Globalisierung trifft Tradition

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waldgott

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Reise durch Rajasthan

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Indien übt durch seine Religion und Kultur eine große Anziehungskraft aus. Darüber ist schon viel geschrieben worden, wir wollen den Beschreibungen der Highlights der Sehenswürdigkeiten in Agra und Rajasthan nicht eine weitere hinzufügen. Wer über die einzelnen Sehenswürdigkeiten Hintergrundinformationen lesen will, findet Vieles im Internet. Bei der Vorbereitung der Reise haben wir versucht unsere Vorstellungen von Menschenrechten, unsere christliche Prägung, unsere Vorstellungen von Wohlstand und Armut und unsere emanzipatorischen Vorstellungen zu Hause zu lassen, um das Gesehene und Erlebte nicht zu beurteilen und möglichst frei vom westlichen Wertekanon erleben zu können.

Mit diesem Vorsatz und dem Wissen, dass dies nicht vollständig gelingen kann, haben wir die Rundreise angetreten. Wir erlebten Nordindien auf einer Privatreise mit Fahrer und Guide. Unsere Reise begann in der Millionenstadt New Delhi (11 Millionen Einwohner) mit den mit anderen Metropolen dieser Welt verwechselbaren Angeboten, mit einer hohen Luftverschmutzung, einem Verkehr nahe am Kollaps, der aber dann doch nicht stattfindet. Das Regierungsviertel ist durch Kolonialbauten geprägt und vermittelt einen imperialen Anspruch, die Viertel mit verslumten Bewohnern liegen neben den in der Mogulzeit entstandenen prächtigen Bauwerken mitten in gepflegten Parkanlagen und vielen Bäumen.

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Die Engländer haben den Indern neben der Infrastruktur das Prinzip der Gewaltenteilung hinterlassen, das Land auch ausgebeutet und Kriege geführt, ihnen aber auch den Weg zur Demokratie geebnet. Allerdings haben sie ihnen auch eine Bürokratie beschert, die die Inder wahrlich perfektioniert haben. Wir hatten den Eindruck, dass alles was kompliziert zu machen ist, auch kompliziert gemacht wird, von den Kontrollen an den Flughäfen nicht zu sprechen.

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Der erste Eindruck einer indischen Millionenstadt, den wir schon bei einer früheren Reise in Mumbai gewinnen konnten, bestätigte sich hier: Menschen über Menschen, dichtester Verkehr, Schönheit neben Elend, westliche Einflüsse neben archaischen Lebensmodellen, Werbung und Glitzerwelt neben für westliche Augen unvorstellbarem Dreck, Müll und verslumten Bewohnern. Wir sahen im Bundesstaat Uttar Pradesh, in dem 199 Millionen Menschen mit ca. 800 Menschen pro qkm, der höchsten Bevölkerungsdichte Indiens, leben, die Stadt Agra (1,5 Millionen Einwohner) und bereisten den Bundesstaat Rajasthan. Wir besuchten ein Land mit 1,2 Milliarden Menschen und einer Lebenserwartung von ca. 64 Jahren.

In Rajasthan erlebten wir Jaipur (3 Millionen Einwohner, die gleiche Größenordnung wie Berlin) und Jodphur (1 Million Einwohner). Im Bundesstaat Rajasthan, der ungefähr so groß ist wie Deutschland und auch die ähnliche Bevölkerungsdichte von ca. 200 Menschen pro qkm aufweist - allerdings mit ca. 40 Prozent Wüste -, fuhren wir ca. 1.600 km, in Uttar Pradesh 250 km. Allein diese Größenordnungen zeigen schon die Unmöglichkeit Nordindien auf einer Reise voll zu erfassen. Unsere Privatreise hat uns aber ermöglicht einen Zipfel dieses faszinierenden Landes zu sehen, intensiv zu erleben und anzufangen zu verstehen, was dessen Faszination ausmacht.

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In Nordindien überwiegen außerhalb der Städte weite landwirtschaftlich genutzte Flächen mit lockerem Baumbestand bis hin zu ariden Gebieten, die dann im Norden und an der Grenze zu Pakistan in Dornensteppe und Wüstengebiete übergehen. Diese Veränderung der Landschaft vollzog sich sukzessive, war aber auf der Fahrt von Jaipur nach Bikaner gut zu sehen. Eine Ausnahme bildet die Aravalli Gebirgskette, die früher voll bewaldet war, heute jedoch wegen der intensiven Nutzung einen gelichteten Baumbestand aufweist und die wir auf der Fahrt nach Jodphur, Deogarh und schließlich Udaipur sahen.

Die Nationalparks, die wohl die einzigen nicht genutzten Flächen in Indien sind, haben wir nicht besuchen können. Der Reichtum des Landes an Bodenschätzen wie Kupfer, Zink, Blei und Wolfram, Kalkstein, Dolomit, Steatit, Sandstein, Gips, Granit, Glimmer und Edelsteine war im Vorbeifahren nicht zu sehen, aber die vielen Tonvorkommen, die an Ort und Stelle ausgegraben und zu Ziegeln geformt und gebrannt werden und die vielen Sandsteinund Marmorbrüche waren unübersehbar. In den Tongruben blieben oft durch einen Baum gekrönte abenteuerliche Türme stehen, die entstanden weil der Ton rundherum abgegraben und der Baum stehen bleiben sollte.

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Die vielen Lastwagen schienen alle mindestens bis an die Grenze der Belastbarkeit beladen, bei dem einen oder anderen konnten wir uns nicht vorstellen, wieso die Ladung stabil blieb. Diese Lastwagen waren auch die einzigen, die wir im Straßengraben umgekippt oder an Anstiegen gescheitert, gesehen haben.

Auf der ganzen Strecke sahen wir keinen einzigen Unfall, obwohl Verkehrsregeln in unserem Sinne nicht beachtet, in den Städten sich ein Gewusel von Autos, Motorrädern, TucTucs, Karren, Tieren und Menschen quer durcheinander entfaltet und sich erstaunlicherweise immer wieder auflöst. Die Ansiedlungen, durch die wir fuhren, boten an den Rändern der Durchfahrtsstraßen kleine Geschäfte für alle Bedürfnisse des Alltags, überall eine Vielzahl von Karren, Marktständen für Gemüse und Früchte, Tieren, Kamel- und Eselskarren zwischen vielen Menschen, Kühen, Ziegen, Schafen und Hunden. Alles war friedlich, jeder nahm Rücksicht, manchmal passte nur ein Stück Papier zwischen die einzelnen Verkehrsteilnehmer aber es passierte nichts. Insbesondere die Kühe, die mit stoischer Ruhe ihren Platz beanspruchen, wo immer sie beschlossen hatten zu stehen oder zu liegen, erforderten teilweise aberwitzige Ausweichmanöver.

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Die Vielzahl der Tiere als Teil des Lebens war ein dominanter Eindruck, der uns die ganze Reise über begleitete und den wir in anderen Ländern noch niemals in dieser Intensität und Vielfalt erlebt haben: Die große Anzahl der Tiere und Vögel, mitten in den Städten. Schwärme von Vögeln, die über der Stadt kreisen, Vögel in der Landschaft überall, Vögel inmitten des allgegenwärtigen Gewusels. Nektarvögel, die an blühenden Bäumen in Scharen sitzen, purpurn glänzend und schwirrend, Spechte mit roten und gelben Gefieder, farbenfrohe „treepies“, Vögel der Familie der Rabenvögel laut rufend, Eisvögel, riesige Schwärme von Schwarzmilanen und unzählige andere. Ziegen, Schafe, Kamele, Esel und Hunde sind überall zu sehen, Büffel und eben die Kühe, meistens Zeburinder, laufen überall herum, selbst Schweine gibt es.

Auch sie werden nicht gegessen sondern sind einfach da. Sie sind nicht angebunden. Höchstens bei den Ziegen, Schafen und Kamelen sieht man manchmal einen Hirten. Hunde, haben, so haben wir es erlebt, kein respektiertes Leben sondern werden nur geduldet. Katzen sieht man nicht, sie werden, wenn überhaupt, im Haus gehalten. Jeder weiß, dass die Kühe in Indien eine Sonderstellung einnehmen, aber diese stoischen Tiere, die ihre Freiheit offensichtlich nutzen und ihre Stellung in der Kultur kennen, haben uns tief berührt. Den viel zitierten Begriff der „glücklichen Kuh“ fanden wir hier in seinem ursprünglichen Sinn bestätigt.

Die Tiere werden gemolken und auch gefüttert und es gibt überall Wasserstellen, an denen sie sich bedienen können. Ein Land, in dem der Verzehr von Rindfleisch verboten ist und die Mehrzahl der Menschen Vegetarier sind, geht anders mit seinen Tieren um und scheint, auch wenn man esoterische Ansichten nicht teilt, eine andere energetische Ausstrahlung zu haben. Dieses Gefühl der Einschätzung des Tieres als Mitgeschöpf hat uns während der ganzen Reise begleitet und tief bewegt.

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