Reparatur eines Fujinon 10-140/1.7

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Robert91

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Da ich die Reparatur bzw. Restauration meines Fujinon 10-140/1.7 C-Mount Objektives im August erfolgreich nach etwa einem Jahr Arbeit abgeschlossen habe möchte ich an dieser Stelle mal eine kleine Dokumentation darüber verfassen.
Ein Großteil der gezeigten Bilder sind nebenher entstanden, ich möchte also um Nachsicht bitten was den künstlerischen Wert angeht! ;)

Dabei ist dies nicht als Reparaturanleitung zu verstehen, was durch die teilweise sehr speziellen Probleme auch schlichtweg nicht möglich wäre, sondern eher als Anregung auch mal unkonventionelle Wege zu probieren. Zum Beispiel war der 3D-Druck hier ein wesentlicher Bestandteil der Reparatur, aber auch die Adaption einer Mikroskopblende war notwendig, dazu aber später mehr.

Zunächst einmal: Warum habe ich mir die ganze Arbeit angetan?
Ich hatte das Objektiv im Juli 2014 über Ebay gekauft, wo es als defekt eingestellt war. Beschriebene Fehler waren vor allem der Einschlag in der Frontlinse und der verbogene Filterring. Das Objektiv war als ungetestet eingestellt worden, wodurch ich es für etwa über 25€ bekam. (Zum Vergleich: Funktionsfähige Objektive dieses Typs sind schon für weit über 100€ weggegangen!)
Für mich war vor allem der Brennweitenbereich bei konstanter Blende interessant. Zwar deckt das Objektiv nur einen 2/3“ Bildkreis ab, aber das kann ich an meiner Nikon1 durchaus verkraften. Es gibt auch ausreichend C-Mount Objektive mit 1“ Bildkreis, jedoch hat mich auch die Herausforderung gereizt.
Als das Objektiv dann ankam stellte ich leider fest, dass die beiden Mängel nicht die einzigen Probleme waren. Der Blendenring war extrem schwergängig und zeigte auch keine Funktion. Im Laufe der Reparatur habe ich dabei auch immer mehr kleine Mängel gefunden, was mich jedoch nicht entmutigt hat.


Durch ausreichend Bastelerfahrung (sonst hätte ich das Objektiv eh nicht gekauft) machte ich mich daran das Objektiv zu zerlegen. Der bzw. die Fehler waren schnell gefunden.

Über dem Blendenring war ein Federring eingeklemmt, der dort nicht hingehörte. Des weiteren war überhaupt keine Blende vorhanden! Der Kauf defekter, ungetesteter Objektive ist natürlich immer ein Glücksspiel. Gerade wenn der (oder die) Vorbesitzer sich vergeblich an dem Objektiv versucht haben kann es zu vielen Überraschungen kommen.
Da ich zu diesem Zeitpunkt gerade kein weiteres Projekt offen hatte entschloss ich mich das Objektiv trotz alledem zu reparieren und nicht wieder zu verkaufen.

Die Hauptpunkte waren also zunächst:
-Die Anpassung des Objektives auf einen C-Mount-Adapter für die Nikon1
-Das Finden und Adaptieren einer Irisblende
-Das Ausbeulen des Filterringes.

Um das Objektiv später per Adapter an die Nikon1 anschließen zu können war es notwendig den hintersten Teil des Objektives abzudrehen bzw zu verändern.
Da es extrem wenig Informationen über dieses Objektiv gibt war mir nicht bekannt, dass der C-Mount-Anschluss mit einem Überwurfring fixiert wird, wodurch sich das Objektiv an die Kamera ausrichten lässt. Da dieser Ring sich auch nicht lösen ließ spannte ein befreundeter Fotograf das Teil auf die Drehbank um es auf den Adapter anzupassen. Während des Abdrehens löste sich der Überwurfring, welcher mit einer reichlichen Portion Kleber fixiert worden war, wodurch uns der Überwurfring vorher nicht aufgefallen war.

Ich denke jeder kann sich vorstellen wie verdutzt ich über den nächtlichen Anruf war, jedoch brachte mich dieser Vorfall auf die Idee das Objektiv noch etwas weiter umzubauen. Warum nicht die Chance nutzen und einen Überwurf für das Objektiv gestalten, an dem eine Stativschelle passt? Das Nikon CX-Bajonett ist ohnehin nicht für schwerere Objektive ausgelegt, weshalb das gut passen würde.
Als dies feststand habe ich den silbernen C-Mount-Ring mit Zweikomponentenkleber fixiert, so konnte ich auch gleich sicherstellen, dass das Objektiv später richtig ausgerichtet an die Kamera kommt.

Kleiner Einschub: Beim Erstellen aktueller Testbilder ist mir eine mögliche leichte Dezentrierung aufgefallen. Im Fall der Fälle hieße dies für mich also den C-Mount-Anschluss von der Klebestelle zu trennen, zu reinigen und dann erneut einzukleben. Da das Objektiv ansonsten fertig ist sollte dies jetzt auch besser funktionieren.

Etwa 2 Monate nach dem Kauf hatte ich endlich Glück bei der Suche nach einer (womöglich) passenden Blende. An sich ist es gar nicht so einfach eine „lose“ Irisblende aufzutreiben, da viele Maße stimmen müssen. Durch das Alter des Objektives konnte mir auch bei Fuji nicht mehr geholfen werden.
Der äußere und innere Durchmesser sind logische Anforderungen und auch die maximale Dicke ist zwangsläufig vorgegeben. Jedoch muss natürlich auch der Verstellweg der neuen Irisblende in etwa stimmen, da es sonst später zwangsläufig zu Problemen mit dem Blendenring kommt.

Wie gesagt habe ich etwa 2 Monate später einen Shop für Mikroskopzubehör gefunden, welcher auch Blenden im Angebot hatte. Einige E-Mails und 13€ später erhielt ich eine Mikroskopblende, welche 3 von 4 Kriterien erfüllte. Nur die Dicke war problematisch, da zwischen der Linse und den beim Zoomen bewegten Teilen in 140mm Stellung nur wenige Millimeter Platz sind.
Um herauszufinden wie viel Platz dabei vorhanden ist habe ich aus Mehl und Wasser einen halbfesten Teig angemischt (Sprich er war leicht formbar aber behielt trotzdem die Form), welchen ich in Frischhaltefolie verpackt zwischen die Objektivteile gelegt habe. Durch das Zoomen wird die Masse natürlich in Form gepresst, was mir ein einfaches Messen der Dicke ermöglichte.

Die Blende kam mit einer Art kegelförmigem Kragen, welchen ich im ersten Schritt mit einem Handbandschleifer entfernte. Jedoch war die Blende selbst dann noch zu dick, was mich wieder zum Freund mit der Drehbank brachte. Die eine Seite der Irisblende ist letztendlich weiter aufgedreht worden, wodurch die unbewegte Linse bis zum Verstellring in die Blende eintauchen kann, die andere Seite wurde weiter abgedreht und zwar auf ~0,5mm Dicke.
Wie erwartet brach dabei die abgedrehte Fläche, in der die Blendenlamellen eingreifen, am äußeren Rand kreisförmig ab. Mit dem Zweikomponentenkleber war es für mich aber kein Problem die beiden Teile wieder zu verbinden, da die Klebestelle nicht im kritischen Bereich liegt. Natürlich muss dabei berücksichtigt werden das die Blendenlamellen auf das Gehäuse drücken. Um die Teile im zusammengebauten Zustand kleben zu können habe ich einfach ein ausreichend schweres Objektivteil in Frischhaltefolie verpackt und als Gegengewicht genommen. Nachdem der Kleber ausreichend angetrocknet war wurde das Gewicht wieder entfernt und die Blende kurz getestet, damit auch alles funktioniert.


Nun, wo die Irisblende endlich ohne Probleme in das Objektiv passt, konnte ich mich dem nächsten Schritt widmen: Eine passende Aufnahme und einen entsprechenden Adapter entwerfen. Durch mein Studium (und privaten Erfahrungen im 3D-Druck) war es mir nach dem Vermessen der Objektivteile möglich einen ersten Entwurf für beide Teile zu machen. Diese wurden in den folgenden Tagen immer weiter verbessert, bis der Spaß dabei rausgekommen ist:


Über einen Universitätsverein konnte ich mir die Teile für wenige Cents drucken lassen. Wie erwartet hat nicht alles direkt gepasst, aber mit einem Minischleifer (oder nennt es Multitool wenn ihr möchtet) lässt sich das ABS sehr gut anpassen. Der Vorteil dieses Werkstoffes ist das extrem niedrige Gewicht bei guten mechanischen Eigenschaften durch die Füllmethode. Gerade der äußere Überwurf wäre aus z.B. Aluminium extrem schwer geworden, was nicht wünschenswert ist.

Die Idee mit der Aufnahme für den Blendenhebel hat sich als tauglich erwiesen, jedoch war das Plastikteil zu schmal und daher zu instabil bei der Drehung. Daher habe ich mich kurzerhand hingesetzt und aus einem Stück Aluminium das Teil per Hand nachgeformt. Dabei wird der Zahn, welcher in den Blendenring des Objektives greift, mit einem 1mm Stift verbunden. Dies funktioniert recht problemlos mit einer dünnen Pinzette und ist auch reversibel.
Mithilfe des Multitools mit Diamanttrennscheibe und einem Akkuschrauber kann man sich übrigens eine einfache improvisierte Drehbank bauen, um z.B. kleinere Wellen oder Schrauben auf Maß bringen zu können.

Mit dem neuen Adapterstück hat sich herausgestellt das der Verstellweg der Blende doch etwas größer ist als bei der originalen Blende, weshalb ich die Ausfräsung etwas erweitert habe.

Die neue Irisblende habe ich mit simplen Kraftkleber auf dem Plastikteil befestigt. Die Haltekraft ist ausreichend um die Blende zu fixieren. Außerdem lässt sich so die Blende auch noch ablösen, falls mal Dreck zwischen die Lamellen gerät.


Bei einem der zahlreichen Montage und Demontage Vorgänge ist mir aufgefallen das die hintere Linsengruppe nicht fest sitzt.Dies bestätigte sich bei einem kurzen Test recht schnell dadurch, dass beim Zoomen der Fokusbereich stark wanderte. Teilweise lief der Fokus dabei von weit über Unendlich (bei 140mm) bis ~2mm vor die Frontlinse (bei 10mm).

Ein kurzes Gespräch mit Beuteltier bestätigte meine Vermutung, dass die Linsengruppe exakt in Position gebracht werden muss, damit der Focus-Shift nicht mehr auftritt.
Da ich natürlich keine Informationen dazu finden konnte wie die exakte Position aussieht und wie genau sie erreicht werden muss habe ich mir kurzerhand eine kleine Stelleinrichtung aus rumliegenden Teilen gebaut.

Im Prinzip drückt die Schraube über eine Mutter auf den drehbaren Teil eines Festplattenlagers, wodurch dieses herausgedrückt werden kann, wobei es in einem dazugehörigen Ring gleitet. Mit einem ausreichend langen Inbusschlüssel kann so die Eindrücktiefe auf ~0,01mm genau eingestellt werden. Natürlich ist das Teil nicht besonders stabil gewesen, da die Hülle nur aus einem schnell zusammengebogenen Streifen Alublech bestand, aber es reichte aus um die genaue Position zu bestimmen, bei der kein Focus-Shift mehr auftritt und die Entfernungsanzeige am Fokusring stimmt.
Die Linsengruppe habe ich anschließend einfach mit Zweikomponentenkleber fixiert.


Bei der Suche nach Möglichkeiten das Filtergewinde auszubeulen stößt man natürlich auf die professionellere Methode mit richtigen Werkzeugen, welche es für ~25€ aufwärts zu kaufen gibt. Allerdings findet man recht schnell auch die Methode mit einem Hartholzkeil und einer Negativform. Die Negativform ist schnell in ein Brett gesägt. Wenn die Delle nicht allzu groß ist muss es nicht einmal extrem genau werden.
Den Hartholzkeil habe ich aus einem Reststück Echtholzarbeitsplatte gefertigt, wobei ich die vordere Rundung mit einer Feile gefertigt habe.
Es empfiehlt sich das Brett zu fixieren (z.B. mit Schraubzwingen an einem Schreibtisch) und die Frontlinse mit einem Stück Pappe abzudecken um sie vor kleinen Kratzern zu schützen, falls man mal abrutschen sollte. Es funktioniert ganz gut wenn eine weitere Person das Objektiv festhält und man dann mit gut dosierten Schlägen die Delle nach und nach ausarbeitet. Anschließend habe ich noch das Gewinde mit einem Schraubendreher wieder etwas in Form gedrückt, bis ich die neue Metallgegenlichtblende aufschrauben konnte.

Weiterhin war mir auch aufgefallen das der Zoomring etwas Spiel hat. Das Problem war schnell gefunden, als ich die Abdeckung der Mitnehmerschraube löste. Die Schraube wird normalerweise von einem Stück Plastik ummantelt, welches die Schraube im Ring hält. Jedoch war dieses Teil zerbrochen, weshalb ich es entfernte und durch eine kleine Portion Zweikomponentenkleber ersetzt habe. Dabei war darauf zu achten nicht zu viel Kleber in den Spalt zu drücken, damit kein Kleber an Stellen kommt die sich später noch bewegen müssen.


Den Überwurf, an dem die Stativschelle sitzt, habe ich so entworfen, dass er bündig mit dem Adapter abschließt und dabei das Gewinde nutzt, an dem der ursprüngliche Überwurfring saß. Das Gewinde habe ich dabei mit etwas Geduld einfach in das ABS gedreht, da dies die simpelste Methode ist. Sobald das Gewinde einmal geformt ist lässt sich das Teil problemslos montieren.
Dies funktioniert übrigens auch sehr gut wenn man ein gedrucktes Teil mit 1/4“ UNC-Gewinde versehen möchte. Meistens nutzte ich hierfür mein Einbeinstativ und einen Schraubbock, der das gedruckte Teil fixiert.

So sieht das Endergebnis aus.


Ich überlege derzeit ob ich die Blende neu vermesse und die Rasterung neu anlege. Im Prinzip sind dazu schlichtweg die alten Bohrungen zu füllen und an den richtigen Stellen neue Vertiefungen für die Kugel anzufertigen. Allerdings ist es für mich nicht zwingend notwendig eine Rasterung am Blendenring zu haben. Durch den aufgeklebten Chip funktioniert die Blendenpriorität der Nikon1 wieder, weshalb ich auch die neuen Markierungen für die Blendenzahlen nicht zwingend benötige.

Abschließend lässt sich natürlich sagen, dass man die Reparatur auch in wesentlich weniger als einem Monat hätte schaffen können. Jedoch betreibe ich dieses Hobby nur nebenher, zumal mir immer mal wieder andere Projekte dazwischen gekommen sind. Und ein zerlegten Objektiv macht sich auf dem Schreibtisch als Deko auch sehr gut ;)

Hier noch einige Beispielbilder vom heutigen Tag. Wie im Einschub bereits geschrieben scheint der eingeklebte Ring nicht ganz exakt zu sitzen, weshalb sich gerade bei den ersten beiden Bildern eine unschärfe im rechten Bildbereich erkennen lässt.
Natürlich kann das Objektiv nicht mit neuen Optiken mithalten, jedoch bietet es einen eigenen Charme wie ich finde. Die Bilder sind in Lightroom nur verkleinert worden.
 
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