Oldie FM2 schrieb:
Jedes Objektiv hat gewisse Fehler, welche dadurch entstehen, dass Linsen fast immer sphärisch geschliffen sind (die Oberfläche also Teil einer Kugeloberfläche und nicht eines Rotationsparabolids ist), dass alle Glassorten unterschiedliche Wellenlängen des Lichts leicht unterschiedlich brechen, dass die Ebene optimaler Schärfe bei komplexen Objektiven eben nicht eben, sondern gekrümmt ist usw. Einige dieser Fehler bessern sich bei der Abblendung. Teilweise, weil einige Fehler um so stärker werden, je weiter außen das Licht durch eine Linse fällt und weil diese Randstrahlen durch die Blende abgeschnitten werden. Teilweise, weil die bei Abblendung steigende Schärfentiefe Fehler wie Bildfeldkrümmung überdeckt. In allen diesen Fällen wir es umso besser, je weiter man die Blende schließt.
Parallel dazu gibt es den sogenannten Beugungseffekt, welcher durch die Ablenkung einer linearen Welle an einer Kante auftritt. Bei einer sehr großen Blendenöffnung ist der Anteil der an den Kanten der Blendenlamellen gebeugten Lichtstrahlen sehr gering. Macht man die Öffnung immer kleiner, ändert sich dieses Verhältnis immer stärker zu ungunsten der ungebeugten Strahlen (quadratische Abnahme zu lineare Abnahme). In diesem Fall wird es immer schlechter, je weiter man die Blende schließt.
Wir haben hier also zwei gegenläufige Arten von Effekten, welche jeder für sich die erzielbare Bildqualität beschränken. Üblicherweise bestimmen bei offener Blende die optischen Fehler die Grenzen. Bei guten Objektiven genügen eine oder zwei Stufen Abblendung, um in den Bereich optimaler Qualität zu kommen. Dieser wird bei weiterer Abblendung irgendwann durch die einsetzende Beugungsunschärfe begrenzt.
Dass das optimale Gleichgewicht bei Blende 8 besteht, ist kein physikalisches Gesetz, aber es in der Praxis eine in etwa brauchbare Näherung. Will man es genau wissen, muss man es austesten. Gerade die Beugungsunschärfe hängt nicht von der Blendenzahl, sondern von der Öffnung in mm ab. Sie ist bei Digikipsen und in der Mikrofotografie am stärksten.
Muss uns das kümmern?
Für Mammutausbelichtungen kann es wohl nicht schaden, zu wissen bei welcher Blende am meisten raus zu hauen ist. Bei Internetpräsentation müssen Bildfehler schon recht deutlich auffallen, um in der Verkleinerung noch sichtbar zu sein. Abhängig von der fotografischen Absicht kann gezielte Freistellung bei offener Blende wichtiger sein als MTF-Kurven und Excelsheets mit Objektivfehlern.
Oder kurz gesagt:
Es ist ok, Bescheid zu wissen und die Grenzen im Hinterkopf zu haben, aber man soll sich davon nicht zum Sklaven machen lassen.