Familienreise zu den Buddhas von Bamiyan

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Große Klasse,

hoffentlich geht Dein Thread noch sehr lange weiter.

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Danke für die vielen positiven Rückmeldungen! Ich nehme auch mit Freude wahr, dass meine etwas ausufernden Texte nicht auf Missfallen stoßen - schließlich ist das hier ein Foto-Forum, da war ich mir dessen nicht so sicher. Angesichts der jüngeren Geschichte Afghanistans wollte ich nicht einfach nur die Fotos einstellen, vielleicht garniert mit knappen Erläuterungen des gezeigten. Und da Geschichte nicht vom Himmel fällt, gehören auch die vorherigen Geschehnisse dazu.

Im Übrigen saß ich gerade beim Tee mit vier Afghanen. Zwei Hazara, ein Paschtune, ein Tadschike. Sehr interessant, sehr angenehm.

Große Klasse, hoffentlich geht Dein Thread noch sehr lange weiter.

Noch bin ich nicht am Wendepunkt unserer Reise angelangt. Es dauert schon noch etwas.
 
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Auslassen kann ich das jetzt nicht. Ohne Fotos natürlich.

Zerstörung der Buddhas

Mit der Verdrängung des Buddhismus durch den Islam wurden die Statuen zum Ziel von Zerstörungen, da die Darstellung menschlicher Figuren als Götzenverehrung angesehen wurde. Die Statuen verloren zunächst ihren Schmuck, dann Gesichter und Hände. Auch die Mongolen unter Dschingis Khan haben in Bamiyan brutal gewütet, das Tal nahezu entvölkert. Der deutsche Archäologe von Veltheim vertrat die Ansicht, dass die Gesichter der Buddhas von buddhistischen Gläubigen beim Ansturm der Mongolen entfernt wurden, um die verehrten Statuen nur verstümmelt in die Hände der Eroberer fallen zu lassen.

Die Truppen des Moguls Aurangzeb (Sohn von Schah Jahan und Mumtaz Mahal) waren die ersten, die die Statuen mit Artillerie beschossen, gleiches taten die Soldaten von Abdur Rahman Khan, des damaligen Emirs von Afghanistan Ende des 19. Jahrhunderts.

Während der Kriege ab 1979 war das Plateau oberhalb der Felswand mit den Statuen ein immer wieder hart umkämpfter strategisch wichtiger Ort. Nacheinander bezogen dort sowjetischen Truppen, die Mudschahedin der Nord-Allianz und schließlich die Taliban ihre Stellungen, viele Höhlen wurden als Munitionsdepots verwendet. Im September 1998 zerstörten die Taliban den bis dahin noch vorhandenen Teil des Kopfes des kleineren Buddha und die darüber befindlichen Reste an Wandmalereien. 2001 sprengten Taliban-Milizen auf Anordnung von Mullah Mohammed Omar die Statuen. Zusätzlich zu den beiden großen Statuen wurden auch eine der kleineren, sitzenden Buddha-Statuen und die etwa 15 Meter hohe Statue im benachbarten Kakrak-Tal gesprengt. Für die Zerstörung der Statuen brauchten die Taliban, die für diese Arbeit auch Einheimische zwangsweise heranzogen, vier Tage. Der Beschuss mit Artillerie war nicht sehr effektiv. Erst das Einbringen von Massen an Sprengstoff direkt in den Fels (unter der Anleitung eines saudi-arabischen Sprengstoff-Experten) zerstörte die Statuen vollends.

Es gibt dazu einen hervorragenden Dokumentarfilm des Schweizer Regisseurs Christian Frei, "Im Tal der grossen Buddhas". Er ist auf DVD erhältlich. Und tut weh.
 
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Bei aller Empörung - die Taliban hatten mit der Zerstörung erreicht, was sie bezweckten: Die Welt, die sich von Afghanistan abgewandt hatte, schaute wieder hin. Und die Taliban lagen nicht ganz falsch mit ihrem Vorwurf, die Weltöffentlichkeit interessiere sich mehr für die Statuen als für die Menschen in diesem Land.

Jetzt aber wieder zu unserer Reise.

In der ganzen gigantischen Sandsteinwand rund um die Figuren wurden Höhlen - Wohn- und Gebetshöhlen - geschaffen, die mit Gängen, Treppen und Galerien verbunden waren. Teilweise waren sie mit reichhaltigen Wandmalereien ausgestattet, die jedoch bei unserem Besuch nur noch sehr bruchstückhaft vorhanden waren. Bei all dem fühlten wir uns sehr an die Höhlen bei Göreme im türkischen Kappadokien erinnert, die wir im vergangenen Jahr gesehen hatten. Neben den Statuen konnte man mittels einer Wendeltreppe im Felsinnern auf das Niveau des Kopfes gelangen.

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Die Sehenswürdigkeiten aus der buddhistischen Phase dominieren deutlich in Bamiyan, dennoch gibt es weitere im Tal. In unmittelbarer Nähe zur Stadt liegt die Zitadelle Schahr-e Gholghola, die "Tote Stadt" auf einem Hügel.

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Sie stammt aus dem 6. bis 10. Jahrhundert und bildete in dieser Zeit die eigentliche Stadt Bamiyan. Von den Horden Dschingis Khans wurde sie im Jahr 1221 völlig verwüstet.
Im Vordergrund sieht man Kartoffelfelder.
 
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Etwa 15 km östlich von Bamiyan liegt Schahr-i Zuhak, die "Rote Stadt", wörtlich aber "Verbrannte Stadt". Auch sie wurde von den Mongolen unter Dschingis Khan zerstört.

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Der da ins Tal blickt, bin ich.


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Lockerer Familienurlaub im Bamiyan-Tal​
 
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Wir Kinder fanden die Tage dort sehr entspannend. Eine tolle Unterkunft in den Jurten, immer nur freundliche Menschen, gutes Essen. Wir erinnern uns an sehr schmackhaften Joghurt und ich insbesondere an ein leckeres Omelett. Dazu kam aufgrund der Lage auf über 2500 m ein sehr angenehmes Klima. Neben den Sehenswürdigkeiten kam auch anderes nicht zu kurz. Am Camp hielt sich ein Holländer auf, einer der vielen Hippies, die es damals nach Afghanistan zog und von denen mancher dort hängen blieb. Er erzählte, er habe vor einiger Zeit sein Auto, mit dem er von den Niederlanden bis Afghanistan fuhr, aus Geldmangel verkauft und dafür ein Pferd erworben. Nun sei er wieder blank. Ob die Kinder nicht reiten möchte?
Welche Frage!

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Jedoch: Das Pferd, Eqbal genannt, akzeptierte uns nicht als Autorität. Eqbal spazierte wie er wollte durch die Felder. Zum Glück kam er irgendwann zu seinem Besitzer zurück.

Die Untersuchung des Autos ergab laut "Mohandes" übrigens keinen Schaden. Uns Kinder kümmerte das sowieso nicht. Wir wussten auch nicht, dass es auf der nächsten Etappe über den Pass Khan Kotal (3643 m) gehen sollte. Und wenn schon. Nicht unser Problem.
 
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Es gibt schon lange Bestrebungen, die Buddhas wieder aufzubauen. Anfangs wurde noch eine Rekonstruktion aus den Bruchstücken, ergänzt mit neuem Material - vergleichbar der Rekonstruktion der Dresdner Frauenkirche, - erwogen. Vor wenigen Wochen endete die 13. UNESCO-Konferenz zum Thema Bamiyan in München. Laut Abschluss-Kommuniqué sei nun geplant, einen der beiden Buddhas wieder neu aufzubauen.
http://whc.unesco.org/en/news/1606/

Ein Problem ist weiterhin, dass einige Höhlen nach wie vor zu Wohnzwecken genuzt werden, natürlich die schönsten. So hat man kürzlich Baracken am Rande der Stadt errichtet und die Bewohner umgesiedelt. Ob man sich damit Freunde macht, sei dahin gestellt.

Hier noch vier sehenswerte Kurzvideos. Für mich besonders interessant: ein Super-8-Film von 1975, dem Jahr nach unserem Besuch.

https://www.youtube.com/watch?v=bMCcY9kb4D8

https://www.youtube.com/watch?v=sotbpvQevD8

https://www.youtube.com/watch?v=aElJmNYkmG8

https://www.youtube.com/watch?v=WDhKMD_pbUQ
 
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...seit ich Omar Sharifs "Palast der Winde" gelesen habe, denke ich immer wieder, einmal in dieses Land zu reisen ...

Nun hast Du mir einiges an Informationen und Bilder vorweggenommen ... eine wunderbare Dokumentation, ein "Zeitspot" welcher sehr eindrücklich ist ...

Danke ganz herzlich dafür... :):up::up::up:
 
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Die riesige Sandsteinklippe von Bamiyan mit ihren Buddhas (bzw. Nischen) und vielen hundert Höhlen, der fruchtbaren Oase im Vordergrund und den hohen Bergen im Hintergrund, gekrönt von einem meist blauen Himmel, schreit heutzutage geradezu nach Panoramafotografie. Dass die Luft hier fast immer unglaublich klar ist, kommt noch dazu. Im Netz habe ich einige Panoramen gefunden - aber alle mit leeren Nischen. Im Jahr 1974 war Panoramafotografie nahezu unbekannt und so weiß ich nicht, ob das nun folgende, das ich mit Hilfe moderner Software gebastelt habe, von meinen Eltern so beabsichtig war. Mir fiel beim Sichten der Negative auf, dass, nimmt man zwei von ihnen zusammen, die komplette Wand abgebildet war. Aufnahmestandpunkt könnte in der Nähe des Jurtendorfes gewesen sein. Also die Negative abfotografiert und die Dateien durch ein Panoramaprogramm gejagt. Funktionierte problemlos.

Zum Abschied aus Bamiyan das Panorama, das ich hier leider nur mit einer Breite von 1200 Px einstellen kann. Inzwischen habe ich es sorgfältiger abfotografiert (pro 6x6-Negativ zwei Hochformataufnahmen mit D700 und 105er Micro), ein Panorama gerechnet und auf Baryt im Format 90x30 ausbelichten lassen. Und da ginge noch mehr.


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Die Reise führte nun weiter westwärts in die Berge.

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Mit einem - trotz der "Diagnose" des Mohandes - deutlich angeschlagenen Auto ging es über den Pass Khan Kotal (3643 m) in Richtung Band-i Amir, dem zweiten Muss-Ziel im Hazaradschat.

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Die Strecke war aber längst nicht so schwierig wie die über den Hajigak und das Auto hielt bis zum Ziel durch.


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In Band-i Amir angekommen, durften wir die erste Nacht auf ca. 3000 m Höhe in diesem Zelt verbringen.

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Das Auto sieht durchaus strapaziert aus. Kurz darauf streikte es endgültig.

So, familienbedingt muss ich nun eine Pause einlegen. Die landschaftlichen Highlights von Band-i Amir und die Geschichte, wie - und mit welchem Fahrzeug - wir zurück nach Kabul kamen, folgt im kommenden Jahr. Ich wünsche allen schon einmal einen guten Rutsch!
Stephan​
 
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Man würde es angesichts des Zeltes wohl kaum vermuten, aber die Nacht war prima – so jedenfalls meine Erinnerung. Wir wurden von den Eltern angehalten, uns möglichst warm anzuziehen und dann in unsere eigentlich sehr ungeeigneten Schlafsäcke zu kriechen. Meine Mutter erzählt heute noch, dass sie unsere Jüngste immer mal wieder hochzog, weil sie mehrmals aus dem Zelt rutschte. Als Isomatten dienten dicke Teppiche.

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Anhand der Autos sieht man recht gute, welche Art von Touristen Band-i Amir aufsuchten. Kein Jet-Set...
Die Beschädigung des Negativs habe ich nicht abgeschnitten, damit man das "Hotel" (nicht unseres) erkennen kann. Es gab ein paar dieser Art.


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In den nächsten Nächten fanden wir Unterkunft im „Hotel Behzad“, das im Prinzip auch nur ein komfortabler ausgestattetes Zelt war. In diesem großen Zelt, ohne festen Boden, standen auf dem Schotter einfache Holzbetten mit, so sagt mein Gedächtnis, rot-weiß karierter Bettwäsche. Durch Schilfmatten waren einzelne „Zimmer“ mit jeweils mehreren Betten abgetrennt.
 
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Band-i Amir


Die 6 Seen von Band-i Amir gehören zu den überragenden Naturwundern dieser Welt. Wie die bekannten Plitvicer Seen in Kroatien wurden sie von einem Fluss gebildet. In diesem Fall ist es der Rud-e Band-i Amir, der in der Nähe von Bamiyan entspringt, die Seen durchfließt und sich danach nach Norden wendet. Er heißt dann Balch, fließt Richtung der gleichnamigen historischen Stadt nahe Masar-e Sharif und versickert später im Norden Afghanistans, unweit der turkmenischen Grenze, in der Wüste.

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Sein Wasser ist im Oberlauf durch vulkanische bzw. nachvulkanische Entgasung mit CO² angereichert, wodurch Calcium-Ionen in hoher Konzentration gelöst sind. Wo das Wasser verwirbelt wird, entweicht CO², es fällt Calciumcarbonat als Travertin (ein Quellkalk) aus und die Seen werden durch diese natürlichen Dämme aufgestaut.

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Die geographische wie politische Lage verhindert, dass Band-i Amir zu einem Ziel des Massentourismus wird. Zum Vergleich: Der Nationalpark Plitvicer Seen in Kroatien verzeichnet pro Jahr etwa 1 Million Besucher. In Band-e Amir werden einige tausend gezählt, vorwiegend Afghanen. Die Zahl der Besucher in den 70er Jahren war vergleichbar, wobei diese jedoch meist aus Europa kamen.
 
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Die Landschaft erinnert irgendwie schon an den Wilden Westen der USA. Nicht nur wegen der Felsen. Wo auf dem spärlich bewachsenen Boden Gras gedeiht, weiden Pferde, Esel und Maultiere.

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Und jetzt die versprochene kleine Anekdote, welche Freiheiten wir Kinder hatten.

Meine Schwester Andrea und ich (8 bzw. 10 Jahre) wollten reiten. Der Vater drückte uns ein paar Afghani in die Hand und wir gingen zu den Männern, die Pferde für Touristen vermieteten. Ich suchte mir einen Fuchs aus. Sättel hatten diese Pferde nicht, nur Decken. Anfangs führten uns die beiden Männer auf den Pferden herum, was uns schnell langweilig wurde. Andrea schaffte es, die Männer zu überzeugen, dass wir das alleine machen wollen. Sie ließen uns. Und so ritten wir, bar jeder ordentlichen Kompetenz in dieser Sache, auf den Pferden durch diese wilde unbekannte Gegend. Heute, selbst Vater von drei Kindern, frage ich mich, ob ich das meinen Kids erlaubt hätte. Für uns war das natürlich ein gigantisches Erlebnis.
 
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vielen Dank für diesen ertklassigen Reisebericht. Für mich mit Abstand der beste der letzten Jahre.

Deine Erzählungen und Erfahrungen begeistern mich. Auch vielen Dank für die interessanten und wichtigen Hintergrundinformationen. Dies lassen dieses Land in einem völlig anderen Licht erscheinen. Wie die allermeisten, so habe auch ich mich noch nie mit diesem Land und der Region genauer auseinandergesetzt.

Ich freue mich auf den weiteren Reiseverlauf.
 
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Auch wenn das Wasser möglicherweise verlockend aussieht: Aufgrund der Lage auf ca. 3000m Höhe herrscht hier von Oktober bis in den Mai Dauerfrost. Und auch im Hochsommer sinken die Temperaturen nachts regelmäßig auf ca. 0 Grad. Ergo: Das Wasser ist sackkalt. Wir Kinder wollten nicht rein. Der Vater war kurz drin, etwa 20 Sekunden ....

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Einen Tag verbrachten wir an den Seen.

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Der Vater unternahm eine größere Wanderung um die Seen, zu denen er uns Kinder aber nicht überreden konnte. Heute würde ich mit Freuden meinen Fotorucksack, Essen und Trinken schultern und den langen Weg auf mich nehmen. Statt dessen beobachtete ich lieber einen Mann beim Angeln.

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Besonders fischreich schienen die Seen nicht zu sein. Obwohl das Wasser überaus klar war, sah man nur einzelne kleinere.

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Einer der Männer hatte ein Gewehr dabei, eine ziemlich alte Knarre. Nichts ungewöhnliches hier. Ich erinnere mich, dass der Vater noch vor der Abreise sagte: "Man sagt, dass jeder Afghane ein Gewehr hat."​
 
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Wir hatten wohl einen Feiertag erwischt. Ich kann nicht mehr eruieren, welcher es war. Jedenfalls waren hier insbesondere die Frauen und Mädchen festlich gekleidet und alle schienen den Tag zu genießen.


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