NF-Rezension Rezension: BOXING CUBA von Katharina Alt

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Virgil Kane

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Who killed Davey Moore
Why and what’s the reason for?

“Not me,” says the man whose fists
Laid him low in a cloud of mist
Who came here from Cuba’s door
Where boxing ain’t allowed no more…“

(Bob Dylan, „Who killed Davey Moore?“, 1963)



Diesen Song im Ohr blättere ich durch den Bildband mit Fotos von Katharina Alt.
Tatsächlich hatte Fidel Castro 1962 Kubas Volkssport Nummer eins stark reglementiert. Der Profi-Boxsport wurde kurzerhand verboten und nur Amateure durften noch zu Wettkämpfen antreten. Mit der Folge, dass kubanische Sportler in den Boxringen der Weltverbände keine Rolle mehr spielten, auf Olympiaden jedoch regelmäßig die Medaillen abräumten. Denn trainiert haben sie weiterhin.

Erst fünfzig Jahre später, im Jahre 2013, wurde das Verbot aufgehoben und seitdem dürfen Kubas Boxer ihrer Passion wieder professionell nachgehen. Das tragische Schicksal Davey Moores, der 1963 durch den kubanischen Boxer Sugar Ramos bei einem Kampf sein Leben ließ, dürfte bei der Entscheidung keine Rolle gespielt haben.

Zurück zu Katharina Alts Bildband.

Der Begleittext gliedert sich in zwölf Runden und beleuchtet Geschichte, Entstehung, Facetten des Boxsports aus allen Blickwinkeln. Michael Schleicher, Chef des Feuilletons beim Münchner Merkur, liefert eine umfassende Abhandlung des Boxens ab, nach deren Lektüre man(n) zwangsläufig eine Faszination für diese Art der Konversation mit seinem Gegenüber entwickelt. Zu zahlreich sind die Beispiele der Überhöhung des schlichten Draufhauens zu einer Kunstform, die den sportlichen As-pekt längst hinter sich gelassen hat. Und Kuba ist ihr anerkanntes Zentrum.

Beim Umschlagen des Covers empfängt den Betrachter ein doppelseitiger Blick über abgerockte Dächer einer kubanischen Stadt. So stellt man sich die Insel vor - chillig vernachlässigt aber gut drauf. Dann folgen 51 Seiten spärlich bebilderter, hochinteressanter Text.

Hat man den lesenswerten schriftlichen Teil hinter sich und immer noch das Anfangsbild der Hausdächer vor Augen, trifft einen das erste Bild von Katharina Alt auf den Seiten 52-53 mitten auf die Zwölf. Das Portrait einer Gruppe jugendlicher Boxer zeigt keineswegs schlampige Underdogs, gezeichnet vom Leben am unteren Ende der Erfolgsleiter, für die das Boxen der einzige Weg nach oben ist. Hier stehen vier junge Männer mit trainierten Körpern und fettem Männerschmuck, die genau wissen wo sie hin wollen. Und - und das ist wohl das Verstörendste daran - sie stehen dort perfekt zurecht gemacht, geschminkt und beleuchtet.

Weitere Portraits folgen. Bis Seite 118 reihen sich Boxer, Ehemalige und Trainer aneinander. Immer im rechten Licht und immer auch ein wenig distanziert und seelenlos. Man erfährt den Namen, das Gewicht, Medaillen und Erfolge der Personen und blickt auf ihr Foto. Technische Daten eines Sport-lerkataloges. Die Figuren abgelichtet meist mit freiem Oberkörper, vor irgendeinem Hintergrund, der auch in L.A. oder Berlin sein könnte. Durch die Schärfeführung leicht aus dem Bild gelöst und mehr oder weniger austauschbar. Warum sollte man sich das anschauen?

Nach den Portraits wird es dann wieder interessant. Fotos aus dem Boxer-Alltag. Kinder im Boxring (= Jugendtraining). Leider sind diese Seiten schnell vorüber. Danach folgt wieder eine ausführliche Textpassage über die Entwicklung des Boxsports speziell in Kuba.

Für wen ist dieses Buch geeignet?
Wer Informationen über den Boxsport als solches und über das Boxen in Kuba sucht, ist mit diesem Buch sehr gut bedient. Die Fotos sind für ihn nur schmückendes Beiwerk und dafür absolut ausrei-chend. Wer den Fokus auf das Bildmaterial legt und mitreissende Fotos aus der Welt des Boxens sucht, wird eher enttäuscht sein. Fotos dieser Art werden nicht geliefert. Stattdessen Aufnahmen, die auch in einer Reklame für Sportklamotten, Männer-Modeschmuck oder Fitness-Studios zu fin-den sein könnten. Einen Vorgeschmack des Buches findet man übrigens unter www.katharinaalt.de

Fazit:
Boxing Cuba wird textlich seinem Anspruch gerecht. Fotografisch bleibt es hinter den Erwartungen zurück. Simple Portraits boxender Kubaner - seien sie noch so professionell in Szene gesetzt - sind zu wenig, um Eindruck zu hinterlassen.

Text 5 , Bilder 3 - macht insgesamt 4 Sterne für Katharina Alt „Boxing Cuba“.

Die Daten
Hg. Michael Schleicher. Boxing Cuba. From Backyards to World Championship erschien im Juli 2016 im Hirmer Verlag. Fotografien von Katharina Alt, mit einem Vorwort von Charles Schumann, Texte von Petra Giloy-Hirtz, Michael Schleicher und Claudia Strand. Text: Deutsch / Englisch, 184 Seiten, 102 Abbildungen, 24 x 28 cm, gebunden
ISBN: 978-3-7774-2612-9
Preis: 34,90 € [D] | 35,90 € [A] | 42,60 SFR [CH]
Hier geht es zur Leseprobe.

Bewertung:
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ISBN: 3777426121




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