Farben, Sand und erstaunlich viel Wasser - Wüstentour im Iran 1976

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Lydian

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Hier nun der dritte Teil der Trilogie unserer Reisen zu Nouruz (das persische Neujahr zur Frühjahrs-Tagundnachtgleiche) innerhalb des Iran in den 70er Jahren. Führten uns die ersten Fahrten jeweils an den Persischen Golf bzw. den Golf von Oman,



so war das Ziel im Jahr 1976 weniger definiert: Es sollte in die Wüste gehen.

Wie üblich waren wir nicht alleine, sondern mit einer befreundeten Familie unterwegs. Es waren die gleichen Reisegefährten wie zwei Jahre zuvor. Wieder ging es mit sechs Kindern (drei Mädels, drei Jungs),

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einem Familienkombi mit Zeltanhänger und einem VW T2 auf große Fahrt.


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Die Fahrzeuge

Im Sommer 1975 besuchten wir nach zweijähriger Abwesenheit wieder unser Heimatland. Der VW 412 wie auch der Zeltanhänger wurden im Iran verkauft und es ging mit Bahn, Flugzeug und Schiff über die Sowjetunion (heute: Armenien, Georgien, Russland) und Finnland nach Deutschland. Dort kauften meine Eltern ein neues Auto und einen neuen Faltwohnwagen. Die Wahl des geeigneten Autos war nicht schwer: Mittlerweile galt die Gurtpflicht, außerdem waren wir vier Kinder gewachsen und so war es keine Option mehr, zu viert auf der Rückbank eines Familienkombis Platz zu nehmen. Ein Kleinbus kam nicht in Frage, denn für die Nacht hätten wir sowieso noch einen Anhänger mit Schlafmöglichkeit benötigt. Es gab damals kaum Auswahl an PKW mit mindestens sechs Sitzplätzen. Es gab den Citroen CX Break und den Peugeot 504 Familiale, jeweils mit drei Sitzreihen. Der Citroen mit seiner weichen Federung wäre sicher sehr ungeeignet gewesen für die iranischen Straßen der 70er Jahre, der hochbeinige Peugeot dafür umso mehr. Außerdem waren Peugeots schon damals sehr verbreitet im Iran. Ein Umstand, der uns auch bei der Fahrt 1976 zugute kam. Im August 1975 fuhren wir also mit dem neuen Auto und dem neuen Zeltanhänger wieder zurück. Es ging damals nach Triest, dann schloss sich eine Kreuzfahrt auf einem Kombifrachter bis Izmir an, anschließend ging es auf dem Landweg weiter nach Tehran. Wenn ich mal viel Zeit habe, werde ich auch diese große Rundreise aufarbeiten ..... es gibt viele Fotos .....
Die Nouruz-Fahrt 1976 war also die zweite größere Reise mit diesen neuen Gefährten.

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Keiner von uns kann erklären, warum wir damals ein Freiburger Kennzeichen hatten .....

Die Reiseroute

Üblicherweise stelle ich die gefahrene Strecke einfach in Google Maps dar, das ist am einfachsten ..... Nicht so in diesem Fall: Google Maps verzeichnet auf großen Teilen der gefahrenen Strecke schlicht und einfach keine Straßen. Also fotografiere ich den Kartenausschnitt ab, den mein Vater nach der Reise für das Fotoalbum anfertigte.


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Um das Ganze in den Kontext Iran einzuordnen:


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Man sieht, wir fuhren am Südrand der Wüste Dasht-e Kavir nach Osten, dann nahe der Wüste Dasht-e Luft in die Großstadt Kerman wo wir wieder Asphalt erreichten. Beide Wüsten sind lebensfeindlich und völlig unbewohnt. Die Dasht-e Kavir ist eine Salzwüste, in der Lut wurden angeblich die höchsten Temperaturen weltweit gemessen.

Mitten in diese Wüsten hinein wäre nicht wirklich etwas für einen Familienurlaub, schon gar nicht mit diesen Fahrzeugen. Es wurde auch so abenteuerlich genug. Der Rückweg ab Kerman nach Tehran war uns schon gut bekannt.​
 
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Die Fotos

Wie immer gibt es von dieser Fahrt Farbdias der Zeiss Ikon Contarex (Agfa CT 18)


und SW-Fotos mit der Rolleiflex T (Filmtyp unbekannt, wahrscheinlich von Agfa).


Natürlich sind auch die Dias dieser Reise nicht immer in gutem Zustand erhalten. Sie wurden mit dem Nikon Coolscan 5000 digitalisiert, danach habe ich noch mit Lightroom versucht, die Farben halbwegs originalgetreu zu restaurieren. Und dieses Mal gibt es auch mit den Mittelformat-Negativen Probleme: Offensichtlich hatten die Lichtdichtungen der Rolleiflex gelitten, Lichteinfall an den Rändern ist ein häufiges Problem. Die Negative habe ich mittels D810, Micro Nikkor 2,8/105, Stativ und Leuchtplatte digitalisiert. Und natürlich auch, teilweise intensiv, mit Lightroom bearbeitet.

Von dieser Fahrt sind die Dias meist aussagekräftiger. Oft wurden Landschaften fotografiert - denn es gab unterwegs nur sehr wenige Kulturdenkmäler. Überhaupt trafen wir nur hin und wieder auf Ansiedlungen. Der erste markante Punkt in Richtung Süden war immer der große Salzsee Hoz-e Soltan zwischen Tehran und Ghom, der von der Straße gut zu sehen war. Manchmal glänzte im Frühjahr auf seiner Oberfläche Wasser, meist war aber nur Salz zu sehen.

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zwei zusammengefügte Dias

Bis Naein kannten wir die Strecke schon recht gut. Bald danach jedoch verließen wir den Asphalt. Ich erinnere mich an die Aussage des Vaters am Steuer: "So. Jetzt werden wir über 1.000 Kilometer Schotterpiste fahren." Tatsächlich trafen wir erst nach ca. 1.400 km und etwa 10 Tagen wieder auf befestigte Straßen.


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Kay
Kay kommentierte
Eine Contarex liegt als Erbstück noch in Hamburg. Sie ist vor einiger Zeit revidiert worden.
 
Was die Chronologie der Fotos angeht, habe ich weitgehend nur das Fotoalbum mit den SW-Bildern zur Hand. Die Dias hatte mein Vater angefangen thematisch zu sortieren, das aber irgendwann aufgegeben und so habe ich ein ziemliches Durcheinander. Die Motive bieten nur teilweise Anhaltspunkte für ihr chronologisches Entstehen. Eigentlich gibt es nur drei Themenschwerpunkte: 1. Wüste und alles was dazu gehört, 2. Tabas, eine größere Oase, 3. Nayband, ein malerisches Dorf.

Die ersten Fotos im Album zeigen gleich, was für die Menschen, die hier leben, zentral ist:

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Immer wieder trifft man auf Ghanate. Diese unterirdischen Wasserführungen leiten Wasser aus den nie weit entfernten hohen Bergen in die Ansiedlungen. Ich habe das uralte Ghanat-System in früheren Berichten näher beleuchtet.


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In den Ansiedlungen wird das Wasser in Zisternen gespeichert. Hier zwei aufgegebene Exemplare.


Nur wo die Menschen kundig mit dem vorhandenen Wasser umgehen, können dauerhafte Ansiedlungen entstehen.

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Dattelpalmen, darunter Getreide


 
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Für uns Kinder immer Highlights: Übernachtungen in der Wüste. Dazu brauchte man nicht viel: Ein paar Hügel, die Sichtschutz bieten, fertig. Es war meist unproblematisch, die Straße zu verlassen. Der Untergrund war in aller Regel tragfähig. Wo er das nicht war, war es klar zu erkennen.

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Allerdings staunten wir manchmal, wie ungemütlich kühl und windig es hier im Frühjahr werden konnte.


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Wir Kinder genossen diese grenzenlose Freiheit sehr.​
 
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Mit unserer grottigen Knipse hielten wir auch den ein oder anderen Moment fest, der unseren Eltern nicht wichtig war.

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nikcook
nikcook kommentierte
Über 50 Millionen Instamatics hat Kodak verkauft. Ausschlaggebend für den Erfolg war wohl die einfache Bedienung und der Preis. Mich wundert, dass die Leute damals mit der Bildqualität (Fixfokus, Einlinser?) einer Instamatic zufrieden waren. Meine Schwester hatte eine Agfa Optima Sensor, ca 200DM (?), die hat ganz ordentliche Bilder gemacht.
 
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Lydian
Lydian kommentierte
Die Agfa war immerhin eine Kleinbildkamera. Das Instamatic-Negativ-Format war 28,6x28,6. Unsere 133 hatte ein einlinsiges Fixfokus-Objektiv, sicher aus Plastik, das im Bereich 2-5 Meter in der Bildmitte halbwegs scharf abbildete, der Rest war grauslich. Die "Belichtungseinstellung" bot drei Möglichkeiten: Sonne, Wolken, Blitz. Ich denke, die Popularität dieser Kameras war dem Kassettenform der Filme geschuldet. Filmwechsel für Dummies.
instamatic133.jpg
 
Das Wetter war, typisch für März/April hierzulande, sehr wechselhaft.

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Wie immer: Reifenpannen. Vorzugsweise am Zeltanhänger.


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Wir Kinder kannten das nur zu gut. Kein Grund zur Aufregung.


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Eins der wenigen Dörfer unterwegs​
 
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Während der Fahrt auf 1400 km Schotterpiste kamen wir nur an einer Stadt vorbei. Tabas liegt an einem nördlichen Seitenarm der Dasht-e Lut und ist der Inbegriff einer Oasenstadt. Die Stadt wird hin und wieder von Touristen besucht. Gibt man den Namen bei Google ein, findet man vor allem Informationen über das verheerende Erdbeben vom Dezember 1978. Stärke 7,7 auf der Richter-Skala, 22.000 Tote. Die Stadt hatte etwa 30.000 Einwohner. Heute, lange nach dem vollständigen Wiederaufbau, ist die damalige Einwohnerzahl wieder überschritten. Diese Fotos zeigen die Stadt und ihre Bewohner entsprechend 2,5 Jahre vor der Zerstörung.

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Im Iran ist Tabas berühmt für den Bagh-e Golshan, den Rosengarten. So sehr, dass auf manch alter Landkarte nur der Garten vermerkt ist, nicht der Name der Stadt. In der Tat ist es unglaublich, was hier inmitten der Wüste wächst und blüht.

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Im Bagh-e Golshan leben - warum auch immer - einige Pelikane. Bekannt ist im Iran der Spielfilm "P wie Pelikan" des Regisseurs Parviz Kimiavi.

Der alte Eremit A'Seyd Ali Mirza, der in einem verfallenen Haus in Tabas lebt, versucht, den Kindern der Nachbarschaft das Alphabet mittels Gestensprache beizubringen. Die Kinder machen sich über ihn lustig und jedes Mal, wenn er den Buchstaben P erreicht, rufen sie «P wie Pedarsag» (= Hundesohn). Der alte Mann ärgert sich und läuft ihnen hinterher. Eines Tages ruft eines der Kinder beim Buchstaben P: «P wie Pelikan». A'Seyd Ali Mirza, der nicht weiß, was ein Pelikan ist, verlässt seine Behausung und geht mit den Kindern in den Bagh-e Golshan, um einen Pelikan zu sehen.


Szene im Bagh-e Golshan ab ca. 23:00

Der Buchstabe P hat im Persischen eine besondere Bedeutung. Nach der islamischen Eroberung wurde die persische Sprache immer mehr durch arabisch verdrängt, persische Wörter wurden arabisiert. Insbesondere wurde aus dem P, das die arabische Sprache nicht kennt, ein F. So heißt die Sprache z. B. heute Farsi, nicht Parsi, wie es eigentlich richtig wäre. Der Dichter Ferdowsi sorgte mit seinem monumentalen Epos "Shahnahme", das umfangreicher als die Elias ist, um das Jahr 1000 herum für eine Renaissance der persischen Sprache. Und, zumindest teilweise, des Buchstabens P. Das arabische Alphabet wurde später für Farsi um vier Buchstaben ergänzt. P steht somit auch für persische bzw. iranische Unabhängigkeit von den Arabern.

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Pelikane gibt es hier nach wie vor. Im Jahr 2009 habe ich die Nachkommen der Vögel fotografiert, die wir 1976 sahen.

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Im Park wurden wir mit Tee und Nouruz-Keksen bewirtet.​
 
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Da Tabas von, vorwiegend iranischen, Touristen besucht wird, gibt es hier ein Hotel. Wir schlugen unser Zelt im Hotelgarten auf und waren im Restaurant essen. Das einzige Mal in diesem Urlaub, bei dem nicht unsere Mutter in der Zeltküche kochte.


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In der Nacht regnete es heftig und lange. Das sollte noch Konsequenzen haben.​
 
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Nach den starken Regenfällen in der Nacht waren viele Passagen der Schotterpiste überschwemmt.

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Teilweise mussten wir neben der Piste (die ist links...) fahren da auf dieser das Wasser munter floss und Schlaglöcher nicht zu erkennen waren.



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Kalt war's auch.



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Der Schlamm spritze immer wieder hoch und verdreckte die Fenster, so dass hin und wieder die Scheiben freizuwischen waren.

 
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