Wie man sieht, muss Leerstand (seit 1994) nicht gleichbedeutend mit Verfall sein. Das L'Aiglon, übersetzt: Adlerchen, der Spitzname von Napoleon Bonaparte, befindet sich gegenüber vom Flughafen Tegel und gehört inzwischen zur Julius-Leber-Kaserne. Die das sehr aparte Gebäude, das 1953/54 von
Hans-Wolff Grohmann entworfen und erbaut wurde, allerdings nur noch in Ausnahmefällen nutzt.
Dank guter Kontakte zur französischen Besatzungsmacht, hatte ich das Vergnügen, das Kino noch in Betrieb erleben zu dürfen - auch wenn das Programm nicht sonderlich anspruchsvoll war und sich auf frankophone Erfolgsgaranten beschränkte.
Ablichten wollte ich das Gebäude seit nunmehr zwei Jahren und jedesmal bin ich an den Reflektionen in den Glasfronten gescheitert. Konkret gesagt, an den permanent vorbeirasenden Fahrzeugen, auf der sechsspurigen Strasse im Hintergrund und - noch penetranter - den geparkten der Anwohner, direkt vor dem Kino.
Doch wie zum Beweis, dass auch aus Hamburg etwas Gutes kommen kann, hatten die Ausläufer des letzten Unwetters, den ganzen Parkplatz in eine knöcheltiefe Seenlandschaft verwandelt. Und wie zu erwarten - kein Auto weit und breit. Jetzt hiess es nur noch, sich mannhaft in die Brühe knien, abzuwarten, bis sich die Wogen geglättet hatten und dann genau die drei Sekunden zu erwischen, in denen sich die Ampelphasen überschneiden. Voilà.