir das damals entstandene Foto heute anschaue, muss ich allerdings schmunzeln. Ich habe damals analog auf Film fotografiert und ohne Teleobjektiv und die erwähnten Giraffen sind so winzig am Horizont zu sehen – man kann sie nur erahnen. Kein gutes Foto, aber trotzdem war das der Moment, der mich richtig zur Fotografie und auch zur Liebe zu Afrika gebracht hat.
Gibt es Berührungspunkte zwischen der Fotografie und anderen Interessen?
Durch den Beruf in den Printmedien beziehungsweise heute als Pressereferentin gehört die Kamera zum Tag bei mir immer dazu. Das passt also sehr gut. Die größte Verbindung mit der Fotografie ist aber sicher meine Leidenschaft fürs Reisen. Ohne Kamera könnte ich die Touren wohl nur halb genießen. Für mich ist es ein großes Stück Entspannung, in fernen Ländern auf Motivsuche zu gehen.
Welches sind Ihre fotografischen Themenschwerpunkte?
Generell liegt mein Schwerpunkt auf dem Thema Natur. Tiere und Landschaften. In meiner heimatlichen Umgebung und bei Ausflügen fotografiere ich gerne, aber der Fokus liegt klar auf dem Bereich Afrika. Seit meiner ersten Reise 2003 hat mich dieser Kontinent nicht mehr losgelassen. Es vergeht kein Jahr, in dem ich dort nicht mindestens einmal vor Ort bin. Mein Mann begleitet mich dabei; wir sind in den verschiedenen Ländern zu zweit unterwegs, wenn es geht in einem Mietwagen mit Dachzelt. So kann ich einfach ganz nah in der Natur sein, auch beim Übernachten. Tagsüber auf Pirsch in den Nationalparks, abends am Lagerfeuer sitzen und nachts im Zelt den Geräuschen Afrikas lauschen – es gibt nichts Besseres! Südafrika, Namibia, Botswana, Sambia, Malawi, Lesotho, Uganda, Kenia – alles traumhafte Ziele und jedes Land zeichnet sich durch seine Besonderheiten und Eigenarten aus. Und nicht zu vergessen: Überall habe ich überaus freundliche und hilfsbereite Menschen kennengelernt.
Wie würden Sie Ihre persönliche, fotografische Handschrift beschreiben?
Ich liebe besondere Lichtstimmungen. Daher springe ich auf Reisen morgens im Dunkeln aus dem Schlafsack, um keinen Sonnenaufgang zu verpassen. Die Morgensonne taucht alles in so wunderbar warmes Licht. Gleiches gilt für das Nachmittagslicht in Afrika. Und kurz bevor die Sonne versinkt, färbt sich der Himmel oft fast unwirklich rot. Ich versuche, diese Momente festzuhalten, um sie in Bildform anderen Menschen näherzubringen. Ich folge da so gesehen also keiner hoch-technischen Linie, sondern der meines Herzens, weil bestimmte Momente bei mir starke Emotionen hervorrufen. Und die möchte ich konservieren.
Was war Ihr beeindruckendstes oder berührendstes Erlebnis in der Fotografie?
Das war Anfang 2020 beim Berggorilla-Tracking im Bwindi Impenetrable Forest Nationalpark in Uganda. Das war etwas, was ich auf meiner Liste mit Dingen hatte, die ich zumindest einmal im Leben machen wollte. Wie es der Name sagt: Berggorillas gibt es auf Bergen – und so musste ich erstmal zu Fuß hoch auf einen Gipfel. Es war steil, Wege gab es nicht, man folgte den Rangern, es war matschig, rutschig, man stolpert, überall Baumwurzeln und Äste. Bis ich in dem Regenwald bei den Gorillas angekommen war, war es ein harter Weg für mich. Die Gesamttour dauerte sechs Stunden. Meine Lungen explodierten, man Kopf war knallrot, meine Beine schmerzten. Aber der Anblick dieser in ihrer Art so stark gefährdeten Tiere entschädigte für alles: Die Gorillagruppe hatte ein Junges dabei, ein fünf Monate alter kleiner Kerl. Als ich dann endlich die Kamera in die Hand nehmen und Fotos machen konnte, war ich so überwältig, dass ich Tränen vergossen habe. Unvergesslich!
Was ist für Sie ein richtig gutes Foto? Haben Sie ein Lieblingsfoto?
Natürlich muss die technische Basis, etwa Belichtung und Blende, stimmen. Für mich ist das Vermitteln von Emotionen aber das Entscheidende. Wenn sich jemand eine besondere Lichtstimmung auf meinem Foto anschaut und quasi mitfühlen kann, wie es in dem Moment vor Ort gewesen sein muss, er oder sie die Wärme spürt, vielleicht sogar die Geräusche im Kopf hat – dann ist das für mich ein schönes Gefühl. Eins meiner liebsten Fotos hat allerdings nichts mit Licht zu tun, sondern es zeigt das bereits erwähnte Gorillababy in Uganda, das so zerbrechlich wirkt und mein Herz berührt hat.
Was würden Sie einem Einsteiger in Ihr fotografisches Spezialgebiet raten?
Ich glaube, eigentlich jedes fotografische Spezialgebiet ist heute schon von sehr guten Fotografinnen und Fotografen abgedeckt. Trotzdem sollte man sich das Thema wählen, was einem persönlich am meisten zusagt – denn schließlich soll Fotografieren Spaß machen, so sehe ich es jedenfalls. Was mein Gebiet angeht: Man braucht viel Zeit und Geduld. Afrikas Wildnis ist kein Zoo und man kann nicht erwarten, in einer Stunde zehn perfekte Fotos zu machen. Manchmal sitzt man Stunden am gleichen Wasserloch und wartet. Es gibt sogar Tiere, auf die ich seit 17 Jahre warte und die sich noch nie vor meiner Kamera gezeigt haben!
Was motiviert Sie im Leben? Und was können Sie überhaupt nicht ausstehen?
Mich motiviert eigentlich der Gedanke, dass die Welt trotz aller Probleme schön ist. Man muss sie sich nur anschauen, um zu erkennen, was die Natur zu bieten hat und wie einzigartig sie ist. Dafür muss man gar nicht viel Geld in Reisen investieren, viele Ziele lassen sich auch mit kleinerem Geldbeutel erkunden – wenn man zum Beispiel nicht den Anspruch hat, in Luxusunterkünften abzusteigen. Was ich absolut nicht mag: Intoleranz gegenüber anderen Kulturen und Religionen, Unhöflichkeit und Egoismus.
Sie haben Kalender bei CALVENDO veröffentlicht. Was reizt Sie daran?
2014 bin ich auf den Verlag und die Möglichkeit, dort Kalender zu veröffentlichen, aufmerksam geworden. Die Idee hat mich sofort begeistert und ich habe mich daran gemacht, ein Projekt zu erarbeiten und einzureichen – und das war gleich erfolgreich. Seitdem bin ich Jahr für Jahr dabei, neue Themen in dem Verlag herauszubringen. Inzwischen sind es mehr als 50 verschiedene Kalender. Was mich daran reizt ist die Idee, Afrikas Schönheit Menschen näherzubringen, die vielleicht so eine Reise nicht realisieren wollen oder können. Ich hoffe darauf, dass die Fotos einen Blick über den Tellerrand darstellen, mit dem gezeigt wird, wie schützenswert die Natur ist. Wenn sich jemand meinen Kalender mit Berggorillas aufhängt und dabei denkt „Diese wunderbaren Tiere müssen gegen Umweltzerstörung und Wilderei geschützt werden“, dann wäre das genau das, was ich erreichen möchte.
Können Sie unseren Lesern etwas über Ihre Erfahrungen erzählen? Wo sehen Sie die Vorteile von CALVENDO?
Die Vorteile sind natürlich, dass ich keine Kosten habe. CALVENDO kümmert sich darum, die Kalender mit einer ISBN-Nummer zu versehen und in die Buchläden beziehungsweise in die großen Online-Portale zu bringen. Ich weiß nicht, wie ich das allein schaffen sollte, kostenmäßig ebenso wie zeitlich. Und auch der Vertrieb läuft nicht über mich. Daher habe ich – sobald der Kalender angenommen wurde – keine Arbeit mehr, was den Verkauf angeht. Mühe sollte man sich aber natürlich bei der Auswahl des Themas, der Fotos und der Texte machen. Und Trommeln, etwa in den sozialen Medien, für die Produkte gehört ebenfalls dazu. Der Kalendermarkt ist stark umkämpft, daher sollte man irgendwie auf sich aufmerksam machen.
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Bildnachweis: © Wibke Woyke