Mit Weitwinkelobjektiven ist das so ein Bischen wie mit den Teles: man will immer mehr, nutzt es aber kaum mal im Extrem.
Landschaftsphotographie lebt ja nicht vom Döner (einmal Alles drauf und schön scharf), sondern von der Komposition, und die gelingt teilweise mit 35mm einfacher als mit 24mm. Ein UWW entfaltet seinen besonderen Reiz meist in der Tiefe des Bildes, nicht so sehr in der Breite. So wie ein 600er für den Hallensport zu viel sein mag (200mm sind vielleicht viel geeigneter), kann auch ein zu kurzes UWW ein Bild ruinieren. Genau dagegen sollen Zoomobjektive helfen. Ich hatte lange ein
Sigma 10-20 an DX und war dann auf der Suche nach einem FX Äquivalent (auch für eine D610).
Grundsätzlich ist das Sigma 4-5.6 15-30 ein hervorragendes Objektiv und der Stangen AF funktioniert bei den recht kurzen Einstellwegen hervorragend. Wenn man so eine Linse gebraucht findet, sollte man sofort zuschlagen. Der Brennweitenbereich ist interessant, die schwache Anfangsöffnung stört nicht (bei UWWs kommt das Thema "DoF" nicht auf), das Gewicht bleibt noch erträglich - und bei Gebrauchtpreisen um 250.- Euro gibt es kaum einen Grund, ein anderes Objektiv in die Auswahl zu nehmen. Problematisch ist nur seine Verfügbarkeit. Es ist wirklich ein gutes Objektiv, und wer nicht gerade Nikon FX verlässt, der verkauft es nicht. Man muss etwas länger suchen und findet trotzdem oft nur Exemplare, die ihre besten Tage schon gesehen haben (Gummibeschichtung, Kratzer etc.).
Weniger interessant ist das Sigma 17-35mm 1:2.8-4. Was wie ein Traumobjektiv klingt, enttäuscht durch eine etwas kontrastschwache Abbildung (Stangen-AF oder HSM - optisch gibt es keinen Unterschied) und subobtimale Randschärfe. Diese Linse wird recht oft angeboten, sie ist aber nie preiswert sondern immer billig. Ich würde es lassen.
Das AF-S Nikkor 2.8 17-35 erzielt unverständlicherweise Gebrauchtpreise auf dem Niveau des 16-35 1:4 VR. Das muss mit der "legendären" Blende 2.8 zu tun haben, denn das Nikkor 17-35 ist häufig ein Reparaturkandidat. Mechanisch ist die Serie nicht so der Hammer und vom Gewicht her ist man schon fast auf dem Niveau des 14-24 2.8.
Kommen wir zu den aktuellen Kandidaten:
Das Sigma 12-24 HSM II (aktuelle Serie) ist ein gnadenlos aufregendes UWW. Wie im DX-Bereich mit dem 8-16, hat Sigma auch bei FX lange Zeit die kürzeste Brennweite angeboten (inzwischen ziehen andere Hersteller nach und beginnen auch bei 12mm). Es ist allerdings ein erbärmlich schwerer Klotz, dessen extreme Anfangsbrennweite nur "im Bild funktioniert", wenn man wirklich ganz, ganz nah an Détails im Vordergrund herangeht. Aus der Hand und im Getümmel finde ich es bei 12mm kaum nutzbar - es schreit nach einem Stativ und viel Ruhe (klingt irgendwie nach Landschaftsphotographie, oder?).
Nikons 14-24 ist legendär (vor allem legendär schwer und unhandlich). Die 14mm unten verhalten sich ähnlich wie die mir vertrauten 15mm (vom 10-20 an DX), aber der Preis und die Dimensionen haben es für mich gleich ausgeschlossen. Wenn es wirklich nur um "maximalst weitwinklig" geht, ist das Sigma ohnehin der Gewinner, und ich brauche beim UWW keine helle Anfangsöffnung. Ideal scheint es mir einzig bei Innenaufnahmen für Maklerwebseiten.
Auftritt 16-35 1:4 VR. Vermutlich die beste Linse auf der Liste. 16mm sind immer noch extremst weit, der obere Anschlag bei 35mm macht das Objektiv aber deutlich vielseitiger und der VR mag oberhalb 24mm auch seine Berechtigung haben. Es ist ein tolles Reportageobjektiv von hoher mechanischer Qualität und die Frontlinse ist nicht annähernd so exponiert, wie beim 14-24. Ich glaube nicht, dass die 2mm einen wirklichen Unterschied in der praktischen Photographie machen - man komponiert das Bild ohnehin durch den Sucher und nicht mit einem Datenblatt.
Allerdings ist es schwer, und daher möchte ich auch das (vergleichsweise) "lange" AF-S 18-35 noch mit in die Liste aufnehmen. Mit gleicher Lichtstärke (von 3.5 bis 4.5), kompakten Ausmassen und einem erfreulich niedrigem Gewicht ist es "mein" Kandidat. Von 18 zu 14 (oder gar 12) mm ist es ein deutlicher Schritt, und es haut Einen im Bildergebnis nicht gleich so um, aber dafür hat man das Objektiv stets dabei. Anders als die vorherigen Kandidaten kann man es in eine Jackentasche stecken und dort vergessen oder sogar als "Immerdrauf" durch eine Stadt schleppen. Optisch ist es ohnehin erste Sahne, und der Preis ist vergleichsweise günstig.
In meinem Fall ist es dann übrigens Keines der hier genannten Objektive geworden. Ich hatte das Glück über ein (seltenes und oft erstaunlich teures) Tokina AT-X Pro 3.5 17 zu stolpern und habe seitdem nie wieder zurück geschaut. Hätte ich das Tokina nicht gefunden (ich habe immerhin acht Monate gesucht) wäre es das Nikkor 18-35 geworden.
Was hilft mir das längste Tele und das kürzeste Weitwinkel, wenn ich jedes Mal beim verlassen des Hauses überlege, ob ich das elend schwere Ding wirklich mitschleppen will? Photos mache ich mit dem Material, dass ich dabei habe - leicht und handlich gewinnt bei mir gegen schwer und extrem.
PS: wenn Du sehen willst, "was ein Objektiv so kann", dann suche doch einfach auf flickr nach den entsprechenden Gruppen und schau dir die Inhalte an. Das ist - meiner Meinung nach - aussagekräftiger als jeder Forenvergleich, denn die Bilder auf flickr werden meist nicht gezeigt, um eine persönliche Meinung zu untermauern ...