Tempelhof ist in wenigen Stunden Geschichte

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Jock-l

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Ich war lange
vor Ort, am letzten ordentlichen Flugtag auf dem Flughafen Tempelhof. Mutter aller Flughäfen genannt, Vorbild für andere Flughäfen, wird jetzt willkürlich dichtgemacht. Ein paar Impressionen gemacht hinter einem Absperrzaun und fleißig beobachtet von Flugplatzsicherheit und örtliche Polizei- Danke, aber die bösen Buben sind Jene, die die Schließung verantworten. Da gehen Gerüchte zu Grundstückshandel, Villen ausspuckende Geldquellen, Altlasten die den Geldbetrag für den Neubau Schönefelds übersteigen, Blindgänger aus WK II, die man nach dem Krieg nicht fand etc. etc. ...

Zu den heutigen Bildern. Vormittags Regen, am Nachmittag tiefer hängende Wolken, aber keine Schauer und dergleichen. Man ist ja mit wenig zufrieden.

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Weil es so schön war, durchstarten zu einer weiteren Runde ...

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Vor Ort war ich unsicher, manches Motorengeheul schien unmotiviert oder galt es uns, den Spottern ? Auf einigen Bildern konnte ich später ausmachen, daß einige Piloten winkten und langsam vorbeifuhren ...

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Unglaublich. Ich hatte Dampf, etwas zu verpassen, also blieb das 150-500er Sigma an der D200. Das Bild hier entstand, als der Pilot die Maschinen aufdrehte und die seitlich stehenden Bäume nach hinten bogen, Blätter flogen durch die Luft, ich hielt schnell die Kamera aufgestützt, Stabi vergessenerweise war noch an und das Ganze klappte mit 1/6 sec.

(Stimmt, einige Bilder sind nicht perfekt nachbearbeitet -Farbabweichungen-, dafür authentisch ! Morgen ist Schluß, dann gibt es nur noch Abflüge. Schnell durchsehen und feststellen was brauchbar ist, war Gebot der späten Abendstunden am Rechner. Vielleicht modelliere ich alles in sw um ...)

Als ob einer der Piloten wußte wie uns Wehmut beschlich, gab es im Abenddunkel - wir hatten aufgehört zu fotografieren und sogen die Eindrücke in uns ein- plötzlich Motorenlärm ziemlich dicht hinter uns, kurz über die Hausdächer brauste ein Flieger hinweg, wippte mit den Flügeln und flog frech diagonal über die nördliche Landebahn, bevor er durchstartete. Auch eine Art, sich zu verabschieden. Hätte ich es nicht erlebt, würde ich es als trivial, Spinnerei abtun ...

Gruß

Jock-l
 
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@Jock-l wieder mal ganze arbeit geleistet, schöne bilder bei. :up:

danke & gruss krisna
 
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Das letzte Bild ist ziemlich gelungen, den Rest find ich mäßig spannend.

Und das Geweine um die Schließung von Tempelhof... Da fällt mir folgendes ein:


WIZO - Die letzte Sau

Verschämt wischt sich Willi

eine Träne aus dem Auge,

denn keiner soll mitbekommen,

daß er traurig ist.

Doch heute hat sogar der harte Paul

einen Kloß im Hals,

denn heute verrinnt des alten Schlachthofs

letzte Frist.



Seit über 30 Jahren wurde hier geschlachtet

den Schweinen und den Kälbern

mit Können und mit Leidenschaft

der garaus gemacht.



Und jetzt spritzt das warme Blut

aus dem Hals der letzten Sau

und mit ihr stirbt ein kleines Stück

Geschichte unserer Stadt.

Der Sau ist es egal, doch wir wissen es genau:

der Bagger macht viel mehr als nur

den alten Schlachthof platt.



Die letzten Griffe sind Routine,

schon zigtausendfach geübt

und doch ist alles anders als die vielen Mal zuvor.

Elektroschock und Kehlenschnitt

verlaufen in Unwirklichkeit

und allen ist der Magen flau

beim Blick auf's Schlachthoftor,

denn heute wird zum letzten Mal

das Schlachtvieh reingebracht

Betäubt, geschlachtet und zerlegt

und für den weiteren gebrauch fertig gemacht.



Und jetzt spritzt das warme Blut

aus dem Hals der letzten Sau

und mit ihr stirbt ein kleines Stück

Geschichte unserer Stadt.

Der Sau ist es egal, doch wir wissen es genau:

der Bagger macht viel mehr als nur

den alten Schlachthof platt.



Es wird nie mehr, so wie bisher

alles vergeht, nur die Erinnerung besteht.



Und jetzt spritzt das warme Blut

aus dem Hals der letzten Sau

und mit ihr stirbt ein kleines Stück

Geschichte unserer Stadt.

Der Sau ist es egal, doch wir wissen es genau:

der Bagger macht viel mehr als nur

den alten Schlachthof platt.



Die letzte Sau. Die letzte Sau, Die letzte Sau...


Gruß Erik
 
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Die Bilder finde ich schön,-vor dem Hintergrund der Schließung des Flughafens,etwas melancholisch.
War auf dem ersten Bild eine >Tante Ju< zu sehen,oder täusche ich mich?
Die wurde ja damals in Dessau gefertigt,wo sich die Junkers-Werke befanden.
Tempelhof ist ein Teil der Berliner Geschichte und es ist immer schade,wenn derartig geschichtsträchtige Orte aufhören,zu existieren.
Mit freundlichen Grüßen,-kumgang!:)
 
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Ich war lange
vor Ort, am letzten ordentlichen Flugtag auf dem Flughafen Tempelhof. Mutter aller Flughäfen genannt, Vorbild für andere Flughäfen, wird jetzt willkürlich dichtgemacht.

...

Danke, aber die bösen Buben sind Jene, die die Schließung verantworten.

ich kann das echt nicht nachvollziehen - neben Lärmbelästigung ist vor allem der Sicherheitsaspekt etwas, was mir die Haare zu Berge stehen läßt.

Und wegen willkürlich: es gab doch eine Volksabstimmung - was ist daran dann noch willkürlich?

vg, stefan
 
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... das Bild ist deswegen so entstanden, weil ds Flugzeug lange auf der Startpiste verblieb und nicht wie bei den Runden vorher zeitig abhob ...

Jawoll, die Tante Ju. Habe ich vor einigen Jahren bei einer Fotosession unter dem Dach (Vorgelände) fotografiert, Flughafenbau und Flugzeug aus derselben Zeit/Periode.

Melancholie ist das richtige Wort, denn es zeigt, Politik und das was sie bewirkt, geht immer (wie gehabt) zu Lasten der Kleenen (im weitesten Sinne, denn wir zahlen via Steuern und anderes immer dazu).

Zu Tempelhof: Es ist schon komisch, daß in Amerika Schulkinder etwas über die Luftbrücke wissen, aber zu den Feierlichkeiten sich der oberste Berliner - sonst auf jeder Party zuhause- geniert hinzugehen. Wie das ? Vielleicht nennt man das eine Interessenkollosion, wenn man Vorstandsmitglied der Berliner Flughäfen ist (und daran interessiert, das neue Projekt durchzupeitschen) und als gewähltes Oberhaupt das Interesse der Stadt im Auge haben müßte. Machts der Bürger- Klagen, machts ein Großer- wird von staatsmännischer Weitsicht gesprochen. Apropos Abstimmung- man hat Leute damit vergrault immer wieder zu betonen, daß man das Plebiszit außen vor lässt ... Egal was ihr wollt- wir machen es anders. Damit liegen die Roten in einer Berliner Tradition, der Senat hat immer teurer und länger gebaut.

Aber noch zum Lärm- das verkleinerte Aufkommen des Luftverkehrs wurde von Anwohnern wohl registriert, das war nicht mehr so sehr auf der Agenda (vielleicht haben sich damit lokale Größen etablieren/profilieren wollen). Man hätte den großen Flughafen für das hohe Aufkommen und den kleinen für Regierung, Rettungsdienste, kleine Airlines (Geschäftsleute) betreiben können. Aber nun drängeln alle auf diese zwei neuen Bahnen, die noch nicht mal gebaut geschweige denn finanziell abgesichert sind ... Egal ob Jumbo oder kleene Piper, alle brauchen zum Start oder Landung den gleichen Luftkorridor und Zeit.

Was jetzt kommt, wird eine Verlagerung illegaler Rennen von den Straßen auf die offengelassenen Pisten sein, die Verdreckung mit illegalen Müll wird zunehmen, und ganz alte Einwohner konnten mir erzählen, daß man sich an alte Luftrbildaufnahmen aus WK II erinnerte und hervorholte. Dann wird es nicht nur teuer wegen der Giftstoffsanierung (die Amis haben beim Abzug ja auch nicht Altfässer verladen und nach Hause geflogen- da machten sie es wie die Russen auch ...), sondern man muß- wie in Oranienburg, wenn die bei Bauarbeiten eine Bombe/Blindgänger finden- das Köfferchen nehmen und wird evakuiert.

Aber das soll ja keine Geschichst- oder Märchenstunde werden ... ;) Es waren neben Bildern aus vorherigen Führungen, Flügen etc. die letzten vom Flugverkehr.

Gruß

Jock-l
 
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sicherheitsaspekte, feinstaubemissionen und chronische haushaltslöcher führen ein solches relikt ad absurdum.
 
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:D

Alle Aspekte treffen auch auf den alten "neuen" BBI zu, wie die jahrelangen Klagen der Anwohner zeigen ... ;) Nur wird Berlin damit weitere Schulden haben statt abzutragen und Bund/Länder belasten.

So, da reicht hierfür und heute, will ja auch noch Bilder der anderen ansehen :D

Jock-l
 
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Hallo Jock-l,
schöne Erinnerung an einen historischen Augenblick.
Gruß
Matthias
 
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Ja,leider die Zeit geht weiter und dazu noch sehr schnell.
Schöne Dokumentation,ist dir mit der Serie gelungen.:up:

Gruss Ekke
 
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Ich wohne zwar nicht selbst dort, habe aber mal einen Freund besucht, der in der "Luftfahrer-Siedlung" direkt gegenüber wohnt. Der macht sich große Sorgen um seine Zukunft, denn:

- Jeder der dort hinzog wußte, das dort "Fluglärm" wie er halt von den paar Maschinen entstehen kann herrschte, das hielt die Mieten niedrig
- Sobald die ersten Schließungspläne auftauchten kamen auch sofort die ersten Investorenpläne auf, dort in Richtung Schicki-Micki-Siedlung zu investieren/hochzusanieren.
- Die Leute, die ich dort traf waren alles geborene Berliner mit kleinen Kindern, die, um mit den Kindern in einem Häuschen wohnen zu können, raus aus Berlin müßten, sobald dort die Umbauten/Verteuerungen beginnen.
- Bis gestern war das Gebiet für "Lärmempfindliche" Leute unbewohnbar, die Bewohner gehen davon aus, das jetzt auch vermehrt Leute auftauchen, die die vielen in den Hinterhöfen spielenden Kinder als Lärmbelästigung empfinden.


Selbst für mich als bekennenden Kinderhasser war es faszininierend, wie zum abendlichen Grillen auf einmal über die Hinterhöfe ein Berg voll Kinder und tlw. deren Nachbarn zu uns kamen und völlig selbsterständlich mitgrillten. Meine Gastgeber waren darauf vorbereitet und hatten entsprechend mehr eingekauft und beim nächsten Mal geht ihr Junior halt zu anderen Nachbarn. Die Türen zu den Hinterhöfen und tlw. zu den Häusern waren überall unverschlossen.

Ich habe so einen ähnlichen Verbund bisher höchstens in Ruhrgebiets-Campingplätzen erlebt :nixweiss:

Wie gesagt, ich habe da nur einen sehr kleinen Einblick gewinnen können, aber die Menschen dort sahen in dieser Siedlung die einzige Möglichkeit -als geborene Berliner, die nicht nach Brandenburg ziehen wollen- sich den Traum vom "Häuschen im Grünen" zu verwirklichen. Sie haben nun Angst um ihren Traum.
 
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Schöne Bilder. Ich erinnere mich, wie ich in den frühen Siebzigern als neuzugezoegener Berliner meine Freiflüge immer mit Herzklopfen antrat, denn zwischen den Häusermeeren zu starten und zu landen, sorgte so manches Mal für Herzklopfen.
Uch heute noch denke ich oft daran, wenn ich besuchsweise in Berlin auf dem Weg von Mariendorf nach Kreuzberg am Flughafen vorbeikomme.
 
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Statistisch gesehen stürzt ungefähr bei jeder x-tausendsten Landung/Start ein Flugzeug ab und bei xx- tausendsten Landung/Start kommt es dabei zu einem größeren Unfall im Anflug-/Abfluggebiet... also daher weiß ich nicht ob ich den Wehmut des TE teilen soll oder lieber froh sein soll, das der Flughafen aus der Kernstadt raus ist.

Was die Fotos angeht: toll, super schöne Stimmung, richtig gut, danke fürs zeigen... :up:
Ciao
Christian
 
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Statistisch gesehen stürzt ungefähr bei jeder x-tausendsten Landung/Start ein Flugzeug ab und bei xx- tausendsten Landung/Start kommt es dabei zu einem größeren Unfall im Anflug-/Abfluggebiet... also daher weiß ich nicht ob ich den Wehmut des TE teilen soll oder lieber froh sein soll, das der Flughafen aus der Kernstadt raus ist.

Statistisch gesehen sterben mehr Leute beim Saufen, beim Joggen, beim Heimwerken etc. Tempelhof ist für mich ein schönes Beispiel für deutschen Populismus.
Von daher kann ich den gewissen Wehmut des TE nachvollziehen.
 
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Statistik hin und her ...

Den allerletzten Abflug gestern Abend hat niemand digitalisiert?
 
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