Hallo hm2207
wie Du mittels der Forum-Suche sicher schon herausgefunden hast, sind das zwei Fragen, die immer wieder in einem unterschiedlichen Kontext gestellt werden und in ihrem Kontext jeweils unterschiedlich beantwortet werden müssen.
hm2207 schrieb:
1. Was haltet Ihr vom raw- format und ab welchem Level sollte man es einsetzen.
Beim der Verwendung des RAW-Formates wird die "notwendige" Verarbeitung der Bilddaten von der Kamera auf einen PC ausgelagert. Dies ist dann sinnvoll, wenn bereits bei der Aufnahme klar ist, dass über die "notwendige" Verarbeitung hinaus "weitergehende" Verarbeitungsschritte möglich, erforderlich bzw. zu befürchten sind. In diesem Fall macht es Sinn, mit den Sensor-Rohdaten zu arbeiten und nicht mir den fertigen JPEG-Bilddaten.
Wenn also die Aufnahmesituation (Licht, Motiv, Ausrüstung, etc.) keine Nachverarbeitung nach sich ziehen sollte, muss man das RAW-Format überhaupt nicht einsetzen.
Es kann aber auch passieren, dass Du eines Tages merkst, dass das RAW-Format gegebüber dem JPEG-Format im Zeitalter der Stapelverarbeitung keinerlei messbare Mehrarbeit oder sonstige Nachteile darstellt. In diesem Fall könntest Du für Dich festlegen, dass die Entscheidung bei jedem einzelnen Bild "RAW oder JPEG" sich eigentlich nie stellt, indem Du immer RAW verwendest.
hm2207 schrieb:
wie Profihaft es überhaupt ist, im Nachhinein stundenlang an einem Bild zu sitzen um es aufzupeppen, also interessanter zu machen, Farben zu intensivieren, Lichtverhältnisse zu ändern.
Es sollte die erste Fotografenpflicht sein, mit den vorhandenen Gegebenheiten (Licht, Motiv, Ausrüstung, etc.) am Ort der Aufnahme das bestmögliche fotografische Ergebnis zu erzielen. Für die allermeisten analogen Fotografen war anschließend das Ende des Workflows erreicht und der Film wurde zum Entwickeln gebracht - lediglich für uns Amateure mit einer eigenen Dunkelkammer, ging die Arbeit (und die Gestaltungsmöglichkeiten) noch etwas weiter. Für die digitalen Fotografen besteht nun die Möglichkeit (nicht die Pflicht), diesen technisch-künstlerischen Akt der Bildgestaltung vom Ort der Aufnahme auf dem PC fortzuführen. Das ist kein Sakrileg, sondern eine Fortsetzung der Arbeit mit anderen Mitteln. So wie das Objektiv und die Kamera Mittel zum Zweck sind, ist es der PC und das EBV-Programm auch.
Die Realität "wie sie ist" und die Realität "wie wir sie sehen" sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Zweifern dieser These seien in diesem Zusammenhang die Bücher von Carlos Castaneda ans Herz gelegt. Die Realität "die wir fotografieren" ist nun wieder eine andere und selbst diese ist noch einmal verschieden von der Realität die wir "mit der Aufnahme darstellen wollen". Welches Bild ist nun wirklich "wahrhaftig" und schadet die EBV dieser Wahrhaftigkeit?
Versteht man die Fotografie als Methode zur Reportage, also als Akt des nüchternen Informations-Transfers, bei der jede Abweichung von der "beobachtbaren" Realität eine subtile Form der Lüge ist, ist die Nachverarbeitung eher kontraproduktiv. Was bleibt ist die Frage, in wie weit der Reportage-Fotograf durch die Wahl des Ausschnittes oder des entsprechenden Bildes aus einer Serie nicht bereits schon viel mehr gelogen hat als etwa durch eine unscharfe Maske und 10% mehr Farbsättigung.
Bei der Fotografie als Methode des künstlerischer Ausdrucks einer Stimmung zu einem bestimmten Zeitpunkt sind EBV-Aktivitäten IMO durchaus angebracht und können nach Belieben eingesetzt werden, solange es dem Ziel nützt und eindeutig als "künstlerisch adaptiert" erkennbar ist.
Viele Grüße
HaPe