Eine Familientrilogie ....

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sam25

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Ich werde heute, einen Tag nach dem wir unser Elternhaus verkauft haben, ein Projekt starten, welches sehr persönlich ist. Aber nicht nur. Vom damals kleinen Ort in der Schweiz, Suhr, welches über die Jahrzehnte gewachsen ist, beginnt diese Familiengeschichte mit der einschneidenden Entscheidung meines Grossvaters, sich in Dienste einer belgisch/englischen Firma als Ingenieur zu stellen um im damaligen Belgisch Kongo zu arbeiten.
Es ist eine Geschichte, welche sich über mehr als hundert Jahre hinweg zieht. Der Sohn meines Grossvaters war ein ambitionierter Maler. Und die dritte Generation bin ich.
Dieses Projekt startet jetzt, weil der Prozess des Hausverkaufs unserer Eltern vorbei ist. Meine Mutter reiht sich in diese Geschichte dieser Familie als Tochter des Grossvaters. Und dieses Projekt startet jetzt, weil wir zusammen mit dem Heimatmuseum Suhr eine Ausstellung auf die Beine stellen. Eben, diese Familientrilogie mit Fotografie und Malerei über einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren.
Wir sind am Anfang dieser Arbeit. Den Lead habe ich, weil ich mich intensiv mit der Familiengeschichte und der Geschichte des Grossvaters auseinandergesetzt habe. Sie ist emotional wuchtig und faszinierend zugleich.

Ich lasse Euch hier teilhaben, an dieser Geschichte. Und lasse Euch teilhaben am Weg in die Öffentlichkeit. Und ich bin vermutlich auch froh, wenn ich hier Fragen stellen kann und darf. Man darf als Betrachter und Betrachterin immer Fragen stellen und kommentieren. Was ich nicht zulasse sind irgendwelche politische Diskussionen oder Angriffe und ich bitte die Moderation, einzugreifen, sollte das stattfinden.

Die Geschichte zeigt nicht nur drei Leben und ihr Umfeld. Sie zeigt drei Sichtweisen auf Dinge, welche Realität waren und sind. Mein Grossvater als Ingenieur und Fotograf 16 Jahre in einer komplett andern Welt lebte als hier in Europa. Mein Onkel und Götti (Patenonkel, reformierte Kirche), welcher den Weg als Chemiker einschlug und sich ein Leben lang mit Farben beschäftige und sie auch zu Papier und auf Leinwand brachte. Und ich, welcher die Fotografie als Hobby betreibt, als Dialog zwischen dem Innen und dem Aussen, welches mir manchmal gut und manchmal weniger gut gelingt.

Ich werde Euch mitnehmen, nicht nur fotografisch, sondern auch mit viel Wissen und Recherchen. Ich versuche Zusammenhänge zu beleuchten, ich werde vermutlich hie und da emotional. Das ist für den Betrachter und für die Betrachterin eine Herausforderung, ich weiss, aber ich traue Euch das zu. Es kann zu längeren Pausen kommen, weil ich vielleicht absorbiert bin, emotional oder mit Arbeit und Planung. Das soll aber nicht weiter von Bedeutung sein.
Der Thread findet seinen Abschluss, wenn wir die Ausstellung über die Bühne haben. Das wird eine Weile dauern.

Ich tue mich schwer mit dem ersten Bild. Und so beginne ich mit der Trilogie aus dem bestehenden Fotomaterial. Bilder meines Grossvaters aus dem Belgisch Kongo, Bilder von der letzten Ausstellung der Gemälde meines Götti vor wenigen Wochen. Und weil mir Kinder mein Leben lang schon immer am Herzen liegen, beginne ich mit diesem Bild ...



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Nun, was treibt mich dazu, mich mit der eigenen Familiengeschichte intensiv zu befassen. Vorab, um ganz ehrlich zu sein, ist es sicher das aussergewöhnliche Leben meines Grossvaters. Die Bilder und die Geschichte meines Grossvaters liessen mich nie los, auch wenn Jahre dazwischen lagen, wo ich sie wieder hervor nahm.
Der intensive Abschiedsprozess mit meiner Mutter, die intensive Biographiearbeit mit ihr haben dann den Ausschlag gegeben, mich der Geschichte und letztlich mich selbst dem allen zu stellen.
Die einzige Geschichte die so nah geht, welche wir Menschen haben, ist die eigene. Und diese reicht nicht nur bis zur eigenen Geburt, sondern eben weiter zurück.

Auf der Suche nach Unterschieden von uns drei Männern suche ich auch Gemeinsamkeiten. Gemeinsamkeiten, welche sich in unterschiedlicher Lebensweisen äussern, aber grundsätzlich die gleichen sind. Charakteren: Neugier, Mut, die Fähigkeit sich in etwas Ungewisses zu stürzen, Durchhaltewillen ...

Oder eben Bilder: gemalt, fotografiert, empfunden ...

Ein Weg habe ich hinter mir, der Weg geht weiter und wenn ich an den letzten Aufstieg auf die Alp im Val Bavona denke, dann wird dieser Weg noch Kraft kosten ....



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Kinder sehen anders, nehmen anders war. Mein Grossvater, ich nenne in Fritz, ist gestorben als ich etwas 11 Jahr alt war. Ich konnte ihm die Fragen nicht stellen, welche ich ihm heute gerne gestellt hätte. Auch habe ich es aus unerfindlichen Gründen verpasst, meinem Götti diese Fragen zu stellen.
Vielleicht trennten uns Geschichten und Lebenskonzepte über all die Jahre. Das Bedürfnis, eben auch das Gemeinsame zu sehen, ist ein Teil der eigenen Biographiearbeit.



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Im November vor genau 103 Jahren verliess Fritz die Schweiz. Den Brief jener Firma in Olten, welche die Anstellungsbedingungen für die belgisch/englische Firma abwickelte, hat 103 Jahre überlebt und ist in unserem Besitz ...

Mit dem Schiff von Genua mit Zwischenstopps an der Westküste Afrikas bis an die Mündung des grossen Kongoflusses.....Geschätzte Reisezeit, je nach Wetter und Löschung von Waren an den verschiedenen Anlegeorten zwischen drei und sechs Wochen.



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Wenn man selbst Teil der Trilogie ist oder wird, dann ist es nicht unbedingt einfacher, sich der Biographie zu stellen. Es bleibt die bei der Betrachtung der Vergangenheit immer ein Stück von einem selbst hängen, es ist wie ein Grundgewürz im Essen, dass sich von der Vorspeise bis hin zum Nachgang durchzieht.

Die viel besagte "Neutralität", von der ich ohnehin überzeugt bin, dass es sie schon aus biologischen Gesetzmässigkeiten nicht gibt, bleibt vollends auf der Strecke. Schon nur die Auswahl der Bilder ist durch mich geprägt, die Scans, die Bearbeitung usw. ebenso.

Diesem Umstand bewusst zu sein, versuche ich deshalb immer wieder, eine gewisse Distanz einzunehmen. Ich habe enorm viel recherchiert und gelesen und mir ein etwas distanziertes Bild machen können, wie Fritz im Kongo dazumal gelebt haben könnte. Die manchmal wochen- gar monatelangen Erkundungsreisen in unbetretenes Gebiet, forderten Durchhaltewillen und viel Kraft...



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Spannend deine "eure Geschichten" zu sehen...lesen....
bin auf die Fortsetzung gespannt. Damals in ein solches Land zu Reisen war schon mutig...kein Internet etc. das war noch Abenteuer und schön das du es uns hier erzählst.
Freue mi uf Fortsetzig
Gruss
Brigitte
 
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Es wird konkreter: Das Dorfmuseum vom Wohnort wird uns im Ausstellungsjahr 2022 eine einjährige Dauerausstellung über die Geschichte von Fritz ermöglichen.

Ebenfalls zeigt ein namhaftes und Afrika orientiertes Museum in Zürich Interesse an unserem Kongomaterial. Spannend bei diesem Projekt wäre es, dass das Museum ein vierjähriges Projekt mit Fotografien, Kultur und Geschichte in Zusammenarbeit mit der Universität Zürich ins Leben gerufen hat. Ich/wir könnten sicher einen kleinen Beitrag dazu leisten.

Ich habe die letzten Wochen einen Lebenslauf von Fritz zusammengestellt. Die Kurzversion besteht aus 8 A4 Seiten, meine Cousine meinte, zum gebunden Buch sind es nur noch wenige Schritte .... :)
Ich mache für mich erstaunliche Prozesse durch, wenn ich über Fritz schreibe. Ich empfinde es als eine ungemeine Wohltat und sehr entlastend.

Zusammen mit einem lieben Freund von mir, werden wir die nächsten Monate sämtliche Postkarten, Briefe und Fotografien sichten, und chronologisch sortieren. Ebenfalls stehen uns viele Übersetzungsarbeiten bevor. Fritz schrieb zwar hauptsächlich auf Deutsch, aber er bekam auch viele Zusendungen auf französisch und englisch. Was ich im Übrigen nicht gewusst habe ist, dass er neben diesen beiden Fremdsprachen auch zwei einheimische kongolesische Sprachen beherrschte.

Und hier wären wir bei der Geschichte, auch bei der belgischen Geschichte angelangt. Fritz hat den Besuch vom belgischen König im belgisch Kongo fotografiert.



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Biographiearbeit ist Reflexion. Zu Beginn meiner Arbeit hat es mich emotional richtig durchgeschüttelt. Im Verlaufe der letzten zwei Jahre habe ich zunehmend Distanz gekriegt und kann mich mittlerweile der Geschichte distanziert und mit einem gewissen Abstand widmen.

Erstaunlich ist schon, wie viele Eigenschaften von Fritz auch ich im Ansatz an mir kenne. Und damit wären wir ja beim Thema, dass unsere Gene in jeder Generation Informationen speichern und sie weitergeben. Fritz wurde immer wieder als "ungestüm" beschrieben, aber auch sehr "verantwortungsbewusst". Mit beiden Eigenschaften kann ich mich sehr gut anfreunden .... :)

Und dann stosse ich halt auf Themen, welche noch heute brandaktuell sind: die Palmölproduktion. Dazu werde ich im Verlaufe dieses Threads sicher noch das eine oder andere Mal zurückkommen. Nebst dem dass Fritz Vermessungen gemacht hat sowie in der Planung und Realisierung von Strassen- und Zugsverbindungen tätig war, hatte er in einzelnen Gebieten auch noch die Verantwortung für den Bau von Anlagen zur Palmölgewinnung - welcher er auch fotografiert hat ....



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