Von La Coruna nach Vlissingen/NL mit einer Bavaria 38

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Molly_1

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Hallo!

Im Juli + August habe ich einen 4-wöchigen Segeltörn gemacht, von dem ich Euch hier in Wort und Bild berichten möchte. Im Vordergrund standen für uns 3 Leute natürlich in aller erster Linie die schweren Anforderungen, die dieses zweitschwerste Segelrevier der Welt an uns stellte, fotografieren war deshalb nicht die Hauptsache, zumal uns die Gezeiten da ja auch täglich unsere Termine vorgab.

Von Frankfurt-Hahn aus sind wir nach Santiago de Compostella geflogen. Haben dort einen Leihwagen genommen um am späten Abend noch unser Boot in La Coruna zu erreichen. Am nächsten Tag sind wir wieder zum Flughafen gefahren um den Leihwagen abzugeben. Anschließend haben wir die berühmte Wallfahrtsstadt besichtigt und sind dann mit dem Zug zurück nach La Coruna zurück gefahren (ca. 65 km).

Insgesamt haben wir in den 4 Wochen, vom 7. Juli bis 2. August. 1270 sm auf dem Wasser zurückgelegt (rd. 2300 km), davon unter Segel 658 sm und 612 sm unter Motor. Der Motor wurde zum größten Teil als Flautenschieber eingesetzt, mitunter mußten wir ihn aber auch zur Hilfe nehmen, um noch rechtzeitg bei sinkendem Wasser den Hafen zu erreichen. Mit dem Kiel aufsetzen und dann auf die Seite fallen ist nämlich nicht wirklich lustig, auch wenn es so aussieht!

Insgesamt waren wir in 6 Ländern: Spanien, Frankreich, Guernsey, England, Belgien und Holland. Da wir wegen des Süd-Ost-Windes in der Biscaya 855 sm zurücklegen mußten (bei NW oder W-Wind wären es nur 320 sm gewesen), konnten wir unser Wunschziel "London auf eigenem Kiel" nicht umsetzen und sind deshalb von Brighton aus mit dem Zug nach London gefahren und haben dort den ganzen Tag die Stadt besichtigt, incl. einer 3-stündigen Busfahrt im offenen Bus, der Ausflug war große Klasse, das hat sich wirklich gelohnt!

In Peter Port auf Guernsey mußten wir einklarieren. Als wir in den Hafen kamen steuerte sofort ein Boot auf uns zu und übergab uns die Formulare, die wir ausgefüllt in einen Briefkasten werfen mußten. Ein gelbes Handtuch haben wir zur Einklarierungsflagge umfunktioniert. Guernsey hat, wie England eine eigene Währung, es ist eine wunderbare Insel. Mit dem Inselbus haben wir eine Rundfahrt für 5 Euro gemacht. Man konnte an jeder Bushaltestelle aussteigen und nach einer Stunde mit dem nächsten Bus weiterfahren, das war eine klasse Einrichtung. Wenn man nicht aussteigen wollte, konnte man für 1 Euro die gleiche Rundfahrt machen.

In der Biscaya hatten wir durchweg zwischen 30 und 49 Knoten Wind, womit die Bavaria 38 aber bestens zurecht kam. Das hat uns ganz schön mürbe gemacht, zumal wir die ganzen Tage überhaupt keine warme Mahlzeit oder Tee bzw. Kaffee kochen konnten. Da wir zu dritt waren, haben wir uns im 4-Stunden-Rhythmus abgewechselt.

Am Wind funktionierte die Selbststeueranlage eigentlich ganz ordentlich, auf den anderen Kursen war es besser, selbst das Rad zu drehen.

Da der Wind vor unserem Tör durchweg 2 Wochen lang aus NW und W kam und genau am Tag unserer Ankunft in Spanien auf NO drehte, baute sich Gott sei Dank über die 5 Tage der Überquerung von West nach Ost nicht eine ganz so hohe Welle auf, die in der nördlichen Biscay durchaus eine Höhe von bis zu 14 Metern erreichen kann, insofern können wir noch ganz zufrieden sein! Durch diese ungünstige Winddrehung konnten wir auch nicht Brest anlegen sondern kamen nur bis auf Höhe der Girondemündung, nördlich von Bordeaux. Von da ab mußten wir uns dann nach Nordnordwest um die Ecke in mehreren Tagen hochkreuzen. Am Dienstagabend haben wir uns dann am Radio auf KW von BBC die Übrtragung des 7:1 gegen Brasilien angehört. Die beiden Reporter drehten förmlich durch, so begeistert waren sie vom Spiel unserer Mannschaft.

Mit den Strömungsgeschwindigkeiten bis zu 4 Knoten und einem Tiedenhub von bis zu 8,30 m sind wir auf dem ganzen Törn bestens zurecht gekommen. Unsere größte Sorge vor dem Törn war die berüchtigte Ecke kurz vor dem Ärmelkanal, wo die Wassertiefe an der Festlandkante von 5000 Metern auf ca. 200 binnen kürzester Zeit ansteigt und bei einer Situation von starkem Westwind bei Ebbe zu einer kochenen See ohne geordnetes Wellsystem werden läßt. Von diesem Horrorszenario, dass immer wieder beschworen wird, sind wir Gott sei Dank verschont geblieben.

Wenn man im Internet nach Biscayatörns googelt, findet man zu 99% nur Törns von Ost nach West - in unserer Richtung habe ich überhaupt nur einen einzigen gefunden. Es ist bekannt, dass die Ost-West-Route die wesentlich leichtere ist! Diesen Törn, wie wir ihn gemacht haben, macht in Deutschland wahrscheinlich nur einer von tausend Seglern, wenn überhaupt! Alles was von Amerika über den großen Teich zurück kommt, segelt hoch über die Azoren mit vorwiegend westlichen Winden, die einfachste Route!

Getroffen haben wir in der Biscaya überhaupt nur ein einziges Deutsches Segelboot. Vorwiegend waren es Engländer und später zunehmend Holländer, die in diesem wunderbaren, jedoch zweitschwersten Segelrevier der Welt (nach Kap Hoorn) unterwegs waren.

In den 28 Tagen hat es an einem Tag geregnet und einige Male in der Nacht (Gewitter). In Brighton gab es am 28.7. morgens um 6 ein fürchterlichs Gewitter. Wir lagen im Päckchen und direkt hinter uns lag eine Hallberg Rassy 53. Plötzlich gab es einen fürchterlichen Knall, dass ich fast aus der Koje gefallen wäre. Unser Skipper, der gerade von der Toilette kam und aus dem Niedergang nach draußen schaute, sah plötzlich ein funkelndes Rigg vor sich: die Hallberg-Rassy hatte einen Volltreffer mitbekommen. Um 10 Uhr war schon der Sachverständige von der Versicherung an Bord. Beide Furlexanlagen Schrott und die gesamte Elektrik. Alle Wanten und Stage müssen wahrscheinlich aus versicherungsrechtlichen Gründen ersetzt werden. Bei unserem Nachbarn schräg gegenüber war der Plotter im Eimer, wir sind glücklicherweise verschont geblieben.

Was mir negativ in Erinnerung bleibt ist das schlechte Segelverhalten dieser Bavaria bei wenig Wind; bei 4 WS und weniger brauchten wir die Segel erst gar nicht auszupacken, da wäre jedes Floß schneller gewesen - grausam! Dafür war sie aber bei 36-48 kn super, das hat richtig Spaß gemacht (gute 4 Knoten Wind kann man allerdings abziehen, da wir ja vorwiegend am Wind segelten. Der Wendewinkel war genau so grausam!

Als besonderes Erlebnis bleibt uns der Besuch einer Delphin-Schule in Erinnerung, die uns in der Biscaya ein Stück des Weges begleitet hat, von einem Wal haben wir nur leider einmal ganz kurz ein Stck seines Rückens gesehen.

Landschaftlich am besten gefallen hat es mir auf Guernsey und im "Solent", dem berühmtesten Segelrevier der Welt, wo wir am Freitagmorgen bereits um 9 Uhr vor der Seglerstadt Cowes auf ein riesiges Regattafeld trafen! Der Solent wäre auch ein tolles Revier für meine SPRINTA!

Außergewöhnliche Vorkommnisse wie Schäden o.ä. hat es nicht gegeben.

Dass wir mit der Biscaya das zweitschwerste Segelrevier der Welt und mit dem Ärmelkanal die gefährlichste Wasserstraße der Welt gleich zweimal überquert haben, ist ein absolutes Highligt in unseren nun 25 bis 35 Segeljahren!

Das Boot gehört zwei Unternehmern aus Warstein, die dieses innerhalb von zwei Jahren von der Türkei in die Ostsee überführen wollten. Mehrere wechselnde Crews haben ihnen dabei geholfen, wir waren die allerletzte! Das Boot wird nun zunächst erst einmal in Holland am Ijsselmeer bleiben!

Unseren ersten Ausflug machten wir in der berühmten Wallfahrtsstadt Santiago de Compostella:

Der Bahnhof:

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Das ist nicht die berühmte Wallfahrtskirche, sondern nur eine Miniausgabe:

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An der Außenfassade der Wallfahrtskiche wird zur Zeit gebaut:

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Blick in das Innere der Kirche:

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Blick von der Wallfahrtskirche auf diesen Palast:
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Ein weiterer Palast:
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Eine weitere Kirche:
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In der Stadt wimmelte es von Wanderern, Pilgern und Musikanten:
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Am anderen Morgen sind wir noch schnell zum Supermarkt gefahren, haben anschließend unsere Einkäufe verstaut und dann hieß es: "Leinen los" zu einem ungewissen Törn:

Die Straße am Hafen war kilometerlang mit diesen imposanten Häuser bebaut:

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Die Hafenmeisterei:
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Nur am Rande: Zum Hafen gehört eine Tiefgarage! Wir hatten unseren Leihwagen eine Nacht dort geparkt. Am anderen Morgen vor dem Einkauf mußte ich 59,40 Euro an dem Kassenautomaten bezahlen - dagegen war Venedig vor Jahren geradezu geschenkt!

Der Radarturm für diesen schwierigen Küstenbereich:
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Ein kleines Castell mitten im Hafen:

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Blick vom Hafen in die Stadt:

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Das ist unsere "Pole Pole", die nun für 4 Wochen unser zuhause wurde:

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Da wir genau nach Norden mußten, von wo auch der Wind kam, blieb uns nichts anderes übrig, als bis zur Norwest-Spitze Spaniens zu motoren:

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Da inzwischen der Wind stark zugenommen hatte und wir unseren Kurs ändern konnten, segelten wir erwartungsvoll in unsere erste Nacht hinein:

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So, Sonntag gehts weiter (Morgen fahre ich zur Photokina)
 
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Da ich zeitlich wegen eines neuen Buches und einer Gemäldeausstellung stark beschäftigt war, geht es nun nach einer längeren Pause weiter!

Die beiden nächsten Tage in der Biscaya waren sehr stürmisch und hielten uns 2 Tage lang in Atem.

In der dritten Nacht hatte ich von 4.00-8.00 Wache und döste so im Cockpit alleine vor mich hin und sah plötzlich aus den Augenwinkeln, dass mich eine Delphin Gruppe überholte.

Schnell zur Kamera unter der Spritzkappe unter dem Niedergang gehetzt und ein paar Bilder morgens um 6.25h gemacht:
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Bis meine Kollegen aus der Koje gekrochen kamen, war das ganze Schauspiel leider schon wieder vorbei!
 
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Den ganzen dritten Segeltag machte uns der Strum, mit bis zu 48 Knoten doch mächtig zu schaffen. Wir waren so kaputt, dass wir nur noch in den nächsten Hafen einlaufen wollten. Unglücklicherweise mußten wir auch noch ein riesiges Schießgebiet weiträumig umfahren.
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Ach Winschen und Schoten mußten in den letzten Tagen kräftig arbeiten:

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Glücklicherweise ließ der Sturm dann am späten Nachmittag nach und wir fuhren in einen schönen Abend hinein.

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Erst weit nach Mitternacht erreichten wir in der Girondemündung den Hafen von Port Medoc (mit 5 Meter Tidenhub):

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Am frühen Morgen mußte natürlich zunächst erst einmal die Gastlandflagge von Spanien auf Frankreich gewechselt werden.

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Das Aussehen der spanischen Nationlaflagge spricht für sich und die stürmischen Zeiten davor:
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Dieser tolle Zweimaster ließ natürlich unsere Seglerherzen höher schlagen:
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Die Muscheln an der Spundwand machten uns für den Abend schon den Mund wässerig.

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Unmittelbar nach dem tollen Abendessen wurde Deutschland übrigens Weltmeister gegen Argentinien (1:0).

Alle französischen Gäste waren total auf der deutschen Seite, das hat uns doch sehr gewundert, damit hatten wir nicht gerechnet, zumal wir die Frazosen nach Hause geschickt hatten!
 
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Am Morgen nach der gewonnenen Fußballweltmeisterschaft machten wir uns zu unserem nächsten Zielhafen Pornichet auf, der ca. 250 km nördlich von Port Medoc entfernt lag.

In diesen enormen Tidengewässern mit mächtigem Gegen- oder Mitstrom ist man an genaue Zeiten gebunden, sonst segelt man 5 Stunden auf der Stelle und sieht immer noch die gleiche Landmarke.

Für uns bedeutete dies wieder eine ca. 24-stündige Tag- und Nachtfahrt.

Am frühen Morgen näherten wir uns wieder der Küste und segelten ca. 2 Std. an ihr entlang:

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Bei Niedrigwasser war die Boxengasse verdammt eng:

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Einige Feinschmecker nutzten die Gunst der Stunde und machten sich auf zur Muschelsuche:

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Kaum lagen wir in der Box, machten sich unsere Nachbarn auf nach Süden, sie wollten die auflaufende Flut nutzen:

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Nachdem sich das obige Gewitter verzogen hatte, bin ich (hundemüde) losgezogen, um ein paar typische Häuser der Bretagne aufzunehmen.

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Als ich wieder zum Boot kam habe ich meinen Kumpels erzählt, am Haustürschild des unteren Bildes habe der Name Ribery gestanden ;-)

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Am späten Nachmittag habe ich mich dann aufs Ohr gelegt, da wir am Morgen schon wieder gegen 4.30 Uhr (tidenbedingt) raus mußten und wir wieder eine Streck von über 100 Kilometern nach Audieme vor uns hatten!
 
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