Lieber Horst, vielen Dank für Deine sehenswerte Reportage. Ich empfehle als nächstes Objekt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig im Reichsgerichtsgebäude.
Dir wird die äusserliche Ähnlichkeit mit dem Reichstag auffallen. Und das ist kein Zufall. Nach der Reichsgründung 1871 hatte das Deutsche Reich zwar keine vom Volk beschlossene Verfassung (wie diejenigen von 1848, 1919 und 1949), war aber ein moderner, föderaler Rechtsstaat mit Gewaltenteilung. Auf Reichsebene kam diese dadurch zum Ausdruck, dass dem Berliner Stadtschloss als Sitz des Oberhauptes der Exekutive (Kaiser) der Reichstag („dem deutschen Volke“) als höchstes Legislativorgan und - bewusst räumlich abgesetzt - in Leipzig das Reichsgericht (als höchstes Organ der Legislative) an die Seite gestellt wurde. Je ein Palast dem Kaiser, dem Volk und dem Recht. Alle gleichberechtigt, gleich prächtig. Das ist bewusste, wirkmächtige Symbolik.
Mit den sog. „Reichsgrundgesetzen“ von 1877 (Gerichtsverfassungsgesetz, Zivil- und Strafprozessordnung), dem Strafgesetzbuch von 1872 und dem Bürgerlichen Gesetzbuch von 1896/1900 hat man dies inhaltlich mit Leben erfüllt und eine einheitliche Rechtsordnung für Deutschland geschaffen. Alle vier Gesetze sind noch heute - teils geringfügig, teils kräftig modernisiert - die Grundlagen unsere ordentlichen Gerichtsbarkeit.
In den Gliedstaaten, wie z.B. Bayern, ist man ähnlich verfahren, da fehlt mir aber der Überblick im Einzelnen. Ich kenne noch die Hamburger Justizpaläste am Sievekingplatz, wobei in den Freien Reichsstädten mit ihrer jahrhundertelangen Geschichte der bürgerlichen Freiheiten ohnehin vieles anders verlaufen ist.
Den Münchner Justizpalast, der gut in dieses Bild passt, kannte ich bislang nicht von innen, vielen Dank!
P.S.: Wenn Du mal nach Leipzig kommst, musst Du unbedingt auch in den großen, geschichtsträchtigen Schwurgerichtssaal gehen.